Schwerpunkt Asset Management im Wandel

Diskrepanz zwischen Strategie und Management-Qualität

Über vermögende Familien und ihre Vermögensverwalter sowie über deren Vorgehen bei der Vermögensanlage ist nur wenig bekannt. Das gilt auch für ihre Immobilieninvestments. Um einen Einblick in ihre Asset Allocation und Anlagestrategien zu bekommen, wurden über 600 Family Offices befragt. Ein Sechstel der 2012 angeschriebenen Häuser antwortete und gab neben Bekanntem auch Überraschendes preis.

Dass Immobilien in der Vermögensallokation von Family Offices eine vergleichsweise große Rolle spielen, ist nicht ganz neu. Knapp 22 Prozent ihres Vermögens investieren sie laut der Umfrage durchschnittlich in diese Assetklasse. Nur Aktien sind mit einem knappen Prozentpunkt mehr etwas stärker in den Portfolios vertreten, auf Rentenpapiere entfallen über 19 Prozent. Bei den Family Offices mit Bankbezug ist festzustellen, dass ihre Portfolios im Vergleich zu Single und Multi Family Offices deutlich konservativer strukturiert sind: Sie investieren mit 44 Prozent des Vermögens einen auffällig hohen Anteil in Renten. Bei ihnen ist auch der Immobilienanteil mit gut zwölf Prozent am geringsten.

Family Offices investieren vorwiegend direkt in Immobilien. Neben dem Immobilieneigentum sind jedoch auch indirekte Immobilieninvestments von großer Relevanz: Bei fast 24 Prozent der Investitionen im Immobilienbereich handelt es sich um indirekte Anlagen, wobei mit einem Anteil von 30 Prozent die Präferenz bei Multi Family Offices am größten ist.

Segmentweiser Trend zu indirekten Anlageformen

Wohn- und Büroimmobilien dominieren die Portfolios der Family Offices. Fast zwei Drittel des Immobilienvermögens sind in diesen Segmenten angelegt. Bei Wohnimmobilien ist der Direkterwerb mit rund 62 Prozent die bevorzugte Investitionsform, während bei Büroimmobilien indirekte Investments knapp überwiegen.

Während der Anteil der Direktanlagen im Bereich der Mischnutzung und des Einzelhandels mit rund 46 Prozent beziehungsweise 41 Prozent recht groß ist, tendieren Family Offices bei Logistik-, Hotel- und Pflegeimmobilien klar zur indirekten Anlage. Für Immobilien im Bereich Logistik ist die Quote der indirekten Investitionen höher als 60 Prozent, im Bereich Hotel und Pflege sind es sogar rund 80 Prozent. Allerdings werden in den beiden letztgenannten Bereichen aktuell im Durchschnitt nicht mehr als fünf Prozent des Immobilienvermögens angelegt.

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass der Anteil der indirekten Immobilienanlagen mit dem Grad der Spezialisierung der Objekte und mit dadurch zunehmender Komplexität des Investments steigt. Wohnimmobilien dagegen erscheinen den Investoren verständlich, die Verwaltung einfach. Auf den ersten Blick etwas überraschend scheint vor diesem Hintergrund, dass Büroinvestments deutlich öfter indirekt getätigt werden. Dies lässt sich unter anderem dadurch erklären, dass attraktive Bürogebäude in guten Lagen und mit bonitätsstarken Mietern meist nur zu hohen Kaufpreisen erworben werden können. Um ihr Portfolio jedoch möglichst breit aufzustellen, greifen Family Offices offenbar häufiger auf indirekte Beteiligungen zurück, beispielsweise über Publikumsfonds.

Family Offices haben sich bei der Anlage ihres Immobilienvermögens bisher vorwiegend auf Objekte in Deutschland konzentriert, und zwar zu rund 80 Prozent im Wege der Direktinvestition. Betrachtet man die im Ausland getätigten Immobilieninvestitionen, weicht das Ergebnis leicht von jenen vergleichbarer Markterhebungen ab: Wider Erwarten sind Investments in Immobilien innerhalb der Europäischen Union (EU, ohne Deutschland) im Portfolio der teilnehmenden Family Offices nur unwesentlich stärker vertreten als solche in Nicht-EU-Ländern.

An den regionalen Präferenzen wird sich laut der Untersuchung auch in den kommenden zwei Jahren kaum etwas ändern: Family Offices bevorzugen nach wie vor deutsche Immobilien - und zwar unabhängig vom jeweiligen Segment oder der Höhe des verwalteten Vermögens.

Deutschland als Investitionsstandort bevorzugt

Insgesamt signalisieren rund 43 Prozent der Teilnehmer, dass sie innerhalb der nächsten zwei Jahre konkreten Investitionsbedarf in Immobilenanlagen haben werden. Wie zu erwarten, beabsichtigen die Family Offices, das Immobilienvermögen schwerpunktmäßig direkt zu investieren. Dabei werden bei den Nutzungsarten auch in den nächsten zwei Jahren Wohn- und Büroimmobilien besonders gefragt sein. Aber auch gemischt genutzte Immobilien und Einzelhandelsimmobilien sind für Family Offices attraktiv: Rund 31 Prozent beziehungsweise 27 Prozent der Befragten gaben an, künftig in diese Segmente investieren zu wollen.

Der höchste Investitionsbedarf - in allen Nutzungsarten - zeichnet sich bei Family Offices mit Bankbezug und Family Offices mit einem verwalteten Vermögen von mehr als zwei Milliarden Euro ab. Auch hier liegt der Schwerpunkt eindeutig auf Büro- und Wohnimmobilien.

Nachhaltigkeit und emotionale Aspekte

Die Auswahl dieser Investments steht in engem Zusammenhang mit den Aspekten, auf die Family Offices bei der Kapitalanlage in Immobilien achten. Hierbei legen sie besonderen Wert auf laufende Cash-Flows. Vor allem Family Offices mit Bankbezug und solchen mit einem vergleichsweise hohem verwalteten Vermögen ist dies sehr wichtig. Auch die Optimierung der Eigenkapitalverzinsung ist sehr bedeutend. Im Segmentvergleich nennen vor allem Teilnehmer mit Bankbezug dieses Kriterium überdurchschnitt lich häufig.

Fast 60 Prozent der Befragten messen zudem der Nachhaltigkeit von Immobilien eine hohe Bedeutung zu. Insbesondere Single Family Offices sind mehrheitlich an nachhaltigen Objekten wie Green Buildings interessiert. Auch architektonische und emotionale Aspekte nehmen bei den Befragten einen hohen Stellenwert ein: Die Zustimmung lag hier bei 48 Prozent beziehungsweise 45 Prozent. Besonders für Multi Family Offices scheinen emotionale Aspekte bei Immobilieninvestitionen eine große Rolle zu spielen.

Mit Blick auf die Beurteilung der Risikoklassen wird deutlich, dass Family Offices verstärkt Interesse an sicherheitsorientierten Anlagen haben. Immobilien der Risikoklassen "Core" und "Core-Plus" halten die Befragten dementsprechend für besonders attraktiv. Die Beliebtheit des Core-Segments ist nicht überraschend. Wie ein Blick auf die Ergebnisse vergleichbarer Erhebungen der vergangenen Jahre zeigt, hat besonders die Attraktivität von "Core-Plus-Objekten" zugenommen. Auch beim Investitionszeitpunkt ist den Family Offices vor allem daran gelegen, Risiken weitgehend auszuschließen. Am interressantesten sind für sie daher bereits fertiggestellte Objekte. Für immerhin ein Viertel der Befragten ist allerdings auch die tendenziell risiko-, aber auch chancenreichere Projektentwicklungsphase attraktiv.

In welchem Segment und Umfang Family Offices investieren, ist auch von dem vorhandenen Immobilien-Know-how abhängig. Fast die Hälfte der teilnehmenden Family Offices gab an, über eine eigenständige Strategie für ihr Immobilienvermögen zu verfügen, im Bereich der Family Offices mit Bankbezug sind es sogar über zwei Drittel. Tendenziell lässt sich darüber hinaus ein Zusammenhang zwischen der Höhe des verwalteten Vermögens und der Existenz einer eigenständigen Strategie für das Asset Immobilie feststellen. Ferner ergab die Befragung, dass Family Offices mit eigenen Immobilienexperten Investments in Immobilien attraktiver einschätzten als Unternehmen ohne diese Spezialisierung.

Erkenntnisse für Asset Manager und Fondsanbieter

Wenngleich Immobilien hoch im Kurs stehen - in ihrer Selbsteinschätzung bewerten die teilnehmenden Family Offices das derzeitige Management ihres Immobilienvermögens als eher mäßig. Nur rund 55 Prozent empfinden die Qualität des Asset Managements in Sachen Immobilien als gleichwertig mit dem Management des eigenen Wertpapierportfolios. Bei weniger als der Hälfte der Befragten werden in regelmäßigen Abständen Analysen des Immobilienbestands durchgeführt. Besonders selbstkritisch schätzen sich bei diesem Themenkomplex die Family Offices mit Bankbezug ein. Dies könnte eine Ursache dafür sein, dass dieses Anlegersegment sowie Multi Family Offices mit 25 Prozent und rund 30 Prozent etwas häufiger indirekt investieren als der Durchschnitt. Denn auf diesem Wege kümmert sich in der Regel ein professioneller Asset Manager um die Objekte.

Insgesamt haben etwa 80 Prozent der Family Offices bereits in Geschlossene Fonds investiert. Aber auch mit Immobilien-Spezialfonds, Offenen Immobilienfonds und Direktinvestitionen über eine eigene Immobiliengesellschaft ist eine deutliche Mehrheit vertraut. Mit zunehmender Nachfrage auf den Immobilienmärkten und entsprechend steigenden Preisen dürften weitere Häuser dazukommen, die den indirekten Investitionsweg wählen. Denn in der Regel gelingt es nur erfahrenden Marktteilnehmern, Objekte zu erwerben, die den Ansprüchen der Family Offices genügen.

Bei der Entscheidung für eine indirekte Anlage in Immobilien achten Family Offices dann vor allem auf bonitätsstarke Ankermieter. Rund 45 Prozent der Befragten sind außerdem laufende Ausschüttungen wichtig. Knapp 40 Prozent schätzen es, als Anleger direkten Einfluss auf das Investment nehmen zu können. Aus diesem Grund werden allerdings auch weiterhin viele Family Offices ihrer Tradition folgen und direkt in Immobilien investieren. Ihnen allen ist gemein: Sie schätzen das Asset Immobilie für seine relative Wertbeständigkeit und vergleichsweise hohe Krisenresistenz.

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