Schwerpunkt: Grüne Immobilien

Nutzen und Kosten von ökologischen Sanierungsmaßnahmen

Die gesetzlichen Bestimmungen und die steigenden Energiepreise zeigen bereits die Richtung auf: Der effiziente Energieeinsatz wird zunehmend den ökonomischen Erfolg von Gebäuden bestimmen. Der Trend geht daher zu nachhaltigen, energiesparenden Immobilien, den sogenannten Green Buildings. Wer hierbei auf ältere Gebäude setzen möchte, kommt an einer Sanierung oft nicht vorbei. Rund 70 Prozent der 17 Millionen Wohn- und sieben Millionen Gewerbe-, Sport- und Kulturbauten in Deutschland sind vor 1976 erbaut und damit nicht mehr auf dem aktuellen Stand, wenn es etwa um Energieverbrauch oder verwendete Baustoffe geht. Nachhaltig gebaute Immobilien schneiden in diesen Punkten deutlich besser ab, weswegen sie sowohl auf dem gewerblichen als auch auf dem privaten Immobilienmarkt immer begehrter werden.

Nutzen und Kosten "grüner" Gebäude Der Fokus nachhaltiger Gebäude liegt jedoch nicht nur auf dem optimalen Energieeinsatz. Nachhaltigkeitskonzepte verfolgen eine ganzheitliche Qualitätsperspektive. Sie sind umweltfreundlich, wirtschaftlich effizient und auf einem hohen technischen Sicherheitsstand. Ferner bieten sie ein angenehmes, gesundes und leistungsförderndes Wohn- oder Arbeitsumfeld und binden sich städtebaulich gut ein. Green Buildings beanspruchen auch weniger unverbaute Flächen, emittieren weniger Kohlendioxid und ihre Bauteile weniger Schadstoffe, bieten eine hohe Innenraumqualität sowie eine große Umnutzungsfähigkeit, einen guten Lärmschutz und eine gesunde Belüftung.

Bisher ist nachhaltiges Bauen zwar teurer als herkömmliche Konstruktionstechniken; die Ausgaben für Planung und Errichtung machen jedoch durchschnittlich nur 20 bis 25 Prozent der Lebenszykluskosten einer Immobilie aus. Der weitaus größte Teil der finanziellen Aufwendungen fällt in der Nutzungsphase an. Hier macht sich die Qualität von Gebäuden bezahlt, die unter Nachhaltigkeitskriterien erstellt wurden. Die Kosten etwa für Betrieb, Instandsetzung und Baustoffentsorgungen bei qualitativ hochwertigen Objekten wie den Green Buildings sind geringer.

Gebäude, die unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien erbaut oder saniert wurden, profitieren von ihrem guten Ruf, den sie aufgrund ihrer zahlreichen Vorteile zunehmend genießen. Bei guter Lage des Objekts sind ein überdurchschnittliches Mietsteigerungspotenzial sowie gute Wiederverkaufschancen durch geringere Aufwendungen für Energie, Wasser, Betrieb und Instandhaltung gegeben. Damit wächst der Einfluss nachhaltiger Maßnahmen auf die Marktattraktivität von Immobilien.

Als Teil des Deutschen Baurechts stellt die Energieeinsparverordnung (EnEV) von 2007 energetische Mindestanforderungen an neu errichtete oder sanierte Wohngebäude. Weitere Energieeinsparungen sieht die neueste Auflage der EnEV vor, die voraussichtlich Anfang 2009 in Kraft treten wird. Durchschnittlich 30 Prozent weniger Energie sollen neugebaute oder sanierte Wohngebäude dann verbrauchen dürfen. Um die Bestimmungen einzuhalten, sind häufig Investitionen nötig.

Für Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen, die die Nachhaltigkeit der Gebäude verbessern, können die Eigentümer von Wohn- oder Büro- und Gewerbeimmobilien Förderungen in Anspruch nehmen. Gelder werden etwa von der Förderbank der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und vereinzelt von den Landesbanken und Kommunen zur Verfügung gestellt. So vergibt das BAFA bundesweit Fördermittel für Investitionen in erneuerbare Energien an Privatleute sowie kleine und mittelständische Unternehmen. Bezuschusst werden Biomasse-Verfeuerungsanlagen, Wärmepumpen sowie Solaranlagen zur Unterstützung der Heizung, Warmwasseraufbereitung und zum Kühlen. Für Fotovoltaik-Anlagen im Wert von bis zu 50 000 Euro stellt zudem die KfW-Förderbank mit dem Programm "Solarstrom Erzeugen" zinsgünstige Darlehen mit tilgungsfreien Anlaufjahren unter anderem Privatpersonen und -firmen zur Verfügung.

Fördergelder auch für Investitionen in den Bestand

Auch für die energetische Sanierung eines älteren Wohngebäudes vergibt die KfW langfristige zinsgünstige Darlehen mit tilgungsfreien Anlaufjahren. Je nach Förderprogramm wird ein Zuschuss von fünf Prozent der Darlehenshöhe gewährt, wenn das sanierte Objekt das EnEV-Neubauniveau einhält. Der mögliche Tilgungszuschuss kann sich auf 12,5 Prozent der Kreditsumme erhöhen, wenn das EnEV-Neubauniveau um mindestens 30 Prozent unterschritten wird. Wohnungseigentümer (sowie Besitzer von Ein- und Zweifamilienwohnhäusern) können aus dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm Zuwendungen erhalten - auch wenn kein Darlehen in Anspruch genommen wird. Die Höhe des Zuschuss richtet sich nach den erreichten Verbesserungen am Gebäude. Entspricht das Objekt nach der Sanierung dem EnEV-Neubauniveau, werden zehn Prozent der Investitionskosten (maximal 5 000 Euro je Wohneinheit) übernommen. Wird das EnEV-Neubauniveau um mehr als 30 Prozent unterschritten, beträgt der Zuschuss sogar 17,5 Prozent der Kosten (maximal 8 750 Euro je Wohneinheit). Selbst wenn der Neubau-Zustand nicht erreicht wird, können KfW-Zuschüsse von fünf Prozent oder ein Darlehen beansprucht werden, wenn die Maßnahmen als Paket nach KfW-Vorgaben durchgeführt werden.

Beispiel: Energetische Sanierung einer Wohnanlage

Nachhaltiges Bauen ist zwar seit jeher im Selbstverständnis des deutschen Sachverständigen- und Prüfwesens verankert. Doch gilt es diese grundsätzlich angelegte Wertbeständigkeit zu erhalten und an die neuen Anforderungen anzupassen. Die Sanierung muss deshalb an den Stellschrauben ansetzen, mit denen sich die Nutzungskosten und Emissionen am effektivsten senken lassen. Doch welche Maßnahmen sind die richtigen?

Wirtschaftlich sinnvoll ist es, verschiedene Maßnahmenpakete miteinander zu vergleichen. Das zeigt das Beispiel eines Energiegutachtens von TÜV Süd Industrie Service für eine rund 35 Jahre alte Wohnanlage mit 77 Appartements in Süddeutschland. Am Beginn der Untersuchung stand ein umfassendes Energieaudit. Als Ergebnis wurde Handlungsbedarf bei der Heizung und dem baulichen Wärmeschutz gesehen. Anhand von EnEV-Berechnungen haben die Sachverständigen drei Maßnahmenpakete für den baulichen Wärmeschutz und sieben verschiedene Varianten zum Sanieren der Heizanlage ermittelt und bewertet.

Energie- und CO2-Einsparung durch baulichen Wärmeschutz

Wie sich unterschiedliche Maßnahmenpakete auswirken können, zeigen die drei Wärmeschutz-Pakete, die TÜV-Süd-Experten für die Wohnanlage maßgeschneidert und berechnet haben.

Paket A beinhaltet ausgetauschte, erneuerte Fenster, das Dämmen der Rollladen-Kästen innen und eine optimierte Dachdämmung soweit noch nicht vorhanden. Notwendige Investition: rund 400 000 Euro. Im Paket B sind zusätzlich ein Wär-medämm-Verbundsystem sowie die Entsorgung der asbestbelasteten Eternitschindeln vorgesehen, die bisher auf der Außenfassade angebracht waren. Die Kosten allein für die Sanierung der Außenfassade belaufen sich daher auf 630 000 Euro, insgesamt fallen gut eine Million Euro an. Für nochmals rund 30 000 Euro Aufschlag ist im Paket C auch die Dämmung der Geschossdecke zum Keller vorgesehen.

Allein mit einer Verbesserung des baulichen Wärmeschutzes kann bereits deutlich Heizenergie eingespart werden. Hier sind rund 22,7 Prozent bis etwa 47 Prozent zu erwarten. Doch würde sich bei allen Paketen zugleich der Anlagen-Nutzungsgrad infolge der überdimensionierten alten Heizungsanlage verschlechtern. Dadurch ergeben sich geringere Einsparungen an Brennstoff. Der Endenergiebedarf (Brennstoffenergie und elektrische Energie) kann mit allen drei berechneten Paketen deutlich abgesenkt werden: Von aktuell rund 875 000 Kilowattstunden pro Jahr auf knapp 750 000 Kilowattstunden (Paket A), auf gut 600 000 Kilowattstunden (Paket B) respektive rund 575 000 Kilowattstunden jährlich (Paket C). Das entspricht Einsparungen von 16 (Paket A), 31 (Paket B) und 33 Prozent (Paket C). Im gleichen Umfang spart der bauliche Wärmeschutz Kohlendioxid-Emissionen ein.

Verbessertes Heizsystem

Ein optimierter baulicher Wärmeschutz ist die Grundlage für den Einsatz von effizienteren Heizungsvarianten mit verringerten Verlusten an Verteilungswärme. Auf Basis von Wärmeschutzpaket C haben die Experten in einem zweiten Schritt sieben mögliche Varianten neuer Heizanlagen berechnet und dimensioniert.

Die Varianten reichen vom Einsatz eines Niedertemperaturkessels (Variante 1), eines Brennwertkessels mit Heizöl EL (Variante 2) beziehungsweise eines Feststoffkessels mit Holzhackschnitzel oder Holzpellets (Variante 4) über die Integration einer Wärmepumpenanlage mit Erdwärmenutzung (Variante 5) bis hin zur Installation eines Fassaden-Solarkollektors zur Trinkwasserbereitung mit Heizungsunterstützung (Variante 3). Die Investitionskosten liegen zwischen 34 000 Euro (Variante mit Niedertemperaturkessel), über etwa 72 000 Euro (Feststoffkessel Holzhackschnitzel) bis hin zu etwa 130 000 repektive 314 000 Euro (Wärmepumpenanlage mit Erdwärmenutzung je nach Ausführung). Die Möglichkeiten, ein Blockheizkraftwerk zusammen mit einem Niedertemperaturkessel (Variante 6) zu installieren und eventuell mit Fassaden-Solarkollektoren (Variante 7) zu kombinieren, schieden bereits frühzeitig aus und werden daher hier nicht weiter erläutert.

Der Endenergiebedarf könnte insgesamt auf zwischen 500 000 Kilowattstunden pro Jahr (Variante mit Niedertemperaturkessel) bis zu knapp 150 000 beziehungsweise 250 000 Kilowattstunden pro Jahr (Variante mit Erdwärmenutzung) gesenkt werden. Der Einsatz eines Brennwertkessels würde etwa 450 000 Kilowattstunden Endenergie im Jahr benötigen, die Kombination von einem Niedertemperaturkessel mit einer Solaranlage zwischen 375 000 und gut 400 000 Kilowattstunden pro Jahr. Die Gesamteinsparungen reichen somit von 43 Prozent (Niedertemperaturkessel) bis zu 85 Prozent (Wärmepumpe mit Erdwärme). Allerdings ist die Variante der Erdwärmenutzung mit vergleichsweise hohen Investitionskosten verbunden. Einfache Anlagenkonzepte können aufgrund der deutlich geringeren Investitionskosten und der geringeren Betriebskosten wirtschaftliche Vorteile aufweisen. Im Fallbeispiel hat die Eigentümergemeinschaft mit der einfacheren Anlagentechnik zudem geringere Risiken und Aufwendungen für Wartung und Instandhaltung.

Einfaches Anlagensystem für EnEV-Neubauniveau

Für die Wohnanlage in Süddeutschland bestehen aufgrund der örtlichen Verhältnisse keine Brennstoffalternativen, sodass der bisherige Brennstoff weiterzuverwenden ist. Jedoch sollte ein übersichtliches Anlagenkonzept mit einem modernen Brennwert- oder Niedertemperaturkessel mit neuer Regelung und neuen, effizienten Umwälzpumpen eingesetzt werden. Zusammen mit der Wärmedämmung der Gebäudehülle und einer zu installierenden Solaranlage können die Eigentümer das EnEV-Neubauniveau erreichen. Damit sind die Voraussetzungen gegeben, aus dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm der KfW-Bankengruppe entweder ein zinsgünstiges Darlehen mit einem Tilgungszuschuss von fünf Prozent oder einen Bonus in Höhe von zehn Prozent der Investitionskosten je Wohneinheit zu beantragen. Weiterhin könnte eine thermische Solaranlage mit rund 120 Quadratmetern Kollektorfläche zur Warmwasserbereitung und zur Heizungsunterstützung über das BAFA zusätzlich mit einmalig etwa 4 800 Euro bezuschusst werden.

Die nötigen Investitionen für die Maßnahmen belaufen sich insgesamt auf rund 1,2 Millionen Euro. Darin enthalten sind die kostenintensive Entsorgung der alten asbestbelasteten Fassade und das Maßnahmenpaket C mit Niedertemperatur- oder Brennwertkessel. So lassen sich die Primärenergiekosten nahezu halbieren. Die Investitionskosten werden von den Kosten für den baulichen Wärmeschutz dominiert. Gründe sind unter anderem die hohen Entsorgungskosten für die asbestbelasteten Eternitplatten und die bereits vorhandene, rudimentäre Wärmedämmung.

Bei dem den Berechnungen zugrunde liegenden Heizölpreis von 0,50 Euro pro Liter beläuft sich die Amortisationsdauer je nach Sanierungsvariante auf 40 bis 50 Jahre; bei einem derzeitigen Heizölpreis von 0,85 Euro pro Liter amortisieren sich die Investitionskosten innerhalb von 24 bis 30 Jahren. Würden sich die Eigentümer für ein aufwendigeres Anlagenkonzept entscheiden, zum Beispiel für einen Feststoffkessel mit Holzhackschnitzeln als Brennstoff, könnte der Primärenergiebedarf sogar auf 30 Prozent unter das EnEV-Neubau-Niveau gesenkt werden. Dies würde die Zuschusszahlung aus dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm der KfW-Bankengruppe auf 17,5 Prozent (maximal 8 750 Euro je Wohneinheit) der Investitionssumme erhöhen. Doch aufgrund der anfallenden Kosten für die komplexere Anlagentechnik, der höheren Wartungs- und Instandsetzungskosten und der aufwendigeren Handhabung von Brennstoff und Reststoffen sind die Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwägen.

Erhebliche Einsparungen

Werden die in dem Energiegutachten von TÜV Süd Industrie Service empfohlenen Maßnahmen durchgeführt, wird die Energie-, Versorgungs- und Verbrauchssituation der Wohnanlage erheblich verbessert und rund 50 Prozent an Primärenergie eingespart. Der Brennstoffverbrauch wird langfristig minimiert, Übertragungsverluste eingeschränkt. Durch den verbesserten Wärmeschutz, die modernisierte Heizungsanlage mit Niedrigtemperatur-/Brennwertkessel sowie durch die thermische Solaranlage kann eine ökologische Nachhaltigkeit auf Neubauniveau erreicht werden.

Damit werden auch die gesetzlichen Bestimmungen der Energieeinsparverordnung eingehalten und die Voraussetzungen für Förderprogramme der KfW-Bank geschaffen. Durch die Entsorgung der asbestbelasteten Baustoffe aus der Fassade wird ein erhebliches Risikopotenzial beseitigt und ein schadstoffärmeres Wohnumfeld geschaffen. Mit Blick auf die Finanzierbarkeit, Machbarkeit und nicht zuletzt auf die Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen wurde hier eine ökologisch und wirtschaftlich effiziente Lösung gefunden.

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