Bausparen und Bausparkassen 2007

Politik und Wohnimmobilie ein gestörtes Verhältnis?

Eine Erfolgsstory ist sie dann doch noch geworden: die zum 1. Januar 2006 abgeschaffte Eigenheimzulage, mit deren Streichung sich die Politik - nach Abschaffung eines eigenständigen Bauministeriums und des entsprechenden Bundestagsausschusses - dann weitgehend aus dem Bereich der Wohnimmobilie verabschiedet hat.

Im jüngst veröffentlichten 20. Subventionsbericht schreibt selbst das Bundesministerium der Finanzen: "Von der Einführung der Eigenheimzulage ging kräftige Anstoßwirkung für die Wohneigentumsbildung aus. Zwischen 1998 und 2002 (letzter Mikrozensus) stieg in Deutschland die Wohneigentumsquote, das heißt der Anteil der selbstgenutzten an allen Wohnungen, von 40, 9 Prozent auf 42, 6 Prozent an.

Bei Haushalten mit Kindern war ein überdurchschnittlicher Zuwachs - von 44, 4 auf 47, 7 Prozent - zu verzeichnen. Noch aussagekräftiger für den tatsächlichen Fortschritt bei der Wohneigentumsbildung ist die Entwicklung der absoluten Zahl der Eigentümerhaushalte. Diese hat in Deutschland um über acht Prozent zugenommen, davon in den alten Ländern um über sieben Prozent und in den neuen Ländern um über 13 Prozent! "

Erfolgsstory der Eigenheimzulage

Damit bestätigt auch das Bundesfinanzministerium die in den Jahren zuvor schon geäußerten Feststellungen der Bausparkassen, dass die Umstellung der Wohneigentumsförderung im Jahr 1996 der richtige Schritt war, um eine bedeutsame wohnungspolitische Zielsetzung eine verstärkte Wohneigentumsbildung zu erreichen.

Die weiteren Ausführungen des Finanzministeriums zur Abschaffung der Eigenheimzulage machen dann aber einmal mehr deutlich, wie sehr in der Wohnungspolitik haushalts-, konjunktur-, familien- und vermögenspolitische Argumente durcheinandergewürfelt werden. Denn das Ministerium führt als Begründung für die Abschaffung an, dass sich die Wohnungsmärkte in Deutschland entspannt hätten und die Entwicklung von Zinsen und Baupreisen für viele Bauherren eine ähnliche Entlastung darstellten wie die Eigenheimzulage.

Förderung aus Haushaltsgründen gestrichen

Fakt ist, dass weder die grundsätzliche Versorgungslage mit Wohnungen noch die Höhe der Zinsen oder etwaige Baupreissteigerungen als Begründung für die Wohneigentumsförderung taugen. Denn wenn zum Beispiel die Erwerbskosten von Wohneigentum aus unterschiedlichen Gründen sinken, besteht für neue Nachfragerschichten mit entsprechend niedrigerem Einkommen die Möglichkeit, die eigenen vier Wände zu erwerben, sofern sie gleichzeitig eine entsprechende Förderung erhalten. Bleibt also einzig das fiskalische Argument "leere Kassen", das für die Streichung der Eigenheimzulage herhalten kann. Unter sachlichen Gesichtspunkten ist die Streichung sicherlich nicht gerechtfertigt gewesen; dies belegt auch der Subventionsbericht.

Dieser Vorgang und die gleichzeitige Streichung der degressiven Abschreibung für den Mietwohnungsbau machen einmal mehr deutlich, dass es in der Wohnungspolitik schon lange an einer Gesamtkonzeption fehlt. Wenn man sich grundsätzlich aus der Förderung verabschieden will, muss gleichzeitig darüber nachgedacht werden, wie die steuerliche Belastung des Immobilienbesitzes verringert werden kann.

Denn das Arsenal reicht hier von der Grunderwerbssteuer über die Grundsteuer, die Einkommenssteuer bis hin zur nun wieder stärker ins Blickfeld rückenden Erbschaftssteuer. Es sei außerdem daran erinnert, dass die Vermögenssteuer aus verfassungsrechtlichen Gründen ausgesetzt werden musste, weil sie nicht mehr mit dem Eigentumsschutz als vereinbar angesehen wurde.

Fördermaßnahmen auf der einen Seite und staatliche Reglementierungen auf der anderen Seite können nicht losgelöst voneinander gesehen werden. Es gibt kaum einen Sektor innerhalb der Wirtschaft in Deutschland, der unter einem solchen Einfluss des Staates steht, wie das Wohnen.

Mehr als 100 Gesetze und Verordnungen regeln das Wohnen und den Bau von Wohnungen! Die Förde-rung war daher immer auch ein Äquivalent für diese Reglementierungen. So sollten zum Beispiel die erhöhten Abschreibungen im Mietwohnungsbau zu einer Verbesserung der Renditen für die Investoren als Ausgleich für am Markt nicht erzielbare ausreichende Mieten dienen.

Normales oder soziales Gut?

Das hat seine Ursache nicht zuletzt in der Einschätzung des Gutes "Wohnen": Während auf der einen Seite die Auffassung vertreten wird, es handele sich um ein normales Wirtschaftsgut, dessen Preis über den Markt bestimmt werden sollte, vertreten andere die Auffassung, die Wohnung sei ein Sozialgut, auf das jeder Bürger einen Anspruch habe und in dessen "Verteilung" die öffentliche Hand unbedingt eingebunden sein sollte.

Gerade in jüngster Zeit ist diese Frage vor dem Hintergrund der Verkäufe großer Wohnungspakete an Investoren wieder sehr stark diskutiert worden. Erinnert sei hier nur an das von einigen Politikern sehr gern verwendete Stichwort von den "Heuschrecken", die quasi über die Wohnungsbestände "herfallen" und sie nach kurzer Zeit mit möglichst hohem Gewinn wieder veräußern.

Unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten und im Hinblick auf eine möglichst große Effizienz stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit der Staat, also die Wohnungspolitik, die Wohnungsmärkte den verschiedenen Marktteilnehmern - Mietern, Vermietern, Investoren, Kapitalanlegern - überlässt, oder in welchem Umfang er in diese Märkte eingreift und entsprechende Korrekturen vornimmt, das heißt durch Setzen von Rahmenbedingungen Markt-abläufe in bestimmte Richtungen lenkt.

Solche Eingriffe sind aber immer mit Friktionen verbunden und haben zudem die Eigenschaft, zur ständigen Einrichtung zu werden. Die Grenze der Sozialen Marktwirtschaft ist sicherlich dann überschritten, wenn dem Mieter einer Wohnung "eigentumsähnliche" Rechte zugesprochen werden, wie dies das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung vom 26. Mai 1993 getan hat, als es das "Besitz-Eigentum" des Mieters erfunden hat.

Vielfältige Ziele der Wohnungspolitik

Zahlreich waren die Eingriffe in der Vergangenheit in die Wohnungswirtschaft, wenn es darum ging,

- allgemein die Konjunktur anzukurbeln,

- Defizite in der Wohnungsversorgung auszugleichen,

- Familien zu fördern,

- ökologische Aspekte zu transportieren,

- zur Vermögensbildung der privaten Haushalte beizutragen oder

- sozialpolitische Fragen zu lösen.

Die Wohnungspolitik wurde also auch "missbraucht", um andere politische Ziele zu erreichen.

Die Entwicklung in der Vergangenheit macht zudem deutlich, dass der Staat mit seinen kurzfristig ergriffenen Fördermaßnahmen - nicht zuletzt wegen der schwerfälligen Gesetzesmaschinerie fast immer zu spät kam, was zur Folge hatte, dass die Maßnahmen meist prozyklisch wirkten.

Obwohl die für den Wohnungsbau relevanten Rahmenbedingungen - insbesondere extrem niedrige Kapitalmarktzinsen und seit Jahren stagnierende Baupreise seit einiger Zeit außerordentlich günstig sind, ist der Neubau dramatisch eingebrochen; das gilt sowohl für den Eigenheim- als auch besonders stark für den Mietwohnungsbereich. Hohe Arbeitslosigkeit sowie fehlendes Wirtschafts- und Einkommenswachstum haben in Verbindung mit Schlagworten von Marktsättigung, Schrumpfen und Vergreisung der Bevölkerung sowie Verfall der Immobilienwerte zu einer völligen Verunsicherung potenzieller Erwerber von Wohneigentum und Investoren geführt. Schwierigkeiten der öffentlichen Haushalte, Steuererhöhungen und die Probleme der sozialen Sicherungssysteme haben diese Entwicklung noch verstärkt.

Hier wäre es an der Wohnungspolitik gewesen, Zeichen zu setzen und Leitlinien für die langfristige weitere Entwicklung vorzugeben. Stattdessen hat man inzwischen offensichtlich auf die KfW als verlängertem Arm der Politik gesetzt wie dies auch die Koalitionsvereinbarung der derzeitigen Regierung belegt - und offeriert hier zahlreiche Programme mit Zinsverbilligungen und Zuschüssen, die letztlich zu einer Verzerrung des Wettbewerbs mit den Angeboten der Kreditwirtschaft, speziell im Nachrangbereich, führen.

Eigenheimförderung auf die Kommunen verlagert

Durch die Förderalismusreform im vergangenen Jahr sind außerdem wohnungspolitische Kompetenzen auf die Länder und Kommunen verlagert worden. Durch die unterschiedlichen Entwicklungen von Ballungsräumen und Entleerungsgebieten kommt es verstärkt zu einem Wettbewerb um Ansiedlungen von Unternehmen und Einwohnern. So bieten zum Beispiel einzelne Bundesländer, aber auch Kommunen inzwischen einen Ersatz für die abgeschaffte Eigenheimzulage in Form spezieller Zuschüsse für junge Familien oder Familien mit Kindern an. Eine koordinierende Raumordnungspolitik, die unsinnige Auswüchse beispielsweise im Bereich der Gewerbeansiedlungen verhindern könnte, fehlt völlig.

Auch nach der Umsetzung von Basel II wäre es besonders wichtig, dass die Politik die richtigen Zeichen setzt und Hilfe zur Selbsthilfe nicht verwehrt. Diejenigen Bevölkerungsgruppen, um die sich die Wohneigentumspolitik bisher vorrangig gekümmert hat, wären nämlich von der Änderung in der Kreditvergabepraxis der Banken besonders betroffen. Insbesondere junge Sparer und Familien mit Kindern ohne höheres Einkommen können bekanntlich ein schlechtes Rating erhalten.

Wegen des dann von ihnen geforderten Risikoaufschlages für Baudarlehen wird für sie eine Finanzierung mit ausreichendem Eigenkapital, die hohe Zins- und Belastungssicherheit bietet, noch wichtiger als bisher. Die Eigenheimzulage als Einkommensersatz wäre für diese Familien auch heute noch eine wichtige, alternativlose Hilfe.

Finanzierungen ohne Eigenkapital und mit möglichst langer Laufzeit bieten gerade hier nur scheinbar einen Ausweg, wenn man davon ausgeht, dass sie nur den Gutverdienenden gewährt werden aber mit erheblichen Zinsaufschlägen. Sollte nach Ablauf der Zinsfestschreibung die Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers überstrapaziert werden, hätten wohnungspolitische Unterlassungssünden das Aufgabenfeld für die Sozialpolitik erweitert.

Bei einem offensichtlich der letzten noch verbleibenden Betätigungsfelder für die Wohnungspolitik - der Einbeziehung des selbstgenutzten Wohneigentums in die geförderte Altersvorsorge stehen sich in der Großen Koalition sehr unterschiedliche Auffassungen über das "wie" gegenüber. Während die Union (und die Bausparkassen) eine einfache und praktikable, an der speziellen Vermögensform Wohneigentum orientierte Lösung präferiert ("So Fa"), besteht die SPD/das BMF auf einer Einbeziehung in die Systematik des Altersvermögensgesetzes ohne jede Einschränkung ("Wohn-Riester").

Obwohl diese Einbeziehung des Wohneigentums als Anschlussregelung für die weggefallene Eigenheimzulage geplant und ein Stichtag zur Einführung am 1. Januar 2007 vorgesehen war, sind in den Verhandlungen zwischen den Koalitionspartnern bisher kaum Fortschritte zu erkennen.

Wohnungspolitik - nur noch lästiger Appendix

Bemerkenswert ist, dass auch hier inzwischen die Finanzpolitik beziehungsweise die Finanzpolitiker das Sagen haben. Schon bei der Abschaffung der Eigenheimzulage und der degressiven Abschreibung für Mietwohnungen hatten die Wohnungspolitiker das Nachsehen. Es drängt sich zunehmend der Eindruck auf, dass die Wohnungspolitik heute nur noch - wenn überhaupt - als lästiger Appendix der Finanzpolitik behandelt wird.

Es sei daher an dieser Stelle noch einmal eindringlich auf die überragende Bedeutung der Immobilienwirtschaft für die gesamte Volkswirtschaft hingewiesen: 85 Prozent beziehungsweise mehr als 5 500 Milliarden Euro der gesamten Vermögensbestände in Deutschland entfallen auf Bauten; hiervon wiederum macht der Wohnungsbau mit 58 Prozent beziehungsweise über 3 200 Milliarden Euro den weitaus größten Anteil aus. Es wäre wünschenswert, wenn sich die Politik diese Zahlen öfters vergegenwärtigt und sich dies dann auch bei politischen Entscheidungen niederschlagen würde.

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