Immobilien an der Börse

Stunde der Gewerbeimmobilienaktien

Helmut Kurz

Die Gunst der Stunde nutzen - darauf wird es 2015 für die Gewerbeimmobilien-AGs ankommen. Die Rahmenbedingungen könnten besser nicht sein, der Wohnimmobilienmarkt scheint auf dem Zenit und sieht sich mit einem möglichen externen Störfaktor konfrontiert; der Mietpreisbremse. Die Gewerbeimmobilienaktien hingegen stehen genau da, wo die Wohnimmobilienaktien den Startschuss für ihren rasanten Aufstieg vernommen haben. Allerdings sind die Gewerbetitel bis auf wenige Ausnahmen noch relativ klein. Für sie gilt es jetzt, die Aufmerksamkeit institutioneller Investoren zu erregen. Red.

Niedrige Zinsen, niedriger Ölpreis, niedriger Euro - es herrschen aktuell hervorragende Bedingungen für europäische Gewerbeimmobilien-AGs, die sich auch in den Konjunkturerwartungen des ZEW widerspiegeln. Der Index stieg im Januar um 13,5 Punkte auf 48,4 Punkte. Um es besser einordnen zu können: Der langfristige Mittelwert liegt bei 24,5 Punkten. Der Index stieg damit zum dritten Mal in Folge. Dies ist der höchste Stand seit einem Jahr.

Die Bewertung der konjunkturellen Lage in Deutschland verbessert sich ebenfalls deutlich. Der Index gewann 12,4 Punkte und steht nun bei 22,4 Punkten. Auch die Erwartungen der Finanzmarktexperten an die Konjunkturentwicklung in der Eurozone verbesserten sich zuletzt. Der Erwartungsindikator legte um 13,4 Punkte auf 45,2 Punkte zu. Der Indikator für die aktuelle Konjunkturlage im Euroraum hat sich erstmalig seit Mai letzten Jahres um 5,7 auf minus 57,1 Punkte verbessert.

Entsprechend gut ist die Stimmung auf dem Investmentmarkt für deutsche Gewerbeimmobilien. Den Analysen der Maklerhäuser CBRE, JLL, Savills, Colliers und BNP Paribas Real Estate ist zu entnehmen, dass die Investitionen 2014 gegenüber 2013 um rund 30 Prozent auf etwa 40 Milliarden Euro angestiegen sind. Damit wurde das dritthöchste Jahresergebnis nach den Ausnahmejahren 2006 und 2007 erreicht. CBRE zufolge sind mit 20,3 Milliarden Euro die meisten Investitionen in Büroimmobilien geflossen. An zweiter Stelle lagen Handelsimmobilien mit 9,2 Milliarden Euro, gefolgt von Logistikimmobilien und Hotels mit 3,3 beziehungsweise 3 Milliarden Euro.

Wohnimmobilienaktien: Zenit erreicht?

Die Mietpreisbremse wird den Gewerbeimmobilienmärkten gegenüber dem zuletzt sehr beliebten Wohnungsmarkt weiteren Auftrieb geben. In einer Umfrage von Ellwanger & Geiger unter den wichtigsten elf deutschen Wohnimmobilien-AGs im vergangenen Jahr rechnen 70 Prozent damit, dass sich die neue Regulierung negativ auf das Transaktionsvolumen auswirken werde.

Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft untermauert diese Meinung. Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass die Mietpreisbremse große Auswirkungen haben wird. Untersucht wurden Berlin und Köln. In einfachen Lagen von Berlin, so die Studie, liegen heute 80 Prozent der Angebotsinserate über der ortsüblichen Vergleichsmiete, in guten Lagen sind es sogar 98 Prozent. In Köln sind es 51 Prozent beziehungsweise 93 Prozent. Die Mietpreisbremse trifft keineswegs nur auf wenige Mietangebote zu, sondern der allergrößte Teil der Neuvermietungen (außerhalb des Neubaus, für den die Mietpreisbremse nicht gilt) wird betroffen sein.

2012 hat bei Wohnimmobilieninvestments ein Boom eingesetzt, der viele Wohnimmobilien-AGs beflügelt hat. Die Folge waren zahlreiche Kapitalerhöhungen, Börsengänge und Zusammenschlüsse wie zuletzt Deutsche Wohnen und GSW oder die Fusion von Deutsche Annington und Gagfah. Dadurch haben zumindest die Flaggschiffe Marktkapitalisierungen und Streubesitzquoten erreicht, die für die breite Masse von institutionellen Investoren akzeptabel sind, um sich zu engagieren. Der steile Anstieg bei den Wohntiteln dürfte jedoch vorerst vorbei sein und sich allenfalls flach fortsetzen.

Die Zeit ist nun reif für die Gewerbeimmobilienaktien. Sie stehen nun dort, wo die Wohntitel vor etwa zwei bis drei Jahren standen. Die Rahmenbedingungen sind gut, aber die einzelnen Titel noch zu klein. Die einzige Ausnahme ist hier die Deutsche Euroshop mit einer Marktkapitalisierung von 2,2 Milliarden Euro. Ein ebenfalls bedeutender Player ist der Alstria Office REIT mit einer Marktkapitalisierung von etwa 900 Millionen Euro. Danach kommen dann Gesellschaften wie die TLG, die Deutsche Office, der Hamborner REIT und die DIC Asset. Fusionen sind dringend notwendig und werden mit Sicherheit auch kommen. Die Deutsche Office ist selbst aus einem solchen Zusammenschluss hervorgegangen. Weitere Zusammenschlüsse dieser Art könnten helfen, deutsche Immobilienaktiengesellschaften auch für ausländische Investoren attraktiver zu machen. Deren Interesse wird in der Regel erst bei einer Marktkapitalisierung oder einem Immobilienvermögen von mindestens einer Milliarde Euro geweckt.

Erst mal keine IPOs

Opportunistische Investoren werden die Entwicklung der Gewerbeimmobilienaktien 2015 zunächst beobachten. Noch sind die Bewertungen der Gewerbetitel zu niedrig. Daher wird es wohl erst mal keine Börsengänge geben, mit denen die Investoren den Exit suchen, um Kasse zu machen.

Immobilienaktien und REITs standen in Deutschland in der Vergangenheit zu offenen und geschlossenen Beteiligungsmodellen in starker Konkurrenz. Durch die EU-Richtlinie zu alternativen Investments (AIFM) mit ihren weitreichenden Auflagen und Beschränkungen für offene und geschlossene Fonds entstehen Mehrkosten, die sich negativ auf die Rendite auswirken und machen sie damit tendenziell unattraktiver für viele Investoren. REITs sind von der Richtlinie nicht betroffen und bieten deshalb eine alternative Möglichkeit, indirekt und steueroptimiert in Immobilienportfolios zu investieren. Durch ihre besondere Struktur ergeben sich für Investoren hohe Ausschüttungen und damit hohe Dividendenrenditen.

G-REITs mit Potenzial

Aktuell sind die deutschen REITs an der Börse eher zu niedrig bewertet: Im Gegensatz zu den deutschen AGs, die Wohnimmobilien halten, liegt die Marktkapitalisierung zumeist deutlich unter dem Net Asset Value (NAV).

Die weitere Entwicklung des REIT-Segments in Deutschland ist auch von der allgemeinen Entwicklung an den Aktienmärkten abhängig. Solange es zu keiner Baisse kommt, sollten REITs an Bedeutung gewinnen - absolut und auch in Relation zu den übrigen Immobilien-AGs.

Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor für die Zukunft des G-REITs sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Vor allem das Verbot, in Bestandswohnungen investieren zu dürfen, stellt für deutsche REITs eine starke Wachstumsbremse dar. Hier wäre eine Novelle des REIT-Gesetzes sinnvoll, um die bestehenden Unzulänglichkeiten zu beheben. Das könnte dem gesamten Segment einen weiteren Wachstumsschub versetzen. Die Aussichten für G-REITs sind positiv - allerdings eher auf Sicht von zehn Jahren. Wie in den USA müssen wir dem Segment Zeit zum Wachsen geben, damit es sich langfristig in Deutschland etablieren kann.

2015 wird die Stunde der Gewerbeimmobilienaktien schlagen. Die Rahmenbedingungen sind mit niedrigen Zinsen, niedrigem Ölpreis und niedrigem Euro hervorragend. Hinzu kommt, dass die Mietpreisbremse den Wohnimmobilien-Transaktionsmarkt dämpfen wird, weil viele Investoren vor dieser Regulierung zurückschrecken werden und negative Konsequenzen für die Renditen befürchten. Es bleibt abzuwarten, was die Gewerbeimmobilien-AGs aus der Gunst der Stunde machen. Auf jeden Fall müssen sie erst mal größer werden, um überhaupt auf den Radar von großen institutionellen Investoren zu gelangen.

Der Autor

Helmut Kurz Leiter Fondsmanagement, BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KG, Stuttgart

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