Internationale Immobilienmärkte

Langfristige Mietverträge und jährliche Indexierung machen Skandinaviens Einzelhandel attraktiv

Peter Broström Quelle: Savills Investment Management

Skandinavien erfreut sich bei Investoren großer Beliebtheit. Konstantes Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum, hohe Lebensqualität sowie wirtschaftliche und politische Stabilität sind Merkmale, die den nordischen Ländern immer wieder bescheinigt werden. Inwiefern Einzelhandelsimmobilien in Skandinavien attraktiv sind und welche Folgen der rasante Anstieg des Onlinehandels für den Einzelhandel in der Region hat, beleuchtet der Autor im vorliegenden Beitrag nicht ganz uneigennützig. Grund: Sein Unternehmen plant noch in diesem Jahr die Auflage eines neuen offenen Immobilien-Spezialfonds für institutionelle Investoren nach deutschem Recht, der sich auf Einzelhandelsobjekte in Skandinavien fokussiert. Daher stellt der Verfasser in einem positiven Grundton heraus, welche Objekte in das Investmentschema passen sowie wichtige Punkte, die Investoren bei der Anlage in diesem Segment beachten sollten. Red.

Befragt man institutionelle Investoren und betrachtet aktuelle Studien, welche Regionen in Europa im Bereich der Immobilieninvestments aktuell und in Zukunft als besonders attraktiv und sicher gelten, steht in der Regel Skandinavien, bestehend aus Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland, hoch im Kurs. Die Gründe liegen auf der Hand: Der Gewerbeimmobilienmarkt ist hoch professionell, sehr transparent und fungibel.

Skandinavien überzeugt mit robusten makroökonomischen Eckdaten, wie etwa stabilem BIP-Wachstum, niedriger Arbeitslosigkeit und positiver Entwicklung des Pro-Kopf-Einkommens. Oxford Economics prognostiziert für 2017 bis 2021 überdurchschnittliches Wachstum für die Region sowohl beim BIP als auch bei den Bevölkerungszahlen. Die Arbeitslosenquote soll auch weiterhin unter dem Durchschnitt der Eurozone liegen. Diese Faktoren wirken sich positiv auf die Konsumausgaben und Einzelhandelsumsätze aus. Lokale wie auch internationale Einzelhändler investieren in Märkte, die als sichere Häfen gelten und ein überdurchschnittliches Wachstum bei den Konsumausgaben aufweisen - deshalb ist die wohlhabende nordische Region für sie überaus interessant. Die Nachfrage nach hochwertigen Einzelhandelsflächen ist hoch, was sich auch in der Mietpreisentwicklung positiv niederschlägt.

Neuer Skandinavien-Retail-Fonds geplant

Hier knüpft Savills Investment Management (Savills IM) mit einem aktuell in der Planungsphase befindlichen neuen offenen Immobilien-Spezialfonds für institutionelle Investoren an. Der Fonds soll in Einzelhandelsimmobilien wie zum Beispiel dominante Fachmärkte, Convenience-orientierte Shoppingcenter zur Nahversorgung mit Ankermietern aus dem Lebensmittelbereich, Fachmarktzentren, lokale Einkaufszentren und High-Street-Immobilien in Haupt- und regionalen Großstädten in Skandinavien investieren. Die Auflage des in Planung befindlichen Fonds ist für das vierte Quartal 2017 avisiert.

Einzelhandelsimmobilien in Skandinavien bieten das Potenzial, attraktive und stabile Erträge zu erzielen, nicht zuletzt durch die üblicherweise langfristigen Mietverträge und jährliche Indexierung. Die prognostizierten steigenden Konsumausgaben und Einzelhandelsumsätze basieren insbesondere auf der guten Arbeitsmarktsituation, einer niedrigen Inflationsrate und niedrigen Zinsen. Parallel profitieren die skandinavischen Städte aufgrund der zunehmenden Urbanisierung vielerorts von starkem Bevölkerungswachstum. Dies eröffnet Investitionschancen in Städten mit positiven demografischen Aussichten. So weisen 35 Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern seit fünf Jahren ein stetiges Bevölkerungswachstum auf, darunter beispielsweise die schwedische Großstadt Malmö, das finnische Lahti sowie Aalborg in Dänemark.

Dass Skandinavien mit besonders attraktiven Standorten aufwartet, zeigt auch der aktuelle Savills IM Dynamic Cities Index, mit dem Europas dynamischste Städte und Stadtregionen identifiziert wurden. An der Spitze des 130 Städte umfassenden Rankings stehen europäische Städte mit soliden Fundamentaldaten wie einem starken Wirtschaftswachstum, Wohlstand, Technologie und positiver Bevölkerungsentwicklung, die optimal positioniert sind, um von Trends wie Urbanisierung, Wissensökonomie und dem technischen Wan del zu profitieren. Stockholm rangiert auf Platz 8 des Dynamic Cities Index. Mit Oslo (Rang 13), Kopenhagen (19) und Helsinki (28) sind alle nordischen Hauptstädte in den Top 30 der dynamischsten Städte in Europa vertreten.

Unterhaltungs- und Eventfaktor nimmt zu

Das rasante Wachstum des Onlinehandels macht natürlich auch vor den nordischen Ländern nicht halt. Der Anteil des Onlinehandels an den gesamten Einzelhandelsumsätzen liegt in Skandinavien im Schnitt bei weniger als acht Prozent, in Schweden und Dänemark bei rund acht Prozent, in Norwegen bei 7,5 Prozent und in Finnland bei 6,5 Prozent. Der Großteil der Umsätze wird also nach wie vor im klassischen Ladengeschäft generiert. Der Onlinehandel spielt in den skandinavischen Ländern zwar eine zunehmend wichtige Rolle - insbesondere bei den technikaffinen Millennials - doch die Läden bieten den Kunden ein vielfältigeres Einkaufserlebnis. Dieses sowie zusätzliche Serviceangebote werden für die Zukunft des stationären Einzelhandels eine wichtige Rolle spielen - denn hier stößt der Onlinehandel an die Grenzen seiner Möglichkeiten.

Die Einzelhändler in Skandinavien sind aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen und soziodemografischen Entwicklung für weiteres Umsatzwachstum gut aufgestellt. Um ein attraktives Einkaufserlebnis zu bieten und die Kunden in die Geschäfte zu locken, sind angegliederte Gastronomie-, Freizeit- und Unterhaltungsangebote von zentraler Bedeutung, um die Passantenfrequenz und die Verweildauer zu erhöhen. Das Ladengeschäft der Zukunft ist mehr als ein reiner Point of Sale. Die Kunden möchten darüber hinaus unterhalten, informiert, inspiriert und zum Kauf angeregt werden. Zudem müssen die Geschäfte als Showroom und Click-and-Collect-Abholstationen genutzt werden können - mit dem Ziel, dass Kunden beim Abholen ihrer bestellten Ware in der Filiale weitere Produkte einkaufen.

Vor diesem Hintergrund werden die Einzelhändler in Skandinavien weiter mit neuen Konzepten experimentieren. Laut dem schwedischen Einzelhandelsverband wächst auch der Bedarf an qualifizierten Verkaufsmitarbeitern in der Beratung und zur detaillierten Information über Produkte. Auch die Logistikbranche profitiert von der rasanten Entwicklung im Onlinehandel und der zunehmenden Vernetzung des stationären Einzelhandels mit dem Onlinegeschäft. Die Nachfrage nach Logistikimmobilien steigt.

Zahlreiche klassische Ladengeschäfte bauen ihr Onlineangebot zunehmend aus. Andersherum eröffnen immer mehr reine Onlinehändler klassische Einzelhandelspräsenzen in ganz Europa. Das Ziel ist auf beiden Seiten das Gleiche: die Synergieeffekte mehrerer Vertriebskanäle zu nutzen. Eine von PostNord durchgeführte Umfrage zeigt, dass fast die Hälfte aller Befragten im Internet recherchiert, bevor sie im Ladengeschäft einkaufen. Umgekehrt nutzen viele Kunden die Onlineplattformen, um Produkte einzukaufen, die sie im Laden nicht bekommen haben, weil beispielsweise nicht die richtige Größe verfügbar war.

Grenzen zwischen online und offline verschwimmen

Die Grenze zwischen Online- und Offlinehandel verschwimmt zunehmend. Wichtig ist, dass die Konzepte des stationären Einzelhandels an den zunehmenden Onlinehandel angepasst werden und sich Laden und Onlineshop im Idealfall perfekt ergänzen.

Für den geplanten neuen Skandinavien-Retail-Fonds wurde für einen bestehenden Fonds beispielsweise ein Objekt in Finnland erworben, dessen Potenzial unter anderem durch die Umgestaltung des Untergeschosses zu einem Food-Court mit rund 850 Quadratmetern Mietfläche gehoben wurde. Weitere Maßnahmen waren die Umplatzierung der Mieter sowie die Aufwertung der Fassade zur Straße, die zu einer weiteren erheblichen Wertsteigerung beigetragen haben. Darüber hinaus wurde zum Beispiel auch ein modernes, dominantes Fachmarktzentrum in Schweden erworben. Für den wichtigsten Lebensmittel-Ankermieter wurden zusätzliche Flächen geschaffen, was in einer Mietvertragsverlängerung um 12 Jahre und einer attraktiven Gesamtrendite über die Haltedauer des Objekts resultierte. Der Einzelhandel in Skandinavien profitiert von dem robusten Wirtschaftswachstum, der positiven Bevölkerungsentwicklung, den niedrigen Arbeitslosenzahlen und dem wachsenden Pro-Kopf-Einkommen in der Region. Der zunehmende Onlinehandel ändert nichts daran, dass mit mehr als 90 Prozent der Großteil der Umsätze nach wie vor im klassischen Ladengeschäft generiert wird.

Als Investor ist es wichtig, in Objekte an den richtigen Standorten mit dem richtigen Umfeld zu investieren. Der richtige Standort definiert sich durch positive demografische Aussichten - vor dem Hintergrund der Urbanisierung, die auch in Skandinavien zunehmend voranschreitet, sind dies insbesondere Haupt- und regionale Großstädte. Das perfekte Umfeld umfasst eine ideale Infrastruktur mit guter Verkehrsanbindung, ausreichend Parkplätzen sowie eine möglichst bunte Mischung der Mieter, mit attraktiven Gastronomie-, Freizeit- und Unterhaltungsangeboten - dies lockt die Konsumenten auch künftig in die Geschäfte vor Ort und lädt zu langen Verweilzeiten ein.

Der Autor Peter Broström Head of Nordics, Savills Investment Management, Stockholm

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