Kommunen als Bestandshalter

Unterfinanzierung der Kommunen als Chance für Privatinvestoren

Dirk Hasselbring

Damit Kommunen von den in ihrem - häufig als Kostentreiber angesehenen - Immobilienbestand verborgenen wirtschaftlichen Potenzialen profitieren können, bedarf es eines professionellen Umgangs mit bestehenden Immobilien sowie neuer Wege der Realisierung und Finanzierung neuer Projekte im Sinne des subsidiären Einsatzes öffentlicher Mittel. Eine Möglichkeit sind Öffentlich-Private Partnerschaften. Der Vorteil: Externe Immobilienfachleute planen effizienter als Länder und Kommunen, es sind keine komplizierten Ausschreibungsverfahren vonnöten, denn ein privates Unternehmen übernimmt die komplette Projektsteuerung. Dass das in Deutschland bislang nicht immer von Erfolg gekrönt war, mag an der Nichtbeachtung kommunaler Interessen seitens der Investoren gelegen haben sowie an mangelnder Transparenz. Doch eine Entwicklung zum Positiven ist absehbar - entscheidend ist eine Interessenkongruenz zwischen Kommune und Investor. Red.

Trotz insgesamt boomender Steuereinnahmen und eines rechnerischen Haushaltsüberschusses im Bundesdurchschnitt befinden sich viele Kommunen in einer desolaten Finanzsituation. Bereits 2014 warnte der Deutsche Städte- und Gemeindebund, dass immer mehr von der Substanz leben und notgedrungen an der Zukunft sparten. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW taxierte den Investitionstau auf etwa 128 Milliarden Euro. Laut einer Umfrage von Ernst & Young rechnen 59 Prozent aller Kommunen mit mehr als 20 000 Einwohnern mit einem Haushaltsdefizit. Im vergangenen Jahr waren dies noch 48 Prozent. Jede zweite deutsche Kommune rechnet damit, dass ihr Schuldenstand in den kommenden drei Jahren (weiter) anwachsen wird. Einige sind inzwischen so hoch verschuldet, dass sie dies nicht mehr selbst überwinden können. Bereits 2013 befanden sich etwa 15 Prozent unter einem kommunalen Rettungsschirm.

Um die ständig steigenden Kosten in den Griff zu bekommen, erhöhen die betroffenen Kommunen in der Regel die Steuern und Gebühren beziehungsweise kürzen Leistungen. Ersteres wollen laut der Studie von Ernst & Young in diesem Jahr etwa 74 Prozent tun und jede dritte Stadt oder Gemeinde will die Leistungen zurückfahren. Der Umfrage unter 300 Kommunen zufolge wollen 27 Prozent ihre Friedhofsgebühren anheben und 21 Prozent mehr Geld für den Besuch von Kindertagesstätten oder Ganztagsschulen verlangen. 21 Prozent wollen den Grundsteuerhebesatz erhöhen und die Hundesteuer soll in 13 Prozent der Kommunen steigen. Gespart werden soll vor allem an der Straßenbeleuchtung (18 Prozent), der Jugend- und Seniorenarbeit (sieben Prozent) sowie Bibliotheken und kulturellen Einrichtungen (jeweils vier Prozent).

Immobilienbestand als Kostentreiber

Auf der Suche nach Möglichkeiten, die öffentlichen Haushalte zu entlasten, gerieten in den letzten Jahren verstärkt auch kommunale Gebäude und Liegenschaften in den Fokus. Schließlich ist die öffentliche Hand mit etwa 300 000 Gebäuden quasi der größte Immobilieneigentümer in Deutschland, und der Bestand entwickelt sich immer mehr zum Kostentreiber. Ganze Gebäudegenerationen sind im renovierungsbedürftigen Alter. Eine Studie des Bremer Energie Instituts von 2011 im Auftrag der bundeseigenen KfW-Bankengruppe sieht beispielsweise einen Sanierungsbedarf bis 2020 von etwa 98 Millionen Euro mit einer Gesamtinvestitionssumme von etwa 75 Millionen Euro, inklusive Sanierung auf das Neubauniveau der Energieeinsparverordnung (EnEV) 2009. Der größte Sanierungsbedarf besteht danach bei Schulen, Sporthallen, Pflegeeinrichtungen, Verwaltungsgebäuden und Kindertagesstätten.

Untersuchungen machen zudem immer wieder deutlich, welche hohen wirtschaftlichen Potenziale der öffentliche Bestand birgt. Um diese zu heben, müssen allerdings mögliche Risiken vorausschauend gesteuert werden. Der wachsende Kostendruck hat die Entscheider in den Kommunen dazu bewegt, erstens nach einem professionellen Umgang mit den bestehenden Immobilien und Liegenschaften zu suchen und zweitens neue Wege zur Finanzierung und Realisierung neuer Projekte im Sinne des subsidiären Einsatzes öffentlicher Mittel zu gehen.

Vorbild Großbritannien

Ein Weg sind öffentlich-private Partnerschaften. Dieses im angelsächsischen Raum als "Public Private Partnership" (PPP) erfolgreiche Modell wird bei uns seit etwas mehr als zwanzig Jahren erprobt, steckt jedoch verglichen mit beispielsweise Großbritannien, wo inzwischen jedes fünfte öffentliche Bau- und Immobilienprojekt mit Unterstützung von Privatunternehmen realisiert und betrieben wird, noch in den Kinderschuhen. Und das, obwohl externe Immobilienfachleute die Lebenszykluskosten von Gebäuden nachweislich viel besser einschätzen und effizienter planen können als Länder und Kommunen. Zudem ergaben Umfragen vom Institut Allensbach und diversen Forschern, dass beispielsweise Verantwortliche, Schüler und Eltern bei privat gebauten Schulen sehr zufrieden sind.

Etwa drei Prozent aller Bauvorhaben wurden in Deutschland seit 2002 über Öffentlich-Private Partnerschaften abgewickelt, darunter 181 Hochbauprojekte mit einem Investitionsvolumen von 5,7 Milliarden Euro und 17 Tiefbauprojekte im Umfang von 2,8 Milliarden Euro. Besonders beliebt sind Schulen und Neubauten. Seit 2002 wurden 73 Verträge für Bildungsprojekte abgeschlossen und insgesamt mehr als 1,8 Milliarden Euro investiert. Rund 60 Schulprojekte sind in Planung oder Ausschreibung.

Gemischte PPP-Bilanz

Das Konzept hinter Public Private Partnership ist einfach und nachvollziehbar: Statt eines komplizierten Ausschreibungsverfahrens mit unzähligen Firmen und Handwerkern, hohen Investitionssummen für die Kommunen und Länder und bürokratischer Kleinarbeit übernimmt ein Unternehmen die komplette Projektsteuerung über die Finanzierung bis hin zur Baufertigstellung. Die Firma plant und baut beispielsweise in Zusammenarbeit mit dem kommunalen Bewirtschaftungsträger ein Studentenwohnheim, eine Schule oder ein kommunales Verwaltungsgebäude.

Die Stadt oder das Studentenwerk als künftiger Nutzer beziehungsweise Bewirtschafter zahlt im Gegenzug zum Beispiel eine auf 30 Jahre berechnete Miete. Dafür haben die privaten Unternehmen freie Hand bei Planung und Bau und können selbst aussuchen, mit welchen Subunternehmern sie zusammenarbeiten. In der Folge wird schneller und effizienter gebaut. Im Schnitt sind PPP-Projekte etwa 14 Prozent effizienter als herkömmlich ausgeschriebene.

Dennoch ist die Bilanz der letzten zehn Jahre gemischt und teilweise von überzogenen Erwartungen und nicht eingehaltenen Versprechungen überschattet. Ein Konstruktionsfehler von gescheiterten Projekten waren dabei häufig die zu komplizierten Verträge. Viele Kommunen waren schlicht überfordert, sich im Vorfeld genau zu überlegen, was und wie gebaut werden soll und Leistungen eindeutig zu beschreiben, um nachträgliche teure Abweichungen vom Vertrag zu minimieren. Auch gab es unterschiedliche Vorstellungen zur haushaltlichen Einordnung der Finanzierung.

Daher wird diese heute bei einigen Projekten komplett aus dem Vertrag herausgenommen und über Banken und Fördermittel geleistet, was unter Umständen günstiger sein kann. Planung und Bau bleiben bei diesem Lebenszyklusmodell dennoch in einer privaten Hand. Dass dem PPP-Modell bislang in Deutschland kein durchschlagender Erfolg beschieden war, lag aber vor allem daran, dass in der Vergangenheit oftmals die kommunalen Interessen von den Investoren nicht ausreichend berücksichtigt wurden und es an Transparenz mangelte. Dies hat sich in letzter Zeit durchaus zum Positiven entwickelt, nachprüfbare Wirtschaftlichkeitsvergleiche sind inzwischen die Regel.

PPP-Projekte bieten heute die Möglichkeit, unter Würdigung der Rechte und Interessen der Kommunen beispielsweise durch Bereitstellung öffentlicher, nicht kommunal genutzter Grundstücksflächen und Liegenschaften Gebäude für die Städte bereitzustellen, die über klare und nachprüfbare städtebauliche Verträge das öffentliche Interesse einer günstigen Miete oder klaren Nutzungsstruktur gewährleisten. Entscheidend für Erfolg und Akzeptanz ist es, eine Interessenskongruenz zwischen Kommune und Investor herzustellen, um letztlich eine Win-Win-Situation zu erreichen.

Fonds als Finanzierungshelfer

Eine weitere Strukturierungsalternative, die an Bedeutung gewonnen hat, ist die Partnerschaft der Kommune beziehungsweise der staatlichen oder öffentlichen Institution mit einem geschlossenen Immobilienfonds beziehungsweise seiner regulierten Form, dem sogenannten AIF (alternative investment fund). Dies deshalb, weil sich dieser mit seinem langfristigen Investitionshorizont und seiner nachhaltigen Anlagestrategie aus Sicht der öffentlichen Auftraggeber besonders für eine solche Kooperation eignet.

Für die privatwirtschaftlichen Investoren besteht der Charme einer Beteiligung an PPP-Projekten vor allem darin, dass es sich typischerweise um langfristige Engagements mit einem bonitätsstarken Partner handelt, bei dem eine Insolvenz faktisch ausgeschlossen ist. Über die Laufzeit von PPP-Projekten hinweg sind Jahresrenditen in Größenordnungen von 5,5 bis 6 Prozent bei Mindestprojektsummen von 10 bis 15 Millionen Euro durchaus realistisch. Unabhängig davon, wie die Partnerschaft letztlich ausgestaltet wird, sind die Qualität und Expertise des in das Projekt involvierten Asset Managers entscheidende Erfolgsfaktoren. Vor der Entscheidung für eine konkrete Kooperation sollte daher geprüft werden, wie viele Immobilienprojekte der potenzielle Partner bereits umgesetzt hat - und mit welchem Erfolg.

Der Autor

Dirk Hasselbring Vorsitzender der Geschäftsführung, Hamburg Trust REIM Real Estate Investment Management GmbH, Hamburg

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