Leitartikel

Immobilien als Asset

Das Immobilienvermögen in Deutschland beträgt rund 9,5 Billionen Euro. Demnach ist etwa die Hälfte des Vermögens der privaten Haushalte in Immobilien investiert. So hieß es seitens der deutschen Bundesregierung in ihrem zweiten Bericht zum Wohnungs- und Immobilienmarkt in Deutschland, der im Frühjahr 2012 veröffentlicht wurde. Und weiter: Von der Verwendung des Bruttoinlandsprodukts sind im Jahr 2011 rund 560 Milliarden Euro oder 22 Prozent auf Immobilien entfallen. Für die privaten Haushalte sind laut Bericht die Ausgaben für das Wohnen mit einem Anteil von 338 Milliarden Euro oder knapp einem Viertel der größte Einzelposten ihrer Konsumausgaben. An diesen grundsätzlichen Verhältnissen dürfte sich in den vergangenen beiden Jahren nichts Wesentliches geändert haben, und wenn, dann nur zugunsten der Immobilienanlagen. Denn blickt man beispielsweise auf die Rekordergebnisse der Bausparkassen (siehe auch Im Blickfeld) und hört die Warnungen von Politikern und Notenbankern über steigende Verschuldung und horrend hohe Wohneigentumspreise in den Ballungszentren, dann fällt es schwer zu glauben, dass sich die Zuneigung der privaten Verbraucher zum Beton spürbar verringert hat. Nein, die Immobilie als Anlage boomt, was nicht zuletzt an den historisch niedrigen Zinsen, den allgemein guten Bedingungen auf den Arbeitsmärkten, steigenden Wachstumsprognosen und fehlenden Anlagealternativen liegt. Konnte man kurzfristig auf die Aktie hoffen, lassen die politischen Unwägbarkeiten in Russland, Syrien, Israel, Ägypten oder Afrika den deutschen Leitindex Dax allein im Juli 2014 von über 10 000 Punkten auf unter 9 000 Punkte drastisch abrutschen. Für eine breitere Aktienkultur ist das natürlich keine gute Basis. Und die Staatsanleihe als Vermögensbildungsinstrument hat bei Renditen von ein bis zwei Prozent ebenfalls drastisch an Attraktivität verloren.

Es bleibt also nur die Immobilie, will man Rendite mit einem gesunden Risikobewusstsein paaren. Und das gilt für private wie institutionelle Investoren gleichermaßen. Vermag es da zu verwundern, dass Versicherer ihre Immobilienquoten spürbar erhöhen wollen, dass ausländische Investoren den Gewerbeimmobilienmarkt abgrasen und die Wohnportfoliotransaktionen im ersten Halbjahr ein Rekordniveau erreichten? In den ersten sechs Monaten wechselten in über 150 Transaktionen rund 125 000 Wohneinheiten für 7,1 Milliarden Euro den Besitzer - ein Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 4,4 Prozent. Maßgeblichen Anteil an diesem Ergebnis hatte die Deutsche Annington, die gleich zwei große Portfolien - Vitus und Dewag - übernahm. Nicht unbedingt auf dem Wohnungsmarkt aber bei gewerblichen Finanzierungen werden Versicherer zunehmend ein Faktor auf dem Markt: Deren Immobilienquote beläuft sich laut dem "Trendbarometer Immobilienanlagen der Assekuranz" von Ernst & Young auf aktuell 7,3 Prozent der Kapitalanlagen. Tendenz steigend, denn 52 Prozent der befragten Versicherungsgesellschaften gehen im kommenden Jahr von einer höheren Immobilienquote aus, allein bis Ende dieses Jahres wird ein Anstieg auf 7,7 Prozent erwartet. Dabei präferieren die Unternehmen Direktinvestitionen und schauen mittlerweile deutlich stärker auf B-Lagen als Reaktion auf den harten Wettbewerb an den Topstandorten. Deutlich in der Gunst gesunken sind die Offenen Immobilien-Spezialfonds nach deutschem Recht, die nur noch von 33 Prozent in Erwägung gezogen werden, sowie Offene Immobilienfonds nach ausländischem Recht, für die sich immerhin 37 Prozent der Befragten entscheiden würden.

Doch das bleibt eher eine Randnotiz, denn insgesamt boomt der Immobilien-Spezialfonds, dem traditionell diese Ausgabe gewidmet ist, genauso wie der Immobilienmarkt - wie soll es auch anders sein. Als logische Folge der eigenen Stärke und der Schwäche der Offenen Immobilienfonds nimmt die Bedeutung der Spezialfonds gegenüber den Publikumsfonds seit zehn Jahren stetig zu. Soll heißen: Seit 2004 liegen die Mittelzuflüsse der Spezialfonds über denen der Publikumsfonds. Per Ende 2013 betrug das verwaltete Vermögen in Spezialfonds mit 44 Milliarden Euro schon mehr als die Hälfte des Publikumsfondsvermögens. Auf der Anbieterseite wird spannend zu beobachten sein, wie sich Nischenanbieter mit spezialisierten Produkten neben den großen Flaggschiffen der Branche etablieren können. Bleibt die Frage nach dem "weiter so" des Immobilienhypes. Und die ist durchaus mit einer gewissen Skepsis zu beantworten. Zum einen sind Käufe in Boomphasen selten günstig, mit unangenehmen Folgen für Renditen und Wertsteigerungspotenziale. Dann sind bekanntermaßen Immobilienanlagen aller Art nicht rauschend durch die jüngsten Krisen gekommen. Wenn die Einkommen an Realwert für das eher Alltägliche an Bedeutung verlieren, bricht auch die Immobiliennachfrage erlerntermaßen schnell ein oder gar ab. Und wie stark die derzeitigen Erfolge von der Liquiditätsschwemme der Europäischen Zentralbank getrieben sind, ist heute keineswegs zweifelsfrei festzustellen. Von daher gilt: Zufriedenheit ja, Euphorie nein.

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