Expo Real Special

Immobilien an der Börse - ein erwachender Riese?

Die indirekte Immobilienanlage in Deutschland ist im Umbruch. Viele Jahre haben Offene Immobilienfonds den Markt dominiert. Durch die Abwicklung etlicher Sondervermögen infolge der Finanzkrise ist das Vertrauen der Anleger in das Produkt nachhaltig erschüttert worden. Hinzu kommt, dass sowohl Offene als auch Geschlossene Immobilienfonds durch die Umsetzung der AIFM-Richtlinie in deutsches Recht zukünftig deutlich stärker reguliert und damit teurer sein werden - was die Renditen für die Anleger verringert. Auch ist die Fungibilität nochmals eingeschränkt worden.

Entwicklung des deutschen REIT-Marktes

Letztlich bleibt nur eine Variante der indirekten Immobilienanlage übrig: die in Deutschland bisher ein Schattendasein fristende Immobilienaktie. Aber vielleicht ist AIFM der Prinz, der die Immobilienaktie aus dem Dornröschenschlaf wach küsst. Insbesondere die Stunde des REITs dürfte nun auch in Deutschland gekommen sein. REITs sind eine international bekannte Form der indirekten Immobilienanlage und werden vom Gesetzgeber steuerlich anders als Immobilien-Aktiengesellschaften behandelt: Die Steuern zahlt nicht der REIT sondern sein Aktionär.

Viele Immobilienunternehmen planten im Jahr 2007 die zügige Umwandlung in eine REIT AG. In Branchenkreisen wurde von bis zu 20 Börsengängen jährlich ausgegangen, die Marktkapitalisierung sollte in absehbarer Zeit 100 Milliarden Euro erreichen. Doch aktuell, sechs Jahre nach Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung, existieren gerade einmal fünf börsennotierte deutsche REITs. Und bald wird es einer weniger sein. Gemeinsam kommen die Gesellschaften auf einen Börsenwert von knapp 1,2 Milliarden Euro. Das sind weniger als zehn Prozent des Wertes aller deutschen Immobilien-Aktiengesellschaften und entspricht nicht einmal einem Prozent der gesamten Kapitalisierung aller indirekten Immobilienanlagen in Deutschland. Die Entwicklung des REIT-Marktes hierzulande kann somit bestenfalls als sehr verhalten beschrieben werden.

Die Gründe sind vielfältig. Von Anfang an stand der deutsche REIT unter keinem guten Stern: Die im Jahr 2007 beginnende US-Hypothekenkrise sowie die folgende weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise schlugen sich auch auf den deutschen Immobilienmarkt nieder. Viele geplante Börsengänge und Umwandlungen in REITs wurden verschoben oder ganz auf Eis gelegt, da Investoren in Krisenzeiten ungern am volatilen Aktienmarkt investieren wollten. Hinzu kommt, dass die deutschen REITs für viele institutionelle Anleger zu klein sind.

Gleichzeitig besteht bei vielen deutschen Privatanlegern eine generelle Aversion gegen Aktien. Damit fehlen die Kleinaktionäre als Geldgeber für die REITs. Das erschwert das Wachstum und die Finanzierung der Unternehmen. Leider wird diese Aversion durch einzelne unternehmerische Fehlentwicklungen wie jüngst bei IVG wieder genährt. Allerdings wäre IVG in einer REIT-Struktur nie in diese Schieflage geraten. Daraus wird ersichtlich, warum REITs als weniger riskante Investitionsmöglichkeit sinnvoll sind.

Das aktuelle REIT-Gesetz hat aus Sicht der Immobilienwirtschaft einige handwerkliche Fehler, sodass etliche Unternehmen von ihren Umwandlungsplänen Abstand nahmen. So ist es den Unternehmen verboten, in vor 2007 erbaute Wohnimmobilien zu investieren. Ausländische Gesellschaften dürfen dagegen Bestandswohnungen erwerben und verfügen damit über einen Vorteil im Wettbewerb mit den deutschen. Darüber hinaus sind die Regelungen zum Streubesitz und zur Höchstbeteiligung verbesserungswürdig: Laut Gesetz darf ein einzelner Aktionär nicht mehr als zehn Prozent der Anteile an einem REIT halten. Darüber hinaus müssen mindestens 15 Prozent der Aktien im Streubesitz sein. Wird gegen diese Regeln verstoßen, hat das Unternehmen aber kaum Möglichkeiten, den Verursacher eines Verstoßes zu sanktionieren. Stattdessen droht der Verlust des REIT-Status. Dritte können also den REIT gefährden, ohne selbst Konsequenzen fürchten zu müssen.

Die Faktoren, die die Entwicklung der REITs in der Vergangenheit gebremst haben, stellen sich inzwischen jedoch anders dar. Das Börsenumfeld ist beispielsweise deutlich besser als 2007. Die Kapitalaufnahme an der Börse ist inzwischen wieder leichter, wie eine Reihe von Kapitalerhöhungen und sogar IPOs von deutschen Immobilen-Aktiengesellschaften und REITs in den vergangenen zwölf bis 18 Monaten bewiesen haben.

Kreditfälligkeiten als Katalysator

Was die Immobilie an der Börse zusätzlich beflügeln kann, ist die Refinanzierungswelle von Immobilienkrediten, die über Deutschland hereinbricht. Die Kreditvergabe der Banken wird immer restriktiver. Daher werden immer mehr Bestandshalter versuchen, sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren.

Beim Blick auf die Entwicklung der einzelnen Unternehmen zeigten sich hochkapitalisierte Gesellschaften mit Fokus auf Wohnimmobilien als die Gewinner des vergangenen Jahres. Da jedoch einige dieser Titel zum Jahreswechsel bereits mit einem Bewertungsaufschlag zu ihrem Net Asset Value notierten, setzte sich der Trend zu Beginn 2013 nicht unmittelbar fort. Wenngleich sich die Kurse inzwischen wieder erholt haben, sind für die Papiere von Wohnimmobiliengesellschaften kaum mehr große Kurssprünge zu erwarten. Patrizia notiert aktuell mit einer Prämie auf den Net Asset Value, GSW ebenfalls.

Auch insgesamt blieb das Börsenjahr 2013 mit Blick auf Immobilienaktien bislang hinter dem vergangenen Jahr zurück: Nach einem Verlust im ersten Quartal schaffte es der Deutsche Immobilien-Aktienindex (Dimax) bis September noch auf ein leichtes Plus von 1,7 Prozent seit Jahresbeginn. Dennoch bleiben die Analysten optimistisch. Das Dr. Zitelmann-PB-Immobilienaktien-Barometer, für das regelmäßig Analysten zu deutschen Immobilienaktien gefragt werden, bestätigt die gute Stimmung. Bei der kurzfristigen Perspektive über drei Monate stieg der Wert des Stimmungsindikators Ende Mai auf plus 0,7 gegenüber plus 0,6 im ersten Quartal. In der Zwölf-Monats-Sicht stieg der Wert von plus 0,6 auf plus 0,8. Die Abbildung zeigt in diesem Zusammenhang zum einen, dass die Analysten dem Sektor im vergangenen Jahr mehrheitlich eine positive Entwicklung zusprachen. Zum anderen wird deutlich, dass sich ihre Einschätzungen auch in der Entwicklung des Dimax widerspiegeln.

Während 2012 von einem Boom bei Wohnimmobilieninvestments geprägt war könnte 2013 das Jahr der Gewerbeimmobilienaktien werden, so die Prognosen der Analysten zu Jahresbeginn. Tatsächlich haben diese Papiere in der Kursentwicklung inzwischen nachgezogen. Bei den REITs stehen sogar noch weitreichendere Entwicklungen an: Der deutsche Prime Office REIT schließt sich mit dem größeren Konkurrenten German Acorn zusammen.

Das Unternehmen wird damit zu einem führenden börsennotierten Büroimmobilienkonzern aufsteigen. In die Wege geleitet wurde der Zusammenschluss von Oaktree, Eigentümer von German Acorn und größter Aktionär von Prime Office. Der addierte Immobilienwert beider Unternehmen beläuft sich auf 2,3 Milliarden Euro. Den REIT-Status wird Prime Office allerdings verlieren, weil auch zusammen mit Acorn die Eigenkapitalausstattung zu niedrig sein wird. Hohe steuerliche Verlustvorträge erleichtern diesen Schritt.

Nach Wohnen jetzt Gewerbe?

Die zuletzt insgesamt positive Entwicklung bei Immobilienaktien und REITs sollte sich auch künftig fortsetzen. Marktbeobachter gehen davon aus, dass die Erträge börsennotierter Immobiliengesellschaften weiter steigen, und zwar weltweit. In den USA zum Beispiel kündigte sich dies bereits in den vergangenen Monaten an. Die Quartalsberichte offenbarten mehrheitlich gute operative Geschäftsergebnisse, die die Erwartungen der Analysten zum Teil sogar übertrafen.

Auf deutsche Immobilienaktiengesellschaften und REITs kommen möglicherweise noch größere Herausforderungen zu, als sie der Immobilienmarkt bereithält. Zuletzt wurde darüber debattiert, ob Immobilienaktiengesellschaften und REITs künftig neben Offenen und Geschlossenen Immobilienfonds ebenfalls unter das neue KAGB fallen werden. Dies würde für die Gesellschaften einen hohen Aufwand bedeuten, beispielsweise die Einrichtung einer sogenannten Verwahrstelle. Dies ginge mit Kosten einher, die sich schlussendlich zulasten der Anleger auswirken würden, etwa in Form niedrigerer Dividenden. Erfreulicherweise zeichnet sich ein Einlenken der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ab, in deren Zuständigkeit es fällt, das KAGB auszulegen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X