MIPIM Special

Finanzierung 2.0 - Modetrend oder echte Immobilienfinanzierungsalternative?

Abbildung 1: Das Prinzip Crowdinvesting

Lieber klassisch in Fonds investieren oder trendbewusst an der digitalen Revolution auch im Immobiliengeschäft partizipieren? Zu Beginn stand das Crowdinvesting. Dessen Prinzip war es, eine Anzahl von Privatpersonen zu einer Investition in beispielsweise ein Startup zu bewegen, um die Geschäftsaufnahme zu ermöglichen. Dieses Prinzip ist schließlich auch auf den Immobilienmarkt umgestrickt worden: Neo Investing nennt sich dieses Vorgehen, in der Investor und Immobilie sich auf einer Homepage treffen und eine gemeinsame Grundlage für den Transfer von Kapital aufbauen. Klingt unkompliziert, soll es auch sein. Attraktiv ist dabei unter anderem die Möglichkeit für den Investor, schon mit einer geringen finanziellen Beteiligung zu partizipieren bei Einsparung von Verwaltungs- und Provisionskosten. Auch sind so neben der schnelleren Kapitalaufnahme Kosteneinsparungen aufseiten der Immobiliengesellschaft möglich - klingt nach einer Alternative zum Fondsgeschäft. Red.

Flexibel, kostengünstig, digital: Diese Attribute verbindet man mit den Finanzierung-2.0-Angeboten von Crowd- und Neo-Investing-Plattformen. Wie funktionieren aber diese neuen digitalen Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung? Wie können Immobiliengesellschaften profitieren? Was müssen sie dabei leisten? Welche Objekte eignen sich überhaupt? Und last, but not least: Von welchen Vorteilen profitiert der Privatanleger, sodass die benötigten Finanzierungssummen überhaupt zusammen kommen?

Das Prinzip Crowdinvesting

Anfänglich ging es beim Thema Crowdinvesting um die Finanzierung von Unternehmen. Das Prinzip war und ist denkbar einfach: Eine große Anzahl von Menschen ("Crowd") bringt eine Finanzierungssumme auf, die Startups und junge Unternehmen für die Geschäftsaufnahme beziehungsweise weiteres Wachstum benötigen. Die Finanzierung von Unternehmen war bislang nur institutionellen Geldgebern vorbehalten. Crowdinvesting öffnet diese Anlageklasse nun auch für Privatinvestoren und ermöglicht ihnen, sich auch mit geringen Summen (meist ab 250 Euro) in diesem Bereich zu engagieren.

Die Crowd gibt ihr Geld - und erwartet von den Unternehmen im Gegenzug die Rückzahlung des Kapitals plus Rendite. Investoren und Unternehmen finden dabei über eine Website, der Crowdinvesting-Plattform, zusammen. Auf dieser Webseite finden die Anleger alles, was sie für ihre Investitionsentscheidung benötigen: Transparente Informationen zu den Unternehmen und alle Funktionalitäten, die sie für den Kapitaltransfer benötigen. Dazu bleiben die Kosten schlank: Dank effizienter Online-Struktur, die ohne administrativen Überbau auskommt, müssen die Investoren nicht die üblichen Verwaltungs-, Vertriebs- und Provisionskosten tragen, die sie von konventionellen Anbietern kennen.

Neo Investing mit Bergfürst

Die Bergfürst Bank AG hat das "Crowd"-Prinzip konsequent weiter, hin zum Neo Investing entwickelt. Als Bank und Neo-Investing-Plattform werden sie durch Gesetze reguliert und von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Bundesbank kontrolliert. Anleger können neben Fremd- auch Eigenkapitalbeteiligungen, also Aktien, erwerben. Die Unternehmen beziehungsweise Immobilien werden auf der Plattform präsentiert und geben den Anlegern alle Informationen, die sie für ihre autarke Anlageentscheidung benötigen, an die Hand.

Zentral ist dabei der von der BaFin gebilligte Wertpapierprospekt, das Wertgutachten, das von einem unabhängigen vereidigten Gutachter erstellt wird, und das Exposé, das weitere, umfassende Informationen zum Objekt enthält. Ein angeschlossener Handelsplatz ("Sekundärmarkt") offeriert den Investoren zudem die Möglichkeit, die erworbenen Wertpapiere untereinander zu handeln.

Wie funktioniert die Finanzierung von Immobilien?

Vom Prinzip her verlaufen die Prozesse ähnlich wie bei den Unternehmensfinanzierungen. Die Immobiliengesellschaft bietet der Crowd handelbare Fremdkapitalbeteiligungen an einer Einzelimmobilie, die allein in einer Objektgesellschaft gehalten wird, an. Mindestinvest: 250 Euro, Emissionsvolumen ab einer Million Euro. Die Höhe des Emissionsvolumens hängt von zwei Faktoren ab: Das Emissionsvolumen sollte zwei Drittel des in der Immobilie gebundenen Eigenkapitals nicht übersteigen und die Mieterträge aus dem Objekt müssen die Zinskosten decken.

Die Objektgesellschaft gewährt der Immobiliengesellschaft ein Darlehen in Höhe des Emissionserlöses, womit diese weitere Immobilienbeteiligungen realisieren kann. Auf diesem Weg wird gebundenes Eigenkapital freigespielt.

Neben der jährlichen Zinszahlung werden die Investoren ratierlich an der Wertsteigerung am Laufzeitende beteiligt. Zu Beginn wird durch einen unabhängigen Gutachter ein Wertgutachten erstellt. Dieses wird jährlich aktualisiert und veröffentlicht. Am Ende der Laufzeit kann das Objekt verkauft werden oder es wird ein abschließendes Wertgutachten erstellt. In beiden Fällen gibt es einen Wert der Immobilie am Ende der Laufzeit.

Auf diese Weise kann die Wertentwicklung ermittelt werden. Die Beteiligungen sind grundpfandrechtlich im zweiten Rang besichert. Die erstrangig finanzierenden Banken geben eine Nichtvalutierungserklärung ab. Neben der Grundschuld im zweiten Rang dient der Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehen an die Immobiliengesellschaft ausschließlich den Crowdinvestoren als Sicherheit.

Die Vorteile für Immobiliengesellschaften

Dank schlanker Online-Strukturen werden kostengünstige und schnelle Möglichkeiten der Kapitalaufnahme geboten. In der Regel dauert der Emissionsprozess vier Monate. Es entstehen keine Vertriebs- oder Weichkosten und die Vergütung von Bergfürst erfolgt zum Großteil aus der Wertsteigerung der Immobilie zum Laufzeitende. So können nahezu 100 Prozent des eingesammelten Kapitals investiert werden.

Das im Rahmen der Emission bei Bergfürst eingesammelte Fremdkapital ersetzt einen Teil des gebundenen Eigenkapitals. Die frei gewordene Liquidität kann die Immobiliengesellschaft dann für weitere Projekte nutzen. Die Immobiliengesellschaft ist so in der Lage, frisches Kapital einzusammeln, ohne das betreffende Objekt verkaufen zu müssen.

Bergfürst konzentriert sich auf einzelne Objekte, meist Bestandsimmobilien aus dem Bereich Wohnen und Gewerbe. Für die Zukunft sind aber auch weitere Objektkategorien vorstellbar - zum Beispiel Aufteilermodelle oder Projektentwicklungsimmobilien. Die benötigte Kapitalsumme sollte sich auf mindestens eine Million Euro belaufen.

Dabei lebt die Bank von der Transparenz ihres Angebots. Das heißt: Die Emittenten müssen ihren Anlegern zu Beginn der Emission und dann kontinuierlich bis zum Laufzeitende aktuelle Informationen an die Hand geben, sodass sie ihre Anlageentscheidungen eigenverantwortlich treffen können. Dazu gehören insbesondere diese jährlichen Standards: Veröffentlichung von Jahresabschlussberichten, aktualisierte Wertgutachten und das Ausrichten einer Informationsveranstaltung.

Was macht das Angebot für Investoren interessant?

Immobilien stellen nicht nur im aktuellen Niedrigzinsumfeld eine attraktive Investmentmöglichkeit dar. Für eher konservative Anleger und um das Risiko bei der eigenen Anlagestrategie möglichst breit zu streuen, sind sie zu jeder Zeit unverzichtbar. Wer keine Immobilie kaufen möchte, vielleicht auch, um nicht "alles auf ein Pferd" setzen zu müssen und um die lästige Verwaltung zu vermeiden, wird zu dieser Form der Immobilienbeteiligungen greifen - denn sie hält viele Vorteile für Investoren bereit, die Fonds so nicht bieten können.

Wer in Fonds investiert, kennt oft nicht die genauen Investitionsgüter: Das Geld fließt in eine Vielzahl von Immobilien, die im Einzelnen nicht analysiert werden können. Zudem müssen Fonds-Anleger oft einen vier- bis fünfstelligen Betrag in die Hand nehmen und darüber hinaus empfindliche Gebühren zahlen: drei bis fünf Prozent Aufschlag zuzüglich bis zu drei Prozent jährliche Verwaltungskosten. Die Fonds selbst belasten oft 20 Prozent und mehr Neben- und Weichkosten. Darüber hinaus ist die Flexibilität eingeschränkt. Bei offenen Fonds können die Anteile erst nach 24 Monaten veräußert werden. Trennen sich zu viele Investoren von ihrem Engagement, droht dazu die Zwangsschließung. Bei geschlossenen Fonds bleibt das Kapital sowieso während der gesamten Laufzeit gebunden.

Bei Bergfürst zahlen Investoren lediglich eine Order-Flatrate auf dem Handelsplatz von fünf Euro. Der Sekundärmarkt versetzt die Anleger in die Lage, ihre Investmentstrategie flexibel zu halten. Dort können die Beteiligungen, im Rahmen von Angebot und Nachfrage, gehandelt werden. Die Emission der Middendorf-Haus-Anleihen startete beispielsweise im letzten November und war etwa einen Monat später abgeschlossen: Die Eigentümerin, die FAH Grundbesitz GmbH & Co. KG, konnte über Bergfürst 1,1 Millionen Euro einsammeln. Aktuell können die Beteiligungen an der Immobilie auf dem Sekundärmarkt, im Rahmen von Angebot und Nachfrage, gehandelt werden.

Die Rahmendaten der Middendorf-Haus-Emission:

- Zinsen pro Jahr: 3,50 Prozent zuzüglich etwaiger Wertsteigerung

- Laufzeitende: 18. Dezember 2019

- Zinsfälligkeit: jedes Jahr zum 19. Dezember

- Art der Sicherheit: Grundbuchliche Besicherung

- Art der Immobilie: Wohn- und Gewerbeimmobilie

- Kategorie: Bestandsimmobilie

Modetrend oder echte Finanzierungsalternative?

Letztlich entscheidet die Nachfrage, die bislang gezeigt hat, dass sich der Markt beziehungsweise die Marktteilnehmer zeitgemäße, digitale, flexible und kostengünstige Finanzierungs- beziehungsweise Investmentchancen wünschen. Aktuell gibt es weltweit zirka 132 Plattformen, die Immobilienfinanzierungen via Crowdinvesting anbieten - davon ungefähr 30 in Europa - und die Anzahl der Plattformen wächst stetig. Die Angebote sind sowohl für die Immobilienhalter als auch die Investoren attraktiv und stellen für beide Parteien eine Win-Win-Situation dar: Die Gesellschaften kommen unkompliziert und preiswert an frisches Kapital, die Anleger können mit kleinen Summen in Immobilien investieren - ohne die üblichen Weichkosten.

Zudem sind viele klassische Fonds durch die Neugestaltung des KAGB in wirtschaftliche Bedrängnis geraten beziehungsweise werden aus diesem Grund weniger Immobilienfonds aufgelegt. Gerade auch in diesem Bereich kann eine Plattformfinanzierung eine sehr gute Alternative sein. Da zeitgemäße, digitale, flexible und kostengünstige Finanzierungs- und Investmentchancen, wie sie Neo Investing beziehungsweise Crowdinvesting-Plattformen anbieten, vermutlich nie aus der Mode kommen werden, beschreibt dieser Artikel eine echte Immobilieninvestmentalternative, die dauerhaft ihren Platz neben den klassischen Angeboten einnehmen wird.

Der Autor

Dr. Guido Sandler CEO, BERGFÜRST Bank AG, Berlin

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