Facility Management

Neue Wege im Energiemanagement

Lars Dormeyer

Die Bundesregierung hat sich viel vorgenommen. Bis zum Jahr 2050 soll die Energieversorgung Deutschlands überwiegend durch regenerative Energien sichergestellt und der hiesige Gebäudebestand klimaneutral werden. Das stellt auch die Wohnungsgesellschaften lang- und kurzfristig vor große Aufgaben. Im vorliegenden Beitrag ist der Autor voll des Lobes für die Schritte, die sein Unternehmen Deutsche Wohnen AG in den vergangenen Jahren bereits unternommen hat. So sei man strategische Partnerschaften eingegangen, um gerade bei energetischen Sanierungen schneller voranzukommen. Dies gehöre zu der Strategie, bei der Entwicklung von Geschäftsfeldern, die nicht zu ihrem Kerngeschäft gehören, auf ein aktives Beteiligungsmanagement und die Einbindung externer Partner zu setzen. Red.

Auf dem Weg zu einem klimafreundlichen Gebäudebestand kommt der Wohnungswirtschaft eine Schlüsselrolle zu. Die von der Bundesregierung beschlossene Energiewende ist eine gewaltige Herausforderung für die deutsche Immobilienwirtschaft. Bis zum Jahr 2050 soll die Energieversorgung Deutschlands überwiegend durch regenerative Energien sichergestellt und der hiesige Gebäudebestand klimaneutral werden. Bei der 22. UN-Klimakonferenz in Marokko im November kündigten erst kürzlich weitere 50 Staaten an, ihre Versorgung bis 2050 vornehmlich auf erneuerbare Energien umzustellen und folgen damit dem deutschen Beispiel.

Die ambitionierten Ziele erfordern jedoch nicht nur einen Umbau der Versorgungssysteme, sondern ein Umdenken und vor allem den effizienteren Umgang mit Energie im Gebäudebereich. Immerhin entfallen hierzulande laut dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit rund 40 Prozent des Endenergieverbrauchs und etwa ein Drittel der CO2-Emissionen auf Gebäude. Die Wohnungswirtschaft mit ihren rund 20 Millionen vermieteten Einheiten wird daher eine Schlüsselrolle bei der Energiewende spielen.

Insbesondere die energetische Sanierung und Modernisierung stellt eine wichtige Aufgabe für die gesamte Immobilienwirtschaft dar, die bereits im vollen Gange ist. In der Vergangenheit haben diese Anstrengungen bereits erheblich zur Reduktion von Energie und Emissionen beigetragen: Allein die vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. (GdW) repräsentierten Unternehmen haben in den vergangenen Jahrzehnten erhebliche Teile ihrer Bestände energetisch modernisiert. Der Energieverbrauch wurde seit 1990 um etwa 30 Prozent und die CO2-Emissionen um 50 Prozent verringert. Dabei verfolgen die einzelnen Unternehmen unterschiedliche Energiestrategien für ihre Bestände. Die Deutsche Wohnen Gruppe setzt dabei auf ein Beteiligungsmodell.

Ein Großteil des Bestands aus der Nachkriegszeit

Mit rund 160 000 Wohneinheiten im Portfolio ist sich die Deutsche Wohnen ihrer Verantwortung für das Erreichen der politisch vereinbarten Ziele bewusst. Dabei hat sie selbst große Herausforderungen zu stemmen: Ein Großteil des Bestands stammt aus der Nachkriegszeit. Rund 60 Prozent davon ist älter als 50 Jahre. Und rund 28 500 Wohnungen davon stehen unter Denkmalschutz. Bei energetischen Sanierungen gilt es, besonders komplexe Anforderungen zu berücksichtigen. Viele Wohnanlagen wurden in den vergangenen Jahren bereits durch die Deutsche Wohnen energetisch saniert - mit dem Ergebnis, dass heute bereits 72 Prozent der Liegenschaften unter dem Durchschnittsenergieverbrauch deutscher Wohngebäude von 160 kWh pro Quadratmeter pro Jahr liegen. Weitere verfügen noch über Energiesparpotenziale, die sich zum Beispiel durch Wärmedämmung oder moderne Anlagentechnik heben lassen. Im November 2015 verkündete die Deutsche Wohnen die Ausweitung ihres Modernisierungsprogramms von über 400 Millionen Euro auf ein Investitionsvolumen von insgesamt einer Milliarde Euro bis 2021. Damit erhöht das Unternehmen die allgemeine Wohnqualität ihrer Immobilien, verbessert gleichzeitig aber auch die Energieeffizienz ihrer Bestände weiter. Denn bei steigenden Energiekosten hilft nur ein sinkender Verbrauch.

Strategische Partnerschaft mit der Getec

Um sich den steigenden Herausforderungen bei diesem Thema zu stellen, wurden professionelle Strukturen etabliert. Die Deutsche Wohnen ist dafür bereits 2013 eine weitreichende strategische Partnerschaft mit dem Magdeburger Energiedienstleister Getec eingegangen, um den ökologischen und ökonomischen Herausforderungen mit einem nachhaltigen Energiekonzept für das Immobilienportfolio zu begegnen. Die Getec bietet mit ihren Tochtergesellschaften und Beteiligungen die gesamte Palette an Energiedienstleistungen für die Immobilienwirtschaft an. Neben gewerblicher Wärmelieferung und dem Management von Wärmenetzen zählen dazu vor allem der Strom- und Gashandel, der Messstellenbetrieb sowie die Erzeugung erneuerbaren Energien in jeglichen Formen.

Ausgangspunkt der Partnerschaft war die Wohnsiedlung "Weiße Stadt" in Berlin-Reinickendorf. Sie ist eine von sechs Berliner Siedlungen der klassischen Moderne, die unter Denkmalschutz stehen und in die Unesco-Weltkulturerbeliste aufgenommen wurden. Die Getec hatte dort 2005 ein Heizwerk für die Versorgung von 2 500 Haushalten modernisiert. 2012 wurde dann ein Blockheizkraftwerk (BHKW) für die Wärme- und Stromerzeugung installiert. Der große Vorteil von BHKWs: Sie funktionieren nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung und produzieren gleichermaßen Strom und Wärme. Ihr größtes Potenzial entfalten die kleinen Kraftwerke, wenn die Abwärme aus der Stromerzeugung direkt am Entstehungsort als Heizwärme genutzt wird. Mit der Umstellung des BHKW von Erdgas auf klimaneutrales Biomethan im Herbst 2013 ist die Wärmeversorgung der Wohnsiedlung nun Vorbild für eine nachhaltige sowie umweltschonende und kosteneffiziente Energieversorgung in denkmalgeschützten Immobilienportfolios.

Um diese erfolgreiche Zusammenarbeit zu vertiefen, wurde im Sommer 2013 das Gemeinschaftsunternehmen G + D Gesellschaft für Energiemanagement mbH gegründet. Ziel der strategischen Kooperation zwischen Deutsche Wohnen und Getec ist es, gemeinsame Projekte umzusetzen, den Gaseinkauf für die Liegenschaften weiter zu professionalisieren und die Energieeffizienz von Wärmeerzeugungs- und Wärmeverteilungsanlagen zu steigern. Das Unternehmen setzt bei der Entwicklung von Geschäftsfeldern, die nicht zu ihrem Kerngeschäft gehören, auf ein aktives Beteiligungsmanagement und die Einbindung externer Partner mit hoher Kompetenz. Damit wird ein Knowhow-Transfer zwischen den Partnern ermöglicht, zukunftsrelevante Kompetenzen für das Unternehmen in diesen Bereichen gesichert und die eigenen Unternehmensstrukturen nicht unnötig belastet. Zudem entstehen bei diesem Ansatz durch Bündelungseffekte Einkaufsvorteile durch gemeinsame Einkaufsplattformen, die nicht zuletzt auch dem Mieter zugutekommen.

Individuelle Versorgungskonzepte für die Bestände

Eine wichtige Aufgabe der G + D ist die energetische Analyse sämtlicher Liegenschaften der Deutsche Wohnen Gruppe. Neben dem gesamten Bestand an Wohn- und Gewerbeimmobilien betrifft dies auch die 21 Einrichtungen für Pflege und betreutes Wohnen der Katharinenhof Seniorenwohn- und Pflegeanlage Betriebs-GmbH, an der die Deutsche Wohnen Anteile hält. Insgesamt sind das bundesweit zusammengenommen mehr als 2 400 Energieerzeugungsanlagen. Fast alle dieser Anlagen haben die Experten der G + D mittlerweile überprüft und bewertet. Anhand dieser Ergebnisse plant das Gemeinschaftsunternehmen individuelle Versorgungskonzepte für die Bestände. In jedem einzelnen Fall sind sowohl ökologische als auch ökonomische Kriterien abzuwägen. Was zählt, ist das Gesamtbild. Dieses hängt von verschiedenen Fragestellungen ab: Wie alt ist die Anlage? Welcher Energieträger wird genutzt? Wie entwickeln sich rechtliche Rahmenbedingungen? Wie entwickeln sich die Betriebskosten nach einer Umstellung? Und welche Fördermaßnahmen gibt es? Im Ergebnis werden bei einigen Anlagen die Erzeugung und Nutzung optimiert, andere Anlagen werden komplett erneuert oder ersetzt. Neben bewährten Energieträgern wie Erdgas wird dabei auch der Einsatz erneuerbarer Energien wie Biomethangas oder Holzpellets geprüft.

Zahlreiche Projekte zur Modernisierung der Energieerzeugungsanlagen wurden bereits erfolgreich abgeschlossen. In Langenfeld bei Düsseldorf modernisierte die G + D eine Heizanlage in der Von-Velbrück-Straße. In nur acht Monaten Bauzeit wurden für insgesamt rund 560 000 Euro ein neues BHKW und ein Brennwertkessel als Lastreserve installiert. Als Energieträger dient Bioerdgas. Für die Pflegeeinrichtung Stift Hartenstein im Landkreis Zwickau modernisierte die G + D die Heizzentrale mit einem Investitionsvolumen von rund 120 000 Euro. Im Berliner Bezirk Neukölln wurde eine Heizzentrale in der Rixdorfer Straße für rund 160 000 Euro modernisiert. Dazu wurden zwei neue Gaskesselanlagen installiert und das bisherige Heizsystem nachgerüstet. Und seit diesem Herbst wurde die Energieversorgung am Imbrosweg 72 in Berlin durch den Einbau von zwei neuen Gaskesseln und einem BHKW optimiert. Die Mieter der durch die Energieanlage versorgten rund 900 Wohnungen konnten sich dabei über eine Einsparung von fünf Prozent der warmen Betriebskosten freuen.

Gesunkene Energiekosten für die Mieter

Derzeit managt die G + D die Gas- und Wärmelieferungen von mehr als 50 Prozent des Deutsche Wohnen Bestands - das sind mehr als 70 000 Wohneinheiten. Seit Gründung durch das Unternehmen in 2013 wurden bereits etwa zehn Millionen Euro in Effizienzmaßnahmen der Energieanlagen investiert. Darüber hinaus erzeugen die bundesweit installierten Blockheizkraftwerke mit ihrer Anschlussleistung von 2 100 kW und die 52 Fotovoltaik-Anlagen der Deutsche Wohnen pro Jahr elektrische Energie in Höhe von rund 12 GWh. Der umweltfreundlich produzierte Strom wird in das öffentliche Energienetz eingespeist und trägt somit durch die Entlastung konventioneller Erzeugerstrukturen zur Energiewende bei. Gleichzeitig beträgt der jährliche Strombedarf der Verwaltungsgebäude des Wohnungsunternehmens nur etwa zwei GWh. Zur Veranschaulichung: Mit dem bilanziellen Überschuss von zehn GWh könnten theoretisch fast 1 500 Elektro-PKW je rund 50 000 km im Jahr fahren. Zudem hebt die G + D systematisch Einsparpotenziale für seine Eigner und Mieter über die Optimierung des Energieeinkaufs. Hierbei spielt die Professionalisierung der Gasbeschaffung über die Leipziger Strombörse (EEX) und die verbesserte Position beim Handeln von Lieferkonditionen eine wesentliche Rolle. Für die Jahre 2014 und 2015 wurde dadurch der jährliche Gasbedarf von etwa 170 Gigawattstunden für über 850 bundesweite Abnahmestellen um rund neun Prozent günstiger als in der Vergangenheit.

Für Neubauten greift die Deutsche Wohnen ebenfalls auf die Expertise der G + D zurück. Diese war Bauherr für ein Wohnungsprojekt in Potsdam-Babelsberg, das im Sommer fertiggestellt wurde. Die 103 Mietwohnungen erfüllen den Energiestandard KfW 58 und orientieren sich am Deutschen Gütesiegel Nachhaltiges Bauen. Eigentlich war zur Erzeugung von Heizwärme und Warmwasser für die Wohnanlage ein über Bioerdgas betriebenes Blockheizkraftwerk vorgesehen, das im Vergleich mit herkömmlichen Versorgungslösungen jährlich mehr als 50 Prozent CO2 einspart. Als Vorbild diente das BHKW in der Unesco-Siedlung "Weiße Stadt" in Berlin-Reinickendorf. Allerdings änderten sich nach der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Sommer 2014 die Rahmenbedingungen für den Betrieb derartiger Anlagen.

So gilt die Befreiung von der EEG-Umlage nur noch für bestehende Anlagen und kleine Einzelproduzenten. Für die Deutsche Wohnen war dies der Anlass, alle bisherigen Investitionspläne zur Installation von KWK-Anlagen vorerst zu stoppen und neu zu beurteilen. Immer wieder erschweren neue und wechselnde gesetzliche Regelungen die Planungssicherheit für energetische Projekte und hemmen die Investitionsbereitschaft der gesamten Immobilienbranche. Die Deutsche Wohnen sieht hier die Politik in der Pflicht, konstante und stabile gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Nur so ist es für die Wohnungswirtschaft weiterhin möglich, bezahlbare Mieten und klimafreundliches Wohnen zu vereinbaren.

Der Autor Lars Dormeyer Managing Director, Deutsche Wohnen AG, Frankfurt am Main
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