Schwerpunkt Pfandbriefe und Covered Bonds

Pfandbriefe - ein Investment mit regulatorisch befeuerter erstklassiger Liquidität

Behandlung von Covered Bonds bei der Berechnung der Liquidity Coverage Ratio Quelle: Deutsche Bank, Europäische Kommission Delegierter Rechtsakt

Als Folge der Finanzmarktkrise, während der viele Banken unter massiven Liquiditätsproblemen litten, haben Aufseher Instrumente und Regelungen geschaffen, solche Risiken zu reduzieren. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat dazu im Rahmen des Basel III Regelwerkes einen Mindestliquiditätsstandard für Banken festgelegt. Covered Bonds und damit auch der deutsche Pfandbrief spielen bei der Erfüllung dieser Kennzahl als Anlageprodukt eine hervorgehobene Rolle. Der Autor skizziert die Entstehung der Regeln und die unterschiedlichen Positionen der diversen Regulierungsstellen. Herausgestellt werden hierbei auch die unterschiedlichen Positionen des Baseler Ausschusses, der EBA und der EU-Kommission und der letztendlich gefundene Kompromiss. Zur Optimierung des Systems der Definition der zur Anlage geeigneten Assets sollte die Einstufung als zugelassene LCR Aktiva mit der Zulässigkeit von Aktiva zur Zentralbankrefinanzierung gleichgesetzt werden. Red.

Das gegenwärtige Kapitalmarktumfeld, in dem Sparen und teilweise sogar Exportüberschüsse als Belastung, hingegen Währungsabwertungen und, wenn auch von niedrigem Niveau aus, zunehmende Verbraucherpreissteigerungen, als Erfolg der Geldpolitik gefeiert werden, stellt für viele Marktbeobachter eine große Herausforderung dar. Letztendlich kann nur die Geschichte zeigen, ob sich um ein neues Regime handelt und tatsächlich neue geldpolitische Erkenntnisse gewonnen wurden oder ob es nicht schlicht um eine Überschuldung öffentlicher Haushalte auf breiter Front in Europa mit sich permanent ausdehnenden Staatseingriffen und fortschreitender Einschränkung individueller Freiheiten handelt.

Gegenwärtig spielen aufgrund der Anleiheankäufe der Europäischen Zentralbank (monatlich 60 Milliarden Euro, davon bis zu 12 Milliarden Euro Pfandbriefe und andere Covered Bonds) die Effekte der regulatorischen Behandlung von Pfandbriefen nur eine untergeordnete Rolle für die Preisbildung an den Kapitalmärkten. Unter der Annahme, dass die gegenwärtige Geldpolitik tatsächlich nur vorübergehend ist, bleibt die regulatorische Behandlung für Pfandbriefe langfristig dennoch von zentraler Bedeutung für die Refinanzierung von Hypothekenkrediten und anderer zulässiger Aktiva.

Liquidity Coverage Ratio (LCR) im EU Recht

Als Folge der Finanzmarktkrise, in der einige Banken nicht über ausreichend liquide Mittel verfügten um hohen Nettoliquiditätsabflüssen standzuhalten, hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht im Rahmen des Basel III Regelwerkes einen Mindestliquiditätsstandard für Banken festgelegt. Diese Mindestliquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio oder kurz LCR) wurde im Rahmen der EU Capital Requirement Regulation (CRR) und des darauf basierenden Delegierten Rechtsaktes der EU Kommission in europäisches Recht überführt.

Traditionell spielten Pfandbriefe und andere Covered Bonds in den Basel Vereinbarungen keine Rolle. Dies hängt auch mit der Zusammensetzung des Baseler Ausschusses und den dabei dominierenden Ländern zusammen. Während Basel I und II das Wort Covered Bonds nicht einmal enthielten, vergibt Basel III, unter anderem, für Covered Bonds die Stufe 2A (Level 2A) bezüglich der Anerkennung als liquide Aktiva im Rahmen der LCR. Aufgrund der hohen Bedeutung von Pfandbriefen und anderen Covered Bonds in der EU werden diese in der CRR bezüglich des LCR jedoch besser berücksichtigt als in der Basler Vereinbarung vorgeschlagen. Diese Besserstellung im EU Recht wurde vor allem von Dänemark vorangetrieben.

Aber auch die deutschen Pfandbriefbanken plädierten für einen Level 1 LCR Status von Pfandbriefen. Der im Basel Regelwerk vorgeschlagene Level 2 A LCR Status würde den Pfandbrief im Vergleich zu den ohne Einschränkungen für den LCR vorgesehenen EU Staatsanleihen in unangemessener Weise benachteiligen.

Staatsanleihen mit unbedingt erstklassiger Liquidität

Während Covered Bonds in Dänemark wie auch Pfandbriefe in Deutschland eine Liquiditäts- beziehungsweise Bonitätsperformance aufweisen die jener der nach der Basel Vereinbarung als Level 1 zugelassenen Aktiva vergleichbar ist oder diese gar übertrifft, waren das spezielle System der Hypothekenkredit-Refinanzierung und das sehr hohe ausstehende Volumen an dänischen Covered Bonds die Hauptgründe für den starken politischen Druck Dänemarks im politischen Prozess vor dem Erlass des auf der CRR basierenden sogenannten Delegierten Rechtsaktes der EU Kommission. So hätten die einheimischen Banken mehr als die Hälfte der einheimischen Staatsanleihen halten müssen um die LCR Anforderungen ohne die Anerkennung der Covered Bonds als Level 1 LCR Aktiva erfüllen zu können.

Die Einstellung der Emission von dänischen Staatsanleihen zur Verhinderung einer Aufwertung der dänischen Krone gegenüber dem Euro, letztlich auch eine Konsequenz der expansiven Geldpolitik der EZB, hat diese Situation seither nicht verbessert. Auch intuitiv scheint es nicht einsichtig, warum Länder mit relativ niedriger Staatsverschuldung und damit einem relativ niedrig ausstehenden Volumen an Staatsanleihen bei den Vorschriften der von Banken zu haltenden Mindest-Liquidität einen Nachteil haben sollten, besonders in Zeiten, in denen es erklärtes Ziel der Politik ist, die enge Verbindung von Banken und Staatsfinanzierung zu reduzieren.

Von den Ankäufen der EZB abgesehen ist auch bei Staatsanleihen ein liquider Sekundärmarkt kein Naturgesetz. Es gibt viele Marktphasen in denen auch Staatsanleihen nicht liquide sind. Vor allem in Zeiten in denen der Staat sich in fast allen westlichen Ländern ausdehnt und die Staatsschulden trotz historisch niedriger Zinsen historisch hoch sind und weiter steigen, gibt es keinen Anlass für übertriebenen Optimismus bezüglich der von Markteingriffen unabhängigen Liquidität von Staatsanleihen.

Griechenland ist diesbezüglich nur ein offensichtliches Extrembeispiel. Letztendlich ist die Einstufung von Staatsanleihen von allen EU Staaten unabhängig vom Rating als Level 1 Aktiva eine politische Entscheidung die ebenso wie die Besserstellung von bestimmten Pfandbriefen und anderen Covered Bonds eine Abweichung von den Basel Vereinbarungen darstellt.

Diese Einstufung als Level 1 LCR Aktiva erleichtert die Refinanzierung der EU Staaten. Ebenso kann der EU Gesetzgeber in Abweichung von den Basel III Empfehlungen ein historisch etabliertes Instrument zur Refinanzierung von Immobilienkrediten und anderer Deckungsstockaktiva unter bestimmten Bedingungen in die höchste Liquiditätskategorie Level 1 einbeziehen. Neben deutschen Pfandbriefen und dänischen Covered Bonds konnten vor allem schwedische Covered Bonds diesbezüglich auf eine überzeugende Historie zurückgreifen.

EBA empfahl Pfandbriefe als zweitklassiges Instrument

Da die EU sich mit starken Abweichungen von den Basel Vereinbarungen in der Regel dennoch schwer tut, ist die Anerkennung von Pfandbriefen auch nur unter bestimmten engen Voraussetzungen durchsetzbar, umso mehr als die Anerkennung von Covered Bonds als Aktiva der Liquiditäts-Stufe 1 auch nicht im Einklang mit den Vorschlägen der europäischen Bankenaufsicht EBA war.

Während bestimmte Covered Bonds mit "AAA" oder "AA" Rating in dem von der EBA in ihrem Bericht analysierten Zeitraum von 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 eine hervorragende Liquiditätsperformance zeigten, empfahl die EBA in Übereinstimmung mit den Standards des Basler Ausschusses und gegen ihre eigenen Feststellungen, diese Covered Bonds als Level 2A LCR Aktiva im Rahmen des LCR einzustufen. Argumentiert wurde, unter anderem mit einer kurzen Datenhistorie. Angesichts der Kreditqualität, Liquiditätsperformance und der bedeutenden Rolle auf den Finanzierungsmärkten der Europäischen Union entschied die EU Kommission dennoch zugunsten der Covered Bonds.

Pfandbriefe unter bestimmten Voraussetzungen erstklassig

Nach offensichtlich zähen politischen Verhandlungen hat die EU Kommission dann am 10. Oktober 2014 den bereits bis spätestens zum 30. Juni 2014 erwarteten Delegierten Rechtsakt bezüglich des LCR veröffentlicht. Die entsprechenden Anforderungen sind von allen Banken in Europa ab 1. Oktober 2015 einzuhalten.

Für Pfandbriefe und andere Covered Bonds sind, abhängig von den bestimmten Voraussetzungen danach die Liquiditäts-Stufen 1, 2A und 2B relevant. Auf spezieller gesetzlicher Grundlage basierende Covered Bonds mit einem Rating von mindestens "AA-", einer Mindestübersicherung von 2 Prozent und einem ausstehenden Volumen von mindestens 500 Millionen Euro können als Level 1 Aktiva eingestuft werden. Auf spezieller gesetzlicher Grundlage basierende Covered Bonds mit einem Rating von mindestens "A-", einer Mindestübersicherung von 7 Prozent und einem ausstehenden Volumen von mindestens 250 Millionen Euro können als Level 2A Aktiva eingestuft werden.

Um jedoch übermäßige Konzentrationsrisiken zu vermeiden und eventuell auch um Kritikern der Abweichung von den Empfehlungen des Basel Ausschusses entgegenzukommen ist, im Gegensatz zu anderen Aktiva der Stufe 1, für das Halten von Covered Bonds mit "AAA" oder "AA" Rating in Stufe 1 im Liquiditätspuffer eine Höchstgrenze von 70 Prozent und ein Abschlag (Haircut) von mindestens 7 Prozent vorgeschrieben.

Covered Bonds mit einem Rating von mindestens "A-" sind wie in Basel III vorgeschlagen als Aktiva der Stufe 2A anerkannt und unterliegen derselben Höchstgrenze (40 Prozent) sowie demselben Abschlag (15 Prozent) wie andere Aktiva dieser Stufe. Darüber hinaus können Covered Bonds mit einem Rating schlechter als "A-" oder ohne Rating für die LCR Stufe Level 2B zulässig sein. Diese Zulassung zur Stufe 2B ist jedoch nur bei mit öffentlichen Krediten oder wohnwirtschaftlichen Hypothekenkrediten gedeckten Covered Bonds möglich, das heißt zum Beispiel dass Schiffspfandbriefe hier nicht zulässig sind. Auch ist für die Zulassung als Level 2B Aktiva eine Mindestübersicherung von 10 Prozent erforderlich. Zudem muss diese monatlich berichtet werden. Gerade die letztere Anforderung ist gegenwärtig in zahlreichen Ländern noch nicht gängige Praxis.

Die Liquiditätsanforderung des LCR können insbesondere für Covered-Bonds-Emittenten selbst zu einer doppelten Liquiditätsanforderung führen. Die kurzfristig orientierten LCR Anforderungen lassen außer Acht, dass es im nationalen Recht teilweise detaillierte Vorschriften zur Vorhaltung von Liquidität bezüglich Covered Bonds gibt. So müssen Pfandbriefbanken gemäß Paragraf 4 Absatz 1 a des Pfandbriefgesetzes innerhalb der Deckungsmassen jederzeit ausreichend Liquidität für die Bedienung der innerhalb der nächsten 180 Tage fällig werdenden Pfandbriefe vorhalten. Der diesbezügliche Liquiditätsbedarf ist auf täglicher Basis zu ermitteln und ist aus Investorensicht ein wesentliches Sicherheitsmerkmal von Pfandbriefen.

Doppelte Liquiditätsbelastung für Emittenten

Im Falle dieses 180 Tage Puffers wäre es denkbar, die Pfandbriefbank gedanklich in die Deckungsmasse und den Außerdeckungsteil aufzuspalten. Die LCR würde dann separat für beide Teile berechnet, wobei die 180 Tage Liquidität gemäß Pfandbriefgesetz bei der Ermittlung der LCR für die Deckung berücksichtigt würde.

Während dies sachgerecht erscheint um eine auch inhaltlich unnötige Doppelbelastung zu vermeiden, sieht die niederländische Aufsicht anscheinend hier keinen Handlungsbedarf, das heißt, beide regulatorischen Anforderungen sind unabhängig voneinander einzuhalten. Sofern diese Haltung auch in Zukunft Bestand hat, stellt dies einen weiteren Anreiz für niederländische Emittenten dar, Covered-Bonds-Programme mit einer Laufzeitverlängerung auszustatten. Bei deutschen Pfandbriefen ist dies gegenwärtig jedoch rechtlich gar nicht möglich. Insgesamt scheint damit auch diesbezüglich der Pfandbrief in Sachen Investorenschutz sehr gut aufgestellt.

Ein tragbarer Kompromiss, wenn auch mit hoher Komplexität

Insgesamt scheinen die im Delegierten Rechtsakt der EU Kommission vorgeschriebenen LCR Regeln ein tragfähiger Kompromiss und die Fast- Gleichstellung von Pfandbriefen und Staatsanleihen - zumindest aus historischer Sicht - gerechtfertigt. Die sehr hohe Detail-Komplexität vor allem in Bezug auf Pfandbriefe und andere Covered Bonds ist zum Teil eine Folge des politischen Prozesses und notwendiger Zugeständnisse mit Ländern die zumindest in der Vergangenheit mehr auf Verbriefungen fokussiert waren oder dies weiterhin sind.

Kleine Fehler, wie zum Beispiel die Tatsache dass Covered Bonds in 2 B ein höheres Mindestvolumen von 250 Millionen Euro aufweisen müssen als Verbriefungen in Level 2 B von 100 Millionen Euro (was eine besondere Belastung von kleinteilige Emissionen darstellen könnte), wurden im politischen Prozess wohl als Preis des ansonsten erreichten akzeptiert. Aufgrund des dominierenden Einflusses der Zentralbanken, was sich auf mittlere Sicht auch basierend auf Bürokratietheoretischen Überlegungen kaum ändern dürfte, scheint überlegenswert, die Zulässigkeit von LCR Aktiva mit der Zulässigkeit von Aktiva zur Zentralbankrefinanzierung gleichzuschalten. Dies entspricht der gegenwärtigen Marktrealität, dass "liquide ist was von der Zentralbank im Repo akzeptiert oder im Falle der EZB sogar von ihr gekauft wird".

ISIN basierte Nutzung ermöglichen

Zudem würde dies die Feststellung der LCR Fähigkeit von Aktiva erleichtern. Während dies in der EU gegenwärtig aufgrund der Komplexität des Delegierten Rechtsaktes der EU Kommission oft nicht einfach ist, würde eine Gleichschaltung mit der EZB Fähigkeit es ermöglichen, die ISIN basierte Abfragefunktion auf der EZB Internetseite diesbezüglich zu nutzen.

Der Autor

Bernd Volk Senior Covered Bonds Analyst, Deutsche Bank AG, Zürich

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