Kapitalanlage Denkmalschutz

Projektentwicklung für denkmalgeschützte Immobilien

Zwei große Trends bestimmen derzeit die Entwicklung an den deutschen Wohnimmobilienmärkten: Die Bevölkerung schrumpft insgesamt und gleichzeitig ziehen mehr Menschen in die Metropolregionen, in denen die Innenstadt immer stärker zum Erlebnisraum wird, wo Wohnen, Arbeiten und Leben an einem Ort zusammenkommen. Genau in diesen Innenstädten kann das Phänomen beobachtet werden, dass trotz des allgemein sinkenden Bedarfs an Eigenheimen - in den kommenden acht Jahren soll dieser nach einer Studie des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) sogar um 50 Prozent fallen - ein Mangel an Wohnungen herrscht. Allein in den Metropolregionen Düsseldorf, Hamburg, München und Stuttgart fehlten in den vergangenen vier Jahren bereits 600 000 Geschosswohnungen. Ursache hierfür ist oft, dass unbebaute Grundstücke mit guter Infrastruktur gerade in Ballungsgebieten knapp sind und der Wohnungsneubau seit 1995 stetig zurückgeht - allein 2007 um 38 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Revitalisierende Objekte erhöhen Stadtqualität

Vor diesem Hintergrund gewinnen Bestandsimmobilien sowohl im Bereich der Wohnungsbauinvestitionen als auch der Wohnungsversorgung zunehmende Bedeutung für private und institutionelle Investoren. Besonders Immobilien, die unter Denkmalschutz stehen, werden dabei dank lukrativer Anlagemöglichkeiten immer beliebter - zur Freude von Städten und Kommunen, die sich von revitalisierten Objekten und Quartieren eine höhere Stadtqualität sowie den für sie finanziell oft unmöglichen Erhalt historisch wertvoller Baudenkmäler versprechen. Denn schon per Definition handelt es sich beim Denkmalschutz um eine "kulturell begründete, auch gesetzlich geregelte Erhaltung von historisch bedeutenden Gebäuden und Gegenständen, an deren Bestehen ein öffentliches Interesse besteht".

Bundesweit existieren zirka 880 000 Kulturdenkmäler - immerhin rund 5,1 Prozent aller Bauten -, die es als städtebauliche Dokumente der Vergangenheit zu erhalten und zu sanieren gilt. Angefangen vom Industriegebäude aus dem 19. Jahrhundert über die barocke Dorfkapelle bis hin zu ganzen Straßenzügen bestimmen sie nicht selten den individuellen Charakter eines Ortes. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass über ein Drittel der Bundesbürger bereit ist, für die Wohnung in einer restaurierten denkmalgeschützten Immobilie mehr zu zahlen als für eine vergleichbare andere Wohnung. Und auch die Beschäftigten fühlen sich Umfragen zufolge in Denkmälern deutlich wohler als in Standardbürogebäuden.

Diese uneingeschränkte Akzeptanz macht Investitionen in denkmalgeschützte Immobilien auch für Projektentwickler attraktiv, da sie mit dem Refurbishment ein imageträchtiges Marktsegment erschließen und sich selbst als Kompetenzträger etablieren können. Gleichzeitig ergeben sich bei der Revitalisierung von Bestandsobjekten attraktive Standortvorteile und lukrative Chancen. Zum einen sind die Grundstücke in der Regel erschlossen, wodurch kostenintensive infrastrukturelle Erschließungsmaßnahmen gemindert werden oder entfallen.

Sanierungskosten steuerlich geltend machen

Zum anderen zeichnen sich innerstädtische Bestandsobjekte vor allem durch ihre exponierte städtebauliche Lage und eine nicht duplizierbare Einzigartigkeit aus, die durch eine Umwidmung erfolgreich vermarktet werden kann. Das enorme Wertschöpfungspotenzial wird zudem durch das bundesdeutsche Steuerrecht erhöht, da Anleger Sanierungskosten steuerlich geltend machen können. Und auch wenn der Faktor Innenstadt einmal nicht gegeben ist: Auch in Randlagen kann man im Einklang mit der vorhandenen Bebauung und Nutzung planen, da man genau weiß, in welches Umfeld man hinein entwickelt.

Gleichzeitig ergibt sich aus dem etablierten Standort heraus noch eine weitere Chance des Refurbishments: Er selbst, aber auch das Bestandsobjekt verfügen bereits über ein Image, das bei der Projektentwicklung aufgegriffen und weiter entwickelt werden kann. Hinzu kommt, dass die Realisierungszeiten von Bestandsrevitalisierungen bei Beachtung einer nachhaltigen Bauablaufplanung und Nutzung vorhandener Bausubstanz wesentlich kürzer sind als die Gesamtrealisierungszeit von Neubauten (siehe Abbildung 1).

Höchste Anforderungen an Projektentwickler

Trotz dieser Vorteile stoßen Projektentwickler bei Refurbishments abhängig von Alter und Bauqualität oft auch an die Grenze des wirtschaftlich Vertretbaren. Bauqualität, Zuschnitt der Räumlichkeiten und technische Ausstattung entsprechen nicht den modernen Standards, Statik und Bausubstanz erlauben keine Sanierung oder verteuern diese exorbitant. Unter diesen Voraussetzungen adäquate Konzepte zu entwickeln und auch umzusetzen ist eine Herausforderung für Projektentwickler, die im Refurbishment vor deutlich höhere Anforderungen gestellt werden als bei der Realisierung von Neubauten.

Denn die Revitalisierung von Bestandsimmobilien, insbesondere Denkmalschutzimmobilien, ist durch hohe Komplexität und wirtschaftliche Intransparenz in der Planungs- und Ausführungsphase gekennzeichnet. So können verborgene Schadstoffbelastungen und konstruktive Schäden ebenso wie Restriktionen - beispielsweise durch das Landesdenkmalamt - die Projektentwicklung gefährden. Weiterhin können sich konzeptionelle Probleme aufgrund von vorgegebenen Raumaufteilungen oder unzureichenden Beleuchtungs- beziehungsweise Belichtungsmöglichkeiten ergeben (siehe Abbildung 2).

Kompromiss zwischen Bewahrung und neuzeitlicher Nutzung

Die Spezialimmobilie Baudenkmal als Königsklasse der Immobilienwirtschaft ist somit ein anspruchsvolles Betätigungsfeld, da die Sanierung ein hohes Fachwissen der Denkmalpflege und der Immobilienökonomie, aber auch soziokulturelles Know-how sowie Flexibilität und Fingerspitzengefühl erfordern. Der Projektentwickler wird in seiner täglichen Arbeit vor die Aufgabe gestellt, einen Brückenschlag zwischen alter Bausubstanz und Moderne zu schaffen, sodass sich eine Einheit herausbildet.

Denn auch wenn jeder gerne in historischen Mauern lebt: Auf ein modern ausgestattetes, möglichst zwölf bis 14 Quadratmeter großes Badezimmer sowie großzügige Wohn- und Schlafbereiche möchte keiner verzichten.

Es gilt daher, die Bausubstanz und die Gebäude, die immer eine Geschichte zu erzählen haben und über eine Seele verfügen, die man aufspüren und bewahren sollte, zu erhalten, jedoch in neue Nutzungen, angepasst an moderne Wohn- und Lebensbedürfnisse, zu überführen. Die Anpassung der alten Immobilien an heutige Nutzerbedürfnisse als A und O im Refurbishment erfordert indes technisch aufwändige Maßnahmen wie beispielsweise Grundrissoptimierungen, den Einbau moderner Gebäudetechnik oder den Bau von Tiefgaragen in innerstädtischen Lagen.

Gleichzeitig werden Stallungen, Speicher, ja sogar Leuchttürme zu außergewöhnlichen und vor allem individuellen Wohn- und Lebensräumen. Allein das zu planen hat für einen Projektentwickler einen geradezu einmaligen Reiz. Denn aus der Verbindung von Alt und Neu kann eine hohe Architekturqualität entstehen. Elementare Voraussetzung hierfür ist allerdings eine intensive Auseinandersetzung mit dem Bestand und eine auf die Bauaufgabe maßgeschneiderte Detailplanung. Oft ist ein angemessener Kompromiss zwischen der Bewahrung bauhistorischer Substanz und der neuzeitlichen Nutzung zu finden, wobei schützenswerte Ensemble und Gebäude nicht isoliert betrachtet werden dürfen, sondern als Teil in einem städtebaulichen Gesamtgefüge zu bewerten sind, das sich stetig weiterentwickelt.

Weiterhin stabiler Markt für Immobilienbranche

So bleibt festzuhalten, dass die Erhaltung und Modernisierung von Gebäuden zur Verbesserung von Wohn- und Lebensumfeld sowie zur Revitalisierung von Innenstädten und Stadtteilzentren beiträgt. Dabei ist Denkmalerhaltung nicht nur ein unerlässlicher kultureller und sozialer Faktor, sondern gibt auch entscheidende Impulse für Wirtschaft und Beschäftigung von Städten und Regionen.

Vor diesem Hintergrund wird das Refurbishment von Bestandsimmobilien - unterstützt durch eine Vielzahl politischer, demografischer und wirtschaftlicher Faktoren - auch weiterhin ein stabiler Markt für die Bau- und Immobilienbranche sein. Dabei werten Projektentwickler, die einen umfangreichen Planungsaufwand und erhöhte Kosten für den denkmalpflegerischen Mehraufwand nicht scheuen, die Objektsubstanz nachhaltig auf und sichern so die Vermarktungsfähigkeit von Refurbishment-Objekten.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X