PPP und Immobilien-Leasing

"Wir stehen erst am Anfang von wirklichen PPP-Projekten"

Bisher blieb der lange angekündigte Durchbruch im
Public-Private-Partnership hierzulande aus. Woran liegt das?
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Immerhin beläuft sich im Hochbau das jährliche Vergabevolumen über
PPP-Projekte auf etwa zwei Milliarden Euro, eine erhebliche Steigerung
gegenüber den Vorjahren. Wenn seitens der öffentlichen Hand bisher
erklärt wurde, dass mehr Public-Private-Partnership (PPP) praktiziert
werden soll, dann muss man die zeitlichen Dimensionen berücksichtigen,
in denen Bund, Länder und Kommunen planen. Da braucht manches eben ein
paar Jahre Zeit. Es ist zudem festzustellen, dass PPP früher nur das
Bekenntnis von wenigen Einzelpersonen in der öffentlichen Verwaltung
war. Heute hat das Thema dagegen einen quasi regierungsoffiziellen
Charakter.
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Zumindest auf Bundesebene hat sich in der Politik ein fundamentaler
Wandel vollzogen. Zwar setzte schon die Regierung Schröder im Mai 2001
eine Arbeitsgruppe ein, die sich mit der Verbesserung der
Rahmenbedingungen für PPP-Vorhaben beschäftigen sollte, jedoch blieb
das Finanzministerium zurückhaltend. Heute haben wir dagegen mit Peer
Steinbrück einen Mann an der Spitze des Finanzministeriums, der noch
als Finanzminister und später als Ministerpräsident von
Nordrhein-Westfalen, die öffentlich-privaten Partnerschaften sehr
forciert hat.
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Und so merken wir auch jetzt, dass PPP auf Bundesebene sehr weit oben
auf der Agenda steht. Zwischenzeitlich wird in Berlin eine PPP-Quote
von 15 Prozent - heute liegen wir bei ungefähr vier Prozent - als
Zielmarke ausgegeben. Zumindest im Bundesfinanzministerium wurde in
Sachen PPP von Bremsen auf Gasgeben umgeschaltet.
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Sind die Verfahren für die Ausschreibung von PPP-Projekten zu
kompliziert, zu intransparent? Schreckt das Private ab?
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PPP-Projekte unterliegen - anders als private Aufträge - dem
Vergaberecht. Das heißt hier müssen formale Verfahren eingehalten
werden, die zeitlich aufwendig sind. Das fängt bei der Ausschreibung
der Leistungen im europäischen Amtsblatt an, geht über die Auswahl der
Bewerber bis hin zur letztendlichen Verhandlung mit einem oder sehr
wenigen Unternehmen und Konsortien. Bei PPP-Projekten kommt hinzu,
dass komplexe Leistungen - von der Architektur über die
Projektentwicklung, die Finanzierung bis hin zum Betreiben - erbracht
werden müssen. Baupreise, die im Zweifel transparent wären, sind hier
nicht das Wichtigste, sondern vielmehr gilt es, das Gesamtkonzept zu
bewerten.
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Wie stark sind die Widerstände innerhalb der öffentlichen Verwaltung
gegen PPP, wenn zum Beispiel beim Bau einer Schule die kommunalen
Planungsbehörden nicht mehr involviert sind?
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Es gibt natürlich Reibungspunkte, wenn Behörden, die bisher
öffentliche Gebäude geplant und gebaut haben, diese Aufgaben bei
PPP-Projekten an Private abgeben müssen. In der Regel sind aber
beispielsweise die Landesbauämter noch am Verfahren beteiligt.
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Braucht es eine bundeseinheitliche Richtlinie, wie die PPP-Verfahren
abzulaufen haben?
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Wir stehen erst am Anfang von wirklichen PPP-Projekten. Der Markt ist
also noch relativ jung und da liegt es in der Natur der Sache, dass es
eine ganze
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Menge Wildwuchs gibt. Vieles wird noch ausprobiert. In dieser
Situation kann der Staat auf zweierlei Art reagieren. Entweder er
setzt klare Regeln und legt eine Verfahrensweise verbindlich fest. Das
schafft zwar Klarheit, schränkt aber gerade die geforderte Kreativität
erheblich ein. Oder man lässt sich den Markt entwickeln und
akzeptiert, dass sich manches auch nicht bewährt. Ich bin etwas hin
und her gerissen, neige aber dazu, doch erst zu probieren, ob nicht
aus dem Markt heraus ein Weg gefunden werden kann.
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Zudem bezweifle ich, dass eine Vorgabe aus dem Bund in unserem
föderalen System sehr viel Wirkung auf die Kommunen hätte. Denn
solange damit nicht finanzielle Zuschüsse des Bundes verbunden sind,
fühlen sich die Landräte sehr selbstständig. Auch sind die Probleme
der Kommunen sehr individuell und lassen sich kaum in ein allgemeines
Richtlinienkorsett pressen, das über bestehende Regelungen, etwa des
Vergaberechtes, hinausgeht.
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Also liegt das Problem gar nicht bei den Kommunen?
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Das Problem sind derzeit weniger die kommunalen Vertreter. Sondern mit
der Zunahme von PPP-Projekten und der gestiegenen Aufmerksamkeit des
Themas in Politik und Öffentlichkeit entwickelt sich auch ein Markt
für Beratung. Hier erleben wir leider des Öfteren, dass den Kommunen
für kleinere Projekte übermäßig komplexe Strukturen empfohlen werden.
Es besteht dann doch die Gefahr, dass den Kommunen mehr suggeriert
wird, als PPP zu leisten vermag.
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PPP ist kein Königsweg. So muss ganz klar gesagt werden, ein hoch
verschuldeter Haushalt lässt sich mit PPP nicht sanieren. Und auch
wenn Private manche Leistungen effizienter erbringen können als die
öffentliche Hand, so gibt es das nicht zum Nulltarif. Auch ist es
nicht sinnvoll, die Risiken auf private Unternehmen abzuwälzen, die
diese nicht beeinflussen können. So haben wir bei dem jüngsten
PPP-Projekt der Eurohypo, dem Schulneubau im schleswig-holsteinischen
Schwarzenbek, mit den kommunalen Vertretern über das Vandalismusrisiko
diskutiert. Der private Betreiber unser Kreditnehmer - hat auf das
Verhalten der Schüler keinen Einfluss im Gegensatz zu den Lehrern.
Also sollte dieses Risiko und die Kosten für Vandalismusschäden von
der Kommune getragen werden.
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Inzwischen haben zahlreiche Bundesländer spezielle Leitfäden
herausgegeben, in denen den Kommunen Handlungsempfehlungen gegeben
werden, welche Aufgaben bei PPP-Projekten an private Partner
übertragen werden können. Dieses sind allerdings nur Empfehlungen. Wir
gehen aber davon aus, dass sich in etwa zwei Jahren ein Standard
herauskristallisiert hat, was besser die privaten und was besser die
öffentlichen Partner verantworten.
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Zuweilen kritisieren die Kommunen, dass ihnen immer die gleichen
Finanzierungsmodelle angeboten werden. Gibt es zu wenig Innovationen?
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Man sollte hinter dem Produkt Finanzierung nicht zu viel vermuten. Wir
passen nur Finanzierungsformen an die Bedürfnisse der öffentlichen
Hand an, die beispielsweise im Rahmen der Projektfinanzierung gängige
Praxis sind. Letztendlich bleibt es das Verleihen von Geld unter
Beachtung der Wahrscheinlichkeit der Rückführung.
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Das ÖPP-Beschleunigungsgesetz ist erst ein paar Monate alt, trotzdem
wird schon an seiner Novellierung gearbeitet. Warum?
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Das ÖPP-Beschleunigungsgesetz war der letzte gesetzgeberische Akt der
Regierung Schröder. Einige wichtige Aspekte konnten damals nicht mehr
eingebracht werden. Jetzt sollen in der Novellierung Mängel des ersten
Gesetzes korrigiert und die Ideen mit eingearbeitet werden, die bisher
unberücksichtigt blieben. So ist beispielsweise die
Eigenkapitalbeschaffung für PPP-Vorhaben nach wie vor unbefriedigend
geregelt. Nachbesserungsbedarf gibt es etwa bei der Frage, ob und
unter welchen Bedingungen sich Fonds mit privatem Anlegergeld an
PPP-Projekten beteiligen dürfen. Auch im Bereich der Einbindung von
Fördermitteln muss noch nachgebessert werden.
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Ebenso zu klären sind noch Fragen der Grund- und Grunderwerbsteuer.
Hier ist der private Wettbewerber im Vergleich zur öffentlichen Hand
weiterhin benachteiligt. Mit dem beschlossenen Anstieg der
Mehrwertsteuer zu Beginn des kommenden Jahres wird zudem die
steuerliche Ungleichbehandlung der Leistungserbringung zwischen den
Privaten und der öffentlichen Hand noch massiver. Es ist leider
gegenwärtig nicht zu erkennen, dass dieser Aspekt im Rahmen des 2.
Gesetzes befriedigend gelöst wird.
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Im Parlament arbeiten CDU und SPD derzeit in mehreren
interfraktionellen Arbeitsgruppen an der Verbesserung des Gesetzes.
Dazu ist die Wirtschaft zum Dialog eingeladen. Vorgesehen ist, den
Gesetzesentwurf noch im Herbst dieses Jahres in den Bundestag
einzubringen und bis Ende 2006 zu verabschieden.
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Warum wird als Vorbild für PPP immer wieder Großbritannien genannt?
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In Deutschland wurde lange Zeit nur versucht, das Baurisiko auf
private Partner zu verlagern. Dabei wurde vor allem mit
Fortfaitierungen gearbeitet, bei denen die Kommune aufgrund des
Einredeverzichts keine Möglichkeit mehr hatte, die Zahlung der Miete
oder des Nuzungsentgelts bei unzureichend erbrachten Leistungen der
Privaten zu kürzen. In Großbritannien ist man uns dagegen etwa zehn
Jahre voraus. Dort wurde bereits unter Thatcher begonnen, private
Partner in öffentliche Vorhaben einzubinden. Zudem hat das Vereinigte
Königreich den Vorteil einer zentralistischen Staatsorganisation, so
dass das Schatzamt direkter Einfluss auch auf die lokalen
Entscheidungen nehmen kann.
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Zudem besteht dort seit langem eine Kultur, die vor allem auf privates
Engagement setzt - insbesondere auch in der Nutzungsphase. So werden
an vielen britischen Schulen heute bereits alle Dienste - vom
Hausmeister über die Cafeteria bis zum Gebäudemanagement - von
Privatunternehmen erbracht. Lediglich die Lehrer sind staatlich
bezahlt. Mit dem Schulneubau in Schwarzenbek sind wir bei dem
britischen Modell angekommen, denn auch dort erfolgt die Errichtung,
die Finanzierung und der Betrieb - bis auf die Lehrer - durch Private.
Und dies, ohne das die Kommune auf die Möglichkeit der Einrede
verzichtet. Im Klartext heißt das: Ist ein Unterrichtsraum länger
nicht nutzbar, so muss die Kommune hierfür auch nicht zahlen.
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Haben die Kommunen schlechte Erfahrungen mit dem Einredeverzicht
gemacht?
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Nein. Der Einredeverzicht gegenüber den Banken bedeutet ja nicht, dass
man gegenüber dem Erbringer der Leistung kein Recht zur Einrede hat.
Sofern es diesen noch gibt oder anderweitige Sicherheiten bestehen,
kann die Kommune dort Einreden geltend machen oder Sicherheiten
verwerten.
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Damit ist die Situation quasi so, wie sie auch im normalen staatlichen
Bau anzutreffen ist. Durch die Einredemöglichkeit sind die Konsortien
gezwungen, neue Konzepte und bessere Leistungen anzubieten und über
den gesamten Lebenszyklus der Immobilie sicherzustellen. Das betrifft
insbesondere die Banken, die unter den PPP-Projekten der so genannten
ersten Generation doch weitgehend risikolos finanzieren konnten, und
jetzt sehr viel stärker auf die Bonität der beteiligten Unternehmen
und deren Qualität achten müssen.
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Ein weiterer, gerade für Deutschland wichtiger Aspekt hängt mit
Maastricht zusammen: Erst wenn bei PPP-Vorhaben wesentliche Risiken
auf den Privaten übertragen werden, fallen diese nicht unter das
Drei-Prozent-Kriterium. Alle Risiken abdeckende Einredeverzichte
gegenüber den Banken wirken da eher in eine für Deutschland ungünstige
Richtung.
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Aber ist nicht auch die schwache Baukonjunktur dafür verantwortlich,
dass Kommunen heute höhere Anforderungen an die Bauunternehmen stellen
können?
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Unbestritten führt die weiterhin schwierige Situation im Baugewerbe
dazu, dass die Bauindustrie innovativer geworden ist. Heute haben eine
Vielzahl von Bauunternehmen auch Einheiten für das Gebäudemanagement.
Somit ist man in der Lage, das einstmals gebaute Objekt länger
begleiten zu können.
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Wo sind PPP-Finanzierungen in der Eurohypo respektive in der
Commerzbank zugeordnet - im Staatskreditgeschäft oder bei den
gewerblichen Finanzierungen? Wie steht es mit der Zusammenführung des
PPP-Geschäfts im Commerzbank-Konzern?
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Die Zuordnung dieser Geschäfte ist an sich nicht die entscheidende
Frage. Anders als viele andere Geschäftsfelder einer Bank wird sich
das Produkt "PPP" immer zwischen den beiden genannten großen Feldern
aufhalten. Das liegt nun einmal daran, dass in manchen Vorhaben
unterschiedliche Risiken innewohnen. So ist es durchaus üblich, dass
nach einer Bauphase mit gewerblichem Risiko die Kommune ab
Nutzungsbeginn für einige Teilbereiche einen Einredeverzicht erklärt.
Mithin haben wir dann hierfür ein Staatsrisiko. Häufig treffen wir
auch Ausschreibungen an, in denen der öffentliche Auftraggeber
unterschiedliche Risikomodelle abfragt.
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Genau auf diese besondere Erfordernis hat die Eurohypo bei ihrer
damaligen organisatorischen Ausgestaltung dieses Geschäftsfeldes
Rücksicht genommen. Zwar ist die Einheit PPP dem Sektor der
Staatsfinanzierung zugeordnet, da die Initiative für solche Vorhaben
immer vom Staat ausgeht und dieser später auch Zahlungspflichtiger
ist, aber wir haben enge organisatorische Verbindungen zur
gewerblichen Seite geknüpft. Damit erhält der Kunde der Bank das
PPP-Produkt immer aus einer Hand.
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Die Art der Zusammenarbeit, die wir in der Vergangenheit mit der
Commerzbank entwickelt haben, wird ein gutes Ergebnis haben, da auch
im Bereich PPP die Commerzbank um die besondere Kompetenz der Eurohypo
im Bereich Staatsfinanzierung und Immobilien ergänzt wird. Oberziel
für die konzerninterne Ausgestaltung der Zusammenarbeit ist, dass der
Kunde den Konzern als kompetenten Ansprechpartner für alle Fragen rund
um das sich nach wie vor schnell wandelnde Produkt PPP empfindet. Nur
so kann eine führende Position erreicht werden. Die Frage der
Zuständigkeit für einzelne Felder rückt dann an die zweite Stelle.
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Wie viel PPP-Projekte finanziert die Eurohypo jährlich?
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Eine Zahl lässt sich nicht sagen, da das Geschäft sehr schwanken kann.
So ist es möglich, dass in einem Jahr viele kleine Projekte
abgeschlossen werden, während im nächsten Jahr wenige große
dominieren. Aber in einem wachsenden PPP-Markt sind Finanzierungen von
zehn bis 20 Projekten eine realistische Plangröße für die Eurohypo.

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