MIPIM-SPECIAL

AKTUELLE ENTWICKLUNGEN UND RECHTLICHE BESONDERHEITEN AUF DEM NIEDERLÄNDISCHEN IMMOBILIENMARKT

Babette Vos Quelle: J. P. Hans

Die Niederlande gelten als wirtschaftlich stabiles und fortschrittliches Land. Und doch ging die globale Finanz- und Wirtschaftskrise vor rund zehn Jahren auch an unserem Nachbarland nicht spurlos vorüber. Dies zeigte sich unter anderem in den kurzzeitig stark rückläufigen Immobilienpreisen. Mittlerweile sind die Sorgen jedoch gänzlich verflogen, der niederländische Immobilienmarkt hat sich prächtig erholt und erfreut sich entsprechend großer Beliebtheit bei globalen Investoren. Die Autorin erläutert im Detail, auf welche Faktoren deutsche Investoren und Kreditinstitute beim Einstieg in den Markt achten müssen. Und wie sich im folgenden Beitrag zeigt, wartet das niederländische Immobilienrecht mit so einigen Besonderheiten auf. Red.

Der niederländische Immobilienmarkt erfreut sich unter den Investoren und Geldgebern aus dem In- und Ausland noch immer großer Beliebtheit. Die niederländischen Banken sind nach der Krise erneut aktiv geworden und auch verschiedene Parteien aus der City of London, darunter nicht nur Banken, sondern auch Kreditfonds und Versicherungsgesellschaften, haben Aktivitäten entwickelt.

Geldgeber aus Deutschland sind schon länger in den Niederlanden vertreten und viele von ihnen konnten ihre Marktposition während der Krise aufrechterhalten. Viele deutsche Banken, deren Finanzierungen auf Pfandbriefen beruhen, sind während der Krisenjahre aktiv geblieben, insbesondere in der Finanzierung von Büros an A-Standorten und von Wohnungsportfolios.

In den vergangenen anderthalb Jahren hat sich eine interessante Nachfrage- und Angebotsdynamik entwickelt, die nicht vollständig ausgewogen ist, da mehr Geld verfügbar ist als (von den Geldgebern für ausreichend gut befundene) zu finanzierende Immobilien. Dies bedeutet, dass derzeit ein "Borrower-Markt" (Kreditnehmermarkt) entsteht, wobei angemerkt werden kann, dass sich die Geldgeber mehr als vor der Krise auf Immobilien konzentrieren, die eine bestimmte Qualität haben und langfristig vermietet werden.

Wettbewerb unter Geldgebern intensiviert sich weiter

Trotz wachsender Konkurrenz sind die deutschen Banken noch stets sehr aktiv auf dem niederländischen Immobilienfinanzierungsmarkt und sie bieten inzwischen auch Kombinationen aus Projekt- und Anlagefinanzierungen, Wohneigentumsfinanzierungen mit der Möglichkeit zum zwischenzeitlichen Verkauf von Wohneigentum und kleine Finanzierungen an. Dass deutsche Banken Kredite zu guten Zinssätzen anbieten können und im All gemeinen auch langfristig an einer guten Beziehung zu den Kreditnehmern interessiert sind, macht sie unter niederländischen Immobilieninvestoren populär.

Es wird erwartet, dass der Wettbewerb zwischen den Geldgebern 2018 noch stärker werden wird. Aus diesem Grund ist es für einen Geldgeber umso wichtiger, die möglichen Exit-Szenarien mittels eines (Zwangs-)Verkaufs oder Neufinanzierung vor dem Abschluss einer Finanzierung zu kennen. Hierbei sind umfassende Kenntnisse der betreffenden Immobilie notwendig, aber auch ein guter Einblick in die rechtlichen Risiken. In diesem Beitrag soll auf einige Besonderheiten eingegangen werden, die für einen deutschen Geldgeber, der in niederländische Immobilien investieren möchte, relevant sind.

Ein konkurssicheres Vehikel für Immobilienfinanzierungen

Im niederländischen Markt ist es allgemein üblich, dass Immobilienfinanzierungen in Form einer Non-Recourse-Finanzierung gewährt werden. In diesem Fall ist es für einen Geldgeber üblich zu verlangen, dass die Immobilie von einer Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle, SPV) gehalten wird, deren einziger Zweck im Halten der Immobilie besteht. Hierdurch ist die Konstruktion so "konkurssicher" wie möglich, weil der Immobilieneigentümer sich auch aufgrund der Satzung der Gesellschaft nicht mit anderen Dingen als dem Eigentum und der Nutzung der finanzierten Immobilie beschäftigen darf. Die meisten Geldgeber wünschen deshalb nicht, dass die Immobilie auf den Namen einer natürlichen Person eingetragen ist. Dabei spielt auch eine Rolle, dass ein einer natürlichen Person gewährtes Darlehen als Verbraucherkredit betrachtet werden kann, wodurch der Geldgeber die Verbraucherkreditrichtlinien erfüllen muss.

Im Allgemeinen wird eine niederländische Zweckgesellschaft die Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Besloten Vennootschap, BV), einer Stiftung (Stichting) oder einer Kommanditgesellschaft (Personenvennootschap) nach niederländischem Recht haben. Bei Immobilienfonds liegt aus Gründen der Risikobeschränkung und aus steuerlichen Gründen eine Struktur vor, bei der die Immobilie als rechtliches Eigentum einer Verwahrstiftung gehalten wird und das wirtschaftliche Eigentum in den Händen einer anderen Fondsgesellschaft liegt, beispielsweise einer Kommanditgesellschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Darlehensvertrag orientiert sich am Format der Loan Market Association

In diesem Fall sind sowohl der rechtliche als auch der wirtschaftliche Eigentümer gesamtschuldnerisch haftbar für die Finanzierung. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass alle Fondsgesellschaften sich selbst verpflichten, sich an die Kreditrichtlinien zu halten. Wenn der Kredit unverhofft nicht getilgt werden kann und der Fonds nicht an einer Lösung mitarbeitet, ermöglicht die gesamtschuldnerische Haftung der Verwahrstiftung dem Geldgeber darüber hinaus, auf der Grundlage seiner Forderung gegen die Stiftung auch den Konkurs der Stiftung zu beantragen mit dem Ziel, einen Konkursverwalter ernennen zu lassen, der die Verwaltung der Stiftung übernimmt.

Ein Immobiliendarlehen wird in den Niederlanden üblicherweise in einem englisch- oder niederländischsprachigen Darlehensvertrag in den von der Loan Market Association (LMA) angebotenen Formaten dokumentiert. Hintergrund hierfür ist, dass viele Geldgeber einen bestimmten, im Markt bekannten Standard beibehalten möchten, und dass dafür gesorgt werden soll, dass das Darlehen auf Wunsch syndiziert oder auf andere Weise übertragen werden kann. In den meisten Fällen wird das ursprüngliche Format gekürzt, was als "LMA-light"-Version bezeichnet wird. Bei einem kleinen oder mittelgroßen Kredit werden in der Regel ein kurzes Briefangebot oder ein Briefvertrag auf der Grundlage eins von der Bank selbst entwickelten Formats verwendet, auf die die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank anwendbar sind.

Pfandrecht auf Bankkonten bei Großfinanzierungen

Das für eine niederländische Immobilienanlagefinanzierung übliche Sicherheitspaket besteht in jedem Fall aus einer Grundschuld auf die finanzierte Immobilie und einem Pfandrecht auf die damit verbundenen beweglichen Sachen und Forderungen, wozu in jedem Fall Mieten, Garantieansprüche aus der Erwerbsdokumentation und Versicherungen gehören. Bei großen Finanzierungen ist es üblich, darüber hinaus ein Pfandrecht auf Bankkonten zu begründen, auf die die Miete und anderen Zahlungen im Zusammenhang mit der finanzierten Immobilie eingehen sowie auf Anteile oder Beteiligungen am Kreditnehmer und eventuellen dritten Hypothekengläubigern. Diese letztgenannte Form der Sicherheit ist - im Gegensatz zu Deutschland - ziemlich verbreitet und wird inzwischen bei größeren Immobilienanlagefinanzierungen von fast allen Geldgebern bedungen, es sei denn, es handelt sich um Fondsgesellschaften, an denen eine größere Zahl von Anlegern beteiligt ist.

Ein Pfandrecht auf Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach niederländischem Recht, die Immobilien hält, ermöglicht dem Geldgeber, durch den Verkauf der Anteile eventuelle Steuerrückforderungen der Körperschaftssteuer, die die BV nach der Abwertung der betreffenden Immobilie haben sollte, an einen Käufer mit zu verkaufen. Darüber hinaus bietet ein Pfandrecht auf Anteile oder Beteiligungen dem Kreditgeber bessere Möglichkeiten, die Verwaltung einer finanzierten Immobilie bei einem Versäumnis, bei dem der Kreditnehmer nicht an einer Lösung mitarbeiten möchte, zu übernehmen.

Hierbei ist anzumerken, dass nach niederländischem Recht keine Regelungen bestehen, die dazu führen könnten, dass ein Kredit automatisch als kapitalersetzendes Darlehen nachrangig behandelt wird, wenn die kreditnehmende Gesellschaft in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Auch von der geschäftsführenden Haftung eines Geldgebers als tatsächlicher Entscheidungsträger wird nach niederländischem Recht nicht so schnell Gebrauch gemacht.

Im Falle einer Projektfinanzierung werden üblicherweise alle Rechte und Forderungen aus Submissions- und Entwicklungsverträgen sowie Genehmigungen verpfändet. Bei der Immobilienentwicklung ist der Bauunternehmer verpflichtet, eine sogenannte C.A.R.-Versicherung abzuschließen. Der Immobilieneigentümer hat bestimmte Auszahlungsansprüche und diese werden in der Regel verpfändet. Da Rechte aus Genehmigungen üblicherweise nicht übertragbar sind und die Übernahme der Kontrolle über eine Projektgesellschaft als Ganzes von großer Bedeutung ist, wenn der Kreditnehmer während der Entwicklung des Projekts in finanzielle Schwierigkeiten gerät, ist ein Pfandrecht auf die Anteile des Kreditnehmers, der bei Projektfinanzierungen als Projektgesellschaft auftritt, umso wichtiger.

Projektfinanzierung: Pfandrecht auf Kreditnehmeranteile wichtig

Eine Grundschuld muss mithilfe einer von einem niederländischen Notar ausgefertigten notariellen Urkunde begründet werden. Dasselbe gilt für ein Pfandrecht auf Anteile an einer BV. Sonstige Pfandrechte können in die Hypothekenurkunde oder eine separate privatschriftliche Urkunde aufgenommen werden. Ein Pfandrecht auf Bankkonten muss der Bank, bei der die betreffenden Konten gehalten werden, immer mitgeteilt werden und die betreffende Bank muss zudem der Verpfändung zustimmen, wenn diese rechtswirksam sein soll.

Die zugrunde liegenden Verträge müssen kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass sie keine Übertragungs- oder Verpfändungsbeschränkungen enthalten. Sollte dies der Fall sein, besteht die Gefahr, dass Rechte und Forderungen aus dem betreffenden Vertrag nicht verpfändet werden können. Dies würde in jedem Fall ein Versäumnis des Kreditnehmers gegenüber der betreffenden Gegenpartei darstellen, wenn er dennoch ohne deren Zustimmung ein Pfandrecht auf diese Rechte und Forderungen begründet. Insbesondere die allgemeinen Bankbestimmungen der niederländischen Banken, bei denen der Kreditnehmer Bankkonten, Mietgarantien, Kaufverträge, Verträge mit und Genehmigungen von Behörden und Submissionsverträge hält, werden häufig ein Übertragungs- und Verpfändungsverbot enthalten. Wenn der Vertrag ein Übertragungsverbot enthält, gilt nach niederländischem Recht, dass das Verbot auch für Verpfändungen gilt, wenn nicht im Vertrag anderes bestimmt ist.

Die Besonderheiten des niederländischen Erbbaurechts

Bei einer Projektfinanzierung besteht die Besonderheit, dass ein Bauunternehmer bei Ausbleiben der Bezahlung von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen kann. Wenn ein älteres Recht als die vom Geldgeber begründete Grundschuld besteht (und unter bestimmten Umständen auch, wenn ein jüngeres Recht besteht), kann der Bauunternehmer einen Vorrang vor dem Hypothekengläubiger erhalten. Um dies zu vermeiden, verlangt der Geldgeber häufig, dass die betreffenden Bauunternehmer vor Abschluss der Finanzierung auf ihr Zurückbehaltungsrecht verzichten. Im Austausch erteilt der Geldgeber eine Fertigstellungsgarantie, die beinhaltet, dass unter dem Darlehen weitergezahlt wird, auch wenn der Kreditnehmer insolvent sein sollte oder den Bauunternehmer aus anderen Gründen nicht mehr bezahlt, wobei der Geldgeber den Bauunternehmer direkt bezahlt. Auf diese Weise wird so gut wie möglich sichergestellt, dass die Immobilie ohnehin fertiggestellt wird.

Ein kurzes Wort zum Eigentum an der zugrunde liegenden Immobilie: Neben dem vollständigen Eigentum kennt das niederländische Recht auch eine andere häufig verwendete Form der Berechtigung an der Immobilie, nämlich das Erbbaurecht. Insbesondere in städtischen Gebieten werden Grundstücke häufig von den Gemeinden langfristig in Erbpacht gegeben - 50 oder 100 Jahre (befristetes oder fortlaufendes Erbbaurecht) oder sogar ewig. Als Gegenleistung für das Erbbaurecht muss der Pächter einen Erbbauzins zahlen. Das Erbbaurecht wird vor allem von Gemeinden genutzt, um einen Einfluss auf die Art und Weise der Nutzung des Grundstücks zu behalten, insbesondere in Amsterdam und Rotterdam, aber beispielsweise auch vom Flughafen Amsterdam Schiphol.

Das Erbbaurecht kann wie als Eigentum mit einer Grundschuld als Sicherheit für die Finanzierung belastet werden. Häufig wird dazu die Zustimmung der betreffenden Gemeinde benötigt. Das Erbbaurecht wird häufig angewendet und im Allgemeinen schreckt es Käufer und Geldgeber nicht ab, wenn es sich um ein langfristiges Erbbaurecht handelt und nicht zu unüblichen Bedingungen mit dem Erbbaurecht verbunden wird. Vorzugsweise wird die Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses damit abgekauft. Es ist für Geldgeber dennoch empfehlenswert, die Möglichkeiten zur Anpassung der Bedingungen des Erbbaurechts (darunter insbesondere die Höhe des Erbbauzinses, wenn dieser nicht abgekauft wurde) und die Möglichkeiten zur Beendigung des Erbbaurechts für den sogenannten bloßen Eigentümer (Gemeinde) sorgfältig zu prüfen. Zusammengefasst ist die Beendigung des Erbbaurechts üblicherweise nur möglich bei einem maßgeblichen Versäumnis in der Erfüllung einer Verpflichtung unter den Erbbaubedingungen innerhalb zwei auf einander folgender Jahre. Die Gemeinden nehmen aber häufig auch auf, dass das Erbbaurecht aus öffentlichem Interesse beendet werden kann.

Keine Verpflichtung der Gesellschafter zur Konkursanmeldung

Die Verwertung von Sicherheiten ist nach niederländischem Recht möglich, sobald ein Versäumnis in der Erfüllung der durch die Grundschuld oder das Pfandrecht abgesicherten Zahlungsverpflichtungen entstanden ist. Der Kreditgeber muss im Falle der Verwertung seiner Sicherheiten danach streben, einen maximalen Ertrag unter den sodann geltenden Umständen zu erzielen. Es besteht also keine Verpflichtung, auf bessere Marktumstände zu warten. Pfandrechte auf Rechte und Forderungen dürfen auch im Falle eines anderen Versäumnisses als der Nichtzahlung verwertet werden, wenn dies in der betreffenden Pfändungsoder Hypothekenurkunde entsprechend vereinbart wurde. Sollte der Kreditnehmer in Konkurs gegangen sein, hat dies (abgesehen von einigen zu vernachlässigenden Ausnahmen) keinen Einfluss auf die Position des Geldgebers. Eine wichtige Ausnahme betrifft das Pfandrecht auf (Miet-)Forderungen und Bankkonten: Wenn der Pfandgeber in Konkurs geht, fallen alle Zahlungen, die ab dem Zeitpunkt der Konkurserklärung geleistet werden, in die Konkursmasse. Im Übrigen besteht nach niederländischem Recht keine gesetzliche Verpflichtung für die Geschäftsführung einer Gesellschaft, den Konkurs der Gesellschaft zu beantragen. Auch kennt das niederländische Recht nicht das Konzept der Überschuldung und es muss deshalb kein Konkurs für eine Gesellschaft angemeldet werden, wenn deren Aktiva geringer als die Passiva sind. Die Geschäftsführung einer Gesellschaft kann jedoch persönlich haftbar gemacht werden für Schulden, die von der Gesellschaft oder in ihrem Namen zu dem Zeitpunkt gemacht wurden, an dem vernünftigerweise hätte deutlich sein müssen, dass die Gesellschaft diese nicht bezahlen kann.

Unter niederländischem Recht gelten feste Verfahren, die bei der Verwertung von Sicherheiten befolgt werden müssen. Die Verwertung einer Grundschuld verläuft immer über einen niederländischen Notar. Die Verwertung einer Grundschuld dauert - abhängig von der Art der Immobilie und des gewählten Verfahrens - in der Regel ungefähr drei bis vier Monate.

DIE AUTORIN BABETTE VOS, Rechtsanwältin, Van Doorne N.V., Amsterdam
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