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Renditen unter Druck - sind deutsche Immobilien zu teuer?

Im Zuge der wirtschaftlichen Erholung nach der Finanzkrise sind deutsche Immobilien für viele Kapitalanleger wieder zu einer beliebten Assetklasse geworden. Dies spiegelt sich in erster Linie in deutlich gestiegenen Transaktionsumsätzen wider, hat aber natürlich auch Auswirkungen auf die erzielbaren Renditen, die mittlerweile zum Teil wieder deutlich niedriger liegen als zum Höhepunkt der Krise 2009. Vor diesem Hintergrund wird zunehmend die Frage diskutiert, ob deutsche Immobilien nicht schon wieder zu teuer sind. Um die Frage möglichst objektiv zu beantworten, erscheint eine Analyse, die sowohl historische und internationale Vergleiche berücksichtigt als auch Wechselwirkungen mit alternativen Anlageklassen im Auge behält, der erfolgversprechendere Ansatz zu sein.

Da die Renditeentwicklung an dieser Stelle nicht für alle Nutzungsarten analysiert werden kann, beziehen sich die folgenden Ausführungen auf Bürorenditen, deren grundsätzliche Tendenz sich aber auch in allen anderen Marktsegmenten wiederfindet. Die aktuelle Spitzenrendite für Bürohäuser liegt im Durchschnitt der sechs wichtigsten deutschen Standorte bei 4,83 Prozent. Vergleicht man diesen Wert mit dem zehnjährigen Durchschnitt von 5,07 Prozent, dann zeigt sich, dass dieser um 24 Basispunkte unterschritten wird. Berücksichtigt man aber, dass dieser Durchschnittswert auch schwierige Jahre mit entsprechend hohen Renditen beinhaltet, wird deutlich, dass das mittlerweile wieder erreichte Renditeniveau sich in der Nähe des "Normalwerts" guter Immobilienjahre bewegt.

Spitzenrenditen nur leicht unter langjährigem Durchschnitt

Zu den ungesunden und sicherlich teilweise überhitzten Zeiten vor der Finanzkrise besteht dagegen noch ein erheblicher Sicherheitsabstand. Mitte 2007 wurde in den genannten Städten eine durchschnittliche Spitzenrendite von 4,40 Prozent registriert - immerhin noch 43 Basispunkte weniger als momentan. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass es sich hierbei um das absolute Top-Segment sogenannter Core-Immobilien handelt, also Objekte mit langfristigen Mietverträgen bonitätsstarker Mieter in den Premiumlagen der attraktivsten deutschen Städte. Anders ausgedrückt: das, was die meisten Investoren am liebsten hätten, wovon es aber zu wenig gibt. Schaut man sich die Marktsegmente mit etwas geringerer Qualität und höherem Risiko an, fällt der Abstand zwischen den aktuellen Renditen und den Werten in den Boomjahren noch erheblich größer aus. Anders als unmittelbar vor der Finanzkrise ist die Wechselwirkung von Immobilienqualität und Preis momentan also noch gegeben und intakt.

Da Core-Objekte als vergleichsweise sichere Anlagen gelten, werden sie hinsichtlich ihrer Performance und Verzinsung oftmals mit Staatsanleihen bonitätsstarker Länder, vor allem mit Deutschland, verglichen. Die Differenz zwischen den Spitzenrenditen für Büroimmobilien und deutschen Bonds mit zehnjähriger Laufzeit wird dabei als Risikoprämie bezeichnet, die ein Investor für Immobilienanlagen erhält. Bezieht man diese, gerade für professionelle Investoren wichtige Kennziffer in die Analyse mit ein, zeigen sich interessante Ergebnisse. Seit rund zweieinhalb Jahren liegt diese Risikoprämie bei über 300 Basispunkten. Ein Abstand, der in den letzten 20 Jahren nicht einmal annähernd erreicht wurde. In Boomjahren wie beispielsweise 2007 oder 2001 gab es nahezu keine Risikoprämien. Noch bemerkenswerter ist aber, dass vor der Jahrtausendwende, also in den Zeiten, als der deutsche Markt fast ausschließlich von einheimischen Investoren bestimmt wurde, in der Regel sogar negative Risikoprämien akzeptiert wurden.

Auch angesichts dieser Situation kann das Verhalten der Anleger, die trotz der in letzter Zeit gestiegenen Preise in deutsche Immobilien investieren, als rational und vernünftig bezeichnet werden. Da die Alternativen höherverzinslicher Investments sehr gering sind, bieten Core-Immobilien ein Rendite-/Risikoprofil, das momentan nicht nur angemessen, sondern nach wie vor attraktiv und sonst kaum zu finden ist. Dies gilt umso mehr, da das Niedrigzinsumfeld die Finanzierung natürlich in vielen Fällen erleichtert.

Institutionelle Anleger richten ihre Investitionsstrategien nicht national, sondern global oder zumindest europäisch aus. Da die großen und wichtigsten deutschen Städte zusammen mit einigen anderen Metropolen zu den bevorzugten Investmentzielen gehören, stehen sie im europäischen Wettbewerb - insbesondere London und Paris. Hier werden mittlerweile wieder deutlich niedrigere Spitzenren diten erzielt als in Deutschland. In London lag sie Mitte 2013 bei nur noch 4,00 Prozent und in Paris bei 4,50 Prozent. Das heißt also, dass die deutschen Renditen auch international betrachtet durchaus wettbewerbsfähig sind. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der im europäischen Vergleich guten und stabilen gesamtwirtschaftlichen Situation Deutschlands.

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, nämlich die Wertstabilität der Investments bei unterschiedlichen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Oder anders ausgedrückt: Wie sicher ist meine Anlage auch in Krisenzeiten? Die Differenz zwischen den Spitzenrenditen vor und während der Finanzkrise lag in Paris bei 245 Basispunkten. In London fiel die Differenz mit 225 Basispunkten nur unwesentlich geringer aus.

Demgegenüber lag der vergleichbare Wert der wichtigsten deutschen Städte im Durchschnitt bei lediglich 93 Basispunkten. Die sogenannte Volatilität ist also nirgends geringer als in Deutschland. Gerade in schwierigen gesamtwirtschaftlichen Zeiten sind damit erheblich weniger Wertverluste zu erwarten als an anderen europäischen Standorten. Auch dies stellt für viele Investoren ein wichtiges Qualitätsmerkmal dar, das sich natürlich in gewissem Umfang auch in den zu zahlenden Preisniveaus widerspiegelt.

Last but not least spielen natürlich auch das konjunkturelle Umfeld und die Stabilität des Wirtschaftssystems eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung angemessener Preise. Mit Ausnahme von einigen wenigen Opportunisten suchen Investoren sichere und vor allem kalkulierbare Verhältnisse. Hier punktet Deutschland nicht nur mit stabilen politischen Verhältnissen und einer überaus verlässlichen Rechtssicherheit, sondern auch mit der aktuellen wirtschaftlichen Situation und Perspektive. Dass derart positive Rahmenbedingungen sich natürlich auch im Wettbewerb und damit in sinkenden Renditen niederschlagen, kann nicht überraschen.

Zusammengefasst zeigt sich, dass die Eingangsfrage, ob deutsche Immobilien zu teuer sind, eindeutig verneint werden kann. Zwar sind die Renditen in den vergangenen zwei Jahren spürbar gesunken, allerdings nur für Core-Immobilien, die auf eine große Nachfrage bei gleichzeitig sehr begrenztem Angebot treffen. Dass sich dieser Wettbewerb auf Investorenseite in steigenden Preisen widerspiegelt, ist absolut normal. Gleichzeitig haben sich die Preisniveaus außerhalb des Core-Segments kaum erhöht, was darauf hindeutet, dass die Investoren genau unterscheiden, für welche Objekte sie bereit sind, mehr zu zahlen und für welches Produkt beziehungsweise Risiko eher nicht. Hinzu kommt, dass es für Anleger im Moment nur wenig bis keine Alternativen gibt, mit denen vergleichbare Renditen bei insgesamt geringem Risikoprofil zu erzielen sind. Dies gilt sowohl im internationalen Vergleich der Immobilienmärkte als auch bezogen auf konkurrierende Anlageklassen, wie beispielsweise Staatsanleihen.

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