Im Gespräch

"Gewinnmaximierung über Skaleneffekte verträgt sich nicht mit dem Genossenschaftsgedanken"

I&F: Warum passt der 120 Jahre alte Genossenschaftsgedanke auch heute noch in die Zeit?

Weil er sehr viel Sicherheit bietet. Für viele mag der genossenschaftliche Grundgedanke etwas angestaubt erscheinen, aber es hat sich gezeigt, dass die solidarischen Prinzipien in Zeiten des Wandels und der Unsicherheit für Stabilität und Solidität steht. Deshalb ist genossenschaftliches Wohnen aktuell so attraktiv.

I&F: Welche Ursachen sehen Sie für die aktuelle Lage und Entwicklung an den deutschen Wohnungsmärkten?

Frankfurt am Main leidet unter großem Wohnungsmangel. Deshalb ist die Situation hier eine ganz andere als in vielen anderen Kommunen. Hier muss man sich Gedanken machen, wie und vor allem wo mehr Wohnraum geschaffen werden kann. Für uns als Genossenschaft ist das insofern ein gutes Umfeld, weil wir wachsen und die Stadt und ihren Wohnungsmarkt aktiv mitgestalten können. ^

I&F: Wie viel politischen Eingriff braucht der Wohnungsmarkt?

Der Wohnungsmarkt braucht politischen Eingriff. Überließe man einen Wohnungsmarkt wie Frankfurt sich selbst, würde soviel Geld abgeschöpft, dass die Stadt wirtschaftlich Schaden nehmen würde. Hinzu kämen Verdrängungseffekte, weil sich Haushalte mit niedrigerer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ein Wohnen in der Stadt nicht mehr leisten könnten. Aber auch die Wohlhabenden brauchen Handwerker, Krankenschwestern, Polizisten, Verkäuferinnen und so weiter. Der Wohnungsmarkt in einem Ballungsraum sollte möglichst heterogen sein. Dazu muss die Politik dafür sorgen, dass Angebot und Nachfrage nicht so stark auseinanderlaufen, wie wir es momentan sehen. Bleibt die Politik untätig, fördert sie Preisblasen. Denn Investoren erhalten durch die aktuelle Marktsituation einen Anreiz, Immobilien teuer einzukaufen, weil sie erwarten, dass ihnen kurzfristig dafür ein noch höherer Preis geboten wird. Eine Weile mag dieses Kalkül aufgehen, doch es ist keine nachhaltige Entwicklung. Irgendwann kommt die Korrektur.

Doch was wird aus den Wohnungen? Was ist, wenn die Investoren keine langfristige Bestandshaltung betreiben wollen oder können? Dann muss der Staat wieder einspringen, um eine Verwahrlosung der Quartiere und die damit einhergehenden sozialen und gesellschaftlichen Folgen zu heilen. Deshalb ist es im gesellschaftlichen Interesse, den Wohnungsmarkt bis zu einem gewissen Grad zu regulieren.

I&F: Was muss politisch - auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene - getan werden, um den Wohnungsmarkt wieder zu entspannen?

Grundsätzlich muss auf allen politischen Ebenen eine abgestimmte, langfristige, wohnungspolitische Strategie entwickelt werden. Um jedoch die heute akuten Probleme kurzfristig zu lösen, helfen nur Markteingriffe. Wenn die Politik bezahlbaren Wohnraum fordert, muss sie diesen auch fördern. Der Wohnungsmarkt unterscheidet sich aber von anderen Märkten, in denen bei einem Nachfrageüberhang einfach die Produktion ausgeweitet werden kann. Frankfurt hat kaum noch freie Grundstücke, auf denen neu gebaut werden kann. Und selbst dann dauerte es vom politischen Beschluss über die Planung, die Schaffung von Baurecht, die Erschließung bis zum Bau oft mehr als ein Jahrzehnt. In Frankfurt beginnen wir gerade erst, darüber zu diskutieren, wo neu gebaut werden kann. Bis von den Ideen eventuell etwas realisiert wird, können noch gut und gern 15 Jahre ins Land gehen. Trotzdem ist es wichtig, die Vorhaben heute schon anzugehen.

I&F: Werden jetzt die Versäumnisse der Vergangenheit sichtbar?

Definitiv. In Frankfurt fehlt eine Strategie, deshalb hat sich in den vergangenen Jahrzehnten wohnungspolitisch wenig entwickelt. Dabei wird hier schon lange über zu wenig Bauland und stark steigende Grundstücks- und Mietpreise geklagt. Allerdings hat man es auch nicht geschafft, regional zu planen. Stattdessen wurden zwischen Stadt und Umland die Animositäten gepflegt. Die Gemeinden in der Rhein-Main-Region sind vor allem damit beschäftigt, sich voneinander abzugrenzen, statt sich gegenseitig zu ergänzen. Das zu ändern, ist eine Aufgabe der Politik, die in der Vergangenheit sträflich vernachlässigt wurde. Zwischenzeitlich setzt hier aber ein Umdenken ein.

I&F: Bauen Sie neu?

Soweit das möglich ist, bauen wir auch neu. Allerdings ist es in Frankfurt schwierig, an das ohnehin knappe Bauland heranzukommen. Hier ist die Politik gefordert, die Genossenschaften mehr in die öffentliche Wahrnehmung zu bringen. Mit dem neuen Bürgermeister hat Frankfurt einen Verfechter der sozialen Wohnraumversorgung. Wir erhoffen uns, dass den Genossenschaften zum Beispiel bei Ausschreibungen kommu naler Grundstücke für den Wohnungsbau auch entsprechende Möglichkeiten des Erwerbs bekommen.

Dabei sollte die Stadt die sozialen Kosten abwägen. Denn wenn Grund und Boden nur an die meistbietenden, großen Investoren versteigert werden, dann wird dort auch nur teurer Wohnraum entstehen. Einkommensschwächere Haushalte werden dadurch tendenziell immer weiter an den Stadtrand oder ins Umland gedrängt. Dem kann entgegengewirkt werden, wenn auch die Wohnungsgenossenschaften zu wirtschaftlich tragbaren Preisen Bauland erwerben können. Damit verzichtet die Stadt zwar auf einen Teil des potenziell einmalig erzielbaren Verkaufserlöses, erhält aber auf Dauer eine soziale "Rendite" in Form langfristig stabiler Stadtviertel.

I&F: Wie groß ist die Bereitschaft der Stadt Frankfurt den Genossenschaften günstiges Bauland zu überlassen?

Wir sind derzeit noch auf der Dialog - e bene. Auf unseren Grundstücken haben wir im Grunde schon alle Potenziale durch Neubau und Nachverdichtung ausgeschöpft. Weitere Maßnahmen sind nur noch sinnvoll, wenn die Politik die Hürden dafür abbaut. Hinsichtlich des Zugangs zu neuen Baugrundstücken sind verschiedene Möglichkeiten denkbar. Das kann zum Beispiel ein Vorkaufsrecht oder Erbpacht sein, aber auch eine Förderung von Grundstücksankäufen wäre möglich.

I&F: Welche Hürden meinen Sie konkret?

Im Prinzip betrifft es die gesamte Genehmigungspraxis. Die acht großen Wohnungsgenossenschaften in Frankfurt am Main haben die gleiche Erfahrung gemacht: Wenn Fläche für eine Nachverdichtung vorhanden ist, dann ist es immer noch sehr schwierig die Erlaubnis der Stadt dafür zu bekommen. So vergehen von der Idee bis zur Genehmigung durchaus zwei Jahre. Dabei gibt es eine Menge Zwischenschritte zu absolvieren, angefangen von Erschließungsmaßnahmen über den Denkmalschutz bis hin zum Naturschutz.

In einigen Liegenschaften sind wir mit sehr hohen Restriktionen insbesondere des Denkmalschutzes gestraft. Bis alle Interessenträger eingebunden und alle Anliegen berücksichtigt sind, dauert es oft sehr lange. Das Problem ist die fehlende Vernetzung der Behörden in Frankfurt. So passiert es immer wieder, dass sich die Behörden nicht abstimmen. So kommt es vor, dass sich die Auflagen widersprechen oder die Erfüllung der einen gegen eine andere Auflage verstößt. Bis hier zwischen allen Beteiligten ein Kompromiss gefunden ist, dauert es sehr lange.

I&F: Welche Qualität haben Ihre Bestände?

Wohnungsgenossenschaften haben einen relativ eng begrenzten Aktionsradius. Das ist gewollt, weil die Bestände dadurch mit einer sehr hohen Servicequalität und trotzdem sehr effektiv verwaltet werden können. Gewinnmaximierung über Skaleneffekte verträgt sich nicht mit dem Genossenschaftsgedanken.

Lokal betrachtet sind wir jedoch ein beachtlicher Marktteilnehmer. In Frankfurt besitzen wir rund 3 500 Wohnungen, die sich über das gesamte Stadtgebiet verteilen, und nochmal knapp 1 000 Wohnungen in Steinbach im Taunus. Das Portfolio reicht von Vorkriegsbauten, die der Sanierung bedürfen, bis hin zu Niedrigenergiehäusern Baujahr 2011. Den Schwerpunkt bilden Gebäude aus den fünfziger Jahren. Jährlich investieren wir bis zu 13 Millionen Euro in Neubau, Modernisierung und Instandhaltung. Das ist für ein Unternehmen unserer Größe beachtlich.

Wir modernisieren nur in bewohntem Zustand. Das heißt, unsere Mieterstrukturen bleiben während und nach der Sanierung erhalten. Dadurch ist der Betreuungsaufwand sehr hoch, weil es für die Mieter natürlich eine immense Belastung ist, mehrere Monate auf einer Baustelle zu leben. Wir wollen nicht vor den Maßnahmen entmieten, um anschließend zügig zu sanieren und danach zu einem deutlich höheren Preis zu vermieten.

I&F: Doch trotzdem müssen die Maßnahmen wirtschaftlich sein. Wie werden die Kosten umgelegt?

Mieten werden bei uns grundsätzlich nur turnusgemäß entsprechend § 558 BGB angehoben, wobei sich unsere Mieten deutlich unterhalb der gesetzlichen Möglichkeiten bewegen. Auf Modernisierungsmieterhöhungen verzichten wir. Das ist wichtig, um die Mieterstruktur zu erhalten. Denn wir wollen nicht, dass Mieter ausziehen, weil sie sich die Miete nach der Sanierung nicht mehr leisten können. Es ist eben ein Merkmal der Wohnungsgenossenschaften, denn die Mieter sind immer auch Genossen, also Eigentümer des Unternehmens. Deshalb wird auch die Betreuung der Mieter nicht an einen externen Dienstleister ausgelagert. Unsere Hausmeister beispielsweise sind Angestellte der Genossenschaft.

I&F: Wie sieht die Mieterstruktur aus?

Frankfurt ist eine Universitätsstadt in einem prosperierenden Ballungsraum, der von hoher Zuwanderung geprägt ist und kein demografisches Problem hat. Die Bevölkerungsstruktur spiegelt sich auch in unseren Hausgemeinschaften wider, die aus Familien, Berufsanfängern, Studenten und Senioren bestehen. Der Altersdurchschnitt unserer Mieter liegt etwa bei Mitte 50. Das kommt vor allem dadurch zustande, dass einige Mietverhältnisse schon mehr als 30 Jahre bestehen, was wiederum für eine sehr hohe Mieterzufriedenheit spricht.

Etwa zwei Drittel der Wohnungen können wir frei vermieten. Unsere Zielgruppe ist die Mittelschicht, zu der wir Arbeiter, Krankenschwestern, Polizisten und ähnliche Berufsgruppen zählen. Da wir Vollvermietung und eine relativ lange durchschnittliche Mietdauer haben, ist es allerdings für neue Interessenten schwierig, bei uns eine Wohnung zu bekommen.

Rund 1 400 Wohnungen sind preisgebunden. Hier bekommen wir die Mieter über das Wohnungsamt vermittelt. Als diese Bestände in den siebziger und achtziger Jahren gebaut wurden, stand eine andere Zielgruppe im Fokus, als man sie heute realisieren kann. Hier ist in den letzten Jahren eine Veränderung in den Sozialstrukturen zu verzeichnen, die zwar noch tragbar ist, aber nicht mehr zum genossenschaftlichen Anspruch passt. Deshalb bauen wir auch keine neuen Sozialwohnungen. In den neu geschaffenen frei finanzierten Wohnungen können wir die Mieterauswahl und die Zusammensetzung der Hausgemeinschaften selbst bestimmen.

I&F: Wie wählen Sie die Mieter aus?

Wir betreiben eine mehrstufige Interessentenauswahl. Dazu gehört ein persönliches Gespräch, bei dem sich die potenziellen Mieter dem zuständigen Sachbearbeiter vorstellen. Dieser nimmt anhand eines Kriterienkatalogs eine Auswahl vor und dann entscheidet der Vorstand, an wen vermietet wird. Unser Ziel ist es, eine Wohngemeinschaft zusammenzustellen, die zueinander, zum Objekt und zum Umfeld möglichst gut passt. Natürlich verhindert auch das nicht, dass es hin und wieder zu Konflikten kommt. Aber wir wollen sie nicht durch eine ungünstige Mieterkonstellation im Haus vorprogrammieren.

I&F: Gibt es denn Bestände mit erhöhtem Betreuungsaufwand?

In einigen Liegenschaften treten häufiger Konflikte auf als in anderen. Aber soziale Brennpunkte haben wir nicht. Tatsächlich sind es nur Fälle, bei denen einzelne Mieter nicht so gut miteinander auskommen und sich deshalb vielleicht auch die Beschwerden etwas häufen.

I&F: Eine Untersuchung attestierte jüngst den Wohnungsgenossenschaften nicht nur die höchste, sondern sogar eine weiter steigende Mieterzufriedenheit. Sind Wohnungsgenossen weniger anspruchsvoll?

Unsere Mieter sind gewiss nicht leichter zufriedenzustellen als andere. Ganz wichtig ist der Service und ein persönlicher Ansprechpartner. Deshalb werden die Siedlungen von eigenen, festangestellten Hausmeistern, die immer vor Ort sind, betreut. Darüber hinaus kooperiert die Genossenschaft langfristig mit lokalen Handwerkern, die deshalb von den Mietern oft als Volks-Bau-Angestellte wahrgenommen werden, obwohl sie das faktisch nicht sind. Für die hohe Mieterzufriedenheit ist also zum einen die Serviceorientierung verantwortlich, bei der wir wiederum in Umfang und Qualität nicht hinter ein einmal erreichtes Niveau zurückgehen dürfen. Andernfalls hagelt es sofort Beschwerden der Mitglieder.

Zum anderen spielt die Selbstverwaltung eine wichtige Rolle. Die Mieter bestimmen die Geschicke der Genossenschaft mit. Besonders engagierte Mitglieder versuchen wir als Mietervertreter und dann auch als Aufsichtsräte zu gewinnen. Bei einer Wohnungsgenossenschaft fallen Eigentümer- und Nutzerinteressen nicht auseinander. Das unterscheidet uns von anderen Vermietern.

I&F: Woher wissen Sie, wie zufrieden die Mieter in Ihren Beständen sind?

Wir arbeiten dazu mit einem Forschungsinstitut aus Bochum zusammen, das schon zahlreiche Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsunternehmen diesbezüglich analysiert hat. Die Antworten auf den Fragebögen ergaben, dass fast 90 Prozent unserer Mieter mit ihrer Genossenschaft zufrieden oder sogar sehr zufrieden sind. Wenn wir Sanierungen durchgeführt haben, führen wir mit den betroffenen Haushalten Telefoninterviews durch.

I&F: Wie engagiert sind die Genossen?

Derzeit haben wir etwa 7 000 Mitglieder, die aus ihren Reihen alle fünf Jahre knapp 80 Vertreter mit entsprechenden Ersatzleuten wählen, von denen wiederum der Aufsichtsrat gewählt wird.

Vor allem jüngere Genossenschaftsmitglieder sind sehr kritisch und hinterfragen Prozesse, Entscheidungen und auch Zustände in den Quartieren häufiger. Mieter, die schon Jahrzehnte in einem Haus wohnen, sehen vieles als "gewachsen" an, kennen es vielleicht auch nicht anders oder haben sich mit den Verhältnissen eingerichtet. Neue Genossenschaftsmitglieder können sich dagegen einiges anders vorstellen, wünschen zuweilen auch Veränderungen oder bringen ihre Ideen ein. Mitunter muss das Management dann erklären und begründen, warum bestimmte Dinge so sind, wie sie sind, oder so gemacht werden, wie sie gemacht werden. Wir müssen uns also ständig selbst überprüfen und unsere Arbeit rechtfertigen.

I&F: Wie rentiert sich die Mitgliedschaft?

Satzungsgemäß beträgt die Rendite auf die Genossenschaftsanteile maximal vier Prozent. Allerdings werden aktuell nur zwei Prozent ausgeschüttet. Als Kompensation wurde eine klar definierte Mietpreisrichtlinie festgelegt. Diese enthält beispielsweise eine Kappungsgrenze, sodass die Maximalmiete wenigstens acht Prozent unter dem Mietspiegel liegt. Dazu gibt es Begrenzungen für Mieterhöhungen, die unter dem gesetzlich zulässigen liegen. Im Schnitt liegen unsere Mieten dadurch bei derzeit sechs Euro je Quadratmeter - und das im Raum Frankfurt am Main.

Letztlich ist es egal, ob die Mittel ausgeschüttet oder investiert werden. In dem geschlossenen System kommt das Geld in jedem Falle der Genossenschaft und ihren Mitgliedern zugute.

I&F: Wie rechnen sich unter diesen Umständen energetische Sanierungen?

Wir machen eine ganz normale Rentabilitätsrechnung mit einer Ertragswertberechnung. Wenn diese über die Nutzungsdauer hinweg positiv ist, dann realisieren wir die Maßnahmen. Daher vermeiden wir Leuchtturm-Projekte, bei denen ein Haus zulasten des restlichen Bestands bis zum Passivhausstandard durchsaniert wird. Wir versuchen den ganzen Bestand im Blick zu halten. Natürlich sind auch dabei Konflikte nicht ausgeschlossen, denn es gibt Objekte, bei denen eine energetische Sanierung bei gleichem Kapitaleinsatz einen höheren Nutzen für die Genossenschaft als Ganzes bietet als bei anderen Objekten. Und es gibt auch Immobilien, wo sich Investitionen nicht rentieren.

Im Quartier Riederwald beispielsweise haben wir sehr hohe Auflagen des Denkmalschutzes zu erfüllen. Aufgrund der Gebäudesubstanz ist eine energetische Sanierung der 1911 errichteten Häuser wirtschaftlich nicht darstellbar gewesen. Zwischenzeitlich haben wir es über Förderprogramme und unter aktiver Beteiligung der Stadt Frankfurt erreicht, dass die Bestände saniert werden. Wenn diese Förderung einmal wegfällt, werden sich auch weitere Sanierungsmaßnahmen in diesem Bereich nicht mehr rechnen. Da müssen wir auch konsequent sein, denn den Mietern in unseren anderen Quartieren wäre das nicht vermittelbar.

Wohnungsgenossenschaften sind langfristige Bestandshalter. Das heißt, die Sanierung muss immer für den Mieter tragbar sein. Wir werten unsere Gebäudequalität nicht auf, um durch Verkauf einen besseren Preis zu erzielen oder ein zahlungskräftigeres Publikum anzusprechen. Das unterscheidet uns von anderen Vermietern. Unser Auftrag ist die nachhaltige Bewirtschaftung der Wohnungen unter Aufrechterhaltung ausgewogener Mieterstrukturen.

I&F: Wie verfahren Sie mit Genossenschaftsmitgliedern, die ihre Miete nicht mehr zahlen können?

Dafür gibt ein ganz klares Mahnverfahren und Forderungsmanagement. Zuvor und während dieses Prozesses wird allerdings immer wieder das Gespräch mit dem Mieter gesucht. Ihm wird Hilfe angeboten, um finanziell wieder auf die Beine zu kommen oder sich an das Sozialamt zu wenden. Die Kündigung ist die Ultima Ratio und häufig ein Weckruf, denn einige scheuen sich bis zu diesem Zeitpunkt, staatliche Hilfe und Unterstützung anzunehmen. Wer dann initiativ wird, kann das Mietverhältnis in der Regel sogar fortsetzen. Im sozialgebundenen Bestand vereinbaren wir mit den Behörden, dass uns die Zuschüsse direkt überwiesen werden.

I&F: Welche Vorteile bietet die Spareinrichtung?

Zunächst ist die Spareinrichtung ein Bestandteil der genossenschaftlichen Selbsthilfe. Als die Genossenschaften gegründet wurden, und auch nach dem Krieg, haben die Mitglieder noch selbst die Kelle geschwungen und gemauert. Das geht in unserer Genossenschaft heute nicht mehr. Aber finan zieren können die Mitglieder weiterhin. Deshalb ist die Spareinrichtung ein sehr wertvolles Instrument der Kundenbindung. Die Einlagen sind kein Eigen kapital, sondern stellen Verbindlichkeiten der Genossenschaft gegenüber ihren Mitgliedern dar. In Deutschland gibt es über 40 Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung, davon zwei in Hessen.

I&F: Wie attraktiv ist die Spareinrichtung für Investitionsfinanzierungen?

Für die Finanzierung ist die Spareinrichtung ein sehr wichtiger Baustein. Natürlich muss auch dabei auf die Rentabilität geachtet werden. Als Genossenschaft nutzen wir verschiedene Instrumente. Fördermittel sind in der Regel am günstigsten. Hinzu kommen Kapitalmarktdarlehen, die jedoch trotz Niedrigzinsphase oft teurer sind als die Spareinrichtung.

I&F: Wie attraktiv müssen die Konditionen bei den Sparanlagen sein?

Hier stehen wir natürlich im Wettbewerb mit anderen Anlageformen. Aktuell bieten wir im Langfristsparen für drei Jahre einen Zins um die zwei Prozent und sind damit gegenüber Festgeldanlagen und Tagesgeldkonten durchaus konkurrenzfähig. Das war vor fünf Jahren allerdings nicht so. Damals boten Banken für Spargelder Zinsen, die wir nicht erwirtschaften können.

Heute allerdings gereicht uns zum Vorteil, dass hinter der Spareinrichtung ein nachhaltig wirtschaftendes Wohnungsbauunternehmen steht, an dem die Sparer als Genossenschaftsmitglieder unmittelbar beteiligt sind. Zudem genießt die Immobilie aktuell zweifellos ein höheres Vertrauen als Banken. Von diesem Reputationsvorsprung profitieren wir. Seit Ausbruch der Bankenkrise sind die Spareinlagen stark gestiegen und machen heute rund 20 Prozent unserer Verbindlichkeiten aus.

I&F: Welchen Anteil halten Sie für optimal?

Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Es gibt Spareinrichtungen, bei denen die Spareinlagen 100 Prozent der Verbindlichkeiten ausmachen. Diese Quote werden wir nicht erreichen, weil dazu die Fluktuation unter unseren Mitgliedern zu hoch ist.

Bevor ein Mieter einen Teil seiner Ersparnisse bei uns anlegt, muss erst ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden. Dass schafft man nicht in wenigen Monaten. Viele, die bei uns Genossen werden, haben vorher noch nie etwas von der Spareinrichtung gehört und wissen nicht, was wir mit dem Geld machen und nicht machen dürfen. Da muss zunächst Überzeugungsarbeit geleistet werden.

Berufsanfänger und Studenten wollen ihr Geld oft nicht langfristig binden, weil sie möglicherweise in ein paar Jahren arbeits- oder familienbedingt wegziehen und vielleicht sogar die Rhein-Main-Region verlassen.

I&F: Was dürfen Sie mit dem Geld der Sparer und was nicht?

Wir können das Kapital nur in unsere Bestände investieren - also Sanierungen und Modernisierungen sowie Immobilienkauf und Neubau finanzieren. Spekulationen, Kreditvergabe und andere klassische Bankgeschäfte sind uns untersagt. Die Einhaltung dieser sehr strengen Restriktionen überwacht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Im Grunde stellen die Genossen der Genossenschaft mit dem Anteilserwerb Eigenkapital und mit ihren Spargeldern Fremdkapital zur Verfügung.

I&F: Wie schwierig ist im aktuellen Umfeld die Kreditaufnahme für ein Wohnungsunternehmen dieser Größe?

Nicht schwierig. Das liegt zum einen an der wirtschaftlichen Situation der Genossenschaft, die von allen Banken, mit denen wir zusammenarbeiten, als sehr positiv eingeschätzt wird. Zum anderen hat der Wettbewerb im Bankensektor zugenommen. Die enge Bindung an eine Bank ist heute nicht mehr üblich. Finanzdienstleistungen werden heute grundsätzlich ausgeschrieben.

Dabei nennen wir unseren Finanzierungsbedarf, den Anteil an KfW- und sonstigen Fördermitteln, die Laufzeiten und Sicherheiten und holen dann die Angebote ein. Wer den Zuschlag erhält, orientiert sich vorwiegend aber nicht ausschließlich am Zinssatz. Eine Rolle spielt auch, ob die Finanzierung von Wohnungsunternehmen für die Bank Kern- oder Randgeschäft ist.

Einige Kreditinstitute haben sich in den vergangenen Jahren verstärkt der Wohnungswirtschaft zugewandt, weil sie diese als eine sehr sichere Branche erkannt haben, mit der trotzdem Geld zu verdienen ist. Die sogenannte Hausbank gibt es zwar weiterhin, doch ist sie nicht mehr der primäre Finanzierungspartner, wie das früher der Fall war.

I&F: Wie nutzen Sie die aktuell niedrigen Zinsen?

Derzeit kommt uns die Zinsentwicklung insofern entgegen, dass wir auslaufende Kredite, etwa zur Hälfte der ursprünglichen Kapitalkosten nachfinanzieren können. Klar ist allerdings, dass es auch mal wieder andere Zeiten geben wird. Kurzfristig ist das jedoch nach der jüngsten Leitzinssenkung der EZB nicht zu erwarten. Allerdings dürften die Hypothekenzinsen auch kaum weiter nachgeben. In diesem Umfeld musste natürlich auch die Einlagenverzinsung in der Spareinrichtung abgesenkt werden. Alles andere hätte der Genossenschaft geschadet.

I&F: Spüren Sie die Auswirkungen der verschärften Bankenregulierung - bei der Finanzierung und hinsichtlich der Spareinrichtung?

Die Spareinrichtung unterliegt den gleichen Regeln wie die Banken. Ein Unterschied ist vielleicht, dass aufgrund unserer Größe und des eingeschränkten Geschäfts das Jahresgespräch mit der Aufsicht in einem etwas großzügigeren Turnus stattfindet als bei klassischen Geschäftsbanken. Mit Basel III und der Leverage Ratio haben wir wenig Probleme. Noch nicht endgültig geklärt ist, ob uns auch die Bankenabgabe treffen würde.

Aber es gibt natürlich noch eine ganze Reihe anderer Vorgaben, Auflagen und Anforderungen, mit denen wir uns beschäftigen müssen. Dazu gehören unter anderem Themen wie Geldwäsche, Compliance, Einlagensicherung und vieles andere. In diesen Fragen setzt sich der GdW für sachgerechte und tragbare Lösungen ein und bietet auch entsprechende Instrumente an. So gibt es zum Beispiel innerhalb des Verbandes einen eigenen Sicherungsfonds für die bei den Spareinrichtungen angelegten Gelder. Diese Einrichtung ist von Haftungsmechanismen der Banken völlig unabhängig.

Auf der Finanzierungsseite merken wir, dass die Banken sicherheitsorientierter geworden sind. Vor ein paar Jahren war es kein Problem Blankodarlehen zu bekommen. Heute wird auf der Eintragung einer Grundschuld bestanden. Aus unternehmerischer Sicht ist das verständlich und richtig. Es spricht nichts dagegen, einem Objekt eine Finanzierung zuzuordnen. Wir brauchen in der Regel keine Konstruktionen, bei denen ein Objekt beliehen wird, um ein anderes zu finanzieren. Einfache Strukturen sind den Banken auch leichter zu erklären.

I&F: Finden Ihre Belange in Basel und Brüssel genug Gehör?

An den Ergebnissen und Entscheidungen merkt man, welches kleine Rädchen die Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung im großen Finanz- und Kapitalmarktgetriebe sind. Oben wird versucht, das ganz große Rad zu drehen und wir knirschen unten mit. Unter der zunehmenden Regelungswut, die nicht nur die Spareinrichtung betrifft, leiden wir mit. Dabei ist der GdW schon sehr engagiert, um vieles für uns abzufedern.

I&F: Wenn Sie drei Wünsche an die Politik frei hätten, welche wären das?

Helfen würden uns erstens weniger Auflagen, zweitens Maßnahmen, um Wohnungsangebot und -nachfrage wieder zusammenzubringen und die Wohnungsmärkte zu stabilisieren, und drittens eine aktivere Unterstützung des Geschäftsmodells der Wohnungsgenossenschaften. Zwar wird viel darüber gesprochen und auch in Strategiepapieren formuliert, dass das genossenschaftliche Wohnen zu unterstützen sei, aber es wird Zeit, dass Resultate sichtbar werden.

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