Immobilien an der Börse

Partizipation am Immobilienmarkt mit ETFs

Börsennotierte Indexfonds oder ETF (Exchange Traded Funds), wie die gebräuchliche englische Abkürzung lautet, haben eine einzigartige Erfolgsgeschichte vorzuweisen. In den vergangenen acht Jahren ist der europäische ETF-Markt um jährlich zwischen 25 bis 50 Prozent gewachsen und umfasst heute mehr als 220 Milliarden Euro. ETFs zeichnen sich vor allem aus durch Transparenz im Aufbau, Auflegung als geschütztes Sondervermögen nach europäischer UCITS-Richtlinie und jederzeitige Handelbarkeit über die Börse. Nachdem ETFs zunächst die klassischen Aktien- und Anleihenindizes abgebildet haben, sind in den vergangenen Jahren verstärkt neue Anlageklassen als Investitionsziele dazu gekommen.

REIT als Basis

Seit einigen Jahren hat auch das Segment an ETFs stark an Bedeutung gewonnen, die den Immobilienmarkt abdecken. 2006 sind die ersten Immobilien-ETFs in Deutschland angetreten, derzeit gibt es 22 ETFs1), mit denen Anleger die Wertentwicklung des Immobilienmarktes durch die Abbildung eines Index kostengünstig und liquide verfolgen können. Das Fondsvolumen ist mittlerweile auf mehr als 2,5 Milliarden Euro angewachsen, was für das Interesse der Investoren spricht.

Eine Eigenschaft ist allen Immobilien-ETFs gemeinsam: Sie gründen sich letztlich auf die Wertentwicklung von Immobilienaktien, vor allem von Real Estate Investment Trusts (REITs). Darunter versteht man Immobilienaktiengesellschaften, die ganze bestimmte Eigenschaften erfüllen. Ein wichtiger Aspekt ist, dass REITs auf der Unternehmensebene steuerbefreit sind. Dieser Vorzug wirkt sich positiv auf die Profitabilität dieser Unternehmen aus. Um diesen steuerbefreiten Status zu erreichen und vor allem auch zu erhalten, müssen sich REITs allerdings an definierte Regeln halten:

- Der überwiegende Teil der Gewinne muss an die Anteilseigner ausgeschüttet werden,

- sie sind häufig in ihrer Fremdkapitalaufnahme reguliert,

- sie dürfen häufig nur begrenzt Projektentwicklungen durchführen und als Immobilienhändler auftreten und

- in einigen Ländern müssen REITs zwingend an einer Börse notiert sein.

REITs wurden 1960 in den USA mit dem Real Estate Investment Trust Act eingeführt. Seitdem haben zahlreiche Länder ähnliche Immobilienanlageinstrumente geschaffen. Weitere Märkte, in denen sich REITs früh etabliert haben, sind die Niederlande (seit 1969) und Australien (seit 1985). Allein seit der Jahrtausendwende wurden in sieben Ländern REITähnliche Vehikel ermöglicht; darunter sind zum Beispiel Japan (2000), Hongkong (2003) und Frankreich (2003). Großbritannien und Deutschland haben 2007 REITs eingeführt. Über die Jahrzehnte haben sie sich zu einem wichtigen Markt entwickelt. Die bedeutendsten Organisationen, die Informationen über REITs sammeln und zur Verfügung stellen, sind EPRA, die European Public Real Estate Association, und das nordamerikanische Pendant NAREIT, die National Association of Real Estate Investment Trusts. Sie lassen vom britischen Indexanbieter FTSE Marktbarometer berechnen, die die Entwicklung des REIT-Marktes abbilden. Wie groß und liquide der Markt geworden ist, verdeutlicht der umfassende FTSE EPRA/Nareit Global Real Estate Index. Er basiert auf 392 Immobilien-Aktien aus 36 Ländern, die zusammen einen Börsenwert von 951 Milliarden US-Dollar darstellen.2)

Unterschiede bei verwendeten Indizes

Für Investoren stehen in Deutschland Immobilien-ETFs von sechs verschiedenen Anbietern zur Verfügung: Neben DB X-Trackers engagieren sich Lyxor, Ishares, Comstage, Easy-ETF und Amundi in dem Segment. Die ETFs unterscheiden sich zunächst nach der regionalen Ausrichtung Nordamerika, Europa beziehungsweise Eurozone, Asien und weltweit. Da die Immobilienmärkte erfahrungsgemäß eng mit der Konjunkturentwicklung in einer Region korrelieren, kann ein Investor durch eine entsprechende Marktmeinung fokussiert mit einem Immobilien-ETF umsetzen.

Das zweite Unterscheidungskriterium ist der verwendete Index. Die weitaus meisten Immobilien-ETFs, 13 an der Zahl, bilden einen von FTSE EPRA/NAREIT berechneten Index ab. Auch die Deutsche Bank hat sich entschieden, ihre Immobilien-ETFs auf Indizes dieses Anbieters auszurichten. Dies sind der DB X-Trackers FTSE EPRA/NAREIT Global Real Estate ETF, Eurozone Real Estate ETF und Developed Europe Real Estate ETF. Der Grund ist, dass die FTSE EPRA/NAREIT-Indizes sich an REITs in einer engen Definition ausrichten.

Um für eine Aufnahme in diesen Index geeignet zu sein, müssen Immobiliengesellschaften nach Angaben des Indexsponsors im vorangegangenen vollen Geschäftsjahr mindestens 75 Prozent ihres Gesamt-EBITDA aus maßgeblichen Immobilienaktivitäten erzielt haben und einen geprüften Geschäftsbericht in englischer Sprache vorlegen. Zu maßgeblichen Immobilienaktivitäten zählen Eigentums-, Handels- und Entwicklungsaktivitäten bei Ertragsimmobilien. Es ist ein nach der Marktkapitalisierung der einzelnen Titel gewichteter Index, der die Wertentwicklung börsennotierter Equity-REITs und Immobiliengesellschaften abbildet und eine diversifizierte Abdeckung der Immobilienmärkte europäischer Industrieländer nach Geografie und Art der Immobilie bietet.

Der Vorteil dieser Indexreihe zeigt sich im Vergleich mit den beiden anderen Anbietern, deren Indizes für Immobilien-ETFs verwandt werden. MSCI-Real-Esta-te-Indizes und STOXX-Real-Estate-Indizes enthalten nicht nur REITs, sondern auch beispielsweise auf Immobilien spezialisierte Finanzdienstleister, Lagerhausbetreiber und Baustoffproduzenten. Damit können andere Faktoren, die nicht direkt mit dem Immobilienmarkt zusammenhängen, die Wertentwicklung des Index zumindest teilweise beeinflussen.

Das höchste Anlagevolumen unter den drei DB X-Trackers Immobilien-ETFs weist die auf Kern-Europa konzentrierte Variante auf, mit einem Fondsvolumen von 255 Millionen Euro. Die aktuelle geografische Aufteilung des zugrunde liegenden FTSE EPRA/NAREIT Developed Europe Index ist wie folgt: 36,95 Prozent Großbritannien, 26,01 Prozent Frankreich, 9,15 Prozent Niederlande, 6,68 Prozent Schweden, 6,47 Prozent Schweiz und 5,34 Prozent Deutschland.

Direkte Beteiligungen ungeeignet

Verständlicherweise taucht immer wieder die Frage auf, weshalb ETFs nicht die Wertentwicklung direkter Immobilienbeteiligungen abbilden können. REITs beziehungsweise REIT-Indizes eignen sich hervorragend als Underlying für ETFs, weil sie börsennotiert sind, leicht handelbar und täglich über die Börse bewertet werden. Dagegen können Objekte nur in längeren Zeiträumen ge- und verkauft werden. Die zwischenzeitliche Bewertung einer Immobilie über Gutachten und Sachverständige ist ebenfalls aufwendig, letztlich stellt sich ein valider Marktpreis erst bei einer Transaktion heraus.

Diese Einschränkungen machen direkte Immobilenbeteiligungen als Basiswert für einen ETF ungeeignet, wenn die tägliche Liquidität weiter aufrechterhalten werden soll. Welche Schwierigkeiten auftreten, wenn ein täglich liquides Finanzprodukt in illiquide Objekte investiert, mussten gerade die Offenen Immobilienfonds erfahren. Als die Rückzahlungswünsche der Investoren die Liquiditätsreserve überstieg, mussten viele Fonds geschlossen werden. Einige waren sogar gezwungen, zu reduzierten Marktpreisen Objekte zu verkaufen.

Langfristig korreliert mit direkten Immobilien

Immobilien-ETFs sind grundsätzlich geeignet für alle Anleger, die die Entwicklung von börsennotierten Immobilienunternehmen in ihrem Depot transparent und liquide abbilden wollen. Da REITs ihre Erträge zu mindestens drei Vierteln mit Immobilien generieren und in der Regel steuerbefreit sind, wirkt sich ein positiver Immobilienmarkt direkt auf die Profitabilität des Unternehmens und damit seinen Aktienkurs aus. Über den entsprechenden Index als Underlying für den ETF partizipiert davon der Anleger.

Nach einer Analyse von Deutsche Bank Research können REITs3) als eine eigene Anlageklasse bezeichnet werden. Nach Einschätzung von Dr. Tobias Just, DB Research, lässt die Synopse der vorliegenden Literatur den Schluss zu, dass REITs eine eigenständige Mischform zwischen direkten Immobilienanlagen und Aktieninvestitionen sind. So zeigten REITs in der kurzen Frist deutlich andere Bewegungen als direkt gehaltene Immobilien. In der langen Frist gibt es jedoch einen Zusammenhang zwischen direkt gehaltenen Immobilien und Immobilienaktien.

Weiter zeigen Analysen für gemischte Kapitalmarktportfolios, also für Portfolios aus Bonds und Aktien, dass sich für fast alle effizienten Portfolios durch Hinzunahme von REITs Verbesserungen erzielen lassen. Dies gelte insbesondere für Portfolios mit einem langen Anlagehorizont und/oder für Portfolios am unteren Ende des Risiko-Rendite-Spektrums. REITs wären demnach gerade für die Altersvorsorge eine interessante Ergänzung, da sie bei konstantem Risiko die erzielte Portfoliorendite steigern können.

Eine Einschränkung ist schon genannt worden, der kurzfristige Einfluss der Aktienmärkte auf REITs. Dies wurde besonders im Zuge der Finanzkrise von 2007 bis 2009 deutlich, als alle REIT-Indizes stark eingebrochen sind. Danach haben sie sich wieder deutlich erholt, jedoch noch nicht wieder das Spitzen-Niveau von 2007 erreicht.

Risiken von Immobilien-ETFs

Eine zweite Einschränkung ist grundsätzlicher Natur. Es muss betont werden, dass Immobilien-ETFs kein Eigentum an Immobilien verbriefen. Wenn ein Investor diese Komponente in seiner Vermögensaufteilung berücksichtigen will, muss er andere Formen der Immobilienbeteiligungen wählen. Wie gezeigt, ist ein direkter Immobilienerwerb mit einem laufend an der Börse notierten Anlageprodukt nicht vereinbar.

Das Angebot für Immobilien-ETFs hat sich in den vergangenen Jahren dynamisch entwickelt und bietet die Möglichkeit, sich täglich liquide und kostengünstig auf diesem Wege an der Entwicklung von Immobilienaktien zu beteiligen. Über verschiedene Indizes kann der Investor sich auf einzelne Regionen fokussieren oder sogar eine weltweite Abdeckung erreichen. Studien haben gezeigt, dass langfristig ein starker Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Immobilienaktien und direkt gehaltenen Immobilien besteht.

Fußnoten

1) Quelle: Morningstar, FVBS Fundanalyzer.

2) Stand 31. Mai 2011, Quelle: Deutsche Bank.

3) Deutsche Bank Reserach, Tobias Just: Was Europa von US-REITs lernen kann, November 2006.

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