Aus Mäßigkeit entspringt ein reines Glück!

Die Zeichen mehren sich, dass die besten Zeiten in der gewerblichen Immobilienfinanzierung für die deutschen Banken vorbei sind. Dies zeigt sich zum einen in den unter Druck geratenen Zinsmargen, dabei sind die Refinanzierungskosten weiterhin traumhaft niedrig. Es zeigt sich zum anderen darin, dass der Wettbewerb auch zunehmend über die Risikoparameter geführt wird. Sind sinkende Margen schon nicht angenehm, so ist ein Anstieg des Risikos Gift.

Die gewerbliche Immobilienfinanzierung hat in den vergangenen Jahren eine beeindruckende Entwicklung genommen. Auf der Seite der Kreditgeber haben die Landesbanken zu alter Stärke zurückgefunden und auch bei den privaten Geschäftsbanken ist die Gewerbefinanzierung bislang zumeist wieder Kerngeschäft. Ob die Commerzbank im Rückblick glücklich damit ist, sich so massiv von dem Bestand an Krediten der Eurohypo-Tochter getrennt zu haben, ist fraglich. Aber für die Entscheidung war ja nicht das Management alleine verantwortlich, sondern die EU- und die Bundesregierung diktierten den Schrumpfungspfad mit.

Doch das ist Geschichte, auch die Commerzbank ist wieder selektiv unterwegs. Als relativ neue und sehr aktive Wettbewerber kamen die weniger regulierten Marktteilnehmer wie Hedgefonds oder Private-Equity-Gesellschaften hinzu, die auch gerne große Portfolios von deutschen Banken übernommen haben. Darüber hinaus zog und zieht weiter eine stärkere Kapitalmarktorientierung in die gewerbliche Immobilienfinanzierung ein. Größere Immobiliengesellschaften nutzen immer mehr die Anleihemärkte für die Finanzierung, statt sich der traditionellen Banken zu bedienen. Deren starkes Wachstum hat dazu beigetragen, dass strategische Fragen in den Hintergrund geraten sind. Diese drehen sich vor allem darum, welche Strukturen nötig sind, um in einem schwierigeren Umfeld erfolgreich bestehen zu können.

Anregungen hierzu gibt es von den Beratern von Roland Berger. Zu den wichtigsten Handlungsempfehlungen für die in der gewerblichen Immobilienfinanzierung tätigen Häuser gehört die Stärkung der Kundenbindung durch ein besseres Verständnis des Kunden. Befragte Investoren lästern häufig über ein zum Teil mangelndes Verständnis der Strategie und des Geschäftsfelds sowie eine nicht ausreichende Analyse der Objekte. Hier mag es sinnvoll sein, neben einer regionalen Vertriebsausrichtung einen stärkeren Fokus auf Produkte und Segmente zu legen und damit den zunehmend professionell agierenden Investorengruppen entsprechende überdurchschnittliche Expertise zu bieten.

Von großer Bedeutung für den künftigen Erfolg ist die Fokussierung auf bestimmte Kunden und Produkte. Idealerweise leitet eine erfolgreiche Bank ihr Zielproduktportfolio - vulgo ihr Angebot - von ihrer Positionierung bei ihrer Kundschaft ab. Klingt einfach, ist aber in der Praxis eines der erstaunlichsten Probleme des Bankensektors, dass Kunde und Produkt nicht optimal harmonieren. Eine solche Dissonanz dürfte es sonst kaum in einer anderen Branche geben, vielleicht ist es einfach ein Symptom, das die Ertragsschwäche des deutschen Bankenapparates erklärt. Zu diesem Punkt passen auch die teilweise unzureichende Geschwindigkeit von Prozessen und die fehlende Kosteneffizienz. Dieses Problem wurde und wird durch die Kosten der Regulatorik noch verstärkt. Für Roland Berger ist hierbei neben der Steigerung der Geschwindigkeit vor allem die Optimierung der Verbindlichkeit des Prozesses, das heißt die Übereinstimmung zwischen einem ersten indikativen Term Sheet und der finalen Zusage, ein zunehmend wichtiger Erfolgsfaktor.

Für die großen Institute wird darüber hinaus eine Integration zusätzlicher Produkte aus dem Kapitalmarktgeschäft von Vorteil sein. Es erstaunt hierbei immer wieder, wie wenig einige Häuser ihre traditionellen Kreditbeziehungen, das heißt, sie stellen ihren Kunden ihre wertvolle Bilanz zur Verfügung, nicht dazu nutzen, mit ihren Immobilienkunden auch Kapitalmarktgeschäfte durchzuführen. Sie stellen dann erstaunt fest, dass sie zwar große Kredite an den Mann gebracht haben, aber die Provision für Kapitalerhöhungen beispielsweise bei Berenberg landet.

So banal die empfohlenen Maßnahmen auch klingen mögen, leider werden manche Häuser nicht bereit sein, die nötigen Schritte zu gehen. Einige werden sich schon damit schwertun, sich selbst zu beschränken und auf bestimmte Produkte - die keine angemessene Eigenkapitalverzinsung bieten - zu verzichten. Vielleicht besinnen sich aber die Entscheidungsträger auf die Weisheit, dass "aus Mäßigkeit ein reines Glück entspringt". Goethe wusste, wovon er sprach. ber

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