Immobilienporträt

Marktmechaniker Peter Hettenbach: Starnbergisierung findet überall statt

Der Pfälzer aus Planckstadt glaubt nur an sich und das was er kann. Wenn die Bezeichnung nicht zu traditionalistisch wäre, könnte man ihn als Technokraten bezeichnen, der sich hinter seinem Zwirbelbart versteckt, um im Kundengespräch eine etwas kauzigere und damit wärmere Atmosphäre zu schaffen. Denn auch er setzt auf Sympathiewerte, obwohl dies kaum seiner Geschäftsphilosophie entspricht.

Ungutes Bauchgefühl

Er kennt keinen Schmusekurs und hasst Entscheidungen aus dem "Bauch" heraus. "Wir sind Marktmechaniker und stehen mit unserer Methode einzigartig da." Da gebe es noch einige Generalisten wie GfK, Empirica oder Bulwien, die volkswirtschaftliche Daten aus dem Zusammenhang reißen und auf historischer Basis klassische Recherchen erstellen. Hettenbach aber analysiert den Mikrostandort, der für das Individuum von Wichtigkeit ist.

Dabei fächert er auch schon mal "g'schlamperte" Verhältnisse und Möchtegernkarrieren auf. Die oberbayerische Kreisstadt Starnberg hat sich da offenbar einen weniger rühmlichen Namen gemacht, der jetzt für manches Wohndurcheinander und vielfach ziellosen Entsparungsprozess bezeichnend ist.

Früher galt Starnberg als elitärer Millionärsstandort. Jetzt zehren die Nachfahren vom Angesparten der Großeltern. Die "Starnbergisierung" findet sich überall in der Republik.

Hettenbach geht von der Berechenbarkeit des Menschen aus, zumindest wenn es um dessen Behausungszwänge, Wohnfantasien und bezahlbare Standortwahl geht. Und mit dieser offenbar bestechenden Idee und deren Umsetzung macht der studierte Geograf und promovierte Bauingenieur, der sich technologisch selbst auf einen "Mechaniker" reduziert, seinen Markt, den er, Formalist wie er ist, in vier strategische Kundengruppen aufteilt: Kommunen/Baulandentwickler, internationale Baugesellschaften (Bauträger/Investoren/Wohnungsbaugesellschaften), Finanzierer/Kreditinstitute, Vertriebe/Vertriebsgesellschaften.

Er liefert Studien für 20 bis 1 000 Wohneinheiten in 50 bis 100 Arbeitstagen. Wenn es vorab ein Schnellschuss sein soll zur Grobeinschätzung von Preis und Lage, kann Hettenbach sein Räderwerk auch flotter laufen lassen und verspricht brauchbares Material innerhalb von 15 Tagen. Über 200 Studien hat er schon verkauft - unter anderem an die SEB für ein Projekt in Essen und an die Taunus-Sparkasse, wenn eine Schieflage abgewendet oder minimiert werden sollte. Als Mann für die Wohnzukunft blickt er nach vorne: "Wenn ich einen Schritt zurückgehen muss, dann nur um Anlauf zu nehmen."

Das Institut Innovatives Bauen (IIB) beschäftigt 33 Leute, einschließlich der drei Geschäftsführer (Hettenbach als Sprecher und zuständig für das Research, Dieter Forster leitet das Operation Team und Martin Klug verantwortet den Bereich Market Team).

Um den Markt an Ort und Stelle richtig einschätzen zu können, werden dort Kernmarkt-Consultants platziert. Dabei gibt es noch Jobs - zum Ausspionieren der Lagen und Aushorchen der Nachbarschaft, wie denn die Lebensqualität dort sei. Es wird auch telefonisch recherchiert. Die besseren Leute reagieren darauf aber nicht, so bleibt am Ende doch nur das Klinkenputzen.

Im Innendienst müssen die zehn Marktforscher die IIB-Mechanik in Takt halten. Zusätzlich stellt Hettenbach Studenten an (möglichst Geografen), die langfristig für seine Arbeitsbereiche eingesetzt werden sollen. "Die Kunst besteht darin, die richtige Immobilie zur richtigen Zeit am richtigen Ort anzubieten. Zu viele bauen immer noch am echten Bedarf vorbei."

Fehlender Zielgruppenansatz

Wenn heutzutage nahezu jedes Produkt auf die Wünsche bestimmter Zielgruppen zugeschnitten ist, ganz gleich, ob es sich dabei um ein Getränk, ein Bekleidungsstück, ein Auto oder einen Kosmetikartikel handelt, glaubt nur die Baubranche, den Zielgruppenansatz ignorieren zu können. "Für die Zukunft brauchen wir perfekt geschnittene kleinere Wohnungen, aber mit allem Komfort, vergleichbar mit dem Mini in der Autoindustrie. Einfach gesagt: Mehr Haus statt Reihenhaus. Individualität einschließlich romantischer Elemente ist gefragt." Die meisten Leute würden sich schon über das Internet zur Lage und den für sie möglicherweise interessanten Markt informieren. Die Hettenbach-Mannschaft auch. Sie wissen aber, dass hier bestenfalls zehn Prozent der notwendigen Informationen herausspringen.

Der Mechaniker moderner Wohnbauideen weiß auch, dass sich die Bevölkerungsentwicklung und der tatsächliche Wohnungsbedarf längst vom eigentlichen Baugeschehen abgekoppelt hat. Da geht es als Zuwachs nur noch um fünf Prozent des Bestandes. 80 Prozent des Wohnimmobilienkaufs kommt von Privaten. Hettenbach: "Wir haben festgestellt, dass die wirklich interessante Wanderungsbewegung bei privaten Umzügen praktisch in der Nachbarschaft stattfindet, innerhalb einer Fahrzeitzone - Nahverkehrsmittel oder privat - von zehn Minuten." Die zentrale Frage, die über den Erfolg von Projektentwicklungen im Wohnungsmarkt entscheidet, lautet: Wer will künftig wie leben beziehungsweise wohnen und in welchem Umfeld? Leider würde sie nur selten gestellt.

Eine exakte Markt-Analyse unter Berücksichtigung mikrogeografischer Daten ist deshalb eine notwendige Voraussetzung, um die potenziellen Basis-Zielgruppen an dem jeweiligen Standort in Erfahrung zu bringen und mit den tatsächlichen Bedarfsdaten der Region abgleichen zu können.

"Projektentwicklungen von Wohnimmobilien sollte man nicht von baupolitischen Wasserstandsmeldungen, sondern von exakten Marktanalysen abhängig machen, die in dieser Exaktheit nur wir liefern", meint Hettenbach. Die dann wichtigen Fragestellungen sind: Wie sieht das bestehende Angebot aus? Was fehlt noch? Wie viel wird benötigt für eine ausgewogene Struktur - an welchem Standort und in welchem Zeitraum?

Risikominimierung durch fundierte Analyse

Dass die Immobilienabteilungen und -töchter der Banken sowie Immobilienfinanzierer aller Art, Bauträger und Investoren das Institut konsultieren und diese feingliedrigen Analysen anfordern, hat viel mit Basel II zu tun. Das erklärte Ziel ist, eine bessere Kalkulation der Risikoprämien zu erreichen. In diesem Zusammenhang kommt der exakten Marktanalyse und der daraus resultierenden Positionierungsempfehlungen bei der Kreditvergabe eine Schlüsselrolle zu. "Eine fundierte Markt- und Potenzialeinschätzung trägt erheblich zur Risikominimierung eines Projektes bei und wirkt sich somit entsprechend positiv auf die Bonitätsermittlung aus." Letztlich entsteht der Wert einer Immobilie durch die Menschen, die darin leben, und durch das, was man dort erleben kann.

Christoph Wehnelt

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