MIPIM-Special

Mieterpflege als Strategie - eine Herausforderung für Investoren

Als der Titel "Das einzige, was stört, ist der Kunde! " vor einigen Jahren international für Schlagzeilen sorgte, hat er meist ein Lächeln ausgelöst, denn hinter der scheinbar absurden Aussage stand der nicht ganz unberechtigte Eindruck, dass der Kunde durchaus nicht immer als

König im Mittelpunkt unternehmerischer Entscheidungen stand. Ob das damals auch für die Immobilienwirtschaft galt, sei dahingestellt. Heute weiß jeder, der Flächen anbietet, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise den Kampf um den Kunden fast schon dramatisch verschärft hat. Er ist es, der die Rentabilität und damit das Schicksal einer Immobilie bestimmt. Damit ist Mieterpflege zu einer Strategie für professionelle Anbieter von Flächen geworden. Mieter finden und Mieter binden ist angesichts des Leerstands auf vielen Märkten eine der wichtigsten Aufgaben des modernen Asset Managements.

Mit dem Mieter sprechen

Während sich die Vermietung einst - neben der Berechnung von Kosten - überwiegend auf die Präsentation des Gebäudes und der Flächen beschränkte, muss der Anbieter heute wie ein Unternehmensberater die Wünsche und Nöte des Kunden erforschen und Lösungen anbieten. Die These "Know your Customer" erfordert zwangsläufig Nähe und Bereitschaft zur Kommunikation.

Wie wichtig "Mieterpflege" ist, zeigt sich spätestens dann, wenn der Mieter ausfällt und das Gebäude verlässt. Die Kosten, die dem Vermieter entstehen, sind beträchtlich und können sich auf mehrere Jahresmieten summieren. Es entstehen Kosten für die Suche und Akquisition eines neuen Mieters; es gibt Leerstands- und Umbauzeiten, es entstehen Ausbaukosten der Mietflächen, mietfreie Zeiten, und gegebenenfalls müssen weitere Anreize (Incentives) gewährt werden. Das macht deutlich, dass Mieterpflege zu einem Paradigma kaufmännischer Denkweise in der Immobilienwirtschaft geworden ist. Moderne IT-Systeme und Marketing bieten die erforderlichen Instrumente für ein systematisches Beziehungsmanagement zum Kunden (Customer Relationship Management). Allerdings sind sie ohne kommunikativen Erfahrungshorizont und Engagement nicht wirkungsvoll. Das bedeutet: Bestandsmieterpflege durch regelmäßige, strukturierte und dokumentierte Mietergespräche.

Um ein partnerschaftliches Vertrauensverhältnis zwischen Mieter und Vermieter aufbauen zu können, ist ein regelmäßiger Kontakt zum Mieter erforderlich. Neben dem normalen Geschäftskontakt sind persönliche Mietergespräche erforderlich. Die Häufigkeit wird durch das laufende Mietverhältnis bestimmt: Je nach Größe und Wichtigkeit des Mieters sollten sie mehrfach jährlich stattfinden und unmittelbar bei aktuellen Problemen. Die Mietergespräche müssen strukturiert werden: Es geht darum, möglichst die für das

Mietverhältnis entscheidungserheblichen Informationen über das Unternehmen und die Absichten der Entscheidungsträger zu ermitteln und zu dokumentieren. Nur so lassen sich Rückschlüsse auf die Entwicklung des Unternehmens und dessen Flächenbedarf ziehen.

Für die Sammlung der Informationen empfiehlt sich ein elektronisches Customer Relationship Management Tool. Wie eine Checkliste erleichtert es die Arbeit des Vermieters und erhöht die Effizienz gegenüber der herkömmlichen Ablagesystematik. Jedes Mietverhältnis erhält "seinen" persönlichen Ansprechpartner. Für Mieter, die an mehreren Standorten vertreten sind, bietet sich die Einführung eines überregionalen Key Account Managements an. Wichtig ist es, Anlässe für Gespräche - auch aus dem persönlichen Bereich des Mieters - zu suchen und zu dokumentieren. Auch hilft die Kontakthistorie neuen Mitarbeitern, in den Kontakt zum Mieter einzutreten.

Präsente und Events

Die kontinuierliche Mieterpflege dient vor allem dazu, entscheidungserhebliche Veränderungen beim Mieter zu identifizieren: So können Abbau, Expansion oder Stagnation der Geschäftslage des Mieters auf seine Zahlungsfähigkeit oder auf Veränderungen seines Flächenbedarfs deuten. Sollte der Mieter zusätzliche Flächen benötigen, kann der Vermieter ihn unterstützen, weitere Flächen im Objekt darzustellen. Sollte sich ein Minderbedarf andeuten, kann der Vermieter dazu beitragen, dass überflüssig werdende Flächen an einen anderen Mieter mit entsprechendem Bedarf gehen, beziehungsweise können die Weichen für Veränderungen rechtzeitig gestellt werden. Unangenehme Überraschungen werden vermieden. Durch die regelmäßige Abfrage des Flächenbedarfs erkennt der Vermieter nicht nur die Anliegen des Mieters, sondern der Mieter fühlt sich gut beraten und sieht, dass auf seine Erfordernisse eingegangen wird. Aus strukturierten Mietergesprächen wird häufig auch die Initialzündung zur Aufnahme von Vertragsverlängerungen gestartet.

Die Verhandlungen über Vertragsverlängerungen bei Bestandsmietern müssen frühzeitig eingeleitet werden, um die Mieter davon abzuhalten, den Markt zu sondieren. Das heißt, der Asset Manager sollte Mietvertragsverhandlungen rechtzeitig, also deutlich vor dem Kündigungstermin aufnehmen. Bei Großmietern kann die Mieteransprache langfristig erfolgen. In der derzeitigen Marktsituation dürfen Incentives auch bei Bestandsmietern kein Tabuthema sein. Neben den Mietergesprächen bieten sich Events und Präsente

für Mieter an, um den Kontakt zu intensivieren. Ziel ist es, persönliche und positive Beziehung zu den Mietern aufzubauen und zu pflegen. Das beginnt bei Weihnachtskarten und Ostergrüßen und sollte bei persönlichen Anlässen mit Präsenten an den Mieter die Möglichkeit schaffen, in einen Dialog mit ihm einzutreten. Denn bekanntermaßen erhalten kleine Geschenke die Freundschaft. Die persönliche Überreichung der Präsente zeigt die stärkste Wirkung auf die Mieterbindung und ist besser geeignet als ein anonymer Postversand. Da der Vermieter in vielen Fällen nicht alle Mieter persönlich ansprechen kann, ist eine Clusterung nach Größe, Image, Umsatz oder anderen Kennzahlen erforderlich.

Auch bei der Übergabe der Mietfläche an einen neuen Mieter bietet es sich an, ein Präsent als Willkommensgruß zu überreichen, um den Einstieg in die Geschäftsbeziehung zu harmonisieren. Auch kann über den gemeinsamen Besuch von Veranstaltungen nachgedacht werden. Das gemeinsame Erlebnis trägt in erheblichem Maße zur Intensivierung der persönlichen Beziehung bei, das gilt auch für Mieterveranstaltungen - Sommerfest, Oktoberfest - und ähnliche Anlässe. Ebenso bieten sich Newsletter und Unternehmenszeitungen an, die Beziehung zu den Mietern auszubauen. Sie können als Kommunikationsplattform für die Mieter untereinander genutzt werden.

Steigerung der Objektqualität

Vermietungserfolge hängen zwangsläufig von der Attraktivität des Objektes für den Mieter ab. Neben der Qualität des Standortes und des Gebäudes sind die Verkehrsanbindung und die Möglichkeit, die Flächen nach individuellen Erfordernissen nutzen zu können, genauso entscheidend wie die (thermische/akustische/optische) Aufenthaltsqualität und die Kosten für Miete und Betrieb. Dabei spielen der Umweltschutz und die Energieeffizienz von Gebäuden eine zunehmende Rolle für den Vermietungserfolg. Mieterzufriedenheit bedeutet in dieser Hinsicht konstante Instandhaltung am Objekt und qualitativ hochwertige Dienstleistungen. Die eingesetzten Mittel können in diesem Zusammenhang durchaus variieren. Mit relativ geringem Aufwand können Lobby, Aufzüge und Aufzugsvorräume aufgewertet werden. Aufwertungen im Umfeld des Objektes wie Instandhaltung und Verbesserung der Grünanlagen zählen ebenfalls dazu. Hinzu kommt Servicequalität - zum Beispiel durch Einrichtung von Kundenparkplätzen und Fahrradständern, durch einen ordentlichen Reinigungszyklus und durch einen guten Informationsfluss zwischen Mieter und Dienstleistern. Ein zentraler Punkt ist der Umgang mit Beschwerden des Mieters. Ein schnelles und ordentliches Abarbeiten ist die Pflicht, eine Rückmeldung an den Mieter nach Erledigung die Kür.

Die Qualität der Leistungen des Vermieters dürfen sich nicht auf Neuvermietungen beschränken. Bestehende Objekte und deren Mieter müssen gepflegt werden. Ein Concierge kann nicht nur in einem Problemobjekt platziert werden; auch in einem Top-Objekt mit langfristigen Mietverträgen würden sich die Mieter sicherlich über einen solchen Service freuen. Ebenso lohnt sich die Errichtung von Betreuungsplätzen für Kinder und die Verbesserung des Gastronomieangebotes in Objekten, deren Mieter langfristig an den Vermieter gebunden werden sollen.

Befragungen erforderlich

Um den Grad der Mieterzufriedenheit zu messen, ist es hilfreich, die Mieter von unabhängiger Seite befragen zu lassen. Mieterbefragungen sollen nicht nur den Grad der Zufriedenheit der Mieter messen, sondern auch dazu beitragen, einen Verbesserungsbedarf frühzeitig zu erkennen. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten der Mieterbefragung: Befragung aller Mieter oder nur einer ausgesuchten Gruppe, persönliche Gespräche oder Online-Fragebogen und andere Möglichkeiten. Professionelle Interviews geben dem Mieter das Gefühl, ernst genommen zu werden.

Mit Hilfe einer Mieterbefragung lassen sich außerdem die Servicequalitäten der Dienstleister aus dem Property und Facility Management testen. Diese Dienstleister arbeiten oft direkt mit dem Mieter zusammen und gehören daher ebenfalls zum Kontext der Mieterpflege. Der Dialog zwischen Vermieter und Dienstleister muss kontinuierlich geführt werden und sollte ebenso in einem Customer Relationship Management Tool gespeichert werden. Sowohl Facility als auch Property Manager können beinahe täglichen Kontakt zum Mieter haben und kommen auf diese Weise an wichtige Informationen, die der Vermieter sich nutzbar machen sollte. Alle diese Aktivitäten gibt es natürlich nicht ohne zusätzlichen Aufwand.

Wichtigste Erkenntnis ist, dass sich die Ausarbeitung und Umsetzung einer Strategie zur Bestandsmieterpflege wirtschaftlich positiv bemerkbar machen. Die Mieterpflegeprogramme sollten deshalb langfristig angelegt sein. Wer in Zeiten der Krise Mieterbindungsprogramme auflegt und diese nach zwei bis drei Jahren wieder einschlafen lässt, sollte sich des negativen Effekts bewusst sein. Der Mieter gewöhnt sich an ein "rundum Wohlfühlprogramm" und wird dieses sicher vermissen, sollte der Vermieter ein solches Programm im nächsten Aufschwung wieder einstellen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X