Schwerpunkt Pfandbriefe und Pfandbriefbanken 2013

Pfandbriefe und Covered Bonds im Wandel der Investorenansprüche

Die Anforderungen, die Investoren an Covered Bonds stellen, haben sich im Laufe der vergangenen Jahre markant verändert. Vor allen in den Hochzeiten der letzten Krisenjahre zählte nur der Aspekt einer hohen Rückzahlungssicherheit (als "sicherer Hafen"), die vor allem mit der Bonität des jeweiligen Heimatstaates beziehungsweise der jeweiligen systemischen Relevanz gedeckter Anleihen, verbunden wurde.

Das Jahr 2012 markierte diesbezüglich einen Wendepunkt. Beginnend mit den beiden 36-Monatstendern vom Dezember 2011 und Februar 2012 haben die Europäische Zentralbank (EZB) und auch die politischen Entscheidungsträger wichtige Weichenstellungen vorgenommen, durch die die Skepsis der Finanzmärkte bezüglich der Überlebenschancen des Euros eingedämmt werden konnte.

Weitere bedeutende Meilensteine waren aber auch die OMT-Ankündigung der EZB und die Aktivierung des ESM im Oktober, um den südeuropäischen Ländern die notwendige Zeit zu verschaffen, sodass der notwendige Reformprozess weiter umgesetzt werden kann. Vor diesem Hintergrund kam es auch bei Covered Bonds zu einer deutlichen Entspannung, die vor allem den gedeckten Anleihen der EU-Peripherie in Form deutlich rückläufiger Risikoaufschläge zugute kam und auch durch die im Frühjahr 2013 wieder zunehmende Unsicherheit um Italien respektive Zypern nicht nachhaltig getrübt werden konnte.

Jagd nach Rendite

Seitdem steht angesichts der Liquiditätsschwemme durch die EZB und des wohl noch länger anhaltenden Niedrigzinsumfeldes (Bayern-LB-Prognose für zehnjährige Renditen liegt bei rund zwei Prozent) auch bei Covered-Bond-Investoren vor allem der Aspekt Rendite im Vordergrund. Angesichts einer erwarteten Inflation für den Euroraum für 2013 um oder knapp unter zwei Prozent (Bayern-LB-Prognose 1,80 Prozent) bemühen sich Anleger in diesem Zusammenhang zumindest einen realen Werteerhalt zu bewerkstelligen. Allerdings bieten derzeit nur noch Covered Bonds der EU-Peripherie Renditen, die um oder über zwei Prozent liegen und somit einen Inflationsausgleich ermöglichen.

Dagegen spielen die vor dem Beginn der Krise als unverzichtbar und für die Investitionsentscheidung als zentral angesehenen "klassischen" Qualitätsfaktoren für Covered Bonds zumindest für die Prognose der Entwicklung der Risikoaufschläge derzeit kaum eine Rolle. Weder Covered-Bond-Gesetzesänderungen (zum Beispiel die Novelle des deutschen Pfandbriefgesetzes oder die Umsetzung der Gesetzesnovelle von 2011 in Großbritannien) noch die für die Deckungsstockqualität oft zentrale Entwicklung der heimischen Immobilienmärkte, entfalteten hier größeren Einfluss, vielmehr stand in sogenannten "Risk-off"-Phasen allein die Bonität des Heimatlandes und in "Risk-on"-Phasen die Jagd nach Rendite zentral im Mittelpunkt.

Nichtsdestotrotz bleiben Gesetz- und Deckungsstockqualität - zusammen mit der Emittenten-Bonität sowie der Verfügbarkeit von Deckungsstockinformationen - für die Qualitätsbestimmung von Pfandbriefen und Covered Bonds grundlegende Einflussgrößen, die Investoren keinesfalls bei ihrer Investitionsentscheidung aus den Augen verlieren sollten. Vor allem die Deckungsstockqualität sollte mit der Beendigung der europäischen Schuldenkrise wieder in den Vordergrund treten und auch Einfluss auf die Risikoaufschläge von Pfandbriefen und Covered Bonds entfalten. Hier spielen zum Beispiel die Portfoliodiversifikation nach Assetklassen und Ländern/ Regionen als auch die Granulariät des Deckungsstocks eine Rolle.

Vorteile durch neue Regulierung

Sicherlich müssen zukünftig vor allem Banken- und Versicherungsinvestoren, neben den genannten klassischen Faktoren zur Analyse von Covered Bonds, die Auswirkungen der neuen regulatorischen Vorgaben wie die Umsetzung von Basel III in die europäische Richtlinie CRD IV beziehungsweise die EU-Verordnung CRR und die ab 2015 geplante Einführung von Solvency II mit einbeziehen. Zwar würde eine detaillierte Darstellung all dieser neuen Vorgaben den Rahmen dieses Artikels sprengen. Den größten Markteinfluss für Covered Bonds ist allerdings durch die neuen Regelungen zur Liquiditätshaltung für Banken (Liquidity Coverage Ratio) im Rahmen des CRD-IV-Pakets erwarten.

Zwar steht hierbei eine endgültige Festlegung noch aus, welche Assetklassen Banken in welchem Umfang zukünftig für die Liquiditätssicherung verwenden dürfen - die Europäischen Bankenaufsicht EBA soll hierzu möglichst bis Ende 2013 ein Konzept vorlegen. Erwartet wird allerdings, dass Covered Bonds, die an transparenten Märkten mit einem anhaltenden Umsatzvolumen gehandelt werden, als extrem hochliquide Assets mit hoher Kreditqualität angesehen werden.

Dies würde bedeuten, dass diese Covered Bonds zu 100 Prozent und unbegrenzt bei der Liquiditätsreserve angerechnet werden dürfen und nicht, wie nach den Basel-III-Regelungen noch angedacht, gegenüber Staatsanleihen benachteiligt würden.

Allerdings ist zu erwarten, dass die EBA wie das Basel-Komitee Rating-Untergrenzen geltend machen wird, sodass voraussichtlich nur Covered Bonds mit einem Mindestrating von "AA minus" von den regulatorischen Änderungen profitieren sollten. Dies würde allerdings zur Folge haben, dass gedeckte Anleihen mit "A"- beziehungsweise "BBB"-Rating (und damit rund ein Drittel aller ausstehenden Covered-Bond-Programme) für die Liquiditätshaltung von Banken nicht verwendet werden dürfte, was für Banken eine "natürliche Investitionsgrenze" von "AA minus" für Covered Bonds nach sich ziehen dürfte. Betroffen hiervon wären, nach den Herabstufungen während der Krise, vor allem spanische und italienische Covered Bonds.

Neben den sich aus CRD IV respektive CRR ergebenden neuen regulatorischen Vorgaben bilden die in einigen Ländern wie Deutschland oder Dänemark bereits verabschiedeten Bankenrestrukturierungsgesetze zusammen mit den Vorschlägen der EU-Kommission für eine EU-weite Regelung zur Sanierung und Abwicklung von Banken1), zukünftig eine wichtige Entscheidungsgröße, ob und wenn ja in welche Covered Bonds investiert werden sollte.

Da Covered Bonds beispielsweise im deutschen Bankenrestrukturierungsgesetz explizit von einer Umschuldung ausgenommen sind und zu erwarten ist, dass dies in den meisten (wenn nicht allen anderen) europäischen Ländern genauso gehandhabt werden sollte, weisen Covered Bonds für Investoren zukünftig gegenüber unbesicherten Anleihen einen ganz entscheidenden Vorteil auf. Wer kann heute schon abschätzen, ob bei Erwerb einer beispielsweise fünfjährigen (oder gar länger laufenden) unbesicherten Bankanleihe der Emittent bei Fälligkeit wirklich noch systemrelevant sein wird (was wohl staatliche Unterstützung im Insolvenzfall garantieren würde). Dies dürfte neben der Ausweitung des Spreads zu besicherten Anleihen auch dazu führen, dass weiterhin eine Verschiebung der langfristigen Allokation vieler Anleger hin zu Covered Bonds stattfindet und damit die Nachfrage nach der Assetklasse Covered Bonds gut unterstützt bleibt.

Welches Rating brauchen Covered Bonds?

Allerdings werden nicht alle Covered Bonds von der regulatorischen Bevorzugung profitieren, da Investoren in der Regel bestimmte Rating-Vorgaben beachten müssen. Seit Beginn der EU-Schuldenkrise hat der Anteil von Covered Bonds mit Triple-A-Rating im Covered-Bond-Universum rapide abgenommen. Während der Anteil der Covered Bonds im iBoxx Index mit einem durchschnittlichen "AAA"-Rating 2008 noch bei 92 Prozent lag, ist dieser inzwischen auf knapp 60 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig ist der Anteil der Covered Bonds mit einem "A"-Ra-ting von null auf 23 Prozent und der Anteil von Covered Bonds im "BBB"-Bereich von null auf zehn Prozent angestiegen.

Hintergrund dieser Rating-Verschlechterung ist der bei allen Ratingagenturen in den letzten Jahren gestiegene Einfluss des Staatsrisikos auf das Covered-Bond-Rating. Während die Bedeutung eines Ratings im Triple-A- bis Double-A-Bereich in vielen regulatorischen Bereichen, wie der Anrechnung in der Liquiditätsdeckungsquote unter Basel III beziehungsweise der CRR oder der bevorzugten Eigenkapitalanrechnung bei der Berechnung des Spread-Risikos unter Solvency II steigt, nimmt somit der Anteil der Covered Bonds, die sich dafür qualifizieren gleichzeitig stetig ab.

Wie präsentierte sich nun das heimische Segment, der Pfandbrief, während der Krise? Wie bereits zu Beginn erläutert, zählte in den Hochzeiten der Krise vor allem der Aspekt einer hohen Rückzahlungssicherheit, was Pfandbriefen deutlich zugute kam. So erwiesen sich Pfandbriefe aufgrund der hohen systemischen Relevanz als Refinanzierungsinstrument für deutsche Banken und der gleichzeitig herausragenden Bonität Deutschlands, zeitweise als das einzige gedeckte Segment, das bei Investoren platzierbar respektive handelbar blieb.

Pfandbrief versus andere Covered Bonds

Hierbei kann man speziell Hypothekenpfandbriefe als den Gewinner innerhalb des Pfandbriefsegments bezeichnen. Während der Öffentliche Pfandbrief immer stärker an Bedeutung verliert, kann sich der Hypothekenpfandbrief stabil behaupten. Die Gründe für den Rückgang bei Öffentlichen Pfandbriefen sind das seit Jahren rückläufige Staatsfinanzierungsgeschäft, veränderte Regulierungen und EU-Auflagen zur Bilanzkonsolidierung für viele deutsche Institute.

Gleichzeitig wiesen Pfandbriefe in den letzten Jahren eine sehr viel höhere Rating-Stabilität als Covered Bonds südeuropäischer EU-Länder auf. Freilich konnten sich auch Pfandbriefe dem negativen Rating-Trend nicht entziehen. So ging vor allem der Anteil der "AAA"-Pfandbriefe seit 2008 deutlich zurück (von 84 Prozent auf aktuell 47 Prozent). Allerdings kletterte gleichzeitig der Anteil der "AA"-Pfandbriefe von 16 auf 48 Prozent, sodass derzeit 95 Prozent der von Moody´s bewerteten Pfandbriefe über ein "AAA"-/"AA"-Rating verfügen, während im gesamten iBoxx Covered Bond Index nur 68 Prozent diese höchsten Einstufungen besitzen.

Wenn sich das Kapitalmarktsentiment inzwischen auch deutlich entspannt hat und sich der Fokus der Anleger aktuell mehrheitlich auf das Argument Rendite konzentriert, gelten Pfandbriefe innerhalb des Covered-Bond-Marktes nach wie vor als "die" Benchmark schlechthin. Hierfür sprechen unter anderem die starke heimische Investorenbasis, die makellose über 200 Jahre zurückreichende "blütenweiße" Rückzahlungshistorie, die hohe gesetzlich geregelte Transparenz der zu veröffentlichenden Informationen und nicht zuletzt die strengen gesetzlichen Vorgaben, beispielsweise niedrige Beleihungswertgrenzen sowie klare Regelungen zur Sicherung der Pfandbriefansprüche nach Insolvenz des Emittenten.

Insofern wird die hohe fundamentale Qualität des Segments, Pfandbriefrenditen auch zukünftig gut unterstützen. Daneben werden aber auch viele Investoren von unbesicherten Bankanleihen aufgrund der beschriebenen gestiegenen Ausfallrisiken in Zukunft Pfandbriefe gegenüber unbesicherten Anleihen bevorzugen. Und schließlich spricht auch der Renditevorteil gegenüber Bundesanleihen für Pfandbriefe. Zwar ging dieser seit Ende 2011 zurück, ist aber im historischen Vergleich mit aktuell rund 70 Basispunkten auf einem recht hohem Niveau.

Fußnote

1) Link zur entsprechenden Presseerklärung der EU vom 6. Juni 2013 http://europa.eu/rapid/pressrelease_IP-12-570_de.htm.

Edgar Zoller , Stellvertretender Vorstandsvorsitzender, Bayerische Landesbank AG, München
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