Fehlgeleitetes Pricing im Wohnungsmarkt

Das Management von Wohnimmobilien ist aufwendig. Ziel ist es, mit möglichst geringem Aufwand möglichst viele Mietverträge abzuschließen. Daher tendieren Vermieter dazu, die Mieten niedriger als der Wettbewerb anzusetzen. Doch dadurch verschenken sie Potenzial. Ein differenziertes Pricing hilft, dieses Potenzial zu heben. Den richtigen Mietpreis zu finden ist oftmals eine Gradwanderung. Zu hohe Preise können zu erhöhtem Leerstand, einer falschen Mieterauswahl wegen Alternativlosigkeit und damit zu höheren Kosten durch Fluktuation führen. Interessanterweise resultieren aus (zu) niedrigen Mieten ähnliche Probleme. Auch hier droht eine suboptimale Mieterauswahl (sogenannter inverser Preis-Qualitätseffekt), was ebenfalls zu einer höheren Fluktuation mit entsprechenden Kosten führen kann. Das Ergebnis ist eine dauerhaft geringere Rentabilität - auch weil die geringen Mieten infolge von Regularien wie der Mietpreisbremse mindestens bis zum nächsten Mieterwechsel nicht erhöht werden können. Um über die gesamte Laufzeit des Investments und ein ganzes Portfolio hinweg den jeweils optimalen Mietpreis zu bestimmen, sind ein durchdachtes Datenbankmanagement und intelligente Softwarelösungen hilfreich.

Auf dem Wohnungsmarkt müssen im Wesentlichen vier Regeln beachtet werden, um den richtigen Mietpreis zu bestimmen. Erstens: der Kosteneffekt. Gemeint ist damit, dass die Miete einen beachtlichen Bestandteil des verfügbaren Einkommens des Mieters betrifft, wodurch dieser sehr preisempfindlich ist. Zweitens: der Fairnesseffekt. Dies besagt, dass Mieten nur in einer gewissen Spannweite angepasst werden können. Die Miete muss von dem Mieter als fair empfunden werden, damit er sich für die Wohnung entscheidet. Das gilt vor allem für Mieter, die bei der Wohnungssuche nicht unter Zeitdruck stehen und daher nicht unbedingt anmieten müssen. Für den Vermieter heißt das nicht nur, dass er sich im Marktrahmen bewegen muss, um effizient zu vermieten. Die Zielmieten müssen auch laufend mit den marktüblichen Mieten verglichen werden - und zwar differenziert nach Region, Wohnungsgröße und -qualität. Der dritte wichtige Faktor ist der bereits erwähnte Preis-Qualitätseffekt: Innerhalb des "fairen" Rahmens kann durch höhere Preise eine höhere Qualität signalisiert werden. Bei einer Aufwertung einer Wohnanlage durch Wohnungsmodernisierungen lässt sich der Mietpreis dabei gezielt als Verstärker der Maßnahme nutzen. Eine niedrigere Miete dagegen reduziert die Qualitätswahrnehmung und führt gerade bei Mietern mit hohen Anforderungen oft dazu, dass sie sich gegen die angebotene Wohnung entscheiden. Viertens: der Referenz-Preiseffekt. Hier liegt zugrunde, dass eine Entscheidung für eine Wohnung vor allem durch den Vergleich unterschiedlicher Preise erreicht wird. Daraus ergibt sich, dass innerhalb eines Objektes unterschiedliche Wohnungen entsprechend Größe, Lage im Objekt und Ausbaustandard differenziert werden sollten. Konkret heißt das: Um die Entscheidung des Mieters zu beschleunigen, sollten daher immer anders gepreiste Alternativen bei der Besichtigung angeboten werden.

Ein funktionierendes Pricing ermöglicht nicht nur die schnelle Vermietung. Es zeigt auch Potenziale auf und ist dadurch Grundlage erfolgreicher Objekt- und Portfoliostrategien. Ziel muss es sein, in jene Bestände zu investieren, bei denen sich überdurchschnittliche Erträge erwirtschaften lassen, weil dort der Nachfragedruck am höchsten ist. Mithilfe von Onlinetools lassen sich die dafür erforderlichen differenzierten Auswertungen vornehmen. Dabei werden die Angebotsmieten bei gängigen Immobilienportalen analysiert. Über eine Kategorisierung nach Lage, Objekt- und Ausbauqualitäten kann dann jedes Objekt im Bestand strategisch positioniert und eine spezifische Miete als Zielmiete definiert werden. Dies erfolgt idealerweise durch das Asset Management. Der mit der Vermietung vor Ort Beauftragte kann die identifizierten Zielmieten je Wohneinheit differenzieren. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Vermieter in der Regel Abschlüsse oberhalb der Zielmieten erreichen. Aber nicht nur Mieten oberhalb des Marktdurchschnitts sind so erzielbar - und das über ganze Portfolios hinweg. Nachweislich lässt sich auch die Fluktuation reduzieren und die Mieterstruktur optimieren. Regulierungen wie die Mietpreisbremse erweisen sich bei der optimalen Mietpreisfindung als kontraproduktiv - sowohl für Vermieter als auch für Mieter. Sie fixieren die Mieten und bewirken dadurch genau das Gegenteil eines effizienten Pricings. Der Vermietungsprozess wird ineffizienter, insbesondere durch erhöhe Fluktuation und in einigen Regionen auch steigenden Leerstand. Neben Fehlallokationen von Investitionen im Bestand wird auch der Neubau gedämpft, weil rechtliche Unsicherheiten bestehen und geringere Rentabilität droht. Das wiederum schadet den Mietern.

Till Schmiedeknecht, Geschäftsführer, BGP Asset Management GmbH, München

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