MIPIM Special

Beleihungswertermittlung im Ausland

Tanja Reiß

Für das Deckungsgeschäft der Pfandbriefbanken sieht der deutsche Gesetzgeber strenge Regelungen vor, dies gilt besonders für die Beleihungswertermittlung. Die Vorgaben müssen auch außerhalb Deutschlands eingehalten werden. Es ist dabei eine Zertifizierung oder vergleichbare Bestellung durch eine staatlich anerkannte Stelle sowie das Vorhandensein besonderen Know-hows erforderlich. Für die Pfandbriefbanken sind gut ausgebildete Beleihungswertexperten direkt vor Ort eine enorme Erleichterung. Aus Sicht der Autorin kennt ein Gutachter im Ausland neben der Methodik der Wertermittlung auch die Philosophie, die dahinter steckt, und kann das Risiko für die Bank besser verstehen und analysieren. Red.

Seit der Öffnung des Hypothekenbankgesetzes für das Auslandsgeschäft im Jahr 1988 begleiten die Pfandbriefbanken Gewerbeimmobilienanleger ins Ausland. Sie haben ihre Marktstellung seitdem in vielen europäischen Ländern zu bedeutenden Immobilienfinanzierern ausgebaut. Derzeit macht das grenzüberschreitende Geschäft rund 40 Prozent des gesamten Gewerbeimmobilienfinanzierungsgeschäfts (236 Milliarden Euro Darlehensbestand zum Jahresende 2014) aus und leistet damit einen bedeutenden Beitrag zum Kreditgeschäft der Pfandbriefbanken.

Für das Deckungsgeschäft, insbesondere für die dazu benötigte Beleihungswertermittlung, sieht die deutsche Gesetzgebung strenge Regelungen vor. Gemäß § 25 der Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) müssen diese Vorgaben grundsätzlich auch außerhalb Deutschlands eingehalten werden. Auch für die Bewertung dieser Immobilien ist die Berücksichtigung langfristiger, nachhaltiger Merkmale und der zukünftigen Verkäuflichkeit ebenso von Bedeutung wie die methodischen und formellen Anforderungen dieser Verordnung. Das schließt die Einhaltung des sogenannten Zwei-Säulen-Prinzips, den Ansatz nachhaltiger Mieterträge sowie der Bewirtschaftungskosten, aber auch die Beachtung der Mindestkapitalisierungszinssätze ein. Eine wichtige Anforderung ist außerdem die Einhaltung der Anforderungen an die Qualifikation und Unabhängigkeit des Gutachters. Für die in der Kreditwirtschaft tätigen Immobiliengutachter ist § 6 BelWertV einschlägig. Dieser regelt die Anforderungen an die Gutachter - auch für die, die im Ausland Beleihungswerte ermitteln. Demnach sind eine Zertifizierung nach ISO/IEC 17024 oder eine vergleichbare Bestellung durch eine staatlich anerkannte Stelle sowie das Vorhandensein besonderer Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Beleihungswertermittlung erforderlich. Entsprechend müssen auch für das Marktwertgutachten besondere Kenntnisse der landesspezifischen Marktwertermittlung und über den jeweiligen Immobilienmarkt vorhanden sein.

Lokales Expertenwissen ist dabei unumgänglich und bei der Wertfindung der Immobilien von enormer Bedeutung. Noch vor einigen Jahren beauftragten deutsche Banken im Ausland ortsansässige Gutachter ausschließlich mit der Marktwertermittlung. Die für Deckungsdarlehen erforderlichen Beleihungswerte wurden von Gutachtern in Deutschland mit der entsprechenden Qualifikation auf Basis der Informationen aus den landesspezifischen Gutachten ermittelt. Das führte zu deutlich erhöhten Kosten und hatte nicht selten eine Restunsicherheit der finanzierenden Bank zur Folge. Für die beauftragenden Banken sind gut ausgebildete Beleihungswertexperten direkt vor Ort daher eine enorme Erleichterung.

Gemäß § 6 BelWertV hat sich die Bank von der Qualifizierung der jeweiligen Gutachter zu überzeugen. Mit der Zertifizierung für die Beleihungswertermittlung (CIS HypZert MLV) ist die Überprüfung und Dokumentation kein Problem: Neben der anspruchsvollen Erstzertifizierungsprüfung dienen drei weitere Bausteine der Qualitätssicherung aller Hypzert Immobiliengutachter: die kontinuierliche Überwachung von fachspezifischen Weiterbildungen, die Überprüfung von zu erstellenden Gutachten sowie eine alle fünf Jahre abzulegende Rezertifizierungsprüfung. So kann der Auftraggeber von gleichbleibender Qualität und immer aktuellem Wissensstand ausgehen. Weiterhin gehen Daten und Detailwissen "unterwegs" nicht verloren. Das lokale Expertenwissen vor Ort fließt direkt in das Markt- und Beleihungswertgutachten ein. Der ortsansässige Gutachter kann spezifische rechtliche und lokale Besonderheiten direkt auch für die Auswirkungen auf die Beleihung einschätzen und die Kollegen in der finanzierenden Bank unterstützen.

Kennt der Gutachter im Ausland neben der Methodik der Beleihungswertermittlung auch die Philosophie, die dahinter steckt, kann er das Risiko für die Bank viel besser verstehen und analysieren. Er kann die Bank nicht nur hinsichtlich der marktwertrelevanten, stichtagsbezogenen Merkmale, sondern auch hinsichtlich der vielen Besonderheiten im langfristigen Immobilienfinanzierungsgeschäft unterstützen.

Um Gutachter im Ausland auch für die Beleihungswertermittlung zu qualifizieren, entwickelte die Hypzert einen eigenen Ausbildungsgang. Dessen Schwerpunkt liegt auf der Ermittlung von Beleihungswerten gemäß BelWertV. Die Ausbildung und Prüfung richtet sich an Personen, die in einem anderen Land außerhalb Deutschlands bereits langjährig in der Wertermittlung von Immobilien tätig sind, einen anerkannten Titel zur Ermittlung von Marktwerten besitzen und sich zusätzlich im Bereich Beleihungswertermittlung qualifizieren möchten. Erfahrene Marktwertgutachter mit einer entsprechenden Qualifizierung auf diesem Gebiet (beispielsweise RICS oder REV) werden seit 2012 durch die vdp Pfandbrief Akademie intensiv geschult und gezielt auf die Anforderungen der deutschen Finanzwirtschaft vorbereitet. Erfahrene Referenten mit internationaler Berufserfahrung erläutern die Grundlagen der Beleihungswertermittlung nach BelWertV in Theorie und Praxis. Die Zertifizierung wird nach bestandener Prüfung durch die Hypzert erteilt.

Die Autorin Tanja Reiß Stellvertretende Geschäftsführerin, HypZert GmbH, Berlin
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