Immobilien an der Börse

Deutsche REITs - kleiner Markt mit großer Zukunft

Nach einem schwierigen Start im Jahr 2007 finden europäische Real Estate Investment Trusts (REITs) zunehmend Beachtung in ganz Europa. Immer mehr Investoren erkennen ihre potenziellen Vorteile. In Deutschland hat der jüngste Börsengang der Büroimmobilienfirma Prime Office einen neuen Standard für den Sektor gesetzt. Dieses Beispiel illustriert, wie die Übernahme einer REIT-Struktur Immobilienfirmen die Sanierung ihrer Bilanzen und den Übergang zu tragfähigeren Geschäftsmodellen erleichtern kann.

Die Verbreitung einer guten Idee lässt sich schwerlich aufhalten - das gilt auch für REITs. Die Urform des REIT entstand in den sechziger Jahren in den USA. Seitdem trifft man sie auf praktisch allen großen entwickelten - und sogar einigen weniger entwickelten - Immobilienmärkten an. Wie viele gute Ideen versuchen auch REITs nicht, das Rad neu zu erfinden. Vielmehr vereinen sie eine Reihe attraktiver Merkmale auf optimale Weise in einem einzigen Immobilienvehikel.

Beim REIT handelt es sich um ein börsennotiertes Immobilienunternehmen, das ein liquides, steuereffizientes und transparentes Engagement bei Immobilien und Immobilienfondsmanagern ermöglicht. Je nach den Anlagen, die einem REIT zugrunde liegen, kann dieses Engagement diversifiziert sein oder sich auf ein bestimmtes Marktsegment konzentrieren.

Vielseitige Anlageform

Aufgrund ihrer Börsennotierung bieten REITs ein Maß an Liquidität, hinter dem andere Immobilienanlagen zwangsläufig zurückbleiben. Zudem geben sie dem Anleger eine recht gute Vorstellung vom Investitionsobjekt. Da sie als börsennotierte Unternehmen Offenlegungspflichten unterliegen, bieten sie weitaus mehr Informationstransparenz als viele andere Immobilienanlagevehikel. Zudem sind REITs von der Körperschaft- und der Kapitalertragsteuer befreit. Stattdessen werden die Einkünfte der Anteilseigner besteuert, auf die die übliche Quellensteuer einbehalten wird.

REIT sind verpflichtet, den Großteil ihrer Einkünfte in Form von Dividenden auszuschütten. Dadurch sind sie gerade für Investoren attraktiv, die Wert auf regelmäßige Ertragsströme legen. Und mittels einer geschickten Einzeltitelauswahl können Anleger sicherstellen, dass diese Ertragsströme durch erstklassige Objekte generiert werden, denn ein Großteil des qualitativ hochwertigsten Immobilienvermögens der Welt wird von REITs gehalten.

Wie bei allen Arten von Unternehmen kommt es entscheidend auf leistungsfähige Managementteams und -praktiken an. REITs werden zum Teil von den erfolgreichsten Vertretern der Branche verwaltet. Außerdem ist der Deckungsgrad der Interessen von REIT-Managern und Investoren in der Regel weitaus ausgeprägter als bei extern verwalteten, nicht börsennotierten Fonds.

REITs werden von Portfoliomanagern auf verschiedene Weise genutzt. Für manche sind sie ein Instrument, um sich Zugang zur Anlageform Immobilien zu verschaffen. Dabei sind sie insofern vorteilhafter als direkte Immobilieninvestitionen, als Anleger problemlos und kosteneffizient ihr Engagement nach Regionen sowie traditionellen und Nischensektoren diversifizieren können, ohne dazu große Kapitalbeträge zu benötigen.

Andere Portfoliomanager nutzen REITs dagegen als liquide Komponente in ihrem Gesamtimmobilienbestand, der gegebenenfalls sowohl direkte Immobilieninvestitionen als auch illiquides indirektes Immobilienengagement umfassen kann. Dies ist zunehmend bei Offenen Investmentfonds der Fall, bei denen ein liquides REIT-Portfolio ein Polster für Anteilsrücknahmen schaffen oder auch dazu beitragen kann, in steigenden Märkten - wenn der Kauf von Direktbeteiligungen ins Stocken gerät - investiert zu bleiben.

Ein dritter wichtiger Anwendungsbereich ist der Einsatz als Diversifikationsinstrument in Aktien- oder Mischportfolios. REITs verfügen über ein anderes Ertragsprofil als der breitere Aktienmarkt und bieten transparentere und nachhaltigere Ertragsströme als viele andere Aktiensektoren. Im aktuellen Umfeld, das von niedrigen Zinsen und Inflationssorgen geprägt ist, erscheinen die vergleichsweise hohen Renditen des REIT-Sektors zusammen mit einer gewissen Absicherung gegenüber Inflationsrisiken als attraktive Anlagealternative.

Erfolgsfaktoren

Für das Global Real Estate Securities Team von Aviva Investors liegt der Schlüssel zu langfristigen Erträgen von REIT-Portfolios in der Bottom-up-Auswahl von Einzeltiteln, die gute Aussichten auf ein solides risikobereinigtes Wachstum bieten. Dieses Wachstum hängt in erster Linie von der Performance der zugrunde liegenden Immobilienwerte ab. Bei der Auswahl eines REIT ist es daher von entscheidender Bedeutung, die Zusammensetzung des jeweiligen Immobilienportfolios nachzuvollziehen.

Die Investition in einen REIT erfordert eine Mischung aus Aktienmarktexpertise und Immobilienmarkt-Know-how. Vielen auf direkte Immobilienanlagen spezialisierten Investmentgesellschaften mangelt es an Aktienmarkterfahrung, um eine nachhaltige Outperformance im REIT-Universum zu erzielen. Umgekehrt verfügen nur wenige allgemeine Aktienmanager über das immobilienspezifische Spezialwissen, um ein überdurchschnittlich gut performendes Portfolio zusammenzustellen. Bei Regionen übergreifenden beziehungsweise weltweiten Investitionen in REITs ist es wichtig, nah an den lokalen Märkten zu sein, da diese für gewöhnlich von den wirtschaftlichen Bedingungen und regulatorischen Anforderungen vor Ort sowie der Verfügbarkeit von Baugrund, Aktien und Kapital beeinflusst werden.

Erkennen der Vorteile

Insbesondere wird auf Wertpapiere von Unternehmen mit leistungsfähigen Managementteams gesetzt. Denn die grundlegenden Wert schaffenden Entscheidungen werden in der Erwerbs-, Verkaufs- oder Entwicklungsphase getroffen. Gutes Management geht häufig Hand in Hand mit einem hohen Maß an Transparenz, einer geradlinigen Struktur und maximaler Offenheit gegenüber Investoren. Je weniger transparent ein Investment ist, desto höher muss die Risikoprämie ausfallen.

Gute Unternehmensführung, vernünftige Anreizgestaltungen und Interessenkongruenz zwischen Managern und Anlegern sind ebenfalls wichtige Indikatoren für gutes Management. Intern gemanagte REITs weisen weniger Potenzial für Konflikte zwischen Anteilseignern und Managern auf und sind daher externen Verwaltungsverträgen vorzuziehen.

Bisher haben sich europäische Investoren vorzugsweise über nicht börsennotierte Fonds am Immobilienmarkt engagiert. Das liegt unter anderem daran, dass der REIT ein relativ neues Anlagevehikel in Europa ist und viele Investoren die damit verbundenen Vorteile noch nicht kennen. Je bekannter diese Anlageform wird und je mehr Unternehmen REIT-Status erlangen, desto stärker wird sich das Interesse unter europäischen Immobilienanlegern entwickeln.

So steht Liquidität bei Investoren mittlerweile an erster Stelle. Nach den problematischen Erfahrungen, die Anleger während der Finanzkrise mit der Rücknahme ihrer Anteilscheine bei offenen Investmentfonds machen mussten, verwundert das nicht. REITs sind gut aufgestellt, um diesen Bedarf zu decken. Dabei sollten Investoren allerdings bedenken, dass höhere Liquidität ihren Preis hat. Längerfristig korreliert die Wertentwicklung von REITs stark mit direkten Immobilienanlagen, doch kurzfristig sind REITs volatiler und stärker mit den Aktienmärkten korreliert. Während manche Investoren bereit sind, ein höheres Maß an Illiquidität im Gegenzug für eine niedrigere kurzfristige Volatilität bei nicht börsennotierten offenen Investmentsfonds hinzunehmen, eignen sich REITs wahrscheinlich eher für die vielen Investoren, die Immobilien als langfristige Anlage betrachten.

Mit nur vier gelisteten Gesellschaften ist der deutsche REIT-Markt im internationalen Vergleich sehr klein. Die Marktkapitalisierung deutscher REITs insgesamt liegt bei rund 1150 Millionen Euro. Es gibt gute Gründe dafür, dass REITs bisher Schwierigkeiten hatten, in Deutschland Fuß zu fassen. Die europaweite REIT-Gesetzgebung trat im Jahre 2007 in Kraft, also just zu jenem Zeitpunkt, als die Finanzkrise ausbrach und die Immobilienkapitalwerte zu fallen begannen. Allerdings kann die schleppende Akzeptanz in Deutschland nicht allein der Finanzkrise zugeschrieben werden. Eine wesentliche Hürde für die Verbreitung in Deutschland war der Ausschluss von "Bestandsmietwohnimmobilien" von der REIT-Gesetzgebung. Da der Wohnimmobiliensektor in Deutschland sehr groß ist, schreckte dies viele bestehende Immobiliengesellschaften von der Umwandlung in einen REIT ab. Manche Investoren zweifeln auch an der Qualität der Vermögenswerte, die vom winzigen REIT-Sektor in Deutschland gehalten werden. In vielen Ländern tendieren REITs zwar zu Investitionen im Spitzensegment des Marktes. Deutsche REITs-Bestände allerdings liegen aktuell eher unter dem internationalen Durchschnitt.

Erschließen der Potenziale

Auch die Deckungsgleichheit der Interessen zwischen Managementteams und Investoren stellt ein wiederkehrendes Problem dar. So verfügen einige Unternehmen über externe Managementverträge. Zudem gibt es immer wieder Hinweise auf Fälle, in denen die Rückgaberechte der Anteilseigner weniger respektiert werden als in anderen Ländern.

Dennoch darf man außerordentlich optimistisch sein, was die Zukunft des deutschen REIT-Sektors betrifft. Der jüngste Börsengang von Prime Office ist ein gutes Beispiel für die Art von Portfolio und die Struktur, die sich für einen REIT eignen. Das Unternehmen investiert in erstklassige Objekte mit bonitätsstarken Mietern, wird von einem internen Managementteam geführt und zeichnet sich durch eine vernünftige Kapitalstruktur aus.

Die Umwandlung von Prime Office illustriert beispielhaft, wie die Übernahme des REIT-Status ein Unternehmen in die Lage versetzen kann, Eigenkapital an den Börsenmärkten aufzunehmen und von einem stark fremdkapitalfinanzierten Portfolio auf einen tragfähigeren Schuldenstand überzugehen. Es ist zu erwarten, dass in den kommenden Jahren weitere Immobiliengesellschaften an die Börse gehen werden. Da Unternehmen und Institutionen im Anschluss an die Finanzkrise nunmehr erneut ihr Geschäft auf- und ausbauen, werden REITs mit Sicherheit eine zunehmende Rolle spielen. Für die vielen Investoren, die liquiden und transparenten Zugang zu einem effektiv regulierten Markt verlangen, ist das zweifelsohne eine gute Nachricht, denn so erschließt sich ihnen das massive Potenzial der deutschen Immobilienmärkte.

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