Offene Immobilienfonds

Immobilienmärkte 2010: Chancen und Risiken

Ist die Krise wirklich vorbei? Zumindest ist es die rasante Talfahrt der Weltwirtschaft. Das lässt sich sagen, nachdem auf die Schockstarre des 1. Halbjahres 2009 eine Erholung in mehr oder weniger allen Ländern folgte. Die wichtigen Konjunkturindikatoren zeigen zudem an, dass die Erholung in den USA und Euroland auch in den nächsten Monaten anhalten wird. Daher rechnet die Deka-Bank tendenziell auch wieder mit steigenden Mieten und Kapitalwerten. Können Anleger an den Immobilien- und Kapitalmärkten damit wieder zur Normalität zurückkehren? Werden sich die Trends von vor der Krise wieder einstellen?

Mitnichten! Denn die gegenwärtige Erholung war nur mit Hilfe von drei wirtschaftspolitischen Eingriffen möglich:

- durch eine außergewöhnliche Geldpolitik,

- durch eine sehr expansive Finanzpolitik und

- durch die massive Stützung des Bankensystems.

Diese Hilfsmaßnahmen waren richtig und wirkungsvoll. Sie lassen sich aber nicht endlos aufrechterhalten. Eine zu expansive Geldpolitik führt zu Inflation, wirtschaftlichen Verzerrungen sowie Vermögenspreisblasen. Eine zu lange expansive Finanzpolitik riskiert die Überschuldung des Staates. Und für eine endlose Stützung des Bankensystems fehlt der gesellschaftliche Konsens - zu Recht. Denn sie würde - wie in Japan - notwendige Strukturanpassungen im Finanzsystem und der Wirtschaft verhindern. Die nächsten Quartale und Jahre werden daher von einem allmählichen Rückzug der Wirtschaftspolitik geprägt sein. Die Entwicklung der Konjunktur auf den Immobilienmärkten wird damit maßgeblich davon abhängen, wo und wie schnell sich die Wirtschaftspolitik zurückzieht.

Rückzug der Wirtschaftspolitik - aber EZB-Zinserhöhungen erst 2011

Die Geldpolitiker haben in Euroland eine Reihe von Liquiditätsmaßnahmen durchgeführt, die sukzessive seit diesem Jahr zurückgeführt werden, bevor schließlich die Leitzinsen wieder angehoben werden sollten. Wir rechnen mit Zinserhöhungen allerdings erst ab Juni 2011, sodass das Finanzierungsumfeld für die Immobilienmärkte sehr günstig bleibt. Das sollte einen erneuten Anstieg der Anfangsrenditen verhindern.

Die Finanzpolitik wirkt in allen Ländern höchst unterschiedlich. In vielen Ländern sind die Abwrackprämien bereits ausgelaufen. In Deutschland ist zudem ein Ende der Kurzarbeitregelungen absehbar. Diese hatten einen stärkeren Anstieg der offiziellen Arbeitslosendaten bislang verhindert (siehe Abbildung 1). Vermeiden lassen sich steigende Arbeitslosenquoten jedoch nicht. Sie werden in diesem Jahr zu einer weiter sinkenden Nachfrage nach Büroflächen und höheren Leerstandsquoten beitragen.

Im Bankensystem wird sich der Schrumpfungsprozess fortsetzen. Die Regierungen werden zwar voraussichtlich die Pleite eines systemrelevanten Institutes verhindern können, und voraussichtlich werden sie auch einzelne Marktsegmente, wie den CMBS-Markt in den USA, weiter stützen. Den Konsolidierungsprozess im Finanzsystem wird das aber nicht aufhalten. Daraus folgt zum einen ein geringerer Flächenbedarf der Banken, andererseits wird Kapital weiter knapp bleiben. Risiko- und Liquiditätsprämien werden daher 2010 und 2011 deutlich über den vor der Krise beobachteten Niveaus liegen, auch wenn sie sich aktuell zurückbilden. Dies wirkt den günstigen Finanzierungskonditionen entgegen und begrenzt einen Rückgang der Anfangsrenditen.

Die nachhaltigste Wirkung der Finanzkrise wird von den hohen Haushaltsdefiziten und den stark angestiegenen Schuldenniveaus ausgehen. So betragen die Haushaltsdefizite nicht nur in Griechenland und Irland, sondern auch in den USA, Großbritannien und Japan über zehn Prozent und haben inzwischen einige Staaten an den Rand der Zahlungsunfähigkeit getrieben. Bei den meisten anderen lässt sich zumindest sicher sagen, dass bei unveränderter Finanzpolitik die Schuldenquoten weiter ansteigen würden. Zusätzlich zu den offiziellen Schuldenständen von über 100 Prozent in Griechenland, Italien und Belgien kommen noch die impliziten Staatsschulden über die Zahlungsversprechen nichtnachhaltiger Renten- und Krankenversicherungssysteme.

Die internationale Staatengemeinschaft wird versuchen, einen Zahlungsausfall zu verhindern. Eines wird jedoch bleiben: der massive Druck auf die Staaten, ihren Finanzierungsbedarf zu senken. Häufig wird darunter verstanden, dass die Länder die staatlichen Haushaltsdefizite reduzieren. In Spanien und Griechenland wurde daher die Erhöhung indirekter Steuern beschlossen.

Dies verschiebt das Finanzierungsproblem jedoch lediglich von staatlicher Seite auf den privaten Sektor. Letzterer hat durch einen exzessiven Konsum und eine deutliche Ausweitung der Hypothekenkredite ebenfalls eine angespannte Finanzlage. So stiegen die Kreditvolumina der privaten Haushalte in Griechenland zwischen Anfang 2003 und 2010 um 206 Prozent. Dies ist mehr als eine Verdreifachung. In Spanien stiegen sie um immerhin 143 Prozent und in Irland um 141 Prozent. In der gleichen Zeit waren sie in Deutschland um 0,5 Prozent rückläufig, real oder in Prozent des BIP würde sich ein noch größerer Rückgang einstellen.

Die Finanzmärkte haben die Entwicklungen als nicht nachhaltig erkannt und erzwingen nun Anpassungsmaßnahmen, die für die Performance der unterschiedlichen Sektoren der Immobilienmärkte entscheidend sein wird: Eine Haushaltskonsolidierung der Staaten führt in der Regel zu einer Kombination von höheren Steuern, niedrigeren Löhnen und geringen staatlichen Leistungen. Als Konsequenz sinken die verfügbaren Einkommen. Das belastet vor allem den privaten Konsum. Verstärktes Sparen der privaten Haushalte führt unmittelbar zu einem geringeren privaten Konsum und niedrigeren Investitionen im Wohnungsbereich.

Daher muss sich die Wirtschaft weg vom inländischen Konsum hin zu einer stärkeren Exportorientierung bewegen. Dies ist allerdings nicht so einfach möglich, da in den meisten Ländern der Europeripherie die starken Lohnsteigerungen der vergangenen Jahre zu einem Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit geführt haben. Nur niedrigere Kosten können diesen Verlust wieder wettmachen - ein weiterer Grund für fallende Löhne und damit auch verfügbare Einkommen.

Strukturbruch an den Immobilienmärkten

Daraus ist zu schließen, dass die Perspektiven für den Einzelhandelsbereich in den Ländern sehr schlecht sind, die unter dem Druck stehen, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit wieder gewinnen und ihre staatlichen Budgetdefizite ausgleichen zu müssen. Da beides mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird, ist die Deka-Bank bei der Beurteilung der Perspektiven für den Einzelhandel und den zuliefernden Logistikbereich vorsichtig.

Immobilieninvestoren müssen daher verstehen, dass die Finanzkrise nicht nur die Amplitude des Immobilienzyklus verstärkt, sondern zu einem Strukturbruch geführt hat. Die Mietwachstumsraten im Einzelhandelssektor in Ländern wie Spanien oder Irland werden also auch nach einer konjunkturellen Erholung nicht an die mittelfristigen Trends vor der Krise anknüpfen können. Sofern Investitionsrechnungen auf der Basis ehemals "normaler" Mietwachstumsraten kalkuliert wurden, müssen diese nun revidiert werden.

Das Gegenteil wird für Deutschland gelten. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit ist hoch, der private Konsum in den vergangenen Jahren jedoch schwach geblieben. Solange die oben beschriebenen Strukturanpassungen andere Länder zu niedrigeren Kosten, Löhnen und damit auch geringen Inflationsraten zwingen, werden die deutschen Inflationsraten entsprechend höher ausfallen können. Andernfalls lässt sich der von der EZB angestrebte Inflationsdurchschnitt von knapp zwei Prozent nicht erreichen. Dies wird die Entwicklung der Löhne und verfügbaren Einkommen und damit die Perspektiven des Einzelhandelssektors in Deutschland unterstützen.

Sollte sich die Wettbewerbsfähigkeit in den Ländern - wie beschrieben - tatsächlich wieder annähern, wird sich ein zusätzlicher Trend am Immobilienmarkt einstellen: Büro- und Hotelsektoren, die stärker dem internationalen Kostenvergleich ausgesetzt sind, werden in Deutschland relativ zu den an Wettbewerbsfähigkeit gewinnenden Ländern belastet. Weil sich Konjunktur und Finanzmärkte stabilisieren, sind wir grundsätzlich auch für die Immobilienmärkte optimistisch. Die Chancen und Risiken auf diesen Märkten werden in den nächsten Jahren aber neu verteilt werden.

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