Leitartikel

Zum Tode der Eurohypo

"Im laufenden Geschäftsjahr (2012) geht die Eurohypo dank ihrer schlanken und gestrafften Strukturen davon aus, im CRE-Geschäft wieder ein positives Ergebnis zu erwirtschaften, sofern sich keine zusätzlichen Belastungen aus der Staatsschuldenkrise ergeben. Ein Ausblick auf das Gesamtergebnis ist angesichts der unverändert instabilen gesamtwirtschaftlichen Situation in den für uns relevanten Märkten aus heutiger Sicht nicht möglich." Das stimmt. Der letzte Geschäftsbericht der Eurohypo erschien gleichzeitig mit der Mitteilung der Geschäftsaufgabe.

Mit dem entsetzlichen Niedergang der Hypo Real Estate und der endlichen Auflösung der Eurohypo geht ein großes Stück deutscher Bankgeschichte und deutschen Bankwesens glanzlos dahin. Die Münchener "Neugründung" entstand nicht ganz freiwillig aus den lange, lange höchst marktfähigen Hypothekenbanktöchtern der beiden Münchener Großbanken Bayerische Vereinsbank und Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank. Diese Töchter an der langen

Leine sowohl gegeneinander als auch gegen die Hypothekenabteilungen der Mütter laufen zu lassen, war jahrzehntelang eine sehr ertragreiche Strategie - bis die Konzernrechner die Sache mit den Parallelkosten nicht mehr begreifen konnten. Und die gemischten Risiken schon gar nicht. Sie spalteten die HRE von der Hypovereinsbank ab - und die ersten Erfolge im Groß-Großgeschäft des Ablegers waren ja auch wunderbar.

In der Eurohypo stecken fast noch ruhmreichere Hypothekenbanken als in der HRE: die der drei Frankfurter Großbanken. Die Frankfurter Hypo und Centralboden von der Deutschen Bank zum Beispiel. Die Rheinische von der Commerzbank vor allem und von der Dresdner über die Deutsche Hypothekenbank bis zur Pfälzischen rund ein halbes Dutzend. Manche sind blitzsauber in die große Fusion gekommen, manche ziemlich belastet. Zwei der drei Mütter waren deshalb bei Gründung der Eurohypo ein bisschen bösgläubig, was die Chancen und Risiken im universalen Spezialbankgeschäft anbelangte, und wollten es deshalb ganz gerne loshaben. Die dritte war dagegen überaus gutgläubig. Die Commerzbank hat, heute weiß man das natürlich sehr genau, die Gefahren aus den Altlasten im großen Realkredit und vor allem aus den riesigen Kapitalmarkträdern der Essener und Düsseldorfer Töchter unterschätzt. Sie setzte zum einen eine feinere Zukunft unter eigener Fühung dagegen und zum anderen bewertete sie die Vorteile für das plötzlich viel größere Gewicht des Gesamtkonzerns gewiss zu rosig.

Zu den Ironien des traurigen Schicksals so vieler Pfandbriefemittenten gehört, dass König Friedrichs wunderbares Konstrukt am Unglück nicht unschuldig ist. Und dies nicht etwa, weil diese ganz besondere Bankschuldverschreibung nach mehr als zweihundert Jahren qualitative Mängel aufweist. Sondern ganz im Gegenteil - der Pfandbrief ist zu gut. Schon vom Hypothekenbankgesetz der vorletzten Jahrhundertwende mit außerordentlicher Sicherheit ausgestattet hat das Pfandbriefgesetz der jüngsten Zeit die Sonderklasse der Pfandbriefe noch einmal augenfällig betont. Die Motive dafür waren höchst edel. Man wollte den deutschen Pfandbrief erstens gegenüber der europäischen Konkurrenz der Covered Bonds "besser" wirken lassen. Und man wollte die Entspezialisierung des Geschäfts von Pfandbriefemittenten mit entsprechend (! ) höheren Verlustrisiken nicht auf die Position von Pfandbriefgläubigern durchschlagen lassen. In der Konsequenz vermochten sich insbesondere Hypothekenbanken und Landesbanken geradezu mühelos über ihre Pfandbriefe zu finanzieren, eben weil ihre Emissionen auch bei Institutspleiten noch weitestgehend unabhängige "Sondervermögen" (die Bezeichnung stimmt nicht ganz, passt aber) darstellten. Ohne den riesigen Pfandbriefabsatz hätten weder die klassischen Realkreditinstitute in die amerikanischen Schrotthypotheken investieren können, noch die ach-so-modernen "Staatsfinanzierer" in die Anleihen der Schuldnerstaaten. Was für ein Jammer!

Wo "alte" Hypothekenbanken, respektive spezialisierte Universalbanken mit Pfandbriefprivileg, heute noch oder wieder ordentlich im Geschäft sind, tun sie so, als habe es die vielen, vielen Novellierungen des früheren Hypothekenbankgesetzes bis hin zu seiner Aufhebung durch das Pfandbriefgesetz praktisch nicht gegeben: Sie beschränken sich im Kern auf die klassische, relativ kleinteilige Immobilienfinanzierung. Man wird deshalb immer wieder freudig darüber streiten dürfen, ob die Angst des "alten" Realkredits vor der Austrocknung seiner Nische durch das wachsende Immobiliengeschäft der Universalbanken das Unglück nicht noch vergrößert hat. Denn mit der Aufgabe des Spezialbankprinzips drängte es die "alten" Institute voller Ehrgeiz in Volumina und damit in Risiken, die sie nicht beherrschen. Hätten sie also nicht - einfacher? - auch in ihrer "alten" Nische verhungern können? Vielleicht doch nicht. K. O.

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