Asset Management

Ungenutzte Betriebsimmobilien in Bewegung bringen

Ernst Hanfstaengl

Quelle: CBRE

Die Chancen, leerstehende Betriebsimmobilien in Schwung zu bringen, sind aktuell so gut wie selten zuvor. Und dies betrifft hierzulande besonders viele mittelständische Unternehmen, die überdurchschnittlich viele Immobilien im eigenen Besitz haben. Hier müssten dann, so der Autor, diverse Nachnutzungs- und Entwicklungsmöglichkeiten analysiert werden. Zunächst sollte eine kalkulatorische Gegenüberstellung der erwarteten Kosten und Erträge erfolgen, die zeigt, in welche Richtung das Unternehmen die Weichen stellen sollte. Danach sei meist professionelle Beratung durch Experten aufgezeigt. Häufig sei ein Verkauf oder eine Vermietung sinnvoller oder aber kann ein leerstehendes Gebäude eventuell von einem anderen Geschäftsbereich des eigenen Unternehmens genutzt werden? Red.

Die erfolgreichsten Unternehmen sind meist diejenigen, die sich rechtzeitig anpassen oder gar vorausdenken. Das betrifft nicht nur technische und gesellschaftliche Entwicklungen, sondern auch einen Bereich, der im Allgemeinen eher als statisch empfunden wird: die Immobilien. Veränderte Produktionsbedingungen und betriebliche Umstrukturierungen ziehen neue Flächenbedürfnisse nach sich. Mithilfe effizienterer Prozesse, einer zunehmenden Automatisierung und dank innovativer Ansätze der Industrie 4.0 kann der vorhandene Raum optimaler genutzt werden, teilweise fallen aufwendige Produktionsschritte weg.

Hierzulande sind viele Immobilien im eigenen Besitz

Grundstücke und Objekte, die dann nicht mehr betriebsnotwendig sind, können sich jedoch schnell als Klotz am Bein erweisen. Deshalb sollte frühzeitig über eine Umnutzung, Veräußerung oder andere Verwertung dieser Flächen nachgedacht werden. Lösungen gibt es also viele, doch die beste zu finden, das hängt immer davon ab, ob man vorher die richtigen Fragen gestellt hat.

In Deutschland halten Unternehmen deutlich mehr Immobilien im eigenen Besitz als in anderen industrialisierten Ländern. Zahlreiche mittelständische, aber auch börsennotierte Aktiengesellschaften halten ihren Stammsitz in Ehren. Nach jeder Veränderung des Immobilienbestands - ob Akquise, Umstrukturierung oder Modernisierung - sollte derselbe kritisch überprüft werden. Dafür braucht es eine dezidierte Bestandsaufnahme: Welche Immobilien sind in Unternehmensbesitz, welche davon werden aktuell genutzt und welche sind tatsächlich betriebsnotwendig?

Das klingt einfach, doch in vielen Unternehmen fehlen die Ressourcen für eine solche gründliche Analyse. Nur wenige mittelständische Unternehmen haben Personal, das sich ausschließlich mit dem Management der betriebseigenen Immobilien beschäftigt, und selbst Großunternehmen mangelt es häufig an Kapazitäten und vor allem an dem nötigen Knowhow. Deshalb kann es hilfreich sein, einen externen Dienstleister mit der Bestandsaufnahme und Beratung zu beauftragen. Eine ausgeprägte Kenntnis des Marktumfelds auf der einen Seite und der speziellen Bedürfnisse des Unternehmens - vor allem auch mit Blick in die Zukunft - sind dabei unabdingbar.

Sobald klar ist, welche Flächen zur Debatte stehen, können die Nachnutzungs- und Entwicklungsmöglichkeiten analysiert werden. Ist ein Verkauf oder eine Vermietung sinnvoller, oder kann ein leer stehendes Gebäude womöglich von einem anderen Geschäftsbereich des eigenen Unternehmens genutzt werden? Sind potenzielle Nachnutzer identifiziert, müssen deren Bedürfnisse beachtet werden. Müssen dafür umfangreiche Anpassungen in den bestehenden Immobilien vorgenommen werden? Wenn ja, wie stark fallen diese aus und vor allem, wer kommt dafür auf? Letztere Frage stellt sich insbesondere bei sehr speziell zugeschnittenen Objekten, die bei einer Weitervermietung weniger marktgängig sein könnten. Bei ihnen sollte genau geprüft werden, wie hoch der Investitionsaufwand wäre und ob er sich amortisiert.

Den Markt nach Vergleichbarem durchkämmen

In jedem Fall, selbst bei relativ wenig komplexen, standardisiert entwickelten Gebäuden, muss das Marktumfeld genau betrachtet werden. Wie hoch ist die Nachfrage nach entsprechenden Liegenschaften in der jeweiligen Lage? An welcher Stelle seines Zykluses befindet sich der Immobilienmarkt aktuell - kann zu einem anderen Zeitpunkt gegebenenfalls mehr Gewinn erzielt werden? Hierbei empfiehlt es sich, nach vergleichbaren Objekten auf dem Markt zu suchen.

Deren Angebotspreis gibt einen ersten Anhaltspunkt, mit welchen Kauf- oder Mietpreisen in der Lage zu rechnen ist. Die Entwicklung des jeweiligen Teilmarkts sowie die Aussichten für den Geschäftsbereich, in dem potenzielle Mieter oder Käufer tätig sind, helfen zu beurteilen: Wann ist der richtige Zeitpunkt gekommen, das Objekt anzubieten? Welche Zielgruppe ist geeignet? Und welche Flächenbedürfnisse möglicher Interessenten müssten erfüllt werden?

Bei einigen Objekttypen ist eine Dekontaminierung nötig

Je nach Zustand der Liegenschaften und Anspruch der möglichen Nachnutzer kann das Redevelopment erheblichen Aufwand erfordern. Bei einigen Objekttypen wie beispielsweise Industrieimmobilien kommt außerdem ein zusätzlicher Dekontaminierungsaufwand hinzu, weil der Boden und die Bausubstanz durch die vorherige Nutzung mit Schadstoffen belastet sein können. Aus diesem Grund muss der Ist-Zustand der betroffenen Flächen sorgfältig analysiert und technisch bewertet werden. Im Zuge der Berechnung des Gesamtaufwands für eine Umnutzung beziehungsweise der Vorbereitung für die Vermietung oder den Verkauf darf zudem nicht vergessen werden, dass es nicht nur um den reinen Umbau geht: Die Planung, die Entwicklung des Planungsrechts, die Koordination während der Umsetzung sowie die gegebenenfalls anschließende Vermarktung der Objekte erfordern ebenfalls Ressourcen. Große Teile davon können an externe Dienstleister vergeben werden.

Dennoch muss das Unternehmen bereit sein, finale Entscheidungen zu treffen und die spätere Verantwortung zu tragen. Dafür ist zumindest ein Überblick über alle Prozesse und eine möglichst enge Einbindung in das Projektmanagement sinnvoll. Der zeitliche Aufwand sollte nicht unterschätzt werden - das Unternehmen braucht einen langen Atem, denn das gesamte Redevelopment kann unter Umständen zwei oder noch mehr Jahre in Anspruch nehmen.

Auch Leerstand verursacht Kosten

Sind die betroffenen Flächen, deren Potenzial sowie der wahrscheinliche Redevelopment-Aufwand zumindest in groben Zügen bekannt, kann eine Vergleichsrechnung aufgestellt werden: Lohnt sich eine Umgestaltung und Umnutzung der Liegenschaften, oder verursacht sie Kosten, die durch den möglichen Ertrag nicht gerechtfertigt werden? Dabei müssen auf beiden Seiten mehrere Faktoren beachtet werden. Grundsätzlich ist zu beachten, dass auch leerstehende Gebäude Kosten verursachen. Nebenkosten, Instandhaltung, Versicherung - all das schlägt weiterhin zu Buche. Dem gegenüber stehen die bereits erwähnten Redevelopment-Kosten, zu denen auch der zeitliche und personelle Aufwand gerechnet werden sollte.

Aufseiten der Leerstandskosten müssen zudem die entgangenen Erträge veranschlagt werden, die eine Vermietung oder ein Verkauf generieren würden. Dabei geht es auch darum, die verschiedenen Möglichkeiten einer Folge- oder Alternativnutzung untereinander zu vergleichen. Eine Folgenutzung kann zumindest die Leerstandskosten senken beziehungsweise Erträge bringen, die ausreichen, um die Nebenkosten zu decken. Ein größerer Umbau kann hingegen neue Mietinteressenten erschließen und damit die Möglichkeit bieten, später höhere Mieteinnahmen zu erzielen. Zudem steigert ein Umbau den Grundstückswert meist deutlich.

Externer Dienstleister mit Expertise hilfreich

Deshalb sollte vor einem möglichen Verkauf das Refurbishment der Fläche ebenso bedacht werden wie der richtige Zeitpunkt im Marktzyklus, um den größtmöglichen Gewinn zu erzielen. Ist das Unternehmen dazu bereit, hat es die Möglichkeit, mit dem Nachnutzer der leerstehenden Flächen ein Joint Venture oder ähnliche gesellschaftsrechtliche Konstellationen einzugehen, um an gewinnträchtigen Entwicklungen verstärkt teilzuhaben.

Das Fazit: Es gibt viele Möglichkeiten und ebenso viele Fallstricke, ein Patentrezept freilich gibt es nicht: Jedes Unternehmen und jede Situation ist anders. Um die bestmögliche Entscheidung zu treffen, sind aber immer Erfahrung und ausgewiesenes Knowhow nötig. Immerhin ist ein frühzeitiger Quickcheck der Projektparameter meist schon mit den intern vorhandenen Ressourcen möglich.

Eine kalkulatorische Gegenüberstellung der erwarteten Kosten und Erträge zeigt zumindest, in welche Richtung das Unternehmen die Weichen stellen sollte. Für die genauere Aufschlüsselung und vor allem für die tatsächliche Umsetzung lohnt es sich, einen externen Dienstleister heranzuziehen, der die nötige Erfahrung, vor allem aber auch Marktexpertise mitbringt. Insbesondere sollte dieser nicht nur immobilienwirtschaftliches Knowhow und Projektmanagement-Kompetenzen mitbringen, sondern auch bautechnische und planungsrechtliche Expertise. Denn derart komplexe Projekte lassen sich am besten umsetzen, wenn das Unternehmen Beratung und Begleitung aller Prozesse von Anfang an aus einer Hand bekommt.

Der Autor Ernst Hanfstaengl Head of Asset Strategies, CBRE GmbH, Frankfurt am Main
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