Mipim Special

Europäische Büroimmobilienmärkte 2011 was erwartet uns?

Die europäischen Immobilienmärkte erholen sich zunehmend. Getragen von historisch niedrigen Zinsen, staatlichen Finanzmarktinterventionen und umfangreichen Konjunkturprogrammen stehen die Zeichen der einzelnen europäischen Volkswirtschaften überwiegend auf Wachstum, nachdem diese 2009 unter den zum Teil dramatischen Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten und den dadurch bedingten realwirtschaftlichen Implikationen infolge der Finanzmarktkrise zu leiden hatten. Gesamtwirtschaftliche Erholung Insgesamt ist zu erwarten, dass sich der allgemeine Erholungstrend auch 2011 graduell fortsetzen wird, zumal im Schlussquartal 2010 in fast allen europäischen Ländern eine gestiegene Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorquartal registriert werden konnte und auch die aktuellen Früh- und Stimmungsindikatoren auf eine Fortführung der konjunkturellen Erholung hindeuten. Jedoch bleibt das Konjunkturmuster uneinheitlich. Während die europäischen Kernmärkte wie Deutschland, Frankreich, Großbritannien sowie Skandinavien und Polen auch 2011 weiter kräftig wachsen werden, ringen die Peripherieländer Europas mit einem nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung, zumal der dort eingeschlagene staatliche Sparkurs einer schnellen Erholung entgegensteht. Entsprechend erwarten wir, dass das Bruttoinlandsprodukt der EU-15-Staaten 2011, wie bereits im Vorjahr, um 1,5 Prozent zulegen, damit aber unter dem langfristigen Mittel bleiben wird. Beherrschendes Thema 2011 wird - nicht nur in den Ländern am europäischen Rand - die Rückführung der Staatsverschuldung sein, da diese einen erheblichen Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung hat. Darüber hinaus sind auch erste Anzeichen einer höheren Inflationsrate im Euroraum bemerkbar. Aktuell wird die jährliche Inflationsrate des Euroraums für Januar 2011 von Eurostat auf 2,4 Prozent vorausgeschätzt. Im Dezember 2010 lag die Rate bereits bei 2,2 Prozent und damit über dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB). Es ist davon auszugehen, dass die EZB das niedrige Zinsniveau noch eine geraume Zeit beibehalten wird, um die Aufschwungstendenzen nicht zu beeinträchtigen. Fokus auf Core-Immobilien in den Kernmärkten Aufgrund der niedrigen Verzinsung von Alternativanlagen ist davon auszugehen, dass weiterhin viel Liquidität in die europäischen Immobilienmärkte fließen wird. Hiervon profitierte der Investmentmarkt schon im vergangenen Jahr. Nach Berechnungen von CB Richard Ellis hat das Transaktionsvolumen auf dem Investmentmarkt für gewerbliche Immobilien in der Region EMEA (Europa, Mittlerer Osten und Afrika) im vierten Quartal 2010 38,6 Milliarden Euro erreicht. Dies ist der höchste Quartalswert seit dem ersten Quartal 2008 und eine Steigerung um 37 Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum, in dem das Transaktionsvolumen 28,1 Milliarden Euro betragen hatte. Hierfür waren im Wesentlichen zwei Faktoren verantwortlich: zum einen die Kontinuität an Großtransaktionen, wie beispielsweise der Verkauf des Opern-Turms in Frankfurt am Main. Zum anderen hatte sich ein aggressiveres Vorgehen der Investoren im Bieterprozess um Core-Immobilien gerade im vierten Quartal zu einer Art "Marktnorm" entwickelt. Auch die Nachfrage hat sich im Laufe des vergangenen Jahres erhöht, blieb aber in erster Linie auf erstklassige Immobilien und zentrale Standorte konzentriert. Durch das geringe Angebot an langfristig vermieteten Immobilien mit bonitätsstarken Mietern in den europäischen Immobilienhochburgen entstand ein Nachfrageüberhang, der sich kurzfristig nicht ändern wird. Insgesamt betrug das Investmentvolumen 2010 in der EMEA-Region über 110 Milliarden Euro und lag damit 51 Prozent über dem Wert des Jahres 2009. Vor allem in der zweiten Jahreshälfte 2010 konnte eine höhere Dynamik festgestellt werden. Im Fokus der überwiegend risikoaversen Investoren standen vor allem die liquiden Märkte in den Kernländern Europas. Neben Großbritannien - und hier vor allem London -, dessen Immobilienmarkt sich in diesem Zyklus als erster erholte, nahm das Transaktionsvolumen in den letzten drei Monaten 2010 insbesondere in Deutschland, Frankreich und Schweden zu. Mit einem Volumen von insgesamt 15 Milliarden Euro in diesen drei Ländern - davon 6,8 Milliarden Euro alleine in Deutschland - wurde der Wert des Vorquartals mehr als verdoppelt. Deutschland, Frankreich und Schweden erreichten dank der robusten wirtschaftlichen Fundamentaldaten damit einen Anteil am gesamteuropäischen Transaktionsvolumen von 42 Prozent, dem höchsten Wert seit dem vierten Quartal 2007. Auch 2011 wird der Investorenfokus weiterhin auf Core-Immobilien mit gesichertem Einkommensstrom in den europäischen Kernmärkten - zum Teil auch in den Märkten in Mittel- und Osteuropa und hier insbesondere in Polen - liegen, auch wenn vereinzelt einige Investoren aktuell beginnen, sich wieder mit etwas stärker risikobehafteten Immobilien zu beschäftigen. Jedoch bleibt dies eher die Ausnahme denn die Regel, zumal auch die kreditfinanzierenden Banken ihr Immobilienrisikoexposure äußerst konservativ - Stichwort: Basel III - ausrichten. Mieterbonität wird wichtiger Das bedeutet, dass aus Investoren- und Bankensicht neben der Lage- und Objektqualität zunehmend die Mieterbonität und die Mietvertragsdauer von entscheidender Bedeutung sind. Die Nachfrage nach erstklassigen Büroimmobilien ist weiterhin hoch, allein das Angebot an solchen ist begrenzt und limitiert damit ein stärkeres Ansteigen des Transaktionsvolumens 2011, das um zehn bis 15 Prozent über dem Vorjahreswert liegen dürfte. Die große Nachfrage nach Core-Immobilien sorgte im Jahresverlauf 2010 für rückläufige Immobilienrenditen und eine Spreizung sowohl gegenüber der Rendite für Non-Prime Assets als auch gegenüber der Verzinsung der risikolosen Anlage, gemessen an der Benchmarkrendite für zehnjährige deutsche Staatsschuldtitel. Dies spiegelt die derzeitigen Anlagepräferenzen institutioneller Investoren wider, die auch 2011 ihre Gültigkeit haben werden. Aktuell stabilisieren sich die Spitzenrenditen auf ihrem derzeitigen Niveau und sorgen damit für eine stabile Entwicklung bei den Kapitalwerten erstklassiger Gewerbeimmobilien, zumal sich das Gros der europäischen Büromärkte noch am unteren Wendepunkt des aktuellen Mietpreiszyklus befindet. Vermietung: Anstieg bei Flächenumsätzen und Mieten Im Zyklus weiter fortgeschritten sind dagegen bereits die Büromärkte vor allem in London (City und West End), Paris, Stockholm und Moskau. Gegenüber dem Vorjahr sind die Spitzenmieten in der Londoner City um 26 Prozent gestiegen, in Paris konnten die Mietpreise im vergangenen Jahr um elf Prozent zulegen. Sowohl in London als auch in Paris übersteigt die derzeitig hohe Nachfrage nach Core-Immobilien das verfügbare Angebot und sorgte damit für das hohe Mietwachstum. Steigende Büromieten konnten zuletzt auch in Helsinki, Zürich und Wien registriert werden. Insgesamt konnte der CB Richard Ellis EU-27 Rent Index in vierten Quartal 2010 gegenüber dem Vorquartal um 0,7 Prozent zulegen; auf Jahresbasis wurde ein Anstieg um 2,7 Prozent verzeichnet. Eine Erholung der Mietpreise für Non-Core-Immobilien zeichnet sich dagegen noch nicht ab und spiegelt damit auch die Nachfrage nach qualitativ höherwertigen Büroflächen auf Nutzerseite wider. Dank der konjunkturellen Erholung konnte die Vermietungsleistung in der Mehrzahl der europäischen Bürozentren zulegen. Insgesamt verzeichnet CB Richard Ellis 2010 in Europa einen Büroflächenumsatz von 11,4 Millionen Quadratmetern - eine Steigerung um 20 Prozent gegenüber 2009, dem schwächsten Vermietungsjahr im Nachfragezyklus. Derzeit erreicht der Vermietungsumsatz nur in ein paar wenigen Märkten den langfristigen Durchschnitt der vergangenen Jahre oder liegt sogar darüber wie beispielsweise in London, wo der Umsatz 2010 20 Prozent über dem fünfjährigen Mittel lag und alleine im Schlussquartal eine Steigerung um 29 Prozent gegenüber dem dritten Quartal 2010 verzeichnet werden konnte. Entsprechend geht das Leerstandsvolumen hier bereits zurück. Für 2011 ist zu erwarten, dass sich die Leerstände auch in den anderen Bürozentren aufgrund der Nachfrage vor allem von Finanzdienstleistern nach neuen und qualitativ hochwertigen Büroflächen weiter abbauen werden. Die Nachfrage nach modernen Büroflächen trifft zunehmend auf ein begrenztes Angebot in diesem Segment, zumal die Finanzierungsbedingungen für Projektentwicklungen infolge der Finanzkrise äußerst restriktiv bleiben und nur in Ausnahmefällen Raum für spekulative Developments lassen. Für 2011 ist europaweit mit einem Fertigstellungsvolumen rund 30 Prozent unter dem Vorjahreswert zu rechnen, und auch für 2012 wird nach dem jetzigen Stand eine weitere Verknappung an modernen und effizienten Büroflächen erwartet. Dementsprechend könnte in den beiden kommenden Jahren die begrenzte Verfügbarkeit an Topflächen der Schlüssel für steigende Büromieten werden.

Jan Linsin , Head of Research , CBRE Germany, Frankfurt am Main
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