Schwerpunkt: Bilanz und Bewertung

Präzises Rating durch neue Marktreports

Mit über 707 000 Unternehmen und rund 3,8 Millionen Erwerbstätigen ist die Immobilienwirtschaft nicht nur einer der größten Wirtschaftszweige Deutschlands. Die Bruttowertschöpfung der Immobilienwirtschaft übersteigt sogar die der Automobilwirtschaft um das Vierfache. Allerdings ist die Immobilienwirtschaft stark zersplittert, was nicht nur eine einheitliche Meinungsbildung erschwert.

Auch die Bereitstellung neutraler Marktdaten sowohl für Wohn- als auch für Gewerbeimmobilien steht im Spannungsfeld der vielen Partikularinteressen. Es fehlen zum Beispiel die in anderen Ländern längst gängigen Leitindizes für Kauf- und Mietpreise. Ein Leitindex für die verschiedenen Immobilienmärkte, wie der britische IPD-Index, hat sich in Deutschland bislang nicht herausgebildet. Der amtliche Leitindex des statistischen Bundesamts ist ein Schritt in die richtige Richtung, er befindet sich allerdings in der Projektphase und basiert noch auf einer recht geringen Anzahl an Objektdaten.

Bestehende Indizes - Ansätze und Mängel

Zwar gibt es zur Beschreibung der deutschen Immobilienmärkte über 100 Indizes von Unternehmen aus der Immobilienwirtschaft. Diese sind aber häufig auf Gewerbeimmobilien ausgerichtet und aufgrund unscharfer Flächen- und damit unscharfer Preisangaben meist nicht für eine exakte Wertermittlung geeignet. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Indizes auf unzureichenden Zeit- und Datenreihen basieren oder als nicht hinreichend objektiv gelten.

Ob eine Markt-/Standortanalyse für den Einsatz in der Praxis geeignet ist, entscheiden hauptsächlich Quantität und Qualität der ausgewerteten Daten. Gängige Standortanalysen und Preisindizes verfolgen dabei zwei unterschiedliche Ansätze bei der Datengewinnung:

- Der transaktionsbasierte Ansatz nutzt die Kaufpreise für die im Untersuchungszeitraum erfolgten Verkaufsfälle.

- Der bewertungsbasierte Ansatz nutzt die Werte von Bestandsimmobilien aus Bewertungen und Wertgutachten.

Für einen integrierten Ansatz hat TÜV Süd Immowert die sogenannten Marktreports für Wohnimmobilien entwickelt und kürzlich auf der Expo Real 2009 erstmals vorgestellt. Die Marktreports basieren auf einem Evaluationsmodell, das tatsächlich erfolgte und sowohl transaktionsbasierte als auch bewertungsbasierte Daten zur Auswertung heranzieht. Mehr als vier Millionen Objektdaten aus den Printmedien werden mit Transaktionsdaten aus Wertgutachten und Immobilienbewertungen in der Datenbank zusammengeführt und analysiert.

Insgesamt setzten sich die Marktreports aus einer quantitativen Bewertung der aktuellen Preislage und zukünftigen Preisentwicklungen zusammen sowie aus der relativen Marktstärke. Diese ist eine Einschätzung hinsichtlich Wachstums- und Entwicklungspotenzial eines regionalen Immobilienmarkts. Ein wichtiger Bestandteil ist das von TÜV Süd Immowert konzipierte Immobilienmarkt-Ranking der Marktniveaus von Wohnimmobilien und Häusern in den 428 Kreisen Deutschlands. Als erste Grundlage wurde eine flächendeckende Untersuchung der durchschnittlichen Preise herangezogen.

Relative Marktstärke und Perspektiven

Eine weitere Besonderheit ist die Berechnung der relativen Stärke der Wohnimmobilienmärkte in den Kreisen. Hierfür sind neben den Preisniveaus auch die konjunkturellen und demografischen Faktoren Arbeitslosenquote, Kaufkraft, Einwohnerentwicklung, Bevölkerungsprognose und Altersstruktur ausgewertet worden. Aus einer separierten Untersuchung der Marktgegebenheiten, Prognosen, Mikro- und Makrostandort kombiniert mit den Objekteigenschaften und der anschließenden Vernetzung lassen sich gezielt Aussagen über die Wertentwicklung und künftige Erträge aus Immobilien ableiten.

Hervorzuheben ist, dass für die Berechnungen die Planunterlagen ausgewertet worden sind, um die tatsächlichen Flächenmaße eines Objekts zu erhalten. In Kombination mit der Analyse der zugehörigen Kaufverträge ergibt sich daraus ein verlässlicher Quotient aus Preis und Quadratmeterzahl. Dieser konnte bisher - trotz der hervorragenden Arbeit vieler Gutachterausschüsse - nicht sicher angegeben werden, weil die Flächen in Kaufverträgen nicht notariell erfasst werden. Dadurch kann der Geldwert eines Objektes künftig wesentlich enger eingegrenzt werden.

Preisniveau - differenzierte Analyse auf Basis von Planunterlagen

Insgesamt hat TÜV Süd die Wohnimmobilienmärkte aller 428 Landkreise und kreisfreier Städte Deutschlands analysiert. Dabei wird - branchenüblich - der Wohnimmobilienmarkt in die Segmente Mietwohnungen, Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften und Reihenhäuser gestaffelt. Eine weitere Differenzierung findet auf Ebene der Erwerbsoptionen statt und unterteilt in die Sparten Mietpreis, Erstkaufspreis, Wiederverkaufspreis und Baulandpreis.

Zuletzt wird das Objekt noch einer der vordefinierten Wohnlagen - einfach, durchschnittlich, gut und beste - zugeordnet. Der so entstandene tabellarische Vergleich zeigt die aktuelle Lage sowie die Tendenzen der künftigen Preisentwicklungen.

Durch die detaillierte Ausdifferenzierung gelingt es, eine breite Anzahl an Objektmerkmalen anzuführen, die später eine schnelle Einordnung einer Immobilie erleichtern. Die angeführten Werte stellen dabei ausnahmslos den realen Quadratmeterpreis dar, was erst durch die Anfangs erwähnte Auswertung der Planunterlagen möglich wird und eine präzise Einstufung der Objekte überhaupt erst ermöglicht.

Mit Blick auf die Preisniveaus fällt auf: Bundesweit entwickeln sich die Preise trotz Wirtschaftskrise weiterhin stabil. In den guten und besten Lagen besteht darüber hinaus sogar Aufwärtspotenzial. Gerade in den absoluten Toplagen sind künftig erhebliche Preissteigerungen zu erwarten. Hauptgründe für diese insgesamt robuste Preisentwicklung sind einerseits solide Wertansätze des deutschen Sachverständigenwesens ohne Potenzialüberschätzung des Bestandes, aber auch eine zu geringe Bautätigkeit im Wohnungsmarkt, die in den Ballungsgebieten auf eine steigende Flächennachfrage trifft.

Ganzheitliche Betrachtung der Wirtschaftskraft

Gerade in Großstädten zeichnen sich Wohnungsengpässe ab, denn hier liegen die jährlichen Baugenehmigungen weit unter dem Bedarf. Ob die Bedarfsberechnungen an Wohnraum der statistischen Ämter der Städte eine Nähe zu dem tatsächlichen Marktgeschehen haben, ist anzuzweifeln. Folge ist, dass in vielen deutschen Metropolen bis ins Jahr 2020 eine Unterdeckung von bis zu 20 000 Wohnungen durchaus realistisch erscheint.

Den für die Bewertungspraxis wichtigen Zusammenhang zwischen Preisniveau und wirtschaftlicher Stärke eines Standortes stellt TÜV Süd Immowert anhand des Konzepts der relativen Marktstärke dar. Hierfür sind neben dem Preisniveau erstmals für die 428 Kreise auch konjunkturelle und demografische Faktoren wie Arbeitslosenquote, Kaufkraft, Einwohnerentwicklung, Bevölkerungsprognose, Altersstruktur und Einwohner-Arbeitsplatz-Dichte ausgewertet und in Beziehung zueinander gesetzt worden. Des Weiteren wird die Bevölkerungsentwicklung berücksichtigt.

Der Unterschied zwischen aktuellem Preisniveau und künftiger Marktstärke kann besonders deutlich bei Standorten sein, die in größerer Abhängigkeit einzelner, konjunkturanfälliger Branchen stehen. Folglich ist mit einem zu engen Fokus auf das aktuelle Preisniveau die Gefahr verbunden, dass die künftige Marktstärke aufstrebender Standorte und neuer Cluster-Regionen außer Acht gelassen wird. In vielen Fällen begründet beispielsweise eine Konzentration zukunftsweisender Branchen in eher ländlichen Regionen eine tendenziell hohe relative Marktstärke bei vergleichsweise gemäßigten Immobilienpreisen.

Durch die Option, einzelne Stadtteile und Teilregionen gesondert abzubilden, wird die Analyse weiter vertieft und stärker spezifiziert, denn den Makrostandortfaktoren lassen sich dann auch gezielt die Mikrostandortfaktoren gegenüberstellen.

Aussagen über künftige Wertentwicklungen sind freilich mit Restrisiken versehen. Allerdings lassen sich diese durch eine ganzheitliche Analyse, die sich nicht auf den reinen Gebäudewert beschränkt, sondern darüber hinaus auch wirtschaftliche Standortfaktoren und Nachhaltigkeitspotenziale berücksichtigt, minimieren und eigene Werteinschätzungen plausibilisieren.

Präzise Wertermittlung und Standortidentifikation

Die Marktreports ersetzen zwar keine Vorort-Besichtigung, sind jedoch als adäquates Hilfsmittel der Kreditanalyse, Portfoliosteuerung und des Risikomanagements in den Kreditinstituten und in den Unternehmen der Immobilienbranche zu verstehen, zum Beispiel um vielversprechende Standorte im Vorhinein zu identifizieren oder Immobilienratings dank verifizierter Quadratmeterpreise zu präzisieren. So profitieren Banken, Investoren und andere Stakeholder von belastbaren Aussagen und Einschätzungen zum Wert eines Objekts. Ein weiteres Merkmal einer zuverlässigen Wertermittlung ist die Unabhängigkeit in der Datenauswertung.

Über die Wertermittlung hinaus liefern die Rankings eine wertvolle Einschätzung eines Standorts in Bezug zu relevanten Städten im Umfeld sowie den bundesweiten Top-Standorten. Investoren und Bewerter erhalten so Auskunft darüber, welcher Standort innerhalb einer Region für eine Investition eher zu bevorzugen ist oder wo dieser im Vergleich zu bekannten Standorten steht.

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