Immobilie als Asset

Immobilienfonds: Deutschland auf Augenhöhe mit Luxemburg

Unklarheiten in der Anpassung der Steuergesetze und der regulatorischen Ausgestaltung oder komplizierte Genehmigungsfristen für notwendige Anträge - die öffentliche Debatte um die Umsetzung der AIFM-Richtlinie und die Einführung des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) in Deutschland war bislang meist von starker Kritik geprägt. Diese Punkte sind sicherlich nicht von der Hand zu weisen. In den Hintergrund rückte dadurch jedoch oftmals die Tatsache, dass der einheitliche europäische Rechtsrahmen auch Chancen bietet: durch neue Produkte, einheitliche Spielregeln und die Möglichkeit für Finanzstandorte, sich im Wettbewerb zum Klassenprimus Luxemburg neu zu positionieren.

Als führender Finanzplatz für Fondsgesellschaften in Europa erfreut sich der Standort Luxemburg einer hohen Popularität. Er bietet ein für Investoren attraktives Paket: geballte Finanzkompetenz auf engem Raum, ein internationales Umfeld mit guter Infrastruktur, flexibel agierende Behörden und aus Fondsanbietersicht eine vergleichsweise liberale Regulierung. Die Statistik der Luxemburger Association of the Luxembourg Fund Industry (ALFI) weist für das Jahr 2013 insgesamt ein Nettovolumen der in Luxemburg investierten Assets under Management in Höhe von 2,62 Billionen Euro (Vorjahr 2,38 Billionen Euro) auf.

Auch für viele deutsche Investoren war und ist Luxemburg mit seiner vielfältigen Produktpalette und einem regulierten und gleichzeitig flexiblen Investmentumfeld ein Standort der Wahl. Dabei hatte die Bundesrepublik mit der Gesetzesnovelle des deutschen Investmentgesetzes bereits 2007 einen wichtigen Schritt für mehr Wettbewerbsfähigkeit des Fondsstandortes gemacht.

Luxemburger Standortvorteil egalisiert

Mit dem flexibleren deutschen Immobilien-Spezialfonds wurde für das Immobiliensegment eine attraktive, weitestgehend regulierte Anlageform für institutionelle Investoren geschaffen. Nach Angaben des deutschen Fondsverbands BVI stieg das Fondsvermögen in offenen Immobilien-Spezialfonds zum jeweiligen Stichtag am 31. Dezember zwischen 2007 und 2013 von 21,2 Milliarden Euro auf 40,1 Milliarden Euro an.

Durch die Umsetzung der EU-Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie) in ganz Europa und im Besonderen durch die damit verbundene Einführung des KAGBs in Deutschland haben sich die Rahmenbedingungen für Anbieter von Immobilienfonds und Investoren nun noch einmal auf breiter Front geändert. Dem Standort Deutschland dürfte das zum Vorteil gereichen: Er zeigt sich im harmonisierten europäischen Markt für Immobilien-Investmentprodukte gut positioniert.

Regulierung schafft Sicherheit

Für deutsche Investoren gibt es nun zumindest einen wichtigen Grund weniger, luxemburgische Investmentvehikel ihren deutschen Pendants vorzuziehen. Denn im Werben um die Gunst von Immobilieninvestoren muss Luxemburg nach Umsetzung der AIFM-Richtlinie nun auf einen weiteren Wettbewerbsvorteil verzichten. Dieser bestand bislang vor allem darin, dass Luxemburg mit der Investmentgesellschaft mit fixem Kapital (SICAF) über ein reguliertes Investmentvehikel in Form eines geschlossenen Fonds verfügte. Neben einer höheren Flexibilität des Produkts konnten in diesen Fonds auch Einzelpersonen investieren, die mindestens eine Summe in Höhe von 125 000 Euro einbrachten und erklärten, sachkundige Anleger zu sein.

In Deutschland gab es ein vergleichbares Produkt bisher nicht. Hier existierten relativ streng regulierte offene Immobilienfonds und weitestgehend unregulierte geschlossene Fonds (meist in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft) über Jahrzehnte nebeneinander. Der deutsche geschlossene Fonds war bisher ein nur wenig reguliertes Investmentvehikel, in das viele institutionelle Anleger aufgrund ihrer strikten Anlagerichtlinien nicht investieren durften.

An diesem Punkt haben die Gesetzgeber mit Einführung des KAGBs in Deutschland nachgebessert: Investoren bietet sich nun die Möglichkeit, dass Spezialfonds nicht mehr wie bisher nur als Fonds in Vertragsform ohne eigenständige rechtliche Persönlichkeit aufgelegt werden können, sondern auch in der Rechtsform der Investment-Kommanditgesellschaft (Investment-KG). Diese neue Form eines regulierten Investmentfonds bietet einerseits die Flexibilität klassischer geschlossener Fonds. So sind Single-Asset-Fonds weiterhin möglich, weil es keine Vorschriften bezüglich der Risikostreuung gibt. Und auch zum Niveau der Fremdfinanzierung und der Wahl der Anlagegegenstände gibt es keine strikten Regeln.

Zugleich bietet die Investment-KG ein höheres regulatorisches Schutzniveau als die bisher übliche KG. So benötigen Manager einer Investment-KG eine Zulassung als Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) durch die BaFin. Darüber hinaus müssen sie für die KG ein Mindestkapital von 125 000 Euro, bei interner Verwaltung sogar von 300 000 Euro, nachweisen und über zuverlässige, fachlich geeignete Geschäftsführer verfügen. Weitere Vorschriften betreffen die Organisation im Hinblick auf Portfolioverwaltung und Risikomanagement, die regelmäßige Bewertung der Anlagegegenstände und die Überwachung des Fondsvermögens durch eine Verwahrstelle. Investoren steht damit ein Anlagevehikel deutscher Provenienz zur Verfügung, das ähnlich flexibel und ähnlich gut reguliert ist, wie es die luxemburgische SICAF bisher schon war. Das bedeutet: Deutschland hat in diesem Punkt zu Luxemburg aufgeschlossen. Und die Chancen stehen gut, dass dies zu einer neue Phase des Wachstums führen wird.

Deutscher Immobilen-Spezialfonds nochmals gestärkt

Vor Einführung des KAGBs waren die meistgenutzten Vehikel in Deutschland einer Studie der Steinbeis-Hochschule zufolge im Jahr 2012, also im letzten Jahr vor der Umsetzung der AIFM-Richtlinie, Immobilienspezialfonds: 69 Prozent der für die Studie befragten institutionellen Anleger gaben an, Immobilien-Spezialfonds häufig oder sehr häufig zu nutzen. Das investierte Volumen vergrößerte sich 2013 nach Zahlen des BVI im Vergleich zum Vorjahr nochmals um etwa 3,5 Milliarden Euro. Mit Einführung des KAGBs in Deutschland wird dieses ohnehin schon beliebte Vehikel nochmals gestärkt.

Dass sich die positive Entwicklung der Immobilien-Spezialfonds auch in der neuen Form der offenen Spezial-AIF fortsetzen wird, ist anzunehmen, schließlich bleibt die bewährte Rechtsform auch unter der neuen Gesetzeslage intakt. Nach wie vor ist es offenen Spezialfonds gestattet, in Immobilien und in Immobiliengesellschaften zu investieren. Nach wie vor müssen offene Spezial-AIF den Grundsatz der Risikostreuung beachten, und nach wie vor darf die Fremdfinanzierungsquote des Immobilienvermögens bei maximal 50 Prozent liegen. Neu ist dagegen die Zulassung der erstmals definierten Anlegergruppe der semiprofessionellen Investoren. Auch Privatpersonen können nun ab einem Anlagevolumen von 200 000 Euro in Spezialfonds investieren, sofern sie nachweisen können, dass sie über hinreichende Kenntnisse für ein solches Investment verfügen. Das bietet Anbietern die Möglichkeit, neue Zielgruppen zu erschließen.

Luxemburger Antworten

Luxemburgs Antwort auf diese Herausforderungen ist eine nochmals erweiterte Fondspalette: Mit der Umsetzung der AIFM-Richtlinie wurde die gewöhnliche luxemburgische Kommanditgesellschaft Société en commandite simple (SCS) um die Spezialkommanditgesellschaft (Société en commandite spéciale, SCSp) ergänzt. Diese zeichnet sich besonders durch viele Gestaltungsmöglichkeiten im Gesellschaftsvertrag und eine weitgehende Liberalisierung aus. So kann bei der SCSp etwa eine Person gleichzeitig als Komplementär und Kommanditist auftreten. Die Frage ist allerdings, wie relevant diese neu geschaffene Rechtsform für deutsche, aber auch internationale Investoren in der Praxis wirklich ist. Schließlich boten auch die bisher zur Verfügung stehenden Rechtsformen ausreichende Gestaltungsmöglichkeiten und sind am Markt zudem sehr gut eingeführt.

Trotz der Entwicklung wäre es vermessen, einen Bedeutungsverlust des Finanzplatzes Luxemburg zu prophezeien. Deutschland mag in mancher Hinsicht gleichgezogen haben. Gerade bei internationalen Investoren, das zeigen alle vorliegenden Statistiken, zieht die "Marke" Luxemburg nach wie vor. Und Vorteile wie die starke Branchenvernetzung, schnelle Genehmigungen bei Lizenzierungsverfahren und internationale Infrastruktur sind nicht von der Hand zu weisen. Aus der Sicht deutscher institutioneller Investoren gibt es nun aber einen (wesentlichen) Grund weniger, ein Luxemburger Vehikel einem deutschen Pendant vorzuziehen. Schließlich müssen Fonds aus dem Großherzogtum ohnehin weitgehend deutschen Vorschriften angepasst werden, um hier vertriebsfähig und steuerlich transparent zu sein. Warum also nicht direkt in bekannte deutsche Produkte investieren?

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