Schwerpunkt: Fonds im Umbruch

Projektentwicklungsfonds - Brückenbauer für die Immobilienwirtschaft

Immobilienfinanzierungen sind das wichtigste Segment innerhalb des gesamten Finanzierungsmarktes in Deutschland. Während sich sämtliche Kredite an inländische Unternehmen und Privatpersonen auf etwa 2,3 Billionen Euro belaufen, beträgt das Kreditvolumen für Immobilienfinanzierungen allein etwa 1,35 Billionen Euro. Das entspricht einem Anteil von 58 Prozent aller in Deutschland vergebenen Kredite überhaupt. Für Immobilienunternehmen sind Bankdarlehen dabei traditionell das wichtigste Finanzierungsinstrument, wohingegen alternative Finanzierungsformen bislang eine untergeordnete Rolle spielen.

Trendwende durch neue Bankenregulierung

Unter alternativen Finanzierungen werden alle Instrumente verstanden, die nicht dem klassischen Bankdarlehen oder dem klassischen Eigenkapital zuzurechnen sind, beispielsweise Joint Ventures, Real Estate Private Equity oder stille Beteiligungen. Nach einer Studie des Competence Center Immobilien und Finanzinnovationen am EBS Real Estate Management Institute (EBS-REMI) nahmen zwischen September 2009 und September 2010 nur zwölf Prozent der Unternehmen bei Neudarlehen mit über 50 Millionen Euro alternative Finanzierungen in Anspruch. Bei Neudarlehen unter 50 Millionen waren es 14 Prozent.

Seit 2011 zeichnet sich jedoch eine deutliche Trendwende ab. Projektentwickler und Immobilieninvestoren denken zunehmend über Alternativen zur klassischen Bankfinanzierung nach. Hauptgrund dafür ist die Verschärfung der Finanzierungsbedingungen, die vor allem auf die stärkere Regulierung der Banken infolge von Basel III zurückzuführen ist. Die neue internationale Richtlinie soll ab 2013 schrittweise eingeführt werden und insbesondere höhere Eigenkapitalstandards für Banken vorsehen.

Die Folge: Traditionelle Kredite könnten sich verteuern beziehungsweise verknappen und es könnte zu einer relativen Verteuerung risikoarmer Finanzierungen kommen. Maßgeblich hierfür ist vor allem die vorgesehene Erhöhung der Kernkapitalquote. Diese bezieht sich auf das Verhältnis vom Kapital einer Bank zu ihren risikobehafteten Geschäften, also zu den vergebenen Krediten und den getätigten Geldanlagen. Bislang mussten die Banken eine Kernkapitalquote von mindestens vier Prozent erfüllen. Durch Basel III wird sich die Mindestanforderung an das vorzuhaltende Kernkapital auf sechs Prozent erhöhen. Zusätzlich werden die Anforderungen für andere wichtige Stabilitäts-Kennzahlen steigen. Das zwingt die Kreditinstitute, sich künftig insbesondere bei der Finanzierung kapitalintensiver Großvorhaben zurückzuhalten.

Mezzanine Finanzierungsinstrumente

Vor allem für Projektentwickler wirkt sich dies negativ aus: In den neunziger Jahren und noch bis zum Jahre 2007 konnten sie ihren Kapitalbedarf zumeist mit traditionellen Bankkrediten decken - häufig erhielten sie bei Hypothekenbanken sogar Vollfinanzierungen für Immobilienprojekte. Heute jedoch passen sie nicht mehr in das Raster der Banken. Denn diese sind sehr viel risikoscheuer geworden und verlangen zudem in der Regel rund 30 Prozent Eigenkapital - eine Summe, die viele Projektentwickler nicht aufbringen können oder nicht für ein einzelnes Projekt binden möchten.

Um die Lücke zwischen den Eigenkapitalvorgaben der Banken und dem verfügbaren Eigenkapital zu schließen, greifen Projektentwickler häufig auf mezzanine Finanzierungsinstrumente zurück. Klassisches Mezzanine Capital von Banken zeichnet sich dadurch aus, dass es sowohl Eigenschaften von Fremd- als auch von Eigenkapital aufweist und eine Zwischenstellung einnimmt. Auf der einen Seite wird es zum Eigenkapital des Unternehmens gerechnet, die Eigenkapitalquote des Unternehmens wird durch Mezzanine Capital also erhöht. So verbessern sich die Bonität und das Rating eines Unternehmens, und damit letztlich seine Gesamtfinanzierungsfähigkeit. Auf der anderen Seite muss ein Unternehmen, das in Insolvenz geht, zuerst dafür sorgen, dass die Forderungen des Fremdkapitalgebers bedient werden. Das Risiko, sein Geld zu verlieren, ist bei Mezzanine Capital also deutlich höher. Aus diesem Grund sind die Zinsen für ein Mezzanine-Darlehen immer höher als für einen klassischen Bankkredit.

Eine Alternative zu der Mezzanine-Finanzierung durch Banken ist die Finanzierung von Projektentwicklungen mit Hilfe Geschlossener Fonds. Sie funktioniert aber im Prinzip genauso: Der Geschlossene Projektentwicklungsfonds sammelt Geld von privaten Anlegern ein und beteiligt sich zum Beispiel als typisch stiller Gesellschafter an ausgewählten Projektentwicklungsgesellschaften oder gewährt diesen ein partiarisches Darlehen. Er stellt dann, zusammen mit dem jeweiligen Projektentwickler, das Eigenkapital dieser Gesellschaft.

Das Projektentwicklungsunternehmen zahlt an den Fonds höhere Zinsen als für einen klassischen Bankkredit. Geht der Projektentwickler in Insolvenz, muss er nämlich zunächst die Schulden bei seiner Bank zurückzahlen, bevor der Fonds ausbezahlt wird. Für den Geschlossenen Fonds ist es daher extrem wichtig, die Qualität des Projektentwicklers und der angestrebten Projekte gründlich zu prüfen. Generell aber machen der enorme Gestaltungsspielraum bei der Vertragskonzeption und die Möglichkeit, vom Erfolg renommierter Projektentwickler zu profitieren, Projektbeteiligungen für Fondsinitiatoren und private Anleger interessant.

Chancen-Risiko-Profil

Zwar gehen Anleger bei Geschlossenen Projektentwicklungsfonds ein höheres Risiko ein als bei Fonds, die in vermietete Bestandsimmobilien investieren. Denn bei Projektentwicklungen besteht stets die Gefahr, dass die Objekte nicht im vorgesehenen Umfang vermietet oder zu einem niedrigeren Preis als dem erwarteten veräußert werden.

Projektentwicklungsfonds bieten jedoch auch viele Vorteile. Zum einen können die tendenziell höheren Risiken durch klar definierte Investitionskriterien begrenzt werden. So können dem Finanzierungspartner beispielsweise Kontroll- und Vetorechte eingeräumt werden, durch die er vor unliebsamen Überraschungen weitgehend geschützt ist. Zum anderen weisen Projektentwicklungsfonds einen wesentlich kürzeren Anlagehorizont auf als andere geschlossene Beteiligungsmodelle. Während das Geld bei Geschlossenen Fonds, die in Bestandsimmobilien investieren, durchschnittlich mindestens zehn Jahre gebunden ist, so sind es bei Projektentwicklungen in der Regel nur sechs bis sieben Jahre, da auf eine gewinnbringende Veräußerung des Objekts direkt nach der Fertigstellung abgezielt wird.

Ein weiterer Vorteil Geschlossener Projektentwicklungsfonds ist ihr vergleichsweise hohes Renditepotenzial. Denn die Ertragschancen des Finanzierungspartners sind umso höher, je früher er in die Wertschöpfungskette einer Immobilie einsteigt. Dazu ein Beispiel aus dem Büroimmobiliensegment: Während Geschlossene Fonds, die in Bestandsimmobilien investieren, derzeit gerade einmal ein Renditepotenzial von rund fünf Prozent aufweisen, können Anleger von Projektentwicklungsfonds eine Rendite von neun bis zehn Prozent erwarten, wenn das Objekt zum Einstiegszeitpunkt bereits teilweise vorvermietet ist, die Darlehenszusage einer Bank vorliegt und der Baubeginn bevorsteht.

Vorteile für Projektentwickler

Doch nicht nur Fondsinitiatoren und Anleger profitieren von Projektbeteiligungen. Auch den Projektentwicklern selbst bieten sich - neben der größeren Unabhängigkeit von der Finanzierungsbereitschaft der Banken beziehungsweise der Möglichkeit, die Eigenkapitalforderungen der Banken zu erfüllen - vielfältige Vorteile. So führt die frühzeitige Einbindung von Kapitalgebern zu mehr Gestaltungsspielraum - und sie ist letztendlich der entscheidende Faktor für die Realisierbarkeit des Projektes. Darüber hinaus können Entwickler auch Großprojekte realisieren, für die ihr Eigenkapital allein nicht ausgereicht hätte.

Gleichzeitig wird das eigene Verlustrisiko reduziert, da der selbst aufzubringende Eigenkapitalanteil sinkt. Außerdem steht dem Projektentwickler ein Teil des gebundenen Kapitals schneller wieder zur Verfügung. Durch die kürzere Bindung des Eigenkapitals können zeitgleich mehrere Projekte realisiert werden - und der Projektentwickler flexibler auf eventuelle Marktveränderungen reagieren und schneller expandieren. Das vom Fonds zur Verfügung gestellte Kapital steht zudem nach Beendigung eines Projekts für Reinvestitionen zur Verfügung, der Projektentwickler kann es somit ohne größere Umstände in neue Projekte stecken. Denn der kapitalgebende Fonds wird das neue Projekt zwar kritisch prüfen, aber man kann auf bestehende Vertragsstrukturen aufbauen und so Skaleneffekte nutzen.

Im heutigen Marktumfeld stehen Projektentwickler vor vielfältigen Herausforderungen - insbesondere auf der Finanzierungsebene. Geschlossene Fonds als Finanzierungsvehikel bieten eine gute Alternative zur klassischen Finanzierung mit Bankdarlehen. Auch für Anleger sind Projektbeteiligungen aufgrund ihres ausgeprägten Chancen-Risiko-Profils und vergleichsweise hohen Renditen interessante Investments, die in Zukunft immer stärker an Bedeutung gewinnen werden.

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