Messeausgabe 2008

Immobilientransaktionen in Tschechien aus rechtlicher Sicht

Obwohl die Zeiten der großen Spekulationsgeschäfte am tschechischen Immobilienmarkt vorbei sind, ist die Tschechische Republik noch immer ein attraktives Ziel für internationale Investoren. Die ausländischen Direktinvestitionen betrugen im Jahr 2007 6,67 Milliarden Euro. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung des Landes ist auch die Nachfrage an Immobilien stark gestiegen. Spitzenmieten erreichen heute 20 bis 21,50 Euro pro Quadratmeter für Büroflächen im Zentrum Prags.

Auch die Tschechische Krone hat sich mit einem Wechselkurs von etwa 25 Kronen für einen Euro, etwa im Vergleich zu 2003 mit rund 34 Kronen pro Euro, stetig verteuert. Für den Standort Tschechien sprechen die günstige geografische Lage, eine gute Infrastruktur und weiterhin verhältnismäßig niedrige Standortkosten. Es gibt immer noch Wachstumspotenzial, denn die wirtschaftliche Prosperität hält weiter an. Daher sind Immobilien in der Tschechischen Republik interessante Renditeobjekte, insbesondere für Investoren aus Europa.

Der Erwerb einer Gewerbeimmobilie

Das tschechische Immobilienrecht folgt in seinen Grundzügen den Rechtsordnungen der anderen kontinentaleuropäischen Länder. Dies betrifft sowohl die vertraglichen Regelungen als auch das Grundbuchwesen. Jedoch gibt es einige bedeutende Abweichungen, die in den nachfolgenden Ausführungen erörtert werden sollen.

Der Erwerb von Immobilien und Grundstücken durch nicht in Tschechien ansässige Ausländer wird bislang durch das tschechische Devisengesetz beschränkt. Im Zuge des EU-Beitritts im Mai 2004 wurde das Gesetz zwar novelliert, aber es gibt Übergangsfristen bis zur europarechtlich geforderten Liberalisierung des Kapitalverkehrs. Schon heute können EU-Bürger, die in der Tschechischen Republik seit mindestens drei Jahren erwerbstätig sind, nach den gleichen Regeln wie tschechische Staatsbürger Immobilien erwerben. Das Gleiche gilt für ausländische juristische Personen, die in Tschechien eine Niederlassung gründen. Ab 2009 werden auch alle anderen EU-Bürger unbeschränkt Immobilien und Grundstücke, die nicht der Land- oder Forstwirtschaft dienen, erwerben können.

Rechtliche Trennung von Gebäude und Grundstück

Die einfachste und unbürokratischste Möglichkeit zum Immobilienerwerb wird jedoch auch in Zukunft der Erwerb über eine tschechische Gesellschaft sein. Die übliche Rechtsform einer Objektgesellschaft ist die spol. s.r.o., die mit einer deutschen GmbH vergleichbar ist. Zur Gründung einer spol. s.r.o. genügt ein Stammkapital von lediglich 200 000 Tschechischen Kronen, also rund 8 000 Euro. Die Gesellschaft kann sich zu 100 Prozent in ausländischer Hand befinden, weder sind also tschechische Mitgesellschafter noch tschechische Geschäftsführer vorgeschrieben.

Anders als in Deutschland können in der Tschechischen Republik das Eigentum an einem Grundstück und das an einem Gebäude auseinanderfallen. Diese rechtliche Trennung bestand auch in Ostdeutschland bis zur Einführung des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes. Im tschechischen Grundbuch werden sowohl die Grundstücke als auch die Gebäude nebst ihren Eigentümern eingetragen. Die Gebäude werden eingetragen, sobald das erste Stockwerk fertiggestellt ist. Fällt das Gebäude- und Grundeigentum auseinander, so schließt der Eigentümer des Gebäudes in aller Regel einen Pachtvertrag mit dem Grundstückseigentümer ab. Dinglich wird das Zufahrts- und Nutzungsrecht durch eine dem Gebäudeeigentümer im Grundbuch eingeräumte Dienstbarkeit effektiv geschützt. Insofern ähnelt diese Konstruktion dem in Deutschland bekannten Erbbaurecht.

Erwerbsarten

Vor allem Kommunen und staatliche Einrichtungen ziehen es vor, den Investoren Grundstücke nicht zu verkaufen, sondern nur zur Nutzung zu überlassen. Dementsprechend werden heute häufig Gebäude ohne das dazugehörige Grundstück zum Erwerb angeboten. Dagegen bestehen auch aus Bankensicht keine Bedenken, solange das Gebäude entsprechend dinglich gesichert wird.

Wie andere Rechtsordnungen kennt das tschechische Recht den Asset und den Share Deal.

- Bei einem Asset Deal kann, wie sich aus der bereits erwähnten rechtlichen Trennung ergibt, ein Gebäude zusammen mit oder auch ohne das darunter befindliche Grundstück erworben werden. Zur Übertragung des Eigentums an einer Immobilie oder einem Grundstück sind ein schriftlicher Übertragungsvertrag, ein Eintragungsantrag und die Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch erforderlich. Erst mit Eintragung im Grundbuch ist das Eigentum übertragen, jedoch wird als Übertragungszeitpunkt rückwirkend der Tag des Eingangs des Antrags beim Grundbuchamt angesehen.

Der Übertragungsvertrag muss anders als in Deutschland nicht notariell beurkundet sein. Es genügt die notarielle Beglaubigung der Vertragsunterschriften. Deshalb fallen die hiesigen Notarkosten im Gegensatz zu den deutschen kaum ins Gewicht. In diesem Zusammenhang wird auch überraschen, dass Vorverträge über den Immobilienerwerb keiner besonderen Form bedürfen.

Bei der Übertragung des Eigentums an Immobilien wird eine Immobilienübertragungssteuer von derzeit drei Prozent des Kaufpreises beziehungsweise des durch Gutachten festzustellenden Grundstückswertes, wenn dieser höher ist, erhoben. Ein Nachteil des Asset Deals ist die lange Wartezeit zwischen dem Antrag auf Eintragung des Eigentumswechsels und der Eintragung selbst. Obwohl das Gesetz vorschreibt, dass das Grundbuch die Eintragung binnen 30 Tagen nach Eingang des Antrags vornehmen muss, betragen die Wartezeiten in der Praxis bis zu neun Monaten in Prag und bis zu sechs Monaten außerhalb der Hauptstadt. Da die Eigentumsübertragung aber erst mit Eintragung vollzogen ist, besteht bis dahin ein zwar eher geringes, aber dennoch latentes Risiko für den Käufer, dass die Übertragung in der Zwischenzeit noch vereitelt wird. Deswegen sind alle Einreichungen im Grundbuch sehr sorgfältig vorzunehmen.

- Wie bereits oben beschrieben, kann eine ausländische juristische Person unbeschränkt Anteile an einer tschechischen Objektgesellschaft erwerben (Share Deal). Der entsprechende Übertragungsvertrag bedarf keiner notariellen Beurkundung. Die Übertragung ist wirksam bei Vorliegen eines Vertrages mit notariell beglaubigten Unterschriften. Entsprechend fallen auch hier die Notarkosten gering aus. Die Eintragung im Handelsregister ist rein deklaratorisch. Eine Grunderwerbssteuer wird beim

Share Deal im Gegensatz zum Asset Deal nicht fällig. Der Nachteil des Share Deals ist das Erfordernis einer umfassenden Überprüfung der Objektgesellschaft. Hierbei spielt - neben den nachstehenden Aspekten im Rahmen der Due Diligence - vor allem deren steuerliche Prüfung eine erhebliche Rolle.

Die genaue Überprüfung der Eigentumsverhältnisse in der Due Diligence ist aus mehreren Gründen besonders wichtig. Zum einen wurde in der Tschechischen Republik das Grundbuch erst 1993 wieder eingeführt. Zwischen 1950 und 1993 wurden keine dinglichen Rechte öffentlich verzeichnet. Zum anderen kennt die tschechische Rechtsordnung grundsätzlich keinen gutgläubigen Erwerb des Eigentums an einem Grundstück oder einem Gebäude. Das Grundbuch ist kein Rechtsscheinträger, sodass das Eigentum trotz Eintragung des Verkäufers oder der Objektgesellschaft genau überprüft werden muss. Die einzige Ausnahme ist die Ersitzung nach zehnjährigem gutgläubigem Eigenbesitz.

Darüber hinaus gibt es wegen der Enteignungen während der kommunistischen Zeit Restitutionsansprüche früherer Eigentümer auf Wiedereinräumung des Eigentums. Diese Ansprüche konnten zwar nur bis Mitte der neunziger Jahre geltend gemacht werden, es gibt aber immer noch laufende Gerichtsverfahren. Zu beachten ist außerdem, dass staatliche Pfandrechte, etwa wegen Steuerschulden, zu ihrer Entstehung keiner Eintragung in das Grundbuch bedürfen. Daher ist in aller Regel eine Bestätigung des Finanzamtes über das Nichtbestehen von Steuerschulden einzuholen.

Zur Finanzierung der Akquisition werden die international üblichen Kredite genutzt. Fremdkapitalgeber vor allem großer Kredite sind häufig deutsche und österreichische Banken. Die Kreditverträge werden in der Regel dem tschechischen Recht unterworfen, da sie dann leicht vollstreckbar sind und die tschechische Rechtsprechung die Ausgestaltung der Kreditverträge nicht so erheblich einschränkt wie die deutsche. Auch das Problem der Übersicherung existiert nicht. Die Vertragssprache kann in Tschechien frei gewählt werden und üblicherweise enthält der Kreditvertrag eine Schiedsklausel.

Die Immobilienfinanzierung

Die Sicherheiten nach dem tschechischen Recht sind mit denen des deutschen Rechts weitgehend vergleichbar. Im Allgemeinen lässt sich zu den Sicherungsrechten sagen, dass sie streng akzessorisch, das heißt in ihrem Bestand von der zu sichernden Hauptforderung abhängig sind. Die einzige Ausnahme von der strengen Akzessorietät bildet die Bankgarantie. Bankübliche Sicherheiten sind insbesondere Pfandrechte an Grundstücken und Gebäuden, an Mieten, an Versicherungsleistungen und an Anteilen der Objektgesellschaften. Die Pfandrechte an Gebäuden und Grundstücken sind mit dem deutschen Sicherungsinstrument der Hypothek vergleichbar. Wegen des Akzessorietätsgrundsatzes existiert im tschechischen Recht kein mit der Grundschuld vergleichbares Instrument. Zur Bestellung des Grundpfandrechtes sind der Bestand der zu sichernden Forderung, eine Einigung über die Pfandrechtsbestellung, ein Eintragungsantrag und schließlich die Eintragung im Grundbuch erforderlich. Der Umfang des Pfandrechtes entspricht dem der deutschen Hypothek mit dem wichtigen Unterschied, dass das Zubehör grundsätzlich nicht vom Pfandrecht erfasst wird. Der Rang der Pfandrechte folgt, wie in Deutschland, grundsätzlich dem Prioritätsgrundsatz.

Vermietung von Gewerbeimmobilien

Die Vermietung von Gewerbeimmobilien ist in einem Sondergesetz geregelt. Im Gegensatz zu den früher sehr restriktiven Regelungen gibt es heute nur noch einige, dafür sehr wichtige Anforderungen. Für den Mietvertrag ist die Schriftform vorgeschrieben. Außerdem gibt es zwingende Vertragsbestandteile, bei deren Nichtvorliegen der Vertrag von Anfang an nichtig ist. Diese sind die Beschreibung des Mietgegenstandes, der Mietzweck, die Höhe des Mietzinses und die Höhe der Zahlung auf Nebenkosten, die Dauer des Mietverhältnisses und der Unternehmensgegenstand. Wenn auch nur einer dieser Punkte nicht im Vertrag geregelt ist, ist das gesamte Vertragsverhältnis ungültig. Dies kommt oft vor und kann zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen. Die Höhe des Mietzinses und die Höhe der Nebenkosten müssen streng getrennt aufgeführt werden. Ansonsten ist der Vertrag ebenfalls nichtig.

Früher gab es feste gesetzlich geregelte Kündigungsgründe, die nicht abdingbar waren. Diese Regelungen wurden gelockert. Heute sind die Kündigungsgründe nicht mehr zwingend. Nach der gesetzlichen Regelung hat der gewerbliche Mieter gegenüber seinem Vermieter bestimmte Kündigungsrechte sogar bei zeitlich befristeten Verträgen, zum Beispiel das Recht zur Kündigung bei Verlust der Gewerbeerlaubnis. Diese können heute abbedungen werden. Nach dem Gesetz besteht außerdem keine Kündigungsmöglichkeit im Falle des Verkaufs der Immobilie. Ein solches Kündigungsrecht könnte aber wirksam vertraglich vereinbart werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Erwerb, die Finanzierung und die Vermietung von Immobilien in der Tschechischen Republik für ausländische Investoren ohne größere Hindernisse und kostengünstig möglich sind. Auch die finanzierenden Banken genießen weitgehende Freiheiten bei der Ausgestaltung ihrer Kreditverträge. Die Beschränkungen für ausländische Investitionen wurden weitgehend aufgehoben, und mit entsprechender juristischer Beratung lassen sich auch die Details der Investitionsvorhaben interessengerecht umsetzen.

Dr. Ernst Giese , Rechtsanwalt und Partner, Giese & Partner
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