Gespräch des Tages

Basel II Eigenkapital und Solvabilität: - EU-Konvergenz bei externen Ratings

Dr. Alexander Suyter, Inhaber Risk & Management Consultancy München, schreibt der Redaktion: "Die Mehrheit der deutschen Kreditinstitute wird - zumindest in den ersten Jahren beginnend mit 2007 - für die künftige Solvenzmeldung gemäß Basel II im Kreditrisiko auf den Standardansatz zurückgreifen. Dies betrifft vor allem die Primärinstitute des genossenschaftlichen Sektors, aber auch die meisten Sparkassen in Deutschland. Wie Basel II orientiert sich die letztlich im europäischen Raum maßgebliche Eigenkapitalrichtlinie (CRD = Capital Requirement Directive) im Standardansatz an externen Ratings, die von Ratingagenturen vergeben werden. Allerdings enthalten die EU-Richtlinie und folglich auch die bisherigen Entwürfe für die deutsche Solvabilitätsverordnung nur Platzhalter in Form von Noten eins bis sechs; eine Zuordnung von tatsächlich am Markt existierenden Ratingstufen (zum Beispiel AA, A, BBB) zu Risikogewichten ist mithin noch nicht gegeben.

Jüngst im August 2006 haben sich die europäischen Aufsichtsbehörden im Rahmen des so genannten joint assessment process jedoch darauf geeinigt, im künftigen Meldewesen die bekannten Agenturen Standard & Poor's, Moody's Investor Service und Fitch Ratings als maßgeblich zu erachten. Dabei wurde berücksichtigt, inwieweit die Agenturen den regulatorischen Anforderungen an Objektivität, Unabhängigkeit, laufende Überwachung und Transparenz genügen. Außerdem wurde festgelegt, wie die Ratingstufen beziehungsweise die unterschiedlichen Nomenklaturen der Agenturen auf die Risikogewichte bei der Eigenkapital-Unterlegung abzubilden sind. Dieser ,Mapping' genannte Vorgang bezieht sich sowohl auf die Nutzung externer Ratings im Kreditrisiko-Standardansatz - beispielsweise für Wertpapiere oder (unverbriefte) Kredite - als auch auf interne Ratingverfahren (IRB = Internal Rating Based), die im Rahmen des IRB-Ansatzes ersatzweise auf externe Ratings referenzieren, wie zum Beispiel bei Investmentanteilen oder im Segment der Forderungsverbriefungen.

Da die Umsetzung der EU-Richtlinie in den einzelnen Ländern jeweils in nationaler Hoheit erfolgt, nach aktuellem Stand aber noch offen ist, haben die oben beschriebenen Übereinkünfte bislang nur informellen Charakter. Um diese tatsächlich in das deutsche Aufsichtswesen zu transferieren, bedarf es in Deutschland noch der expliziten Festlegung durch die BaFin. Jede Abweichung einer der nationalen Aufsichtsbehörden von der europäischen Einigung wäre jedoch kontraproduktiv, weil dadurch dem Konver-genz-Gedanken, dem so genannten Level Playing Field, in Europa widersprochen würde. Grundsätzlich lassen die Finanz- beziehungsweise Bankenaufseher zu, dass künftig auch andere als die oben aufgeführten Agenturen im Rahmen der Kapitalunterlegung aufsichtlich anerkannt werden können. Bekanntermaßen ist der Markteintritt aber für kleinere oder weniger renommierte Agenturen schwierig, ein Sachverhalt, der sich dann zwangsläufig auch auf die Zulassung im Sinne der Solvabilitätsverordnung erstreckt.

Zu Recht kann beziehungsweise muss auch hier die Problematik der oligopolistischen Struktur der Ratingszenerie durch die großen Agenturen aufgeworfen werden. Gerade vor dem Hintergrund der im europäischen und insbesondere deutschen Mittelstand bislang kaum vorhandenen externen Ratings spielt dieser Sachverhalt eine maßgebliche Rolle; dies gilt umso mehr, als für viele Unternehmen die Beauftragung vor allem der großen Agenturen zur Ratingvergabe zu kostspielig erscheint. Inwieweit auf dieser Basis tatsächlich eine Kultur externer Ratings entstehen kann, wird die Zukunft zeigen. Aufgrund der Entwicklung der letzten Jahre ist eine allzu positive Erwartung aber zweifelhaft. Denn den im Zuge der Basel II-Diskussion gegründeten kleineren Mittelstands-Ratingagenturen ist es noch nicht gelungen, sich eine breitere Marktpräsenz zu verschaffen. Die Folge ist dann aber, dass sie die Hürden für eine aufsichtliche Anerkennung im Sinne der Eigenkapitalunterlegung nur schwer bewältigen können."

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