Schwerpunkt: Bewertung und Prognose

Immobilienpreisindizes - ein Beitrag zu mehr Markttransparenz

Der Ruf nach Transparenz ist in der hiesigen Immobilienwirtschaft allgegenwärtig. Demnach ist es hierzulande wesentlich schwieriger, an freizugängliche Informationen zu kommen, als zum Beispiel in Großbritannien oder in den USA. Transparenz wird dabei auch verstanden als die Möglichkeit, jederzeit umfassendes Datenmaterial über die regionale Struktur und die zeitliche Entwicklung der Immobilienpreise zu erhalten.

Der beispielhafte Verweis auf Großbritannien und die USA ist eine Sache, eine andere ist, dass die Herstellung von Immobilienmarkttransparenz ungleich schwieriger ist als die Herstellung von Markttransparenz auf den Aktien- oder Warenmärkten, auf denen homogene Güter täglich an zentralen Marktplätzen gehandelt werden. Immobilien sind durch ein hohes Maß an Heterogenität gekennzeichnet und werden vor allem in Deutschland nur relativ selten gehandelt. Diese beiden Aspekte machen es schwer, die von den Marktteilnehmern geforderten Informationen überall in der gewünschten Tiefe bereitzustellen. Gleichwohl sind in der letzten Dekade an mehreren Stellen und auf der Basis verschiedener Informationsquellen erhebliche Anstrengungen unternommen worden, die Informationssituation zu verbessern. Diese Anstrengungen zeigen nach Ablauf der Aufbauphase zunehmend Wirkung.

Seit 2004 trägt der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) in anonymisierter Form zentrale Daten zu Transaktionen auf dem Immobilienmarkt zusammen. Diese Transaktionsdatenbank umschließt sowohl den Wohnungs- als auch den gewerblichen Immobilienmarkt. Erfasst und ausgewertet werden Mieten und Kaufpreise und die diese Preise bestimmenden Objekteigenschaften. Wesentlich für die Transaktionsdatenbank ist der "Poolgedanke"; im Verbund der teilnehmenden Institute kann bei einem kontinuierlichen Informationsfluss auf eine Datenbasis zurückgegriffen werden, mit der sich die Struktur und die aktuelle Entwicklung auf den Immobilienmärkten adäquat im Zeitablauf abbilden lassen. Es ist möglich, differenzierte regionale Preis- und Mietübersichten zu erstellen und Zeitreihen für die interessierte Öffentlichkeit zu generieren, die die Entwicklung der Mieten und Preise auf den Wohnungs- und Büromärkten quartalsweise angeben.

Datenbank

Die Transaktionsdatenbank umfasst aktuell rund 670000 Datensätze zu Transaktionen auf dem deutschen Immobilienmarkt. Die Datenbank ist repräsentativ für die regionale und objektartspezifische Zusammensetzung des Marktgeschehens in Deutschland. Neben den bereits genannten Mieten und Kaufpreisen werden weitere - das jeweilige Objekt beschreibende - Daten erhoben, wie zum Beispiel Makro- und Mikrolage, Gebäudealter, Ausstattung, Zustand, Mietfläche et cetera.

Das Design der Datenbank erfolgte in enger Kooperation mit den Immobiliensachverständigen der teilnehmenden Institute und wurde so erstellt, dass die Auswertung der enthaltenen Daten anhand von hedonischen Verfahren vorgenommen werden kann. Diese Verfahren erlauben es, die Heterogenität der Immobilien zu berücksichtigen und so die verschiedenen Immobilien auch über den Zeitablauf miteinander vergleichbar zu machen.

Hedonisches Modell

Bei Gütern, die durch sehr große Unterschiede in ihrer Qualität gekennzeichnet sind, sind Preisvergleiche zwischen Objekten oder in der Zeit ohne harmonisierende Umrechnungen nicht möglich. Entsprechend lässt sich bei Immobilien nicht unmittelbar feststellen, ob gemessene Unterschiede im Kaufpreis aus Marktveränderungen oder aus Objektdifferenzen resultieren. Dieses Messproblem wird hier mittels hedonischer Modelle gelöst. Solche Modelle finden in der amtlichen Statistik zunehmend Anwendung und sind für die Analyse von Immobilien geradezu prädestiniert.

Die grundlegende Idee ist, die Immobilie als ein Gut zu betrachten, das durch ein Bündel von Eigenschaften gekennzeichnet ist, die alle einen separaten Einfluss auf den Preis der Immobilie besitzen. Nicht Stein und Mörtel sind die entscheidenden Preisdeterminanten, sondern die Lage, die Objektqualität, der Zustand der Immobilie und andere Eigenschaften, die dem Eigentümer oder Mieter Nutzen stiften, für den sie bereit sind, ein Entgelt zu zahlen. Wie hoch der implizite Preiseinfluss der jeweiligen nutzenstiftenden Eigenschaft ist, lässt sich dann mit Hilfe eines multiplen Regressionsmodells berechnen. Damit ermöglicht das Verfahren, die Qualitätsunterschiede von den reinen Preisdifferenzen separieren. Diese Art der Modellierung liegt allen nachstehend vorgestellten Indizes zugrunde.

Preisindizes für selbst genutztes Wohneigentum

Seit dem 1. Quartal 2010 veröffentlicht der vdp den Preisindex für selbst genutztes Wohneigentum. Die Veröffentlichung erfolgt regelmäßig sechs Wochen nach Quartalsende. Der Preisindex besteht aus zwei Teilindizes, denen für Ein- und Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen. Diese beiden Teilindizes, die die vdp-Research erstellt, werden unter Berücksichtigung der jeweiligen Anteile am Wohnungsbestand zum Index für selbst genutztes Wohneigentum zusammengefasst.

Abbildung 1 präsentiert den zeitlichen Verlauf der drei Indizes vom 1. Quartal 2003 bis zum aktuellen Wert für das 2. Quartal 2011. Betrachtet man die Entwicklung der Indizes über den kompletten Zeitraum, so fällt folgendes auf:

- Die Preise folgen seit Beginn der Datenerfassung einem positiven Trend, der von mehr oder weniger stark ausgeprägten unterjährigen Schwankungen überlagert wird. Über alle Quartale gesehen sind die Preise für selbst genutztes Wohneigentum mit einer jährlichen Wachstumsrate von 1,1 Prozent moderat gestiegen.

- Wenn sich die Preise für Eigentumswohnungen und Eigenheime in einzelnen Jahren auch unterschiedlich entwickelt haben, über den vollständigen Zeitraum gesehen zeigen sich zwischen den beiden Teilindizes kaum Unterschiede in der Entwicklung. Allerdings war der Preisanstieg bei den Eigentumswohnungen in jüngster Zeit vergleichsweise stark. Ursächlich hierfür ist vor allem eine Belebung der Wohnungsnachfrage in den Ballungsgebieten.

Indizes für den Büromarkt

Auf dem Markt für Büroimmobilien fallen die Nutzung und das Eigentum an Büroflächen häufig auseinander - das heißt, der Büromarkt ist in zwei Teilmärkte aufzuteilen, den Eigentums- und den

Nutzungsmarkt. Auf dem Eigentumsmarkt wird das Eigentumsrecht gehandelt und der Immobilienpreis bestimmt, auf dem Nutzungsmarkt das Recht zur Nutzung und die Miete, die hierfür dem Eigentümer zu zahlen ist. Beide Teilmärkte stehen in einem engen Zusammenhang, da vor allem die Miete den Cash-Flow bestimmt, der wiederum eine wesentliche Preisdeterminante darstellt.

Neben dem Cash-Flow wird der Preis der Immobilie durch die angestrebte Rendite der Investoren determiniert. Diese Größe ist nicht direkt beobachtbar, lässt sich aber mittels der Transaktionsdatenbank über die Relation aus dem Reinertrag und dem Kaufpreis ermitteln. Die Größe, die hier unter dem Namen "empirischer Liegenschaftszinssatz" firmiert, bestimmt gemeinsam mit dem Cash-Flow die Entwicklung der Kapitalwerte von Büroimmobilien.

Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Neuvertragsmieten und der Kapitalwerte von 2003 bis Mitte 2011. Für die ersten fünf Jahre werden ausschließlich Jahreswerte angegeben, seit Anfang 2008 werden darüber hinaus Quartalsdaten veröffentlicht. Über den betrachteten Zeitraum von acht Jahren zeigt der vdp-Mietindex für Büroflächen eine weitgehend stabile mittelfristige Entwicklung. Unterbrochen von den für den Büromarkt typischen zyklischen Schwankungen ist das Gesamtbild von einer Seitwärtsbewegung geprägt. Eine deutlich höhere Volatilität als der Mietindex zeigt der vdp-Kapitalwertindex für Büroimmobilien. Diese erklärt sich teilweise dadurch, dass Investoren in zyklischen Abschwungphasen vorsichtiger agieren und eine höhere Risikoprämie verlangen. Vor allem während der Finanzmarktkrise war das Marktverhalten durch eine hohe Risikoaversion und eine damit einhergehende stark reduzierte Investmentnachfrage geprägt.

Mit Blick auf den aktuellen Rand ist zu erkennen, dass die deutschen Büromärkte zuletzt durch eine Aufwärtsbewegung gekennzeichnet waren. Der vdp-Kapitalwertindex für Büroimmobilien ist im 2. Quartal 2011 im Vergleich zum Vorquartal um 4,1 Prozent auf 110,2 Punkte gestiegen (Basis auch hier 2003 = 100). Gegenüber dem Vorjahresquartal liegt das Wachstum bei 2,1 Prozent. Dieser deutliche Anstieg wird von beiden dem Büroimmobilienindex zugrunde liegenden Indizes (Neuvertragsmieten und Liegenschaftszinsen) getragen. Die steigende Nachfrage auf dem Markt für Büroflächen führte dazu, dass der vdp-Mietindex für Neuvertragsmieten im Vergleich zum Vorquartal um 1,3 Prozent auf 98,2 Punkte anstieg.

Ausblick

Die vorgestellten transaktionsbasierten Indizes stellen einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Transparenz auf dem deutschen Immobilienmarkt dar und lassen sich als aktuelles Marktbarometer zur Einschätzung der Lage am deutschen Immobilienmarkt nutzen. Die Resonanz von Fachleuten und Institutionen ist positiv.

Die vdp-Indizes für selbst genutztes Wohneigentum und Büroimmobilien sind Teil der in Abbildung 3 dargestellten vdp-Immobilienpreisindexfamilie. Derzeit werden Indizes für Mehrfamilienhäuser und Einzelhandelsflächen erarbeitet, die in den nächsten Monaten beziehungsweise im Laufe des Jahres 2012 präsentiert werden. Der aus vier Bestandteilen zusammengeführte Gesamt-vdp-Immobilienpreisindex wird dann den deutschen Immobilienmarkt in seiner Gesamtheit umfassend abbilden.

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