DIGITALISIERUNG

SOFTWARE-ROBOTER: MEHR EFFIZIENZ UND ZUFRIEDENERE MITARBEITER

Dr. Michael Piontek, Foto: OLIS_Hedrich Mattescheck

Wenn in der Immobilienwirtschaft von Digitalisierung die Rede ist, stehen zumeist betriebswirtschaftliche und technische Aspekte im Vordergrund. Erhöhte Effizienz und schnellere Prozesse sind die erstgenannten Argumente, um die Digitalisierung in Unternehmen voranzutreiben. Doch dabei gerät außer Acht, welche Chancen digitale und automatisierte Arbeitsprozesse für die Personalentwicklung und jeden einzelnen Arbeitnehmer bieten. Nicht umsonst besteht in vielen Unternehmen ein ambivalentes Verhältnis zur Digitalisierung, das mitunter von der Befürchtung geprägt ist, Technologie stehe in wachsender Konkurrenz zu Arbeitsplätzen. Doch das muss nicht sein: Dort wo spezielle Software manuelle, sich häufig wiederholende Tätigkeiten übernimmt, entlastet sie Mitarbeiter und gibt ihnen Zeit für anspruchsvollere Aufgaben.

In fast allen Unternehmensbereichen der Immobilienbranche gibt es eine Vielzahl manueller Tätigkeiten, die auf heterogene Systemlandschaften, unterschiedliche Schnittstellen sowie daraus resultierende "Workarounds" zurückzuführen sind. Diese Abläufe führen häufig zu kostenintensiven und zeitkritischen Engpässen im operativen Geschäft. Beispiel Buchhaltung: Der Großteil der Prozesse in der Buchhaltung läuft heute noch manuell. Medienbrüche zwischen Papier und Datei oder ERP-System und Software bestimmen den Alltag. Traditionelle Lösungen werden den heutigen Anforderungen an eine effiziente Unternehmensführung nicht mehr gerecht.

Dies gilt für den Bereich der Buchhaltung ebenso wie für jeden anderen Unternehmensbereich, in denen regelbasierte, wiederkehrende und massenhaft auftretende Arbeitsprozesse zu bewältigen sind. Beispielsweise bindet die Mietenbuchhaltung durch den aufwendigen manuellen Prozess erhebliche Personalkapazitäten. So verbringen Mitarbeiter pro Tag bis zu einer Stunde damit, sich im Banking-Programm einzuloggen, Daten von Kontoumsätzen herunterzuladen und ins eigene ERP-System zu überführen.

Dieses Problem können Software-Roboter lösen. Roboter sind eine Stufe weiter als klassische Softwaresysteme. Sie bedienen die IT-Systeme an Stelle der Mitarbeiter und stellen daher eine Alternative für redundante, wiederkehrende Tätigkeiten ohne wirkliche "Denkleistung" dar. Auch unter dem Fachbegriff Robotic Process Automation (RPA) zusammengefasst, verrichten die Bots regelbasierte, klar strukturierte, sich häufig wiederholende und daher monotone Tätigkeiten, indem sie auf den Computern der Mitarbeiter menschliche Interaktionen nach ahmen.

Interne Kommunikation ernst nehmen

Der Großteil der aktuell verfügbaren RPA-Software nutzt eine grafische Benutzeroberfläche, in der vordefinierte Bausteine eingefügt, miteinander verknüpft und verschoben werden, um den zu automatisierenden Prozess abzubilden. Die Bausteine entsprechen den Handlungen des Mitarbeiters, wie beispielsweise E-Mails aus einem Postfach lesen, den Inhalt interpretieren und in das ERP-System zu überführen. Aus ihnen wird der Werkzeugkoffer des Bots generiert, der diese Tätigkeiten in der ihm vorgegebenen Reihenfolge ausführt. Software-Roboter können sich zum Beispiel auch nachts im Banking-Portal anmelden, Zahlungsinformationen abrufen und im ERP-System ablegen. Ein weiteres Beispiel ist die Veröffentlichung von Jahresabschlüssen im Bundesanzeiger.

Was sich wie Science-Fiction anhört, ist in Wahrheit gar nicht so aufregend. Denn bei den Bots handelt es sich um nichts weiter als eine spezielle Software, für die weder die zugrunde liegenden Systeme noch die vorhandene Infrastruktur angepasst werden müssen. Stattdessen besteht eine wesentliche Herausforderung in der Praxis darin, die Einführung dieser Technologie innerhalb des Unternehmens gut zu kommunizieren und die Mitarbeiter an sie heranzuführen. Das übergeordnete Ziel sollte dabei sein, Ressourceneffizienz auf der einen und Entlastung für das Personal auf der anderen Seite als zwei Seiten einer Medaille zu vermitteln. Gelingt dies, wird die Technologie nicht als Konkurrenz, sondern als Aufwertung des eigenen Arbeitsplatzes verstanden.

Mitarbeiter bringen dann sogar selbst Vorschläge ein, welche anderen Tätigkeiten durch automatisierte Software erledigt werden können. Diese Erfahrung machen wir bei Polis, seitdem Robotics in mehreren Anwendungen in der Buchhaltung eingeführt worden ist. Überdies hält sich der Aufwand für die Programmierung in Grenzen. Programmierkenntnisse sind zwar hilfreich, ansonsten können sich Mitarbeiter die Kenntnisse zur Bedienung der Software leicht aneignen. Sinnvoll ist hier zumindest eine eintägige Schulung. Anschließend sollte bis zu einem Quartal einkalkuliert werden, bis die Technologie fehlerfrei eingerichtet ist. Dieser Aufwand lohnt sich, denn es ist, wie am Beispiel Mietenbuchhaltung gezeigt, eine Zeitersparnis von bis zu einer Stunde pro Tag möglich - Zeit, die nun für Gespräche mit Kunden oder innerhalb des Teams genutzt werden kann.

Software-Roboter bieten ausgereifte Lösungen für die automatisierte und vollständig digitalisierte Datenverarbeitung, ohne dass es hierfür einer kostspieligen Programmierung von Schnittstellen bedarf. Angesichts des allgegenwärtigen Fachkräftemangels sollte die Immobilienwirtschaft digitale Lösungen verstärkt als Chance begreifen, das Personal von unnötigem Aufgabenballast zu befreien und die Arbeitsplätze auf diese Weise attraktiver zu gestalten. Die Voraussetzungen dafür waren vielleicht noch nie so günstig wie jetzt, denn durch die Corona-Pandemie ist die Frage nach der Qualität von Arbeit stärker in den Fokus gerückt. Die Mitarbeiter bleiben das wertvollste Gut eines Unternehmens.

DER AUTOR DR. MICHAEL PIONTEK CFO, POLIS Immobilien AG, Berlin
Dr. Michael Piontek , CFO , POLIS Immobilien AG, Berlin
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