Problem komplex - Lösung einfach

Kosten- und Terminexplosionen beim Bau - sie sind immer häufiger die Regel und immer seltener die Ausnahme. Bauaufgaben sind komplexer geworden, unter anderem mit Blick auf die Energieeffizienz. Zudem ändert sich in der Praxis immer wieder die Planung. Auch dann noch, wenn bereits gebaut wird. Das lässt sich nicht immer verhindern. Die Folgen sind Verzögerungen sowie mehr oder weniger kostenintensive Nachträge für vorab nicht vereinbarte Leistungen. Die meisten kausalen Zusammenhänge sind bekannt; übersehen (oder ignoriert) werden sie aber dennoch. Beispielsweise: Dass in einer gründlichen Organisation vor Planungsbeginn und somit in einer frühen Phase des Projekts der Schlüssel für den späteren Erfolg liegt. Die Beeinflussbarkeit eines Vorhabens nimmt bekanntlich über die Projektdauer ab. Je später ein Gegensteuern erfolgt, desto schwieriger wird es.

Ein Beispiel, das in der Praxis immer wieder zu beobachten ist: Gerade bei der Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen wird oft mit standardisierten Verträgen gearbeitet. Juristisch mögen die Verträge einwandfrei sein, doch lassen sie oft wichtige Instrumente für die spätere Kontrolle vermissen. Der Projektsteuerer, der Kosten und Termine für den Bauherrn kontrollieren soll, braucht Zugriffsrechte auf die Beteiligten, um seiner Funktion nachkommen zu können. Sind die Bauaufträge in dieser Hinsicht lückenhaft, bleibt der Projektsteuerer "zahnlos". Im Übrigen entscheidet auch die Art der Vergabe (Einzelvergabe versus Generalunternehmer, der alle Leistungen erbringt) je nach Konstellation erheblich über Erfolg oder Misserfolg eines Projekts mit. Die Wahl einer für ein Projekt adäquaten Vergabeart inklusive solcher Verträge, die eine spätere Steuerung zulassen, muss zu Beginn eines Projekts erfolgen - das liegt auf der Hand. Dennoch werden Projektsteuerer oft erst dann beauftragt, wenn Architektenwettbewerbe und Vergabe bereits erfolgt sind.

Auch mit Blick auf die Kalkulation wird die Bedeutung der Frühphase eines Projekts deutlich. So haben viele Bauherrn das Thema Kosten schon vor Beginn der Planung nicht im Griff - weil unterschiedliche Personen oder Abteilungen beim Bauherren die projektierten Kosten unterschiedlich interpretieren. Wenn eine Summe festgelegt ist, ist dann die Rede von den gesamten Projektkosten, vom Baubudget oder von den Baukosten? Sind interne Kosten dabei berücksichtigt? In welchem Umfang sind bereits Reserven für Projektrisiken beispielsweise für Nachträge enthalten? Der Punkt, sich Klarheit über die zu investierende Summe zu machen, mag banal klingen. Wäre in der Praxis aber tatsächlich ein ausreichendes Maß an Transparenz und Verständnis über die Kosten vorhanden und darüber, wie sie sich auf die einzelnen Beteiligten aufteilen, wäre in manchem Fall klar: Man kann sich ein Projekt eigentlich nicht leisten. Es müsste von vorneherein umgeplant werden.

Zwei einfache Beispiele, die andeuten, dass die Lösung für komplexe Bauaufgaben simpel sein kann. Es gilt, einen größeren Schwerpunkt auf eine intensive, strategisch ausgerichtete Arbeit in der Frühphase eines Projekts zu legen. Bauherren sollten ihrem Projektsteuerer die Möglichkeit geben, den Rahmen für eine erfolgreiche Arbeit von Anfang an mitzugestalten. In der adäquaten Projektvorbereitung liegt bekanntermaßen einer der Schlüssel, wie sich Kosten und Termine besser steuern lassen. Dies muss sich in der Praxis endlich auch widerspiegeln.

Frank Weißkirchen, Executive Director, Ernst & Young Real Estate GmbH, Köln

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