Im Blickfeld

REITs-Entwurf des BMF: weder Fleisch noch Fisch

Lange Zeit hatte sich das Bundesfinanzministerium zum Thema REITs eingeigelt - sich offensichtlich zur Klausur zurückgezogen und die Vorschläge und Meinungen der Lobbyisten aller Seiten noch einmal abgewogen. Herausgekommen ist ein Referentenentwurf, der neben dem schon Bekannten auch durchaus Unerwartetes enthält. So soll die so genannte Exit-Tax, also der halbierte Steuersatz bei Immobilienverkäufen von Unternehmen - der zudem auf vier Jahre verteilt werden könne -, nicht nur bei Veräußerungen an REITs, sondern auch für Übertragungen an Offene Immobilienfonds gelten.

Hier scheint der BVI äußerst erfolgreich im Sinne der Fondsbranche auf die politische Willensbildung eingewirkt zu haben, denn seine Mitglieder hatten schon lange dafür plädiert, dass der Immobilien-Spezialfonds dem REIT gleichzustellen sei. Sollte der Entwurf wie vorliegend Gesetz werden, hätten die Unternehmen die Wahl:

- Übertragen sie ihre Immobilienbestände an einen börsennotierten REIT, verlieren sie die unmittelbare Kontrolle darüber, denn direkt dürften maximal 9,99 Prozent der Anteile von einem Aktionär gehalten werden. Zwar ließe sich über Zwischengesellschaften indirekt ein höherer Anteilsbesitz realisieren, doch sind solche Konstruktionen kaum transparent und könnten an den Börsen für Misstrauen sorgen.

- Werden die Objekte in einen Immobili-en-Spezialfonds eingestellt, dessen einziger oder mehrheitlicher Zeichner das einbringende Unternehmen ist, behält dieses die Kontrolle über den Bestand.

Steuerlich attraktiv wären beide Konstruktionen. Und auch hinsichtlich des Immobilienmanagements kann von höherer Professionalität als bei der Direktanlage ausgegangen werden - zumindest behaupten das die externen Immobilien- und Fondsverwalter. Aus diesen Gründen ist anzunehmen, dass vor allem Versicherungen und Pensionskassen, aber auch Unternehmen statt des REITs den Spezialfonds bevorzugen. Denn REITs wären aufgrund ihrer Struktur und ihres Risikogehalts nicht den Immobilienanlagen zuzurechnen, sondern müssten zu den Aktienanlagen gezählt werden. Doch gerade ein Sinken der Immobilienquote und ein gleichzeitiges Steigen der Aktienquote sind aus Gründen des Risikomanagements von vielen Assekuranzen nicht gewünscht. Denn bei börsennotierten REITs müsste wie bei Aktien je nach Kursentwicklung zu- beziehungsweise abgeschrieben werden.

Mit dem jetzigen Vorschlag wäre der deutsche REIT zwar keine Totgeburt, doch würde seine Akzeptanz wesentlich geringer sein, als bei einer klaren Abgrenzung gegenüber den Immobilien-Spezialfonds. So wundert es nicht, dass hinsichtlich seines künftigen Marktpotenzials - und damit auch möglicher Steuermehreinnahmen - höchst unterschiedliche Vorstellungen existieren. So sollen diverse Schätzungen ermittelt haben, dass das deutsche REIT-Volumen bis zum Jahr 2010 zwischen 40 und 120 Milliarden Euro betragen könnte.

Die jüngste Prognose dieser Art präsentierte, nur einen Tag nachdem der Referentenentwurf bekannt wurde, das Beratungsunternehmen Roland Berger Strategy Consultants, das - welcher Zufall - auch die Bundesregierung zu zahlreichen Wirtschaftsthemen berät. Demnach werde sich das Marktvolumen der so genannten G-REITs im Jahr 2010 auf 57 Milliarden Euro summieren. Davon würden jedoch etwa 60 Prozent der Immobilien in REITs aus Dax-Unternehmen stammen. Im ersten Jahr nach der Einführung von REITs könnten dies immerhin sechs Milliarden Euro sein.

Auf der Investorenseite würden künftig drei Viertel der REIT-Anteile von institutionellen Anlegern gehalten werden. Mit 22 Milliarden Euro entfielen 39 Prozent - und damit der Löwenanteil - auf deutsche Versicherungen. Lediglich ein Drittel beziehungsweise 19 Milliarden Euro wären bei internationalen institutionellen Investoren und 28 Prozent respektive 16 Milliarden Euro lägen bei Privathaushalten. Bei diesen Annahmen gehen die Berater davon aus, dass etwa 40 bis 50 Prozent des in REITs angelegten Kapitals von Offenen und Geschlossenen Fonds abgezogen wurde. Bei aller unterstellten Analystensorgfalt sind diese Angaben jedoch mit einiger Vorsicht zu betrachten, denn sie basieren zum Gutteil auf der Annahme, dass die Anlegerstruktur der REITs weitgehend der des Aktienmarktes entspreche.

Doch während der Referentenentwurf be der Exit-Tax wenig Mut zu neuen Wegen aufweist, ist er in einem anderen Punkt sehr konsequent: Trotz des Widerstands einiger SPD-Abgeordneter im Deutschen Bundestag will das Bundesfinanzministerium Wohnimmobilien-REITs zulassen. Dabei wurde für die ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, die in ihren Steuerbilanzen aus der Zeit der Steuerfreiheit noch hohe unversteuerte Eigenkapitalbeträge (so genanntes EK02) führen, eine höchst elegante Lösung gefunden.

Denn durch den neu eingefügten Absatz 4, Artikel 38 Körperschaftssteuergesetz (KStG) wird es den Gesellschaften ermöglicht, die Nachversteuerung des EK02 durch eine Abschlagszahlung abzulösen. Demnach könne auf Antrag ein 25-prozentiger Anteil des EK02-Bestandes mit 30 Prozent verwendungsunabhängig besteuert werden. Im Gegenzug entfällt der verbleibende Bestand und löst keine weitere Erhöhung der Körperschaftssteuer aus. Die Abschlagszahlung soll an die Stelle der bisherigen Ausschüttungsfiktion treten.

Die übrigen Festlegungen entsprechen im Wesentlichen dem schon Erwarteten. So soll eine Anerkennung als REIT nur erfolgen, wenn mindestens 75 Prozent des Vermögens aus Immobilien bestehen und wenigstens drei Viertel der Bruttoerträge aus Vermietung, Verpachtung, Leasing und Veräußerung resultieren. Letzteres wird insofern eingeschränkt, als dass wohl aus Angst vor Wohnungsspekulanten - innerhalb von fünf Jahren maximal die Hälfte des Bestandes verkauft werden darf. Zudem sind 90 Prozent oder mehr des ausschüttungsfähigen Gewinns als Dividenden an die Anleger auszukehren.

Neben der Limitierung der Direktanlage pro Anleger im REIT auf unter zehn Prozent enthält der Entwurf noch weitere Streube-sitz-Klauseln, die ihn vom Immobilien-Spezialfonds abgrenzen und Letzteren dadurch auch im Bestand schützen sollen. So sind die REIT-Aktiengesellschaften verpflichtet, dass sich dauerhaft mindestens 15 Prozent der Aktien in den Händen der Aktionäre befinden, die jeweils nicht mehr als drei Prozent der Anteile halten.

Bei Nichterfüllung dieser Mindeststreubesitzquote in drei aufeinanderfolgenden Jahren verliert die Immobilien-Aktiengesellschaft ihren REIT-Status. Außerdem müssen sich zum Zeitpunkt der Börsenzulassung mindestens 25 Prozent der REIT-Aktien im Streubesitz befinden.

Dass die Fremdkapitalquote der REITs 60 Prozent nicht übersteigen darf, trägt ebenfalls deutlich die Handschrift des BVI, der alles daran setzt, dass die Offenen Fonds keinen Nachteil gegenüber der neuen Assetklasse erleiden. Denn die dem Investmentgesetz unterliegenden Sondervermögen dürfen höchstens 49 Prozent Fremdmittel aufnehmen. Die vorgesehene Regelung zeigt aber auch, dass die Bundesregierung opportunistisches Investorenverhalten - mit Leveragequoten bis zu 95 Prozent - steuerlich nicht fördern will.

Die nicht unerheblichen Widerstände in der Regierungskoalition und die Wortkargheit des Bundesfinanzministeriums zum Thema REITs hatten selbst eifrige Verfechter der neuen Assetklasse an einer Einführung in Deutschland zweifeln lassen - erst recht zum Jahresbeginn 2007. Doch in Berlin scheint man entschlossen zu sein, REITs notfalls auch rückwirkend zum geplanten Termin zuzulassen. Überzeugt werden müssen jetzt noch die Fraktionen. Der REIT hat jedenfalls (noch oder wieder) eine Chance. (Red. )

Noch keine Bewertungen vorhanden


X