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Betriebssicherheitsverordnung: Sind Sie auf dem Stand der Technik?

Moderner Personenaufzug Quelle: Schindler Deutschland AG & Co. KG

Seit Juni ist die neue Betriebssicherheitsverordnung in Kraft, die regelt, was Betreiber von Aufzügen beim Betrieb von überwachungsbedürftigen Anlagen - namentlich alle Aufzüge, die auch Personen befördern - zu beachten haben. Eine Verschärfung besteht insbesondere bei den Prüfpflichten, angefangen bei der Nutzung der Anlage. Durfte sie bislang genutzt werden, sobald sie norm- und vorschriftsgemäß vom Montagebetrieb übergeben wurden, muss die Anlage jetzt vor Inbetriebnahme von einer zugelassenen Überwachungsstelle (ZÜS) geprüft werden. Auch der Bestandsschutz für ältere Anlagen entfällt, was den Betreiber zwingt, zumindest schon mal ein Konzept zur Anpassung des Betriebs an den Stand der Technik bei der ZÜS vorzulegen. Beispielsweise muss neben der Pflicht zu Notfallplan und Prüfplakette die bestehende Notruflösung überprüft und bis spätestens 2020 auf den neuesten Stand gebracht werden. Doch ein Nachrüsten ist laut Autor problemlos. Red.

Die Paternoster-Posse hat es sogar in die Washington Post und das Wall Street Journal geschafft. Die amerikanischen Journalisten fanden es offenkundig sehr skurril und berichtenswert, dass die deutsche Regierung ihren Bürgern die Benutzung von Paternostern nur noch mit Fahrstuhl-Führerschein gestatten wollte. Genau das sah eine zum 1. Juni dieses Jahres in Kraft getretene Verordnung vor, der zufolge nur noch "eingewiesene Personen" mit den sogenannten Personen-Umlaufaufzügen fahren dürfen.

Nachdem Bevölkerung, Medien und Politik ihr Unverständnis über diese Regelung artikulierten und klar wurde, welchen unverhältnismäßig großen administrativen und finanziellen Aufwand das Ganze bedeutet (entweder alle Gebäudebenutzer einweisen oder alle Paternoster durch moderne Aufzüge ersetzen), milderte das Bundeskabinett die Regelung ab. Jetzt dürfen sich die Paternoster wieder drehen, wenn die Betreiber "durch zusätzliche Maßnahmen Gefährdungen bei der Benutzung" vermeiden, also im Zweifelsfall mit Schildern auf mögliche Gefahren hinweisen. Bei der Berichterstattung über diesen Schildbürgerstreich wurde allerdings nur am Rande thematisiert, was noch so alles in der Verordnung steht, die den Paternoster beerdigen wollte. Und das ist nicht wenig.

Verschärfte Vorschriften für Aufzüge

Auf 51 Seiten regelt die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) unter anderem, was beim Betrieb von überwachungsbedürftigen Anlagen zu beachten ist. Darunter fallen nicht nur Paternoster, sondern alle Aufzüge, mit denen auch Personen befördert werden: Lastenaufzüge, Bauaufzüge und selbstredend Personenaufzüge. Für deren Betreiber gelten seit dem 1. Juni strengere Regeln. Insbesondere was Prüfpflichten anbelangt, wurden die Vorschriften mit der Novellierung der 2002 erstmals in Kraft getretenen Verordnung verschärft. Und während es bei der Paternoster-Posse um schätzungsweise 250 Anlagen in Deutschland ging, betreffen diese Änderungen rund 700 000 Aufzüge.

Das beginnt schon, wenn man einen neuen Aufzug in Betrieb nehmen will. Bisher war es möglich, die neue Anlage zu nutzen, sobald sie in Verkehr gebracht, das heißt entsprechend den gültigen Normen und Vorschriften betriebsbereit vom Montagebetrieb übergeben wurde. Jetzt darf der Aufzug erst eingeschaltet werden, wenn die Anlage vor der Inbetriebnahme von einer zugelassenen Überwachungsstelle (ZÜS) geprüft wurde. Auch wenn sicher viele Aufzugsfirmen die Koordinierung und Abwicklung der Prüftermine im Auftrag des Kunden übernehmen - die Verantwortung liegt hierfür in der Hand des Betreibers.

Betreiber werden Arbeitgebern gleichgestellt

In keinem Fall sollte man das auf die leichte Schulter nehmen: Erhöhte Haftungsrisiken und Bußgelder drohen, da mit der neuen BetrSichV alle Aufzüge wie Arbeitsmittel behandelt und die Betreiber Arbeitgebern gleichgestellt werden. Daher ist jeder Betreiber gut beraten, eine Beurteilung der Gefährdungen seiner Anlagen erstellen zu lassen und mit dem Serviceunternehmen zu definieren, was notwendig ist, damit die gesetzlichen Auflagen erfüllt und die Sicherheit der Nutzer gewährleistet ist.

Mit der neuen Betriebssicherheitsverordnung entfällt auch der bislang gültige Bestandsschutz für ältere Aufzugsanlagen. Das führt unter anderem dazu, dass Aufzugsbetreiber derzeit in ihrem Prüfbericht folgenden Mangel finden: "Die Aufzugsanlage wird nicht im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung verwendet. Es fehlt ein Konzept zur Anpassung des Betriebs der Aufzugsanlage an den Stand der Technik." Diese Aussage bedeutet nun keinesfalls, dass der betreffende Aufzug technische Mängel aufweist oder gar sicherheitsrelevante. Um die neuen Regelungen der BetrSichV zu erfüllen, fordert die ZÜS bei wiederkehrenden Prüfungen ein Konzept zur Anpassung des Betriebes an den Stand der Technik. Für den Betreiber heißt das, eine Beurteilung der Gefährdungen durchführen zu lassen sowie Schutzmaßnahmen für die sichere Verwendung der Aufzugsanlage nach dem Stand der Technik festzulegen.

Im ersten Schritt bedeutet das noch nicht, dass ein Betreiber Modernisierungsmaßnahmen an seinen Aufzügen in Auftrag geben muss. Die ZÜS fordert lediglich ein Konzept, aus dem hervorgeht, wie der Aufzug auch in Zukunft sicher nach dem Stand der Technik betrieben werden kann. Um aber überhaupt festzustellen, welche Gefährdungen bestehen und was kurzfristig und auch auf lange Sicht getan werden muss, um den Aufzug sicher zu halten, ist eine Sicherheitsanalyse notwendig. Qualifizierte Wartungsunternehmen bieten so etwas an. Schindler geht sogar einen Schritt weiter.

Betreiberpflichten delegieren

Mit dem Servicemodul Prüfung plus übernimmt das Unternehmen einen Teil der Betreiberpflichten - von der Koordination der Prüftermine über die Dokumentation bis zur Gefährdungsbeurteilung zum Abgleich des Anlagenzustands mit dem aktuellen Stand der Technik. Dabei entscheidet der Betreiber selbst, welche Pflichten und Ausgaben er an das Serviceunternehmen delegiert und um was er sich selbst kümmert. So zählt das Erstellen eines Konzepts zur Anpassung des Betriebs der Aufzugsanlage an den Stand der Technik auch zu den Leistungen, die Bestandteil von Prüfung plus sind. Zuerst werden dabei die relevanten Einzelkomponenten des Aufzugs analysiert und die Abweichungen zum Stand der Technik festgehalten. Der Betreiber erhält zudem aufzugsspezifische Unterlagen für die Gefährdungsanalyse des Umfelds der Aufzugsanlage. Nach dieser Ist-Analyse wird dann gemeinsam mit dem Betreiber das geforderte Konzept ausgearbeitet und in einem Maßnahmenplan die zeitliche Umsetzung der vereinbarten Anpassungen festgehalten.

Notrufsystem nachrüsten

Bereits seit 1999 schreibt die Betriebssicherheitsverordnung vor, dass alle neu errichteten und modernisierten Aufzüge mit einem sogenannten Fernnotrufsystem ausgestattet sein müssen. Das Zwei-Wege-Kommunikationssystem stellt bei Betätigung der Notruftaste automatisch eine Sprechverbindung zu einer ständig besetzten Leitzentrale her. Seit der Novellierung der Verordnung im Juni 2015 besteht auch hier eine Nachrüstpflicht für ältere Anlagen. Eine bestehende Notruflösung muss zudem überprüft und auf den neuesten Stand gebracht werden. Das betrifft beispielsweise Tableaus in der Kabine, die noch nicht alle relevanten Notruffunktionen wie Notrufknopf, Piktogramme und Beleuchtung enthalten. Der Gesetzgeber gewährt zwar eine Übergangsfrist bis 2020, eine Nachrüstung oder Modernisierung ist jedoch bereits jetzt empfehlenswert.

Viele Bestandsanlagen verfügen bislang nur über eine Hupe als akustische Notrufeinrichtung. Das war bisher zulässig, wenn der Notruf jederzeit von einer beauftragten Person gehört wurde. Diese ständige Präsenz eines Hausmeisters oder Pförtners ist allerdings für die meisten Betreiber kaum zu gewährleisten. Eine Einschätzung, die ein Test des Arbeitsministeriums Nordrhein-Westfalens im Jahr 2013 belegte. Bei mehr als jedem zweiten älteren Aufzug reagierte niemand auf das Notfallsignal. Bleibt die Anlage tatsächlich einmal stecken und wird der Notruf nicht umgehend weitergeleitet, drohen dem Betreiber Schadensersatzforderungen oder sogar die Stilllegung der Anlage durch die Behörden. Und das auch schon heute.

Mit einem Fernnotruf gehen Betreiber auf Nummer sicher. Ein System wie Schindler Notruf stellt über eine Telefonleitung eine direkte Sprechverbindung zur 24 Stunden besetzten Notrufzentrale des Aufzugsunternehmens her. Die eingeschlossene Person wird von speziell ausgebildetem Personal betreut und ihre Befreiung unverzüglich eingeleitet. Solche Fernnotrufsysteme lassen sich problemlos nachrüsten. Dafür können Betreiber neben einem festen Telefonanschluss auch kostengünstigere Mobilfunkanschlüsse wählen. Bei der Auswahl eines entsprechenden Systems sollten jedoch einige Faktoren berücksichtigt werden: Wichtig ist, dass die technischen Anforderungen der Europanorm 81-28 erfüllt sind. So ist sichergestellt, dass keine Anrufe verloren gehen. Dazu gehören auch ein automatischer Funktionstest, eine Missbrauchserkennung sowie eine Notstromversorgung.

Ergänzend zum Notrufsystem ist seit der Novellierung der Betriebssicherheitsverordnung für jede Anlage ein Notfallplan erforderlich, der regelmäßig aktualisiert werden muss. Dieser enthält unter anderem Informationen zum Standort des Aufzugs, dem verantwortlichen Arbeitgeber und zu Personen, die eine Notbefreiung vornehmen können. Auch Erste-Hilfe-Hinweise sowie eine Befreiungsanleitung sind vorgesehen. Bei Aufzügen mit einem modernen Notrufsystem reicht es, wenn der Notfallplan beim Notdienst und in der Betreiberdokumentation hinterlegt ist. Bei Anlagen, die nicht an einen Notdienst angeschlossen sind, sondern bei denen noch eine beauftragte Person für die Notbefreiung verantwortlich ist, muss der Notfallplan in der Nähe des Aufzugs sichtbar angebracht sein. Für Neuanlagen ist der Notfallplan ab sofort verpflichtend, bei bestehenden Aufzügen hat der Gesetzgeber eine Frist bis zum 1. Juni 2016 festgelegt.

Prüfplakette ist Pflicht

Zum Schluss noch die offensichtlichste Änderung durch die neue BetrSichV - nicht für die Betreiber, sondern für die Nutzer von Aufzügen: An jedem Aufzug muss zukünftig die Prüfplakette der zugelassenen Überwachungsstelle ersichtlich sein. Auf dieser Plakette kann man - ähnlich wie bei der Plakette am Auto - sehen, wann die nächste Prüfung des Aufzugs ansteht.

Mit dieser neuen Vorschrift kommt der Gesetzgeber einer schon oft in der Branche geforderten Kennzeichnungspflicht nach. Bisher bestand für die Nutzer eines Aufzugs keine Möglichkeit, bereits beim Betreten eines Aufzugs zu erkennen, ob die Anlage regelmäßig gewartet und geprüft wird. Das wird nun anders.

Der Autor

Lennart Svensson Leiter Business Marketing Schindler Deutschland AG & Co. KG, Berlin

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