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Refurbishment und Umnutzung - aus Alt mach Neu

Beispiel 1: Hotel de Rome, Berlin (ehemaliger Hauptsitz Dresdner Bank) Bildquelle: © Hochtief Projektentwicklung/Thomas Mayer

Wohnraum in den großen Metropolen und anderen wachsenden Regionen ist ein knappes Gut. Nach Auffassung der Autoren muss das Gebäude dazu keinesfalls vom Verfall bedroht sein, damit es ein Refurbishment verdient. Sowohl Denkmalschutzauflagen als auch veraltete Technik, ungenügende Energie- und Flächeneffizienz ließen den Sinn eines hochwertigen Refurbishments steigen. Voraussetzung allerdings ist, dass die Bausubstanz in jedem Fall eine ausreichende Restnutzungsdauer rechtfertigen müsse. Beton- und Baustoffqualität sollten heutigen Ansprüchen genügen. Ein kritischer Punkt sei die Raumgröße. Hier könne man derartige Gebäude nicht mehr vermieten - und auch durch Sanierungsmaßnahmen keine ausreichende Attraktivität mehr erreichen. Bei den Kreditgebern würden Refurbishment-Maßnahmen in der Regel genauso gesehen wie eine klassische Projektentwicklung. Für sie müsste das Konzept sowie die Planung schlüssig sein. Spitzenreiter bei dieser Entwicklung sei derzeit Hamburg. Das Sanierungssegment werde aber auch in Zukunft keine Dominanz am Markt erreichen. Red.

Das Angebot an innerstädtischen freien Grundstücken ist knapp. Geltendes Baurecht lässt vorhandene Ausnutzungen immer seltener erneut zu. Wohnraum in den großen Metropolen und anderen wachsenden Regionen ist ein knappes Gut. Grund genug, sich dem Bestand zu widmen. Doch vieles gilt es dabei zu beachten, damit das Unterfangen ein wirtschaftlicher Erfolg wird.

Aus den Betonritzen auf der Treppe wächst Unkraut, die Türen sind vernagelt und auf den Simsen turteln die Tauben - nicht immer muss es bei einem Gebäude gleich so zugehen, damit es ein Refurbishment verdient. Es reicht schon, wenn die Mieten sinken, die Margen nicht zu halten sind oder gar die Gewinne ausbleiben.

Veraltete Technik, ungenügende Energie- und Flächeneffizienz sowie fehlende Flexibilität lassen immer häufiger die Frage aufkommen, ob Runderneuerung oder doch Abriss und Neubau. Gebäude, die sich ortsbildprägend in ihre Nachbarschaft einfügen, aber auch prominente Einzellagen oder gar denkmalpflegerische Vorgaben als sogenannte Alleinstellungsmerkmale können den Impuls für eine Bestandsentwicklung geben.

Sind architektonischer sowie städtebaulicher Wert vielversprechend, die Lage und die Nachfrage am Markt sowohl auf Mieter- als auch Käuferseite verheißungsvoll, ist schon viel gewonnen. Ausschlaggebend jedoch ist die vorhandene Güte. Die Bausubstanz muss in jedem Fall eine ausreichende Restnutzungsdauer rechtfertigen. Beton- und Baustoffqualität sollten heutigen Ansprüchen genügen.

Raumtiefen und -höhen als kritische Größen

Sind erhebliche Schadstoffprobleme vorhanden, liegen wesentliche Mängel bei der Bauphysik oder dem Brandschutz vor, sind Anlagen sowie Bauteile über die Maßen veraltet, ist ein Rückbau bis auf den Kern meist nicht zu vermeiden. Dabei ist genauso bestimmend, inwieweit an der Baustruktur gearbeitet werden kann. Heutige Brandschutzvorschriften können ein zusätzliches Treppenhaus erforderlich machen. Tragende Fassaden lassen kaum Veränderungen zu, ohne die Grundelemente zu zerstören - zudem ein wichtiger Aspekt im Hinblick auf Veränderungen, um den sommerlichen Wärmeschutz und die EnEV-Werte einhalten zu können. Raumtiefen und -höhen können schnell zur kritischen Größe werden. Bei einer lichten Höhe von 2,75 Meter beispielsweise ist die Immobilie als Bürogebäude praktisch nicht mehr zu vermieten, da Doppel- oder Hohlraumböden die Höhe noch mehr verringern. Des Weiteren können Höhenunterschiede auf einer Etage durchaus vorkommen.

Bei zu viel Tiefe bleiben große Bereiche ohne natürliche Belichtung. Doch können hier unter Umständen Einschnitte helfen, mehr Tageslicht hereinzulassen und das Angebot an fensterorientierten Arbeitsplätzen zu vergrößern. Raster, Flächenzuschnitt, Raumstruktur sowie Erschließung müssen auf eine künftige Grundrissflexibilität hin verändert werden können. Tragende Wände stehen dafür schon mal im wahrsten Sinne des Wortes im Weg. Nicht unbedingt jedes vermeintliche Regelgeschoss gleicht dem anderen.

Für eine Begutachtung muss also Stockwerk für Stockwerk und Raum für Raum vorgegangen werden. Die Flächenlasten und damit die Statik sollten den heutigen Anforderungen entsprechend ausgelegt werden können. Die Tragfähigkeit muss für die geplante neue Nutzung reichen. Darüber hinaus beeinflussen Verbesserungsmaßnahmen für den meist ungenügenden Schallschutz sowie der fast immer notwendige Einbau neuer Lüftungsanlagen die Belastung der Tragkonstruktion.

Bestandsschutz für die bestehende Konstruktion und aktuelle Nutzung ist ein entscheidendes Argument, sich an ein Refurbishment heranzutrauen. Gebäudehöhen und Geschossflächenzahl sind festgeschrieben. Der Anspruch aber darauf, ein neues Haus in gleicher Größenordnung zu errichten, geht mit einem Abriss häufig verloren, und der Grad der Ausnutzung sinkt. Unter anderem daraus aber generiert der Projektentwickler sein Geschäft. Auch das Wissen um eine bereits baurechtlich abgesicherte Nutzungsart lässt die Entscheidung für eine Bestandsentwicklung leichter fallen.

Und nicht erst zu guter Letzt kann das leidige Thema Parkplätze den Ausschlag geben. Eine bereits vorhandene Tiefgarage ist von großem Vorteil, da sich viele Kommunen heute sehr viel restriktiver bei der Genehmigung von Stellplätzen vor allem in der Innenstadt zeigen.

Strengere Finanzierungsauflagen

Kreditinistitute betrachten ein Refurbishment in der Regel zunächst einmal wie eine klassische Projektentwicklung. Für sie müssen das Konzept sowie die Planung schlüssig sein. Ferner wollen sie Antworten auf die Fragen: Ist das die richtige Lage? Bringt der Projektentwickler das nötige Know-how mit? Wer soll die Immobilie nutzen? Wie wird der künftige Cashflow aussehen? Aussagen zur vorhandenen Objektqualität muss der Investor jedoch ausführlicher treffen, da die finanzierende Seite sichergehen will, dass aus ihrer Sicht das Engagement sinnvoll ist. Nur so kann sie unter anderem beurteilen, ob Neubauqualität zu erreichen ist und der Bestand eine in ihren Augen angemessene Nutzungsdauer erlaubt.

Allein aus diesem Grund schauen die Finanzierer bei der technischen Due Diligence viel genauer hin. Kalkulation sowie Herleiten der Kosten müssen viel detaillierter belegt sein. Sie werden insbesondere auf ihre Plausibilität und daraufhin durchleuchtet, ob eine ausreichende Reserve für Unvorhergesehenes eingeplant ist. Gleiches trifft für den Bauzeitenplan zu. Banken verlangen daher deutlich höhere finanzielle und zeitliche Puffer als bei einer herkömmlichen Entwicklung. Neben einem hauseigenen Gutachter beauftragen sie obendrein gern ein externes Bau- und Qualitätscontrolling, um Risiken noch besser abfangen zu können.

Höherer Aufwand für Umnutzung

Soll sich eine Immobilie in ein Wohnhaus verwandeln, sind Lage und Umgebung von ganz besonderer Bedeutung. Eine wohnliche Prägung und eine gute Nahversorgungsinfrastruktur sind daher von großem Vorteil. Bestimmen eher Büro- oder Gewerbeimmobilien das Bild, ist eine Umnutzung nur dann sinnvoll, wenn es sich dabei um eine zentrale Lage handelt. Eine ausgezeichnete Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sowie für den Individualverkehr muss erst recht gegeben sein. Meist reichen bei den Bestandsgebäuden die vorhandenen Erschließungskerne nicht aus. Bei Büroimmobilien zum Beispiel sind ab einer Geschossfläche von 800 Quadratmetern zwei Erschließungskerne vorhanden.

Neue Treppenhäuser und Aufzugsanlagen müssen also in der Regel geschaffen werden. Große Gebäudetiefen zwingen wegen der geringen Fensterflächen dazu, Bäder und Küchen nach innen zu legen.

Bei lichten Raumhöhen unter 2,50 Metern kann man ein Redevelopment praktisch ausschließen. Denn unter derart niedrigen Höhen kann keine adäquate Wohnqualität entstehen. Normalerweise ist die Tragfähigkeit für eine Wohnnutzung ausreichend. Doch Maßnahmen für den Schallschutz oder der Anbau von Balkonen - ein besonders wichtiger Aspekt beim Wohnungsbau - beeinflussen die Belastung der Tragkonstruktion.

Da viele Bürogebäude nicht darauf ausgelegt sind, dass die Stockwerke durch gemauerte massive Wände in einzelne Wohnungen aufgeteilt werden können, müssen leichtere eingebaut werden. Das kann zulasten des Schallschutzes gehen. Im Übrigen gilt: Die jeweilige Bauordnung der Bundesländer bestimmen, welche baulichen Anforderungen Wohnungen erfüllen müssen. Und diese Vorschriften können von Bundesland zu Bundesland variieren. Am häufigsten erfahren Büroimmobilien eine Änderung.

Aber auch Hotels, Krankenhausareale oder Fabrikgebäude werden schon mal einer Verwandlung unterzogen. Eine relativ neue Erscheinung hingegen ist die Umnutzung von Hochbunkern und Parkhäusern. Für all diese sind die jeweils ihnen eigenen baulichen Besonderheiten zu berücksichtigen. Nicht zu unterschätzen ist die Wirkung des kommunalen Planungs- beziehungsweise Baurechts. Liegt die Immobilie in einem sogenannten Mischgebiet, ist eine Wohnnutzung ohne Weiteres möglich. Fast immer spricht dann das Baurecht für den eher aufwändigen Umbau des Gebäudes. Denn hier ermöglicht der Bestandsschutz gleichfalls eine deutlich bessere Flächenausnutzung des Grundstücks.

Eventuell neue Genehmigungen einholen

Darüber hinaus sind die Auflagen für einen Neubau - etwa für Abstandsflächen, Lärmschutz und Brandschutz - ungleich strenger und können die vermarktbare Wohnfläche deutlich reduzieren. Doch Achtung: Durch die neue Nutzung und den damit verbundenen Eingriff wirkt der Bestandsschutz nicht allumfassend. Von daher sind im Vorfeld Abstimmungen mit den Planungsbehörden unerlässlich, da gegebenenfalls neue Genehmigungen eingeholt werden müssen. Soll eine Gewerbeimmobilie in einem Kerngebiet umgewandelt werden, bedarf es in der Regel der Änderung des Bebauungsplans. Da muss sich der zeitliche Mehraufwand schon lohnen.

Frei nach der Parodie "Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht was Bess'res findet" ist bei einer Entscheidung für oder gegen eine Runderneuerung eine intensive Prüfung im Vorfeld angesichts möglicher Widrigkeiten unumgänglich. Denn am Ende muss sie im Vergleich zu einem Neubau in der Gesamtbetrachtung die bessere Wahl sein. Mindestens 20 Prozent sollte daher der Preisvorteil eines Refurbishments betragen. Dennoch ist die genaueste Vorabanalyse keine Garantie gegen unangenehme Überraschungen. Jedes Projekt ist ein Einzelfall und birgt andere Unwägbarkeiten. All das kann eine Bestandsentwicklung teurer werden lassen als eine Neuentwicklung. Deshalb sind im Vergleich dazu gewisse Mindestgrößen gefragt, damit sich das Investment lohnt.

Reine Bürogebäude sollten etwa 5000 Quadratmeter mitbringen. Es sei denn, sie sind Bestandteil einer größeren Gesamtentwicklung. Dann darf es schon mal weniger sein. Das gilt auch für Mischimmobilien insbesondere mit einem hohen Einzelhandels- und oder Wohnanteil. Aber unter 3000 Quadratmetern wird es mehr als schwierig.

Bei einer Umwandlung in eine Wohnimmobilie sind allein schon wegen des Nachfragedrucks nahezu alle Größenordnungen lukrativ. Entscheidend allerdings ist, ob Eigentums- oder Mietwohnungen entstehen sollen - für Letztere eignen sich nämlich eher größere Projekte.

Hamburg als Spitzenreiter

Trotz aller Risiken ist das Refurbishment und mit ihm die Umwandlung zu einem ebenso interessanten wie lukrativen Betätigungsfeld herangereift. Das belegt auch eine Untersuchung aus dem eigenen Hause: Allein in den Top-7-Standorten werden dieses Jahr 690000 Quadratmeter Bestandsfläche einer Rundumerneuerung unterzogen. Im Vergleich dazu waren es in den Jahren 2015 und 2014 zirka 550000 beziehungsweise 340000 Quadratmeter.

Mehr als die Hälfte der Immobilien, in denen vornehmlich Büroflächen saniert werden, sind dennoch gemischt genutzt. Mehr als ein Viertel der Bestandsgebäude, in denen überwiegend Wohnungen entstehen, erfahren eine Umnutzung - die meisten von ihnen beheimateten in ihrem Vorleben Büros. Der Grund: Mischnutzungen sind in der Gunst bei Entwicklern und Investoren gestiegen, und die Umnutzung ist angesichts der Wohnungsknappheit insbesondere in den Top-7-Standorten mittlerweile ein wichtiges Standbein beim Refurbishment.

Keine Dominanz des Marktgeschehens

Nahezu drei Viertel der Fläche entfallen in diesem Jahr auf die Städte Berlin, Düsseldorf und Hamburg. Ein ähnliches Bild bot sich bereits in den zurückliegenden zwei Jahren. In diesen Städten gibt der Gebäudebestand für ein Refurbishment offensichtlich besonders viel her. Spitzenreiter bei der Bestandsentwicklung von Büros ist Hamburg. Dort werden etwa 38 Prozent der insgesamt in der Recherche erfassten Bürofläche in diesem Jahr umgebaut. Für den Wohnungsmarkt unternimmt Berlin die größten Anstrengungen. In der Bundeshauptstadt werden gut 43 Prozent des gesamten Wohnflächenaufkommens rundum erneuert.

Bei fortgesetztem Interesse von Investoren sowie der hohen Nachfrage nach Wohnraum wird die zunehmende Verdichtung, gepaart mit den unterdessen geschlossenen Baulücken, ihr Übriges dazu tun, dass die Bedeutung des Entwicklergeschäfts mit "alten" Häusern weiter wächst. Die finanzierenden Banken haben dies ebenfalls erkannt. Viele betrachten diese Tätigkeit mittlerweile als ein eigenständiges Marktsegment mit überdurchschnittlichem Potenzial, insbesondere bei Büro- und Einzelhandelsimmobilien.

Manches Institut stellt bereits bis zu 30 Prozent seiner Immobilienfinanzierungsmittel für Bestandsentwicklung zur Verfügung. Ferner haben einige private Kapitalanleger, die ihr Geld in Premiumimmobilien anlegen möchten, das Segment für sich entdeckt. Sicherlich wird das Refurbishment auch in Zukunft das Marktgeschehen nicht dominieren können, aber es wird eine wichtige Größe bleiben.

Der Autor

Gordon Gorski Geschäftsführer, HOCHTIEF Projektentwicklung GmbH, Berlin

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