Kapitalmarkt

Neues Gesetz über Covered Bonds in Rumänien

Die Geschichte des Hypothekengeschäftes und der hypothekarisch
gesicherten Forderungen begann in Rumänien im Jahr 1852 mit der
Einführung der Hypothek als Kreditsicherungsinstrument. Nach dem
Vorbild des Credit Foncier d'Alsace wurde im Jahr 1873 das erste
Bodenkreditinstitut1) in Rumänien gegründet, das bis 1947 tätig war.
Im Oktober 2005 wurden Entwürfe eines Hypothekenobligationengesetzes,
eines Hypothekenbankgesetzes und eines Verbriefungsgesetzes zusammen
mit Änderungsvorschlägen zum Hypothekenkreditgesetz Nr. 190/1999 in
das rumänische Parlament eingebracht.
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Am 1. März 2006 hat das Parlament alle diese Gesetze verabschiedet,
die dann nacheinander im Gesetzblatt veröffentlicht wurden und daher
zu verschiedenen Zeitpunkten in Kraft getreten sind. Das Gesetz über
Hypothekenbanken2) ist am 2. April 2006 und das Gesetz über
Hypothekenobligationen3) am 22. April 2006 in Kraft getreten.
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Das Hypothekenobligationengesetz (nachfolgend als HOG bezeichnet)
enthält detaillierte Vorschriften über die Rahmenbedingungen für die
Refinanzierung von Hypothekenkrediten. Das Hypothekenbankgesetz
besteht nur aus acht Artikeln; es ist ein Spezialbankgesetz und die
Grundsätze für die Gründung und den Betrieb der Hypothekenbanken sind
dem Bankengesetz Nr. 58/1998 zu entnehmen. Daher wird im folgenden nur
auf das HOG eingegangen.
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Der rumänische Gesetzgeber war bestrebt, die Covered Bonds möglichst
sicher auszugestalten. Hierzu dient eine Reihe von Bestimmungen des
HOG.
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Sicherheit der Covered Bonds
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- Deckungsprinzip: Der Gesamtbetrag der Nenn- und Barwerte der im
Umlauf befindlichen Hypothekenobligationen muss durch Hypotheken von
mindestens dem gleichen Umfang gedeckt sein, Artikel 4 (1) Buchstabe
e) HOG. Eine sichernde Überdeckung ist nicht gesetzlich
vorgeschrieben. Falls der Emittent seine Verpflichtungen gegenüber den
Investoren nicht erfüllt, hat der Inhaber einer Hypothekenobligation
ein Sonderkündigungsrecht, falls diese Verpflichtungen nicht innerhalb
von 30 Tagen - nach der Feststellung des Fehlers durch die
Aufsichtsbehörden - erfüllt werden, Artikel 15 (1) Buchstabe e) in
Verbindung mit Artikel 24 (1) Buchstabe b) HOG.
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Die Restlaufzeit der Hypothekenforderungen - gewichtet mit dem
Nominalbetrag des Hypothekenkredits - muss immer höher als die
Laufzeit der Hypothekenobligationen sein, Artikel 4 (1) Buchstabe d)
HOG. Hervorzuheben ist, dass es in Rumänien keine einheitliche
Deckungsmasse gibt, die alle Hypothekenobligationen sichert. Vielmehr
ist für jede einzelne Emission von Hypothekenobligationen eine eigene
Deckungsmasse zu führen, Artikel 4 (1) HOG.
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- Deckungswerte: Zulässige Deckungswerte sind Hypothekendarlehen4),
die durch erstrangige Hypotheken auf Wohnimmobilien oder
Gewerbeobjekten gesichert sein müssen, Artikel 5 (1) Buchstabe g) HOG.
Zulässig sind Hypothekendarlehen sowohl auf rumänischen als auch auf
solchen Immobilien, die in anderen Staaten der Europäischen Union oder
des Europäischen Wirtschaftsraumes belegen sind, Artikel 4 (1)
Buchstabe b) HOG.
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- Die Beleihungsgrenze hängt von der Objektart ab, Artikel 5 (1)
Buchstabe a) HOG: 80 Prozent für Wohnimmobilien und 70 Prozent für
Gewerbeimmobilien. Die Basis für die Berechnung der Beleihungsgrenze
ist der Marktwert der Immobilie, die als Kreditsicherheit dient. Die
Wertermittlung ist von einem qualifizierten Immobiliengutachter
durchzuführen, Artikel 2 Absatz 21 HOG. Detaillierte
Wertermittlungsgrundsätze sind bisher nur in den Bewertungsrichtlinien
des rumänischen Gutachterverbandes enthalten.
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Nicht ausdrücklich geregelt ist, ob diese Beleihungsgrenzen absolut
für den Gesamtkredit gelten oder nur relativ im Hinblick auf die
Indeckungnahme. Sollte dies bedeuten, dass das einzelne Darlehen auch
höher sein, es aber nur bis zur Beleihungsgrenze in Deckung genommen
werden dürfte5), würden sich weitere Fragen stellen, wie zum Beispiel
ob dieser Außerdeckungsanteil auch vom Konkursvorrecht erfasst würde.
Rumänische Fachleute halten die Beleihungsgrenze für absolut.
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Zudem stellt sich die Frage nach dem Verhältnis dieser
Beleihungsgrenzen zur absoluten Beleihungsgrenze von 75 Prozent für
Wohn- und Gewerbeimmobilien, die in der Verordnung6) zum
Hypothekenkreditgesetz Nr. 190/1999 bestimmt ist. Nach Aussagen
rumänischer Fachleute gilt die absolute Beleihungsgrenze generell,
kann als Verordnung aber leichter geändert werden als die
formellgesetzliche Grenze von 80 Prozent, die aber erst dann
ausgeschöpft werden, wenn die 75-Prozent-Grenze aufgehoben oder erhöht
wird.
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Da nach allgemeinen Bestimmungen (Artikel 9 (2) VO 3/2000) die
Kreditsicherung von Hypothekendarlehen nur durch die Bestellung von
erstrangigen Hypotheken erfolgen darf - die nachrangige Besicherung
von Bankdarlehen also nicht zulässig ist - ist weiterhin fraglich, wie
die Differenz zwischen Kreditbetrag und Investitionsgesamtsumme
finanziert werden kann.
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Für Objekte, die zur Sicherung von Deckungsdarlehen dienen, ist für
die gesamte Dauer der Beleihung ein Versicherungsvertrag gegen alle7)
Risiken nach Lage und Art des Objektes erforderlich, Artikel 5 (1)
Buchstabe g) HOG und Artikel 16 (1) Hypothekenkreditgesetz
Nr.190/1999.
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- Ersatzdeckung: Wenn die Deckungswerte die Bedingungen für die
Indeckungsnahme nicht mehr erfüllen, müssen diese Werte in der
jeweiligen Deckungsmasse ersetzt werden, Artikel 6, 7 HOG. In Höhe von
maximal 20 Prozent des Nennwertes einer Emission darf die
Covered-Bond-Deckung aus Ersatzdeckungswerten bestehen, Artikel 7 (3)
HOG. Die Ersatzdeckungswerte, die in das Deckungsportfolio aufgenommen
werden dürfen und die dafür benötigten Bedingungen sind durch Normen
der Rumänischen Nationalbank festzulegen.
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- Deckungsregister: Ein Covered-Bond-Emittent ist dazu verpflichtet,
für jede Emission von Hypothekenobligationen ein gesondertes
Deckungsregister zu führen. Die Änderungen in der Deckungsmasse,
einschließlich die Ersatzdeckung müssen vom Emittenten in das Register
eingetragen werden, Artikel 10 HOG. Der Emittent muss monatlich eine
Kopie des Deckungsregisters dem Treuhänder vorlegen, Artikel 10 (3)
HOG.
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Darüber hinausgehende Transparenzbestimmungen, wonach der Emittent
bestimmte Informationen der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich zu
machen hätte, sind nicht ersichtlich. Allerdings sind eine Reihe von
Pflichtangaben über den Emittenten, die Anleihebedingungen (zum
Beispiel Nominalwert, Zinssatz, Laufzeit, Tilgung, Kündigung), den
Treuhänder und den Wirtschaftsprüfer im Emissionsprospekt zu machen,
Artikel 20 HOG.
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Die Aufsicht über die Einhaltung der Vorschriften über das
Deckungsregister wird von der Rumänischen Nationalbank ausgeübt. Diese
wird auch dazu ermächtigt, Normen zu erlassen, die die Ausgestaltung
des Deckungsregisters näher bestimmen, Artikel 10 (4,5) HOG.
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- Treuhänder: Der Emittent hat für jede8) Emission einen unabhängigen
Treuhänder9) zu ernennen, dessen Aufgabe die Überwachung der korrekten
Führung des Deckungsregisters ist, Artikel 11 HOG. Der Treuhänder darf
in keinem Beschäftigungs- oder Mandatsverhältnis mit dem Emittenten
stehen oder sein Wirtschaftsprüfer sein, Artikel 11 (2) HOG. Die
Funktion als Treuhänder bei einer Emission darf nur von juristischen
Personen oder Institutionen ausgeübt werden, die ausdrücklich vom
Gesetz dazu ermächtigt sind und in einem speziellen Register bei der
Rumänischen Nationalbank eingetragen sind, Artikel 13 (1) HOG:
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Kreditinstitute,
Broker-Gesellschaften, Anwaltskanzleien und Notare. Diese juristische
Personen müssen einen ständigen Vertreter ernennen, um ihre Aufgaben
nachhaltig erfüllen zu können.
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Der Treuhänder muss im Zeitpunkt einer Emission und danach monatlich
prüfen, ob die vorschriftsmäßige Deckung vorhanden ist, Artikel 15 (1)
HOG. Der Treuhänder muss die Überprüfung nur anhand der vom Emittenten
erstellten Berichte durchführen. Zur Erfüllung seiner Aufgaben hat der
Treuhänder aber auch ein Einsichtsrecht in die Unterlagen des
Emittenten, Artikel 15 Absatz 2 HOG. Das HOG enthält keine
Vorschriften über die Beilegung eventueller Streitigkeiten zwischen
dem Treuhänder und dem Emittenten und über die Vergütung des
Treuhänders.
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- Konkursvorrecht: Im Fall des Konkurses des Emittenten werden die
Hypothekenobligationen nicht fällig, Artikel 30 HOG. Die Deckungswerte
werden nicht Bestandteil der Konkursmasse, sondern sie dienen der
Befriedigung der Hypothekenobligationengläubiger, Artikel 33 (2) Satz
1 HOG. Die ins Deckungsregister eingetragene Forderungen bilden eine
separate Masse, indem sie auf spezielle Konten in der Bilanz des
Emittenten aufgelistet sind, Artikel 33 (2) Satz 2 HOG. Die
Aussonderung der Deckungsmasse erfolgt zum Zeitpunkt der Eröffnung
dieser Konten. Die Verwahrung der Deckungsmasse muss durch Beschluss
der Gläubigerversammlung auf eine Portfoliomanagementgesellschaft
übertragen werden, Artikel 33 (3) HOG.
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- Vollstreckungsschutz: Als zusätzliche Sicherheit ist vorgeschrieben,
dass der Treuhänder bei jeder Pfandbriefemission die Forderungen der
Hypothekenobligationeninhaber durch ein Pfandrecht10) an den
Deckungswerten sichert, das in ein Publizitätsregister für
Mobiliarsicherheiten einzutragen ist, Artikel 15 b) HOG. Dieses
Pfandrecht ist ein paralleler Sicherungsmechanismus für die
Hypothekenobligationsgläubiger neben dem Konkursvorrecht in Artikel 30
ff.HOG.Damit wird ein Vollstreckungsschutz gegenüber Drittgläubigern
bewirkt1).
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- Bezeichnungsschutz: Die Verwendung des rumänischen Begriffs für den
Covered Bond (obligatiuni ipotecare) wird gesetzlich geschützt,
Artikel 3 in Verbindung mit Artikel 37 HOG.
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- Kein "Öffentlicher-Covered-Bond": Das rumänische HOG regelt nur den
Hypotheken-Covered-Bond. Die Emission von Öffentlichen-Covered-Bonds
auf der Basis von Kommunalkrediten ist in Rumänien daher nicht
möglich.
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Europäischer Standard erfüllt
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Vergleicht man die Bestimmungen des HOG mit den Kriterien des Artikel
22 Absatz 4 der OGAW-Richtlinie (auch Investment-Richtlinie genannt),
der den europäischen Mindeststandard für Covered Bonds regelt, wird
deutlich, dass das HOG diese europäischen Kriterien erfüllt. Denn der
rumänische Covered Bond ist eine Schuldverschreibung eines
Kreditinstituts, das der besonderen öffentlichen Aufsicht der
Rumänischen Nationalbank unterliegt. Die Erlöse aus dem Verkauf der
Covered Bonds müssen in Darlehen angelegt werden, die die Kapital- und
Zinsforderungen der Hypothe-ken-Covered-Bond-Gläubiger jederzeit
decken und die im Fall des Konkurses der Bank vorrangig für die
Covered-Bond-Gläubiger bestimmt sind.
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Das HOG enthält keine besonderen Anlagevorschriften für Covered Bonds.
Ob spezielle Bestimmungen für die Anlage in Covered Bonds im Rahmen
der Umsetzung der entsprechenden EU-Vorschriften12) in rumänisches
Recht geschaffen werden, bleibt abzuwarten. Insbesondere die für den
Erwerb von Covered Bonds durch Kreditinstitute besonders günstige
Zehn-Prozent-Risikogewichtung für Obligatiuni ipotecare wurde in das
rumänische Recht noch nicht eingeführt.
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Das neue rumänische Covered-Bond-Gesetz (HOG) gibt jedem rumänischen
Kreditinstitut die Möglichkeit, Covered Bonds zu emittieren. Eine
besondere Lizenz für die Emission von Hypothekenobligationen ist nicht
notwendig. Nach dem Hypothekenbankgesetz Nr. 33/2006 können auch
spezialisierte Hypothekenbanken gegründet werden. Während das HOG
weitgehend nur Grundlagen regelt, sind Details auf dem Verordnungswege
zu bestimmen, die bis zum 22. Juli 2006 zu erlassen sind, Artikel 38
HOG. Dem Vernehmen nach werden die Rumänische Nationalbank und die
Wertpapierkommission eine gemeinsame generelle Norm erlassen.
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Neuer Typ von Covered Bonds
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Im europäischen Vergleich stellt die Regelung eine Besonderheit dar,
wonach für jede Emission eine gesonderte Deckungsmasse zu bilden ist.
Derartige Regelungen finden sich auch in Bulgarien und in der Ukraine.
Damit bildet sich ein neuer Typ von Covered Bonds heraus, der Elemente
der MBS und des traditionellen Pfandbriefes verbindet. Es bleibt
abzuwarten, ob dieses hybride Finanzinstrument am internationalen
Kapitalmarkt gegenüber eher traditionelleren Versionen
durchsetzungsfähig sein wird, die durch den Aufbau hoher Volumina eine
höhere Risikostreuung und Liquidität erlauben.

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