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EUROPEAN REAL ESTATE PRIVATE DEBT - ERFOLGSKRITERIEN AUS SICHT INSTITUTIONELLER ANLEGER

Andreas Höfner, Foto: Helaba Invest

Private Debt hat sich innerhalb weniger Jahre zu einer sehr gefragten Anlageklasse unter institutionellen Investoren entwickelt, wobei der Boom längst auch Kontinentaleuropa beziehungsweise Deutschland erreicht hat. Üblicherweise handelt es sich hierbei um Kreditfonds, die außerhalb des Bankensektors Fremdkapital für Unternehmens-, Infrastruktur- und Immobilienfinanzierungen bereitstellen. Bei Letzteren gilt nicht zuletzt die steigende Bankenregulierung als einer der Haupttreiber für ihre zunehmende Verbreitung. Die Autoren durchleuchten im folgenden Beitrag die wesentlichen europäischen Markttrends sowie Erfolgskriterien von Real Estate Private Debt. Red.

Warum zu 4,0 Prozent jährlicher Eigenkapitalrendite in Immobilien investieren, wenn Immobilienkredite mit 8,0 Prozent per annum verzinst werden? Eine Frage, die immer noch in vielen Vorstellungen von institutionellen Produkten des Immobilienkreditsegmentes gestellt wird und tatsächlich auch zur Diskussion anregt. Ist der Immobilienmarkt so ineffizient, dass Darlehen im Vergleich zu Eigenkapitalinvestitionen besser verzinst werden können? Die Antwort darauf ist genauso undifferenziert wie die Frage: Jein!

Natürlich ist die Renditespanne auf der Fremdkapitalseite nahezu genauso breit wie die auf der Eigenkapitalseite und entsprechend von der Risikostruktur des Darlehens und des zugrunde liegenden Underlyings bestimmt. Während eine Immobilieneigenkapitalrendite in Höhe von 4,0 Prozent per annum aus einem Core-Objekt oder -Portfolio in guten Lagen über einen langen Zeitraum erwirtschaftet werden kann, liegt einer Immobilien-Fremdkapitalrendite in Höhe von 8,0 Prozent per annum eine relativ kurze Kreditlaufzeit von 12 bis 36 Monaten bei erweiterten Risiken auf Underlying-Ebene zugrunde. Konkret kann es sich zum Beispiel um Brückenfinanzierungen von Gestehungskosten einer Projektenwicklung oder der Finanzierung einer Objekt-Repositionierung handeln.

Die Mischung macht den Unterschied

Der Vergleich einer Eigenkapitalrendite in Höhe von 4,0 Prozent per annum mit einer Fremdkapitalrendite in Höhe von 8,0 Prozent per annum ist somit genauso zielführend, wie die Bestellung eines Altbieres in einer Kölsch-Kneipe. Mit Blick zurück auf die einleitende Fragestellung zielt unsere Antwort nicht auf das implizierte "Entweder, Oder", sondern auf ein klares "Und".

Abhängig vom allgemeinen Immobilienmarktzyklus dominiert1) ein Portfolio aus Immobilieneigen- und -fremdkapital ein reines Eigen- oder Fremdkapitalportfolio. Es handelt sich um unterschiedliche Anlageklassen mit unterschiedlichen Zyklen und Risiko-/Renditeprofilen. Genauso wie Unternehmensanleihen und Aktien sollte sich die Investition in Immobilieneigen- und -fremdkapital komplementär und nicht substitutiv verhalten.

Bei einem institutionell verwalteten Immobilienvermögen in Höhe von zirka 2 000 bis 3 000 Milliarden Euro innerhalb des europäischen Marktes entspricht das Marktvolumen des institutionellen Immobilienfinanzierungsmarktes zirka 1 000 bis 1 500 Milliarden Euro.2) Dabei beträgt das Volumen auslaufender Immobilienkredite in den nächsten fünf Jahren zirka 300 Milliarden Euro.

Alternative Kreditgeber auf dem Vormarsch

Traditionell wird der Markt für Immobilienfinanzierungen dominiert durch Banken. Allerdings ergeben sich länderspezifische Unterschiede (siehe Abbildung 1). Während in den angelsächsischen und asiatischen Märkten sogenannte "Alternative Lender", darunter institutionelle Anleger und Kreditfonds, mit zirka 15 bis 20 Prozent einen relativ hohen Anteil der Finanzierungen stellen, beträgt dieser im kontinentaleuropäischen Markt zirka 5 Prozent.

Abbildung 1: Anteile einzelner Darlehensgeber an Immobilienfinanzierungen (in Prozent) Quelle: IPF, Changing Sources of Real Estate Debt Capital: Facts and Implications; Helaba Invest Analyse

Der historisch bedingt sehr starke deutsche Bankenmarkt zieht sich, trotz noch dominanter Position, relativ betrachtet immer stärker zurück. Die oft zitierten Ursachen liegen mitunter in steigenden Anforderungen aus Regulierungen und damit verbunden exponentiell steigenden Kapitalkosten bei Überschreitung bestimmter Risikoniveaus.

Der Verband europäischer Investoren in Immobilienfonds, INREV 3) zeigt in der Studie "Capital Raising Survey 2020", dass der Anteil der institutionellen Kapitalzusagen im Bereich nicht-gelisteter Immobilienkreditfonds ("Real Estate Private Debt"; "REPD") seit 2016 stetig von 6,9 auf 16,3 Prozent angestiegen ist. Rund drei Viertel der in der Studie verfolgten Kapitalbewegungen fließen in das Segment erstrangig besicherter Kredite.4)

Gleichzeitig beobachten wir eine erhöhte Investorennachfrage im Segment der höherverzinslichen Whole- und Mezzanine-Darlehen5) in Kontinentaleuropa. Die Ursachen dafür sind vielschichtig. Zu den wesentlichen Treibern dieser Entwicklung zählen wir die allgemeine Ausweitung des Investoreninteresses im übergeordneten Private Debt Markt, verbunden mit erhöhten Preisrisiken im Markt für Immobilienfonds. Beide Treiber werden zudem stark von der erwartungsgemäß flachen Zinsentwicklung und einem Mangel an rentierlichen Alternativen in den liquiden Märkten gespeist.

Das investierbare institutionelle Universum aus REPD-Fonds, insbesondere mit Fokus auf den kontinentaleuropäischen Markt, ist aufgrund des relativ jungen Alters dieses Segmentes schwer zu greifen. INREV weist in einem Bericht aus dem Jahr 2019 zirka 80 Fonds aus, die allerdings auch globales Kredit-Exposure aufgebaut haben. Im Rahmen der proprietären Datenbasis der Helaba Invest verfolgen wir zirka 100 Produkte, die ausschließlich innerhalb europäischer Märkte investieren und in unterschiedliche Marktsegmente aufgeteilt werden können.

Sektorübergreifende Strategien dominieren

Zum einen lassen sich die Fonds nach ihrem regionalen Fokus und dem Spezialisierungsgrad der Strategie sowie dem Fokus innerhalb der Kapitalstruktur unterscheiden. Während sich die Aufteilung zwischen länderspezifischen und regional diversifizierten Strategien die Waage hält, lässt sich feststellen, dass sektorübergreifende Strategien die sektorspezifischen Pendants dominieren (siehe Abbildung 2). Ein Bild, das sich insbesondere im Vergleich zum Immobilienfondsmarkt unterscheidet.

Abbildung 2: Produktsegmentierung innerhalb des europäischen Marktes (in Prozent) Quelle: Helaba Invest Analyse, INREV

Weist der Immobilien-Manager-Markt damit einen höheren Anteil an Spezialisten aus? Keineswegs! Die Spezialisierung der REPD-Plattformen ist allerdings deutlich stärker aus den Kreditrisikoprofilen getrieben. Entsprechend zeigt die Unterteilung nach deren Zielkapitalstruktur (Senioritäten) ein etwas diverseres Bild. Da sich sowohl die Nachfrageseite als auch die Vertragsstrukturen in den jeweiligen Teilsegmenten zum Teil stark unterscheiden, müssen performante Managerteams eine entsprechende Spezialisierung mitbringen.

Breites Renditespektrum

Die Renditen der jeweiligen Kreditrisikoprofile zeigen signifikante Unterschiede, die insbesondere durch die Risikostruktur des Underlyings, verbunden mit dem Beleihungsauslauf (LTV, LTC) 6), beeinflusst werden. Während REPD-Fonds im Segment Senior Loans mit einem Beleihungsauslauf von zirka 60 Prozent ein Renditeniveau von zirka 1,0 bis 3,0 Prozent per annum erzielen, zeigt sich ein deutlicher Renditesprung beim Übergang auf Whole-Loan-Fonds (siehe Abbildung 3). Dies liegt mitunter an erhöhten Objekt- und Bonitätsrisiken bei höherem Beleihungsauslauf, aber sicherlich auch an der deutlichen Abnahme von günstigerem Bankenkapital im relevanten Markt und dem damit verbundenen Wettbewerb.

Abbildung 3: Wesentliche Kreditrisikoprofile im Überblick Quelle: Helaba Invest, schematische Darstellung

Der Renditeübergang von Whole- zu Mezzanine-Loans verläuft sehr graduell und teilweise überschneidend. Eine nachrangige Besicherung führt entsprechend nicht zwangsweise zu einer höheren Rendite im Vergleich zu einer vorrangigen Besicherung. Plakativ umschrieben kann eine Nachrangfinanzierung eines gut vermieteten Wohnkomplexes ein deutlich geringeres Risiko im Vergleich zu einer Vorrangfinanzierung einer spekulativen Projektentwicklung aufweisen. Entscheidend ist hier das tatsäch liche Risiko des Kreditgebers. Preferred-Equity-Strukturen bilden die höchsten Rendite- und Risikopotenziale ab und profitieren insbesondere von erfolgsabhängigen Renditekomponenten, die entsprechend einen eigenkapitalähnlichen Charakter aufweisen.

Genauso interessant wie die absolute Renditekennzahl ist die Renditekomposition auf Fondsebene. Während die vertraglich vereinbarten Kupons üblicherweise einen Großteil der Rendite tragen, kommen den Fondsanteilseignern unter anderem auch in Rechnung gestellte Bearbeitungsgebühren, sogenannte Upfront-Fees, Vorfälligkeitsentschädigungen und Kreditrückführungsgebühren zugute. Die jeweiligen Komponenten werden individualvertraglich vereinbart.

Zudem lässt sich feststellen, dass die Ertragsrendite der Fonds mit zunehmendem Risiko auf Underlying-Ebene von der Gesamtrendite abweicht. Die Ursache liegt auf der Hand: Insbesondere bei der Finanzierung von Projektentwicklungen oder Repositionierungsobjekten wird der Kapitaldienst aufgrund fehlender Objekterträge zu Ungunsten der Ertragsrendite und zu Gunsten der Gesamtrendite gestundet. Im Preferred-Equity-Segment kommen erfolgsabhängige und damit endfällige Zahlungen hinzu.

Extrem heterogene Managerlandschaft

Ein weiteres Differenzierungsmerkmal innerhalb der Managerlandschaft ist der Institutionalisierungsgrad der jeweiligen Plattformen, welcher sich unter anderem in organisatorischen und Governance-Strukturen, Gebührenkompositionen, Reporting-Sets, Track-Record und vielen weiteren Faktoren widerspiegelt.

Auffällig, aber üblich in dem noch jungen kontinentaleuropäischen Markt, ist die enorme Heterogenität der Managerlandschaft. Vertikal integrierte Generalisten mit eigenen Servicing-Teams, signifikantem Track-Record auf Fondsebene und personalintensiver Plattform sind genauso präsent wie kleine hochspezialisierte Manager, die im Rahmen unternehmerischer Beteiligungsstrukturen einen ersten Schritt in den Markt wagen.

Ein stringenter Managerauswahlprozess mit Fokus auf Prozesse und Plattform, Interessenskonflikte, Transaktions-, Management- und Workout-Kapazitäten und natürlich die entsprechende Expertise sowie den bisherigen relativen Track-Record wird speziell in diesem Marktsegment bei der Portfoliokonstruktion erfolgsentscheidend sein.

Aber auch der beste Manager kann seinen Fondsinvestoren pro Fondsgeneration nur eine begrenzte Diversifikation, üblicherweise über 10 bis 30 Kredite bieten. Insbesondere im Kreditbereich ist es unseres Erachtens zwingend notwendig, das Einzelkreditexposure stark über Regionen, Sektoren, Kreditrisikoprofile und Manager zu streuen. Vor allem in Krisenphasen zeigt sich zudem, dass auch die Streuung über unterschiedliche Fondsjahrgänge (Vintage-Diversifikation) einen wesentlichen Performancebeitrag leistet.

Streuung über unterschiedliche Fondsjahrgänge

Auch detaillierte Auswertungen und Planungen zur Kapitalbindung sollten auf Portfolioebene nicht außer Acht gelassen werden. Während insbesondere im Mezzanine- und Preferred-Equity-Segment im Vergleich zu vielen anderen Anlageklassen hohe Renditen locken, zeigen sich hier auch kurze Fondslaufzeiten von vier bis sechs Jahren, bei noch kürzeren Einzelkreditlaufzeiten von durchschnittlich 12 bis 36 Monaten. Innerhalb der Fondslaufzeit ist das gesamte Kapital somit im Durchschnitt zwei bis drei Mal zu reinvestieren.

Abhängig von der anfänglichen Abrufgeschwindigkeit, der Umschlagshäufigkeit und -dauer der Kredite sowie deren Laufzeit und der Dauer der Kapitalrückführung erreicht der Anleger somit eine durchschnittliche Kapitalbindung in Höhe von 50 bis 75 Prozent.7) Alleine durch die Fähigkeit des Managers, innerhalb des jeweiligen Marktumfeldes Kapital zu investieren und zu reinvestieren, wird somit ein materieller Renditebeitrag geschaffen, der in einem reinen Vergleich der berechneten Fondsrenditen nicht aufgezeigt wird.

Managerauswahl und Vermeidung von Klumpenrisiken durch die Konstruktion eines granularen und diversifizierten Portfolios werden unseres Erachtens in den nächsten Jahren einen signifikanten Beitrag zur Portfolioperformance im REPD-Markt leisten. Einen Beitrag, den die Helaba Invest im Rahmen des Multi-Manager-Konzeptes zugänglich macht. In einem Markt, der nicht nur aus der regulatorischen Perspektive auch für deutsche Investoren verstärkt an Bedeutung gewinnt.

Fußnoten

1) Im Sinne der Portfoliotheorie beziehen wir uns auf die Optimierung der Sharpe-Ratio; unter der Annahme einer Korrelation von <1,0.

2) BAI, Helaba Invest, INREV, CBRE, Blackrock.

3) European Association for Investors in Non-Listed Real Estate Vehicles.

4) Vgl. INREV, Capital Raising Survey 2020.

5) Vgl. Abbildung 3.

6) Loan to Value - Relation aus Kreditvaluta zu Immobilienmarktwert; Loan to Cost - Relation aus Kreditvaluta und Gestehungskosten.

7) Basierend auf "HI-RED"-Model.

DER AUTOR
ANDREAS HÖFNER
Abteilungsleiter Consulting Immobilien & Alternative Investments, Helaba Invest Kapitalanlagegesellschaft mbH, Frankfurt am Main
 
DIE AUTORIN
EFTIHIA VOYATZIS
Fondsmanagerin, Helaba Invest Kapitalanlagegesellschaft mbH, Frankfurt am Main
Andreas Höfner , Abteilungsleiter Consulting Immobilien & Alternative Investments, Helaba Invest Kapitalanlagegesellschaft mbH, Frankfurt am Main
Eftihia Voyatzis , Fondsmanagerin, Helaba Invest Kapitalanlagegesellschaft mbH, Frankfurt am Main

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