Messeausgabe 2007

US-Kapital auf dem Rückzug aus deutschen Immobilien

Nach drei Boomjahren auf dem deutschen Immobilieninvestmentmarkt ziehen sich amerikanische und aus US-Kapital gespeiste britische, opportunistische Anleger nun aus Deutschland zurück. Der Zenit am deutschen Investmentmarkt ist erreicht, das Transaktionsvolumen wird im nächsten Jahr sinken.

Bekannte Marktzyklen

Der deutsche Immobilienmarkt ist zweifelsohne attraktiv. Schon allein der Status als größte Volkswirtschaft mit dem größten Immobilienbestand in Europa sichert deutschen Immobilienbesitzern hohe Aufmerksamkeit seitens institutioneller und privater Anleger. Den ersten Boom ausländischer Investoren erlebten die Deutschen 1988 bis 1991, als die Schweden und Holländer Objekte im großen Stil erwarben. In den neunziger Jahren waren dagegen inländische Fonds und Versicherungsgesellschaften die wichtigsten Akteure im eigenen Land. Ausländer hielten sich unter anderem auch wegen des komplizierten Steuerrechts beim Erwerb deutscher Immobilien zurück.

Erst ab 2003 stiegen opportunistische, aus US-Kapital gespeiste Anleger in den deutschen Immobilienmarkt ein und veränderten damit das Marktgeschehen. Die Transaktionsvolumina stiegen in schwindelnde Höhen, und enorme Portfolios wechselten fast unbesehen in kürzester Zeit den Besitzer.

Seit 2005 vermeldet die Degi Research Rekordumsätze auf dem deutschen Immobilieninvestmentmarkt. Während das Transaktionsvolumen von 2000 bis 2004 jährlich zwischen gut 20 bis knapp 30 Milliarden Euro schwankte, haben 2005 Immobilien in einem Gesamtwert von 41,2 Milliarden Euro in Deutschland den Besitzer gewechselt.

Für 2006 errechneten die Immobilienexperten ein Volumen von 46,1 Milliarden Euro - ein Plus von zwölf Prozent. Und es geht weiter bergauf: 2007 prognostizieren die Spezialisten mit knapp 60 Milliarden Euro einen neuen Rekord. Allein im ersten Halbjahr 2007 wurden Immobilien in einem Gesamtwert von 29,4 Milliarden Euro verkauft.

Die angelsächsische Sicht

Ausländische Investoren haben in den vergangenen Jahren Deutschland für sich entdeckt, allen voran Opportunity- und Private-Equity-Funds aus den USA und Großbritannien. Nach einzelnen Investitionen in 2003 und 2004 hielten Anleger wie Cerberus, Lone Star, Blackstone, JER, Carlysle oder Fortress 2005 im großen Stil Einzug.

Sie spezialisierten sich zunächst auf Wohnimmobilienportfolios und haben dann ihren Schwerpunkt auf Portfolios mit Gewerbeimmobilien verlagert. 2005 stammten 50,2 Prozent der Anlagen in deutsche Immobilien aus den USA (20,5 Prozent) und Großbritannien (29,7 Prozent). 2006 ging immerhin noch rund ein Drittel der Gesamtinvestitionen auf die Amerikaner (22,9 Prozent) und Briten (9,6 Prozent) zurück. Die Deutschen orientierten sich derweil gen Ausland und überließen erstmals Anlegern aus aller Welt den Vorrang im eigenen Land.

Anders als die meisten ausländischen Investoren beispielsweise aus Irland, Dänemark, Schweden, Frankreich, Spanien oder Israel sind die Amerikaner und diejenigen Briten, die aus amerikanischem Kapital gespeist werden (das ist die Mehrheit der britischen Investoren), mit kurzfristigen Anlageperspektiven nach Deutschland gekommen. Aus ihrer Heimat haben sie klare finanzielle Vorgaben mitgebracht.

Mit hohem Kapitaleinsatz auf schnelles Geld aus

Ihre Investitionsbudgets für den deutschen Markt sind genauso klar definiert wie die zu erzielenden Renditen. Ihre Budgets sind enorm, entsprechend hoch ist ihr Anlagedruck. Da ist es nur folgerichtig, dass sie sich nicht auf Einzelobjekte, sondern auf Portfolios konzentrieren. Und auch hier überflügeln sie ihre Wettbewerber aus anderen Ländern bei Weitem. Während nordamerikanische Investoren 2006 durchschnittlich 285 Millionen Euro pro Transaktion über den Tisch schoben, lag der Mittelwert über alle Anleger in Deutschland bei 133 Millionen Euro pro Kauf.

Die Investoren mit amerikanischem Kapital sind gekommen, um das schnelle Geld zu machen. Mit zweistelligen Renditezielen vor Augen ist ihnen der Einstieg in den deutschen Immobilienmarkt gelungen, als er in der Talsohle lag. Zu günstigen Preisen sicherten sie sich die großen Immobilienportfolios. So hat beispielsweise Whitehall das Spring-Portfolio für 2,45 Milliarden Euro von der Degi sowie 51 Prozent des 4,5 Milliarden Euro teuren Warenhaus-Portfolios von Karstadt/Quelle gekauft.

Fortress erwarb den kompletten Wohnungsbestand der Stadt Dresden für 1,74 Milliarden Euro. Zusammen mit Fortress hat Eurocastle das Mars-Portfolio der DB Real Estate für 2,1 Milliarden Euro übernommen. Beim Einkauf setzen die Anleger einerseits auf das Wertsteigerungspotenzial der antizyklisch eingekauften und unterbewerteten Objekte, andererseits auf die niedrigen Zinsen. Gepaart mit einer hohen Fremdfinanzierung sorgen sie für den nötigen Leve-rage-Effekt.

Die Immobilien selbst betrachten sie indes meist nur oberflächlich. Der starke Käuferwettbewerb, der hohe Anlagedruck, die Größe der Portfolios und die damit verbundenen hohen Analysekosten sowie das Ziel, die Pakete kurzfristig wieder auf den Markt zu bringen, sprechen gegen eine gründliche Due Diligence sämtlicher Einzelobjekte. Dass kein einziges großes Portfolio allein aus erstklassigen sowie optimierungswürdigen Immobilien besteht, ist jedem Immobilienspezialisten klar.

Rückzugssignale

Nach rund drei Jahren ist nun der Zenit erreicht, aus New York erschallt "Kommando zurück". Gemäß der kurzfristigen Anlagestrategie haben sich bereits einige Amerikaner und Briten von ihren ersten Paketen getrennt. 2006 war jeder zweite Verkauf auf dem Wohnungsmarkt ein Wiederverkauf. Zum Beispiel veräußerte Apellas, ein zum Imperium von George Soros gehörendes Unternehmen, 4 900 Wohnungen in Berlin an die Immobilienfirma Gagfah. 2007 war Blackstone als Verkäufer eines Wohnungspaketes im Wert von 1,6 Milliarden Euro maßgeblich an der drittgrößten Transaktion des ersten Halbjahres auf dem deutschen Investmentmarkt beteiligt.

Weitere Desinvestitionen sind im Gange. Sie lassen auf einen raschen Rückzug des opportunistischen US-Kapitals aus Deutschland schließen, denn die Verkäufer erzielen nicht die Preise, die sie benötigen, um ihre Zielrenditen zu erwirtschaften. Zudem hat die Politik G-REITs für den Wohnungsmarkt nicht zugelassen und damit den Anlegern, die auf G-REITs als Exitstrategie spekuliert hatten, einen Strich durch die Rechnung gemacht. Generell hatten die amerikanischen und britischen Investoren auf dem Wohnungsmarkt den Privatisierungswillen der Mieter über- und den Protektionismus von Politikern und Lobbyisten unterschätzt.

Aufschwung erfasst auch die Immobilienmärkte

Zudem hat sich zwischenzeitlich die Marktsituation verändert. Der deutsche Immobilienmarkt ist im Aufwärtswind. Die Mieten in den Bürozentren ziehen an, die Vermietungsumsätze steigen, die Leerstandsraten gehen sukzessive zurück. Die Immobilienpreise steigen, die Nettoanfangsrenditen fallen. Zudem ziehen die Zinsen an und mindern so den Leverage-Effekt bei hoher Fremdfinanzierung. Extrem hohe Renditen sind bei einem Ankauf zu aktueller Stunde auf dem deutschen Markt nicht mehr realisierbar. Damit machen neue Käufe der aus opportunistischem US-Kapital gespeisten Anleger keinen Sinn mehr. Vielmehr ist das Zeitalter für mittelbis langfristige Anleger mit Value-add-Strategien angebrochen.

Das Angebot an Immobilien wird durch den Abzug der Großinvestoren der letzten drei Jahre kurzfristig steigen. Zudem kommen nach wie vor neue Immobilienpakete auf den Markt. Zur Entlastung der Haushalte verkaufen Bund, Länder und Kommunen weiterhin wenn auch wegen der verschärften sozialpolitischen Diskussion etwas zurückhaltender - ihre Wohnungsbestände an private Investoren. Zudem verfolgen viele deutsche Unternehmen ihren Konsolidierungspfad weiter. Im Rahmen von Umstrukturierungen veräußern sie Immobilienbestände, um die nötige Liquidität für ihr Kerngeschäft zu erlangen.

Mittel- und langfristige Investoren folgen den Opportunisten

Dem steht eine Nachfrage von ausländischen institutionellen Anlegern, Versicherungen, Pensionsfonds und Investoren aus der Industrie gegenüber, die mittelfristige Anlagemöglichkeiten suchen. Sie kaufen kleinere Immobilienpakete und Objekte mit stabilen Mieterträgen und Wertzuwachspotenzial durch gezieltes Asset Management. Sie geben sich im Gegensatz zu den angelsächsischen Investoren auch mit hohen einstelligen und niedrigen zweistelligen, aber nachhaltigen Renditen zufrieden.

Die Portfolios der rein opportunistischen Investoren werden nur zum Teil ihre Käufer unter den ausländischen Investoren finden, denn auch die Deutschen kaufen wieder. In Bezug auf die Objekte wird sich schnell die Spreu vom Weizen trennen. Die Anleger mit mittelfristigem Anlagehorizont werden die Rosinen der zu veräußernden Teilpakete erwerben. Das bedeutet auch, dass die Einzeltransaktionen in Zukunft wieder kleiner werden. Zudem wird 2008 insgesamt das Transaktionsvolumen sinken.

Die Immobilien minderer Qualität werden zum Teil entweder über die Börsen (IPO) und voraussichtlich ab 2008 auch über G-REITs auf den Markt kommen. Das neue Anlagevehikel G-REIT, das als Erweiterung des Anlagespektrums grundsätzlich positiv zu bewerten ist, wird daher schon kurz nach seiner Markteinführung durch "faule" Immobilien in die Kritik geraten. Darüber hinaus kommt aus den amerikanischen Portfolios eine große Welle an Non-performing Loans auf die deutsche Bankenlandschaft zu. Es wird einige Jahre dauern bis die Immobilienwirtschaft das verkraftet haben wird.

Wurde aus den Krisen nichts gelernt?

Die deutsche Immobilienwirtschaft ist wie alle Märkte der großen Volkswirtschaften immer wieder durch Krisen gegangen, doch leider haben die verantwortlichen Immobilienprofis wenig daraus gelernt. Sie sind nicht wachsam und kritisch genug. Sie analysieren Trends und deren Chancen und Risiken zu wenig und rüsten sich nicht ausreichend für die Zukunft, für die Zeit nach der aktuellen Hype.

Selbstverständlich wird es immer Marktzyklen geben, ein Auf und Ab gehört zum Marktgeschehen. Aber anders als früher muss sich der deutsche Immobilienmarkt nicht allein einem deutschen oder europäischen, sondern erstmals einem weltweiten Wettbewerb stellen. Darüber hinaus muss sich die Performance von Immobilien seit Ende des letzten Jahrtausends nun auch mit der Performance anderer Assetklassen messen lassen.

Sicher ist das in Deutschland investierte Kapital zum ersten Mal so weit verzweigt, dass Folgen bei Kapitalverschiebungen wie zum Beispiel bei den Subprimes schwer vorhersehbar sind. Um so wichtiger ist es, dass die Spitzenköpfe der Branche Verantwortung zeigen und sich mit diesem Thema vorausschauender auseinandersetzen.

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