Schwerpunkt Immobilien an der Börse

Immobilienaktien aus Anlegersicht - worauf kommt es an?

Die Assetklasse Immobilien erfreut sich in Deutschland in Zeiten einer chronischen Euro-Währungskrise einer hohen Beliebtheit. Die im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn noch relativ hohe wirtschaftliche Stabilität, die polyzentrale Struktur mit sechs oder sieben Ballungsräumen sowie recht große und liquide Immobilienmärkte machten Deutschland für Investoren aus dem In- und Ausland in den letzten Jahren so attraktiv wie nie zuvor. Bundesweit wurden im Jahr 2012 knapp 26 Milliarden Euro in den gewerblichen Kauf von Immobilien investiert, neun Prozent mehr als im Vorjahr. Die Spitzenrenditen haben im Zuge der starken Nachfrage fast überall nachgegeben und die Nachfrage dürfte auch im laufenden Jahr ungebrochen bleiben, sofern es sich um Core-Immobilien handelt.

Doch wie ist das Verhältnis der Anleger zur indirekten Immobilienanlage mittels Aktie und auf welche Kriterien sollte hierbei am meisten geachtet werden? Man muss sich zunächst einmal vor Augen führen, dass es vor zehn Jahren in Deutschland kaum nennenswerte börsennotierte Immobilien-Aktiengesellschaften gab, in die man als professioneller immobilienaffiner Anleger investieren konnte. Den meisten wird wahrscheinlich nur die momentan krisengeschüttelte IVG oder der Shoppingcenter-Betreiber Deutsche Euroshop einfallen.

Managementqualität und Portfoliogröße

Denn seit 2005 haben sich in wechselnder Frequenz die Börsengänge von Immobilien-Aktiengesellschaften mit unterschiedlichem Schwerpunkt und regionalem Fokus gehäuft. Es muss sich also erst über Jahre ein Katalog an Kriterien bilden, nach denen sich ein Anleger bei der Entscheidung für oder gegen eine Immobilienaktie orientieren kann.

Der Vorteil der indirekten Immobilienanlage liegt ja in erster Linie darin, dass man sich nicht mit vielen Millionen Euro auf eine bestimmte Liegenschaft an einem bestimmten Ort festlegen muss und obendrein Kaufnebenkosten zu begleichen hat. Bei einer Immobilienaktie kann man mit kleineren Summen in ein Portfolio an zahlreichen Liegenschaften investieren, das im günstigen Fall von einem erfahrenen Management gut geführt wird.

Der zügige und unkomplizierte Aktienkauf ohne hohe Nebenkosten wie Notarund Maklergebühren sowie Grunderwerbssteuer sowie die Diversifizierung liegen als Vorteile klar auf der Hand. Die Diversifizierung kann der Anleger natürlich weiter verbessern, indem er einen ganzen Korb an Immobilienaktien erwirbt. Der Risikoschutz ist also wesentlich besser als bei einer Einzelliegenschaft.

Nach aller Erfahrung ist die Reputation des Managements ein wichtiger Faktor, der vom Käufer ins Kalkül gezogen wird. Hat das Management in der Vergangenheit nachhaltig bewiesen, einen hohen und stabilen Cash-Flow an Mieteinnahmen zu generieren? Die Kennzahl FFO (Funds From Operations) und der Bezug zum Aktienkurs und zum Substanzwert (Net Asset Value) spielen hier eine wichtige Rolle (FFO-Rendite). Kann das Management auch die Marktzyklen richtig einschätzen und Liegenschaften zum richtigen Zeitpunkt aus dem eigenen Portfolio veräußern, um zusätzliche gewinnwirksame Trading-Erfolge (Verkäufe über Buchwert und Einstandspreis) zu realisieren?

Hat das Management die Finanzierungsstruktur im Griff und steuert die Verschuldung, den Loan-to-Value, angemessen zu dem vom Markt akzeptierten Niveau? Werden hierbei auch neue Finanzierungsformen mittels Anleiheemission ins Kalkül gezogen, um von Bankfinanzierungen unabhängiger zu werden? Kann das Management transparent und nachvollziehbar die Unternehmensentwicklung und die getroffenen Maßnahmen zur Optimierung in der Bewirtschaftung oder Verwertung benennen?

Aktionäre werden emanzipierter

Wichtig ist hierbei auch, ob das Management signifikante Erfolge in der Neu- oder Nachvermietung von Liegenschaften aufzuweisen hat, gerade auch dann, wenn die Vermietungsmärkte und die Konjunktur schwierig sind oder ein Bedarf für eine grundlegende Repositionierung eines Objekts besteht. Man sieht aktuell an der umstrittenen Benennung des neuen Vorstandsvorsitzenden der Berliner Wohnimmobiliengesellschaft GSW, dass Investmentfonds und Pensionskassen sehr viel emanzipierter geworden sind und auch den Aufsichtsrat verstärkt in die Pflicht zur Überwachung nehmen, damit wirklich geeignete Kandidaten im Vorstand einer Immobilien-AG arbeiten.

Neben dem Track Record des Managements spielt auch die Unternehmensgröße eine entscheidende Rolle. Der Vorteil der viel besseren Diversifizierung durch das Investment in eine AG darf nicht dadurch verwässert werden, dass sich die Kosten für ein womöglich teuer bezahltes Management auf nur wenige Objekte verteilen. Im Optimalfall ist das Portfolio groß und die Organisationsstruktur dennoch schlank.

Die auf Gewerbeimmobilien in Süddeutschland spezialisierte VIB Vermögen hat ihr Portfolio in den letzten fünf Jahren von rund 450 Millionen Euro auf nunmehr zirka 800 Millionen Euro und etwa 100 Objekte fast verdoppelt. Dennoch sind die Kostenstrukturen des Unternehmens schlank geblieben. Eine ohnehin gute operative EBIT-Marge von 72 Prozent im Jahr 2011 konnte auf 82 Prozent im Jahr 2012 weiter verbessert werden.

Attraktivität des Portfolios und Ausschüttungen

Die börsennotierten Immobilien-Aktiengesellschaften können ihr Profil schärfen, indem sie transparent und möglichst konkret ihr Liegenschaftsportfolio offenlegen und ein roter Faden hinsichtlich des Investitionsschwerpunkts zu erkennen ist. Während eine KWG Kommunale Wohnen nur in Wohnimmobilien in deutschen B- und C-Städten mit geringerer Wettbewerbsintensität investiert, innerhalb dieser Städte aber die herausragenden Standorte mit hohem Wertsteigerungspotenzial sucht, konzentrieren sich andere Unternehmen wie die österreichische S Immo AG bei ihren deutschen Aktivitäten fast ausschließlich auf die Hauptstadt Berlin, wo seit Jahren die Mieten und Kaufpreise steigen und wo das deutsche Team der Gesellschaft einen sehr liquiden Markt für Wohnimmobilien vorfindet, was auch für lukrative Verkaufsaktivitäten genutzt wird.

Während oftmals Anleger reine Pure Plays (nur Wohnen oder nur Büro/Gewerbe beziehungsweise nur Investments in Deutschland et cetera) bevorzugen, so gibt es doch auch mitunter ausländische Gesellschaften, für die Deutschland nur ein (wenn auch attraktiver) Teilmarkt ihres Portfolios ist, weil mindestens 50 Prozent der Erträge aus anderen Ländern Europas respektive aus anderen Nutzungsarten stammen.

Dennoch ist es auch hier möglich, Gesellschaften wie die österreichischen Bestandshalter S Immo und CA Immo sowie Warimpex zu finden, die bei einem NAV-Abschlag (Differenz zwischen Nettovermögenswert und Aktienkurs) von rund 50 Prozent ihre Funds from Operations im Jahr 2012 nochmals um 14 Prozent (S Immo) oder sogar um 58 Prozent (CA Immo) erhöhten.

Schaut man auf den europäischen Hotelimmobilienspezialisten Warimpex, so hat dieser trotz einer gemischten Konjunktur seinen Gewinn im vergangenen Jahr um 34 Prozent ausgebaut. Alle drei Gesellschaften konnten durch attraktive Verkaufstransaktionen in den zurückliegenden zwölf Monaten ihre bilanziellen Wertansätze bestätigen und zusätzliche Gewinne erzielen.

Gerade wenn ein Bestandshalter durch kontinuierliche Zahlen überzeugen kann, ist es zudem für viele Aktionäre wichtig, angemessen über Dividenden am Erfolg beteiligt zu werden und dadurch einen regelmäßigen Rückfluss zu erhalten. Die S Immo hat die Dividendenzahlung in diesem Jahr nach den guten Geschäftsergebnissen 2012 deutlich um 50 Prozent auf 15 Cent je Aktie angehoben, was einer Dividendenrendite von rund 3,3 Prozent beim aktuellen Kurs entspricht. Bei der CA Immo beträgt die Dividendenrendite aktuell sogar rund 3,9 Prozent. Hier wurde wie im Vorjahr eine Dividende von 38 Cent je Aktie ausgeschüttet.

Strategie und Key-Performance-Indikatoren

Viele Immobiliengesellschaften haben in den letzten Jahren daran gearbeitet, ihre strategischen Ziele und Visionen besser ihren Eigentümern, den Aktionären, zu kommunizieren und auf deren Präferenzen zu achten. Zudem wurden die Abteilungen für Investor Relations vielerorts auch personell aufgestockt und die Zahl der Investorentermine auf Roadshows und Konferenzen erhöht.

Bei einigen Anlegern (nicht zuletzt aus dem angelsächsischen Raum) steht Wachstum im Fokus, da große Immobiliengesellschaften mit entsprechender Portfolio-Size meistens mehr Aufmerksamkeit am Kapitalmarkt erfahren und sich auch häufig mit Kapitalerhöhungen (zum Beispiel für Portfoliozukäufe) leichter tun.

Andere Investoren, beispielsweise aus dem deutschsprachigen Raum, schätzen oftmals hohe Tilgungsraten und die schrittweise Rückführung des Loan-to-Value des Portfolios, um die Bilanzen zu stärken und das Risikoprofil der Gesellschaften zu vermindern. Dies wird oft auch flankiert durch Verkaufsaktivitäten, was dann meistens auch zusätzliche Cash-Erträge generiert, aus denen sich letztlich auch zu einem guten Teil die Ausschüttungen speisen.

Glaubwürdigkeit der Kommunikation

Egal, ob der Fokus mehr auf Wachstum oder auf Stärkung der eigenen Bilanz oder auf eine attraktive Ausschüttungspolitik gelegt wird, der Vorstand der Immobiliengesellschaft muss dies jederzeit gut begründen und transparent kommunizieren können. Wichtig ist auch, dem Kapitalmarkt durch Richtgrößen für wichtige zukünftige Kennzahlen wie den Mieteinnahmen, den Funds from Operations, dem operativen Gewinn vor Bewertungsergebnis und dem Loan-to-Value des Portfolios ein besseres Gefühl und Grundverständnis für die Unternehmensentwicklung und Geschäftsphilosophie zu geben.

Je nach Geschäftsmodell und Marktlage ist es natürlich unterschiedlich schwierig, eine präzise Guidance für die Key-Performance-Indikatoren abzugeben. Empfohlen wird, die Guidance lieber in Form einer etwas weiteren Spanne ab zugeben, als sich mit der Nennung von (nur scheinbar) präzisen Zahlen zu verzetteln.

Es geht weniger um die exakte Zahl als um ein gutes Gefühl für die Präferenzen des Vorstands im allgegenwärtigen Spannungsfeld zwischen Wachstum, Stärkung der Bilanz und Ausschüttungen an Aktionäre. Trotzdem sollte bei der Guidance des Kapitalmarkts nicht der Eindruck der Beliebigkeit entstehen. Die Qualität der internen Finanzplanung muss sich hier an der Güte der abgegebenen Prognosen für den Kapitalmarkt messen lassen.

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