Immobilienkonjunktur

Ertragsperspektiven an Europas Büromärkten: nur eine Delle, kein Absturz

Nun ist die Schuldenkrise der europäischen Peripheriestaaten endgültig im Kern der Währungsunion angekommen: Die realwirtschaftlichen Indikatoren deuten darauf hin, dass das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2011 sowohl in Deutschland als auch in der gesamten Eurozone geschrumpft ist. Euroland dürfte sich mitten in einer leichten Rezession befinden, im laufenden Jahr sollte das Bruttoinlandsprodukt um 0,4 Prozent sinken.

Im Anschluss dürften es in erster Linie die exportorientierten Länder sein, allen voran Deutschland, die für eine Belebung der wirtschaftlichen Aktivität sorgen. Während der Norden Europas einen konjunkturellen Dämpfer hinnehmen muss, erleiden weite Teile des Südens stärkere Rückgänge. Auch mittelfristig dürfte das Wachstum in Europa gespalten bleiben, da die Länder mit hoher Verschuldung und Leistungsbilanzdefiziten diese zurückfahren müssen.

Die Zinspolitik der EZB dürfte auf absehbare Zeit ultra-expansiv bleiben, in den kommenden Monaten ist sogar mit weiteren Leitzinssenkungen zu rechnen. Da Bundesanleihen nach wie vor als sicherer Hafen gelten, dürften in Deutschland auch die langfristigen Zinsen, ausgehend von ihren aktuell extrem niedrigen Niveaus, nur langsam ansteigen. Aufgrund des anhaltend hohen Stressniveaus im europäischen Bankensektor dürften sich jedoch die Finanzierungsbedingungen für Immobilien trotz niedriger Zinsen verschlechtern. Dies sollte sich in steigenden Finanzierungsmargen widerspiegeln - insbesondere in der Peripherie der Eurozone sowie für Objekte jenseits des Top-Segments.

Ermutigende Signale

In den USA gab es zuletzt ermutigende Signale von den strukturellen Problemfeldern Immobilienmarkt und Bankensektor sowie vom Arbeitsmarkt. Dennoch lässt sich daraus noch kein höheres gesamtwirtschaftliches Wachstum als die prognostizierten 2,3 Prozent im laufenden und 2,5 Prozent im kommenden Jahr ableiten.

Im vergangenen Jahr haben die großen politischen Differenzen bei der Anhebung der Schuldengrenze angedeutet, wie schwierig auch in den USA die Haushaltssanierung des Staates sein wird. Besonders im Wahljahr 2012 sind politische Risiken zu beachten. In den nächsten beiden Jahren ist zudem mit einer erhöhten Schwankung der wirtschaftlichen Aktivität zu rechnen, da die expansive Geldpolitik und eine steigende fiskalische Straffung gegensätzliche Impulse freisetzen - allerdings mit unterschiedlich starken Ausprägungen je nach Zeitpunkt.

Mit der üblichen zeitlichen Wirkungsverzögerung bekommen im Jahr 2012 auch die Immobilienmärkte Finanzkrise und Wirtschaftsschwäche in Europa zu spüren. In den kommenden beiden Jahren sind die Ertragsperspektiven an den Büroimmobilienmärkten äußerst bescheiden: 2012 dürften die Marktgesamterträge idealtypischer Investitionen mit minus 2,6 Prozent im Durchschnitt der 25 analysierten europäischen Standorte in der Verlustzone landen. Im Folgejahr sollte die Nulllinie nur marginal überschritten werden.

Geteiltes Leid

Dabei sind es weniger die Mietmärkte als vielmehr die Investmentmärkte, die sich belastend auf die Erträge auswirken. Die wirtschaftliche Zweiteilung wird auch die Immobilienmärkte prägen: Während die Märkte der Kernländer der Währungsunion nur geringe Einbußen erleiden sollten, stehen die Peripherieländer vor einer längeren Durststrecke. Sofern die Schuldenkrise nicht weiter eskaliert, dürften die Mieten in den nächsten beiden Jahren in den Kernländern stagnieren, wohingegen sich die Rückgänge vor allem in der südlichen Peripherie zunächst fortsetzen sollten.

In ganz Europa sollten die geringeren Erwartungen hinsichtlich des zukünftigen Mietwachstums sowie die sich verschlechternden Finanzierungsbedingungen tendenziell zu steigenden Spitzenrenditen führen. Insbesondere die Standorte der südlichen Peripherieländer dürften hiervon betroffen sein, hier sollten sich Renditeniveaus einstellen, die deutlich über dem Durchschnitt des letzten Jahrzehnts liegen.

Auch wenn sich nach 2013 vielerorts eine leichte Erholung anschließt, sind auf Sicht des gesamten Prognosehorizonts von 2012 bis 2016 die Ertragsperspektiven für europäische Büroimmobilien des Spitzensegments mit knapp drei Prozent pro Jahr (Medianwert) als bescheiden zu bezeichnen. Zum Vergleich: In den ersten sieben Jahren des letzten Jahrzehnts, also vor Ausbruch der Leh-man-Krise, lagen die Erträge im europäischen Durchschnitt in etwa doppelt so hoch. Auch in den kommenden Jahren dürften die deutschen Märkte bei Investoren gefragt bleiben und mit Erträgen von drei bis vier Prozent pro Jahr im oberen Mittelfeld rangieren. Dabei stützen der robuste Arbeitsmarkt und das relativ niedrige Neubauvolumen die Entwicklung.

Außerdem befinden sich Lyon, London City, Amsterdam, Luxemburg und Warschau in der oberen Hälfte der Rangliste. Aufgrund vergleichsweise hoher Kosten rangieren die Büromärkte der nordeuropäischen Länder nur im unteren Mittelfeld der Skala. Am schwächsten sind die Ertragsaussichten für die Märkte der südlichen Peripherie der Eurozone, wie Barcelona, Lissabon und Mailand, wobei sich die spanischen Büromärkte gegen Ende des Prognosezeitraums, ausgehend von dann sehr niedrigen Kapitalwerten, mit relativ hohen Gesamterträgen hervortun könnten.

Angelsächsische Länder bieten Alternativen

Angesichts trüber Perspektiven an den europäischen Büroimmobilienmärkten in den nächsten beiden Jahren stellt sich die Frage nach Alternativen. Neben einigen kanadischen und australischen Märkten bieten auch verschiedene US-amerikanische Standorte interessante Perspektiven. Für fünf der elf analysierten US-Standorte ergibt sich auf Basis der prognostizierten Durchschnittsmieten und Spitzenrenditen im Class A-Segment ein Gesamtertrag von mehr als drei Prozent per annum für den Zeitraum von 2012 bis 2016.

Allerdings sind die Perspektiven gerade für die ersten beiden Jahre etwas höher als für die spätere Phase. Dabei spielen Mietanstiege in den nächsten Jahren nur noch in einigen US-Märkten eine Rolle (Boston, Miami).

An den Investmentmärkten dürften die Renditen nicht weiter sinken, da steigende Finanzierungskosten gegenüber den aktuell historisch niedrigen Niveaus zu erwarten sind. In den nächsten Jahren sollten die Renditen an den betrachteten Bürostandorten um etwa 40 bis 60 Basispunkte steigen. Ausnahmen bilden Märkte wie New York, San Francisco oder Washington D. C., die am stärksten von der Flucht in Sicherheit und den niedrigen Finanzierungskosten profitiert haben. Dort ist davon auszugehen, dass die gemeldeten Nettoanfangsrenditen von 4,0 bis 4,5 Prozent nicht nachhaltig sind, hier sollten Anstiege von bis zu 100 Basispunkten möglich sein.

Über den gesamten Prognosezeitraum liegt Boston mit einer Ertragsperspektive von 6,8 Prozent pro Jahr an der Spitze der Rangliste. Etwas dahinter rangieren mit knapp fünf Prozent Miami und Dallas. In New York Downtown dürften die Erträge um rund vier Prozent sinken. Aktuell sehr hohe Preise, eine große Finanzmarktabhängigkeit und ein hohes Neubauvolumen belasten den Markt.

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