Immobilien-Spezialfonds

Immobilien-Investmentvehikel im Wettbewerb um europäische Anleger

Die Absichten institutioneller Anleger, allen voran europäischer Institutionen zur Altersvorsorge, den Immobilienanteil in ihren Portfolios in Zukunft deutlich zu erhöhen, sind hinreichend bekannt. Ungeklärt ist dagegen noch die Frage, wie hoch das tatsächliche Volumenpotenzial von Immobilienanlagen bei institutionellen Investoren in den nächsten Jahren sein wird. Um wie viel Prozentpunkte werden Großinvestoren ihre Portfolios um Immobilienanlagen ergänzen?

Sollte die Entscheidung dann in einem nächsten Schritt zugunsten einer mittelbaren Grundbesitzinvestition, beispielsweise über Fonds- oder REIT-Modelle, ausfallen, ist zudem zu klären, welche kundenspezifischen Ansprüche an ein bestimmtes Anlageprodukt gestellt werden und inwieweit der deutsche Immobi-lien-Spezialfonds diesen Anforderungen in Konkurrenz zu anderen europäischen Vehikeln gerecht zu werden vermag.

Immobilien-Anlageverhalten institutioneller Investoren

Die Beantwortung der Frage nach dem Anlageverhalten institutioneller Anleger hat sich eine von der Universität Leipzig im Auftrag der LB Immo Invest im Jahr 2006 erstellte Studie zur Aufgabe gemacht.*) Die Auswertung eines an 98 institutionelle Anleger, darunter mehrheitlich Versicherungen, Pensionskassen und Kreditinstitute, versandten Fragebogens ergab, dass der Anteil der Immobilienanlagen bei den befragten Institutionen damals aktuell bei etwa 5,1 Prozent der Vermögensanlagen liegt. Im europäischen Kontext rangiert Deutschland damit zurzeit im Mittelfeld. Ein traditionell hoher Immobilienteil findet sich in den Vermögensaufstellungen schweizerischer und italienischer Einrichtungen zur Altersvorsorge, Österreich dagegen hat mit knapp einem Prozent den mit Abstand niedrigsten Anteil aller Assetklassen.

Der Anteil der indirekten Anlagen wird laut der vorgenannten Umfrage in Deutschland bis zum Jahr 2009 durchschnittlich 50 bis 75 Prozent der gesamten Immobilienanlagen betragen, während im Befragungsjahr die Direktanlage noch dominierte. Bei der Frage nach der Produktauswahl ist eine deutliche Affinität der Asset Manager für den deutschen Immobilien-Spezialfonds erkennbar, aber auch Offene und semiinstitutionelle Publikumsfonds wurden in die zukünftige Allokationsstrategie einbezogen. Exotischere Anlagevehikel wie beispielsweise luxemburgische Sicav, der in diesem Jahr eingeführte G-REIT oder Private Equity sowie Opportunity Fonds erhielten dagegen vergleichsweise noch wenig Aufmerksamkeit.

Die deutschen Spezial-Sondervermögen treffen dabei offensichtlich in ganz unterschiedlicher Ausprägung den Geschmack der Investoren: sowohl Individualfonds für Großanleger als auch auf die gemeinschaftliche Anlage durch mehrere Investoren orientierte Poolfonds. Auch Bausteinkonzepte, wie zum Beispiel von der LB Immo Invest angeboten, bei denen sich Investoren aus einer breiten Produktpalette ein Portfolio in Eigenregie über verschiedene Regionen und Nutzungsarten zusammenstellen, erfreuen sich einer wachsenden Affinität bei den Großanlegern. Auch bei der Strategie des Fondsaufbaus herrscht Variabilität.

Ein bereits bestehendes Portfolio kann ebenso zum Aufbau des Zweckvermögens herangezogen werden wie die sukzessive Neustrukturierung durch Einbringung des notwendigen Kapitals durch den Investor. Im Gegensatz zu den Publikumsfonds stehen hier die Spezialfonds-Initiatoren nicht zeitlich und quantitativ stark schwankenden Mittelzuflüssen gegenüber, was die Planung der Investitionsstrategie deutlich vereinfacht.

Steigender Auslandsanteil

Ebenso lässt die Auftragsstudie bei der in Zukunft gewünschten regionalen und sektoralen Ausrichtung der Immobilienportfolios eine Trendwende erkennen. Der Anteil der klassischen deutschen Büroimmobilie sinkt. Die Investoren zieht es ins Ausland. Dabei sind europäische Nicht-EU-Länder zunehmend attraktiv und auch die USA und Asien gewinnen in Zukunft an Bedeutung. Darüber hinaus rücken aufgrund der demografischen und infrastrukturellen Entwicklung Einrichtungen zur Altersvorsorge sowie Logistikimmobilien in den Investitionsfokus der potenziellen Anleger.

Auf dem Markt der indirekten Immobili-enanlage-Produkte müssen sich die Initiatoren somit zunehmend an die veränderten Anforderungen ihrer Klientel anpassen. Die Zeit der autonomen Kreation von Einheitsprodukten ist endgültig vorüber. Im Anschluss ist der Frage nachzugehen, ob diese neuen Vehikel auch ihre quantitative Berechtigung auf dem Gesamtmarkt finden werden.

Zahlreiche Studien und wissenschaftliche Untersuchungen haben in der Vergangenheit Immobilienanlagen einen risikomindernden Einfluss auf die Wertentwicklung eines Multi-Asset-Portfolios bescheinigt. Voraussetzung für diesen Effekt ist jedoch, dass die den Institutionen gesetzlich vorgegebenen Anlagevorschriften ein entsprechendes Portfoliogewicht der Immobilienanlage auch zulassen. Deutsche Pensionskassen unterliegen beispielsweise der Anlageverordnung für Versicherungsunternehmen. In anderen Ländern bestehen ähnliche Regelungen.

Die in Tabelle 1 aufgezeigten Investitionsbeschränkungen für europäische

Einrichtungen zur Altersvorsorge zeigen den hohen potenziellen Anteil von Immobilienwerten an den Gesamtanlagen auf. Die Portfoliolimits, das heißt die maximale Investitionsquote für mitteleuropäische Vorsorgeinstitutionen in diese Assetklasse, erlassen von den jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörden, liegen im Durchschnitt bei rund 25 bis 50 Prozent des Gesamtportfolios. Eine Ausnahme bildet dabei unter anderem der im Jahr 2002 in Deutschland eingeführte Pensionsfonds. Die für dieses Vehikel manifestierten Richtlinien zur Vermögensveranlagung sehen bei ihrer Asset Allokation lediglich das Vorsichtsprinzip vor, nach dem eine angemessene Mischung und Streuung der gehaltenen Vermögenswerte zu beachten ist. Theoretisch wäre somit eine 100-prozentige Investition in eine einzige Assetklasse möglich.

Stellt man diesem Anlagepotenzial die bereits aufgezeigte tatsächliche Portfoliostruktur dieser Investorengruppe im europäischen Vergleich gegenüber, wird eine bemerkenswerte Diskrepanz erkennbar. In jedem der betrachteten Investorenmärkte herrscht noch ein erhebliches Volumenpotenzial vor. Während beispielsweise italienische Pensionsfonds knapp ein Fünftel ihrer Anlagen direkt oder indirekt in Immobilien investiert haben, liegt ihr Anteil in Österreich bei nur einem Prozent. Ebenfalls im zweistelligen Prozentbereich bewegen sich schweizerische Vorsorgeinstitutionen; deutsche, britische und niederländische Pensionskassen gewichteten direkte und indirekte Immobilienanlagen Ende 2005 mit etwa fünf bis acht Prozent. Auch die von den Institutionen in den nächsten Jahren beabsichtigte Steigerung des Grundbesitzanteils auf acht bis zwölf Prozent der Gesamtanlagen wird nicht einmal die Hälfte des theoretisch möglichen Volumens erreichen.

Substitutionskonkurrenten

Nachdem nun die qualitative und quantitative Affinität sowie das Anlagepotenzial institutioneller Altersvorsorger in Europa nachgewiesen wurde, bleibt zu klären, inwieweit der deutsche Immobili-en-Spezialfonds im Kontext seiner europäischen Substitutionskonkurrenten zu bestehen vermag.

In nahezu allen westeuropäischen Staaten lassen sich Vehikel zur indirekten Immobilienanlage finden. Zum Teil werden auf den einzelnen Investitionsmärkten gelistete und ungelistete Produkte parallel angeboten, so zum Beispiel in den Niederlanden, Frankreich, Luxemburg und Italien. Bei den börsennotierten Vehikeln handelt es sich zumeist um die ersten europäischen REIT-Strukturen, allen voran Frankreich mit dem sehr erfolgreichen Siic - Société d´Investissement Immobilier côtée. Deutschland und Großbritannien haben in diesem Jahr mit der REIT-Einführung ebenfalls ihre Produktpalette erweitert. Die Investitionsmärkte mit dem rasantesten Wachstum der letzten Jahre befinden sich dagegen in der Türkei (REIT) und in Griechenland (REIC - Real Estate Investment Companies).

Französische SCPI - Société Civile de Placement Immobilier - und italienische Fondi Immobiliari entsprechen dagegen in ihrer Konstruktion sehr dem deutschen Offenen Immobilienfonds. Beispielsweise wird es aufgrund der bevorstehenden Ablösung der SCPI durch die OPCI - Organisme de Placement Collectif en Immobilier - als Produkt für private Investoren in Frankreich und die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zur Firmierung von FCP und Sicav als Sif - Specialized Investment Funds - in Luxemburg zu einer weiteren Vereinheitlichung des europäischen Investmentmarktes kommen.

Auf einigen Investitionsmärkten wurden bereits spezielle Vehikel für das institutionelle Klientel geschaffen. In ihrer kundenspezifischen Ausrichtung den Immobilien-Spezialfonds entsprechend, werden in Italien Fondi Immobiliari qualificati angeboten. Die Investoren in diese Vehikel müssen einen entsprechend qualifizierenden Status nachweisen. Ebenso sieht die Produktpalette in Österreich und Luxemburg eine Separation von Retail- und Großkunden vor. Die aktuell größten Immobilienfonds sind in Tabelle 3 dargestellt. Aus dieser Aufstellung wird noch einmal die relative Bedeutsamkeit des deutschen Fondsmarktes im europäischen Kontext ersichtlich.

Die Vorteilhaftigkeit des deutschen Spe-zial-Sondervermögen gegenüber seinen internationalen Substitutionskonkurrenten spiegelt sich insbesondere in der sektoralen und geografischen Ausrichtung der Portfolios dieser Anlagevehikel wieder. Die bereits jetzt einem internationalen Anlagefokus gerecht werdende Ausrichtung auf neue Investmentmärkte und Nutzungsarten wurde von den Spe-zialfonds-Verantwortlichen aufgegriffen und bei Neukonzeptionen und Umstrukturierungen berücksichtigt. Zudem kann in Deutschland auf eine langjährige Kompetenz beim Management großvolumiger Zweckvermögen zurückgegriffen werden (Tabelle 3).

In anderen Ländern dagegen, allen voran Frankreich und Italien, herrscht bei den Vermögensanlagen eine eher nationale Fokussierung vor, was unter Diversifikationsaspekten langfristig als nachteilig angesehen werden kann. Luxemburg dagegen steht den deutschen Vehikel mit sehr liberalen Anlagevorgaben, einer breiten Produktpalette und insbesondere sehr vereinfachten fiskalischen Rahmenbedingungen gegenüber.

Die dort aufgelegten Produkte, teilweise sogar von deutschen Initiatoren, müssen als die zurzeit größten Substitutionskonkurrenten für den Immobilien-Spezialfonds angesehen werden.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X