Aufsätze

CoCo-Bonds - attraktive Alternative im Anleihensegment

Auch wenn die große Finanzkrise mittlerweile mehr als fünf Jahre zurückliegt, müssen sich viele Banken noch immer mit deren Folgen beschäftigen. Es zeigte sich wiederholt, dass bei manchen Banken nicht genügend Eigenkapital zur Verfügung stand, um Turbulenzen zu überstehen. Ohne staatliche Hilfen wären auch größere Banken in Konkurs gegangen. Eine Konsequenz aus diesen Erfahrungen sind die neuen Eigenkapitalanforderungen, welche Banken im Rahmen des Regelwerks Basel III schrittweise bis 2019 erfüllen müssen. In Zukunft muss das Kernkapital (Aktien, einbehaltene Gewinne, offene Reserven) einen größeren Anteil der risikogewichteten Aktiva ausmachen.

Die Banken müssen aber nicht nur zusätzliches Kernkapital, sondern auch neues Pufferkapital beschaffen, um künftige Krisen meistern zu können (Abbildung). Die Kreditinstitute haben verschiedene Möglichkeiten, sich bedingtes Kapital zu beschaffen. Eine interessante Variante sind Contingent-Convertible-Anleihen, auch Co-Cos oder CoCo-Bonds genannt.

Wesentlicher Unterschied zu klassischen Wandelanleihen

Bei CoCos handelt es sich um Wandelanleihen, die bei einem bestimmten Ereignis in Aktienkapital gewandelt werden müssen. Der englische Begriff "Contingent" bedeutet "bedingt" oder "von etwas abhängig". Das "bestimmte Ereignis" (Trigger) ist in diesem Fall das Absinken der Eigenkapitalquote unter eine definierte Marke. Wenn bei einer Krise das Kernkapital der Bank diese Marke unterschreitet, wird Fremdkapital automatisch in Eigenkapital gewandelt. Für die bestehenden Aktionäre ist eine Wandlung unerwünscht, weil der Gewinn dadurch auf eine größere Anzahl Aktien aufgeteilt und damit verwässert würde. Auch die Besitzer der CoCo-Anleihe haben kein Interesse an einer Wandlung, da sie als Aktionäre im Gegensatz zu ihrem Status als Gläubiger größeren Risiken ausgesetzt wären. Für beide Gruppen sowie für das Management besteht somit der Anreiz, die Wandlung von CoCos durch eine vorsichtige Geschäftspolitik zu vermeiden.

Auch wenn ein CoCo-Bond eine Form der Wandelanleihe ist, unterscheiden sich die Risikoeigenschaften von jenen eines klassischen "Wandlers". Während der Anleger bei einer konventionellen Wandelanleihe wandeln kann, aber nicht muss, hat der Anleger bei einer CoCo-Anleihe keine Wahl, wenn die für eine Zwangswandlung definierten Voraussetzungen gegeben sind. Dann wird aus dem Gläubiger ein Aktionär, der Aktien einer Bank erhält, deren Eigenkapital durch Verluste massiv geschrumpft ist. Wegen dieses Risikos sind die Coupons von CoCo-Papieren höher als diejenigen "normaler" Bonds.

Konventionelle Wandelanleihen eignen sich für Anleger, die zwar steigende Aktienkurse erwarten, aber aus Risikogründen nicht direkt in Aktien investieren wollen. Wer hingegen seitwärts tendierende bis leicht steigende Aktienkurse erwartet, wird eher eine CoCo-Anleihe bevorzugen. Das natürlich in der Erwartung, dass der CoCo nicht gewandelt und der attraktive Coupon gezahlt wird. Das Aktienrisiko infolge einer Zwangswandlung sollte dabei jedoch nicht ausgeblendet werden.

Bei Anlegern stehen CoCos in Konkurrenz zu strukturierten Produkten mit ähnlichen Risikoeigenschaften, zum Beispiel Reverse Convertibles, aber auch in Konkurrenz zu Bankaktien. Nach Einschätzung von Swisscanto ist das Risiko-Rendite-Verhältnis bei Cocos überdurchschnittlich gut. Ob und in welchem Umfang solche Titel in ein individuelles Portfolio passen, hängt wie stets von der Risikofähigkeit des Anlegers ab.

Die bisher von Banken und Versicherungen ausgegebenen CoCo-Anleihen sind mit hohen Coupons zwischen sechs bis 15 Prozent ausgestattet. Der gesamte Coupon setzt sich zusammen aus dem risikolosen Zinssatz, einer Entschädigung für das Kreditrisiko sowie der Entschädigung für das Risiko, dass die Anleihe in Aktien der Bank gewandelt werden könnte. Die letztgenannte Komponente macht den weitaus größten Teil des Coupons aus.

Verbessertes Umfeld für Banktitel

CoCo-Anleihen werden überwiegend von Banken emittiert. Deshalb ist das Börsen- und Kapitalmarktumfeld, das die Kursentwicklung von Bankaktien und -anleihen prägt, auch für CoCos kursbestimmend. Aufgrund des Zwangs-Wandlungsrisikos weisen CoCo-Anleihen ein höheres Risiko als konventionelle Wandler auf - entsprechend können auch die Wertschwankungen höherer sein.

Dies zeigte sich im Sommer 2011, als am Markt Befürchtungen auftauchten, dass die Euro- und Staatsschuldenkrise bei den Banken zu existenziellen Problemen führen könnte. Banktitel gerieten in der Folge stark unter Druck. Auch CoCo-Anleihen verzeichneten Kursverluste, die im Vergleich zu jenen von Bankaktien allerdings deutlich geringer ausfielen. Doch aufgrund der großzügigen Liquiditätsversorgung der Europäischen Zentralbank sind die Liquiditätsprobleme zahlreicher Banken beseitigt worden.

So sind die Kapitalausstattungen der Banken inzwischen bemerkenswert gut: Mit einem durchschnittlichen Kernkapital von 12,1 Prozent hat die Branche sogar einen Spitzenwert erreicht. Begleiterscheinung der hohen Kapitalquoten ist allerdings eine wenig inspirierende Ertragslage - von langfristigen Eigenkapitalrenditen in Höhe von zwölf bis 15 Prozent sind die internationalen Großbanken ausnahmslos noch ein gutes Stück weit entfernt. Für Käufer von Finanzanleihen hat diese Konstellation jedoch ihr Gutes, denn der Anleiheninvestor ist vor allem an Stabilität "seines" Emittenten interessiert: Eine stabile Bilanz plus ausreichend Gewinn für zuverlässige Couponzahlungen - das ergibt ein sehr akzeptables Anlageumfeld.

Markt im Wachstum begriffen

Bisher wurden CoCos von etablierten Banken wie Credit Suisse, Lloyds Bank oder Rabobank oder von einzelnen Versicherungsgesellschaften herausgegeben. Auch von der UBS wurde eine Anleihe zur Stärkung des Eigenkapitals emittiert. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Co-Co-Anleihe mit Wandlungspflicht in hartes Kernkapital, sondern um eine CoCo-Anleihe mit Forderungsverzicht. Falls der Anteil des Kernkapitals von UBS an den Aktiven unter fünf Prozent sinken sollte, würden Anleger keine UBS-Aktien erhalten, sondern ihr CoCo-Kapital komplett verlieren. Die Finma (Schweizerische Finanzmarktaufsicht) lässt beide Lösungen - also Co-Cos mit Zwangswandlung und solche mit Forderungsverzicht - zur Verlusttragung ausdrücklich zu.

Derzeit sind CoCo-Papiere im Gesamtvolumen von über 30 Milliarden Euro bei Anlegern platziert (Stand Ende 2013). Der Markt für CoCo-Anleihen ist also heute noch recht klein. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: Erstens war die Emission von Banktiteln im Zuge der europäischen Schuldenkrise praktisch unmöglich. Zweitens war längere Zeit noch nicht klar, wie die gesetzlichen Eigenmittelvorschriften in verschiedenen Ländern im Detail ausfallen würden. In beiden Punkten hat sich die Situation in der Zwischenzeit erhellt. Es ist deshalb zu erwarten, dass künftig, gerade in Europa, zahlreiche neue CoCo-Anleihen auf den Markt kommen werden. So schätzt beispielsweise Barclays das Wachstum des Marktes auf 400 Milliarden Euro in den kommenden Jahren.

Diversifikation als oberstes Gebot

Das Jahr 2013 hat bereits eine deutliche Belebung des Marktes für CoCos gesehen. So kamen mit CoCo-Emissionen von der KBC Bank und von Swiss Re zum Beispiel zwei attraktive volumenstarke CoCos und von der spanischen Bank BBVA ein Neunprozenter auf den Markt. Nachdem das Europäische Parlament das Regulierungspaket CRD4/CRR (Capital Requirements Directive IV/Capital Requirements Regulation) angenommen hat, wird ein nachhaltiges Wachstum des CoCos-Universums sehr wahrscheinlich. So sind CoCo-Bonds in puncto Rendite und Wachstumsprognosen enorm im Kommen und geraten folgerichtig verstärkt in den Fokus der Investoren.

Gerade im Niedrigzinsumfeld, welches uns seit Jahren begleitet und trotz leichten Zinserhöhungstendenzen wohl noch länger begleiten wird, sind CoCos eine attraktive Alternative im Anleihensegment, um eine adäquate Rendite zu erzielen. Vor allem institutionelle Anleger wie Pensionskassen oder Versicherer, die bestimmte Zinserträge generieren müssen, sehen in CoCos ein interessantes Risiko-Rendite-Profil. Zumal deren Anlagerichtlinien nach wie vor häufig ein deutliches Anleihenübergewicht im Gesamtportfolio verlangen. Aufgrund der speziellen Eigenschaften dieses Anlagesegments gilt: Der Erwerb eines Fonds mit einem breiten Spektrum an Titeln ermöglicht eine bessere Diversifikation der Risiken gegenüber einem Direktinvestment. Und Anlagefonds stellen nicht nur die Diversifikation sicher, sondern ermöglichen auch ein Engagement mit einem moderaten Kapitaleinsatz.

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