Frage an Peter Ramsauer

Welche Schwerpunkte setzt die neue Bundesregierung in der Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik?

Die Bundesregierung steht im Rahmen der Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik in den nächsten Jahren vor bedeutenden Herausforderungen. Wir befinden uns in einem Spannungsfeld verschiedenster demografischer, sozialer, ökologischer und ökonomischer Trends und Entwicklungen, die wir nur begrenzt steuern können. Dazu gehören nicht nur die Wirtschafts- und Finanzkrise, sondern auch der Klimawandel und die Alterung unserer Gesellschaft.

Mein Ziel ist es, auch vor diesem Hintergrund den Grundbedürfnissen aller Menschen in Deutschland bestmöglich gerecht zu werden. Dafür müssen wir gute Lebensbedingungen für die Einwohner der 12 000 deutschen Städte und Gemeinden schaffen. Deswegen unterstützen wir die Städte mit der nachhaltigen Stadtentwicklungspolitik, zu der die Programme der Städtebauförderung im Rahmen der "Nationalen Stadtentwicklungspolitik" gehören.

Nationale Stadtentwicklungspolitik

Ziel unserer Stadtentwicklungspolitik ist es, die Städte unabhängig von ihrer Größe zu stärken, damit sie die genannten Herausforderungen erfolgreich bewältigen können. Stadtentwicklungspolitik ist dabei immer auch Umwelt- und Wirtschaftspolitik. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir in Städten und auf dem Land die jeweiligen Potenziale optimal nutzen. Wir wollen die spezifischen Stärken in den Städten unterstützen, Integration fördern, benachteiligte Stadtquartiere stärken, die Innenstädte als lebendige und ökonomisch starke Zentren erhalten und den demografischen Wandel vernünftig gestalten. Dies lässt sich nur in einer breiten Koalition von Bund, Ländern, Kommunen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft bewältigen.

Mit der "Nationalen Stadtentwicklungspolitik" haben wir dafür in gemeinsamer Trägerschaft von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden ein Instrument für die laufende Anpassung der Stadtentwicklungspolitik an die sich schnell ändernden Rahmenbedingungen geschaffen. Eine besondere Rolle spielt dabei die Städtebauförderung, bei der der Bund gemeinsam mit den Ländern die Städte und Gemeinden konzeptionell und finanziell mit verschiedenen Förderprogrammen unterstützt, die exakt auf die genannten Herausforderungen zugeschnitten sind.

Mit den erfolgreichen Programmen der Städtebauförderung "Soziale Stadt", "Soziale Stadt - Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier", "Stadtumbau Ost" und "Stadtumbau West" sowie "Städtebaulicher Denkmalschutz" hilft der Bund, die Städte baulich, wirtschaftlich und sozial zu stabilisieren und aufzuwerten.

Flexiblere Förderung und öffentliches Eigenkapital

Entsprechend dem Koalitionsvertrag soll die Städtebauförderung auf dem bisherigen finanziellen Niveau fortgeführt und flexibler als bisher gestaltet werden. Programme sollen weiterentwickelt, die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Gemeinden intensiviert und das Miteinander von Stadt und ländlichen Räumen als "zwei Seiten einer Medaille" in den nächsten Jahren stärker berücksichtigt werden.

Die Regelförderung von Stadtentwicklungsprojekten erfolgt in Deutschland bisher fast ausschließlich durch Zuschüsse für unrentierliche Kosten. Um die Effizienz der öffentlichen Förderung von Stadtentwicklungsinvestitionen zu erhöhen, werden wir die Ergänzung der Zuschussförderung durch weitere Finanzierungsinstrumente prüfen, wie zum Beispiel durch öffentliches Eigenkapital.

Energetische Anreize auch im Mietrecht

Ein wesentlicher Schwerpunkt in der Stadtentwicklung und im Wohnungsbau wird in den kommenden vier Jahren darin bestehen, die Umsetzung der Energieeinsparziele im Gebäudebereich konsequent voranzutreiben. Hier kommt der energetischen Gebäudesanierung eine Schlüsselrolle zu. In den Jahren 2010 und 2011 wird es darum gehen, die Förderprogramme zum energieeffizienten Bauen und Sanieren (CO2-Gebäudesanierungsprogramm) auf hohem Niveau weiterzuführen und die Fördereffizienz weiter zu verbessern.

Eine wichtige Voraussetzung für die Durchführung von Energieeinsparmaßnahmen im Wohnungsbestand ist auch ein Mietrecht, das die richtigen Anreize für Investitionen setzt. Wir werden das Mietrecht unter Wahrung seines sozialen Charakters auf seine Ausgewogenheit hin überprüfen und in nächster Zeit Hindernisse, die einer Modernisierung entgegenstehen können, unter die Lupe nehmen. Ergänzungsbedarf besteht für die gewerbliche Wärmelieferung (Ener-gie-Contracting), für die wir die bestehenden Möglichkeiten im Mietwohnungsbereich erweitern werden.

Altersgerechtes Umbauen als Zukunftsaufgabe

Mit der zunehmenden Alterung unserer Gesellschaft steigt die Nachfrage nach Wohnraum, der den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht wird. Damit diese so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung wohnen können, werden Anpassungen des Wohnungsbestandes im Rahmen des KfW-Programms "Wohnraum Modernisieren/Altersgerecht Umbauen" gefördert. Dieses Darlehensprogramm wollen wir weiterentwickeln und verstetigen. Vor dem Hintergrund, dass ältere Menschen oft keine Kredite mehr erhalten oder aufnehmen wollen, ist im Haushaltsentwurf 2010 zusätzlich eine Zuschusskomponente insbesondere für selbst nutzende Eigentümer vorgesehen. Mit dem Zuschuss wird sich die Attraktivität des Programms weiter erhöhen, denn nahezu die Hälfte aller Altershaushalte lebt im selbst genutzten Wohneigentum.

Der Wohnungsneubau ist in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen: Im Jahr 2008 wurden knapp 176 000 Wohnungen gebaut, im Jahr 2000 waren es noch rund 423 000. Dies gibt Anlass zur Sorge, dass sich in den Ballungszentren Angebotsengpässe mit deutlichen Mietsteigerungen herausbilden könnten. Bei solchen regionalen Versorgungsengpässen sind zunächst vorrangig die Länder gefordert, im Rahmen ihrer ausschließlichen Zuständigkeit für die soziale Wohnraumförderung zügig und angemessen zu reagieren.

Entschärfung der Zinsschranke

Dabei werden sie bis 2013 von der Bundesregierung mit 518 Millionen Euro pro Jahr unterstützt. Ob nach dem Jahr 2013 der Bund den Ländern weiterhin zweckgebundene Mittel zur Finanzierung von Maßnahmen der Wohnraumförderung gewähren wird, soll bis zur Mitte der Legislaturperiode entschieden werden. Wir werden die Entwicklung auf den Wohnungsmärkten weiterhin sorgfältig beobachten und prüfen, ob weitere gezielte wohnungspolitische Maßnahmen erforderlich sind.

Zur Überwindung der Finanzkrise setzen wir vor allem auf eine Stärkung unserer Unternehmen. Die Elemente der Unternehmenssteuerreform 2008, die den Unternehmensertrag zu wenig berücksichtigen, wie die Zinsschranke und die Hinzurechnung von Mieten bei der Gewerbesteuer, werden daher entschärft. Zudem wollen wir im Rahmen der erbschaftssteuerlichen Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen die Behaltefristen verkürzen und die während dieser Fristen geforderten Lohnsummen absenken.

Hiervon profitieren auch die Wohnungsunternehmen. Die Dringlichkeit dieser Vorhaben wird dadurch unterstrichen, dass wir das Wachstumsbeschleunigungsgesetz bereits auf den Weg gebracht haben.

Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ist mit einer Bruttowertschöpfung von mehr als 250 Milliarden Euro einer der größten Wirtschaftszweige Deutschlands und verfügt über weitere Wachstumspotenziale. Wir werden deshalb den "Immobilienwirtschaftlichen Dialog" als Diskussionsforum zwischen Politik und der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft weiter intensivieren, um gemeinsam neue Initiativen und Kooperationen zu entwickeln.

Stärkung von Darlehensnehmern

Die Immobilienfinanzierung spielt innerhalb der Kreditvergaben eine wichtige Rolle. Daher wollen wir den Schutz des Darlehensnehmers bei Abtretungen von Darlehensforderungen weiter stärken: Abtretungen an ein Unternehmen ohne Banklizenz sollen künftig nur bei Genehmigung durch den Darlehensnehmer wirksam sein.

Die soziale Absicherung des Wohnens ist ein zentraler Bestandteil der künftigen Wohnungspolitik. In der laufenden Legislaturperiode wollen wir die Ermittlung des Wohngeldanspruchs vereinfachen und damit einen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten. Mit demselben Ziel werden wir die Schnittstellen zwischen Wohngeld und den Transferleistungen, insbesondere dem Arbeitslosengeld II, überprüfen.

Wohneigentum schafft regionale Verbundenheit und stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Auch ist es nach wie vor für viele Menschen der zentrale Baustein für die Altersvorsorge. Daher bleibt die Bildung von Wohneigentum und die Erhöhung der Wohneigentumsquote im Mittelpunkt der Wohnungspolitik der Bundesregierung. Wir werden das Modell der Eigenheimrente weiter stärken. Dabei sollen auch genossenschaftsspezifische Altersvorsorgeprodukte in die Überlegungen einbezogen werden.

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