Aufsätze

Der Core-Satellite-Ansatz im Wandel - quo vadis?

Im institutionellen Asset Management sollte ein disziplinierter, transparenter Investmentprozess grundsätzlich aus drei Schritten bestehen: der strategischen Asset Allokation, der taktischen Asset Allokation und der Portfoliokonstruktion. Auf dieser Grundlage lassen sich in Kombination mit einem kontinuierlichen Risikomanagement maßgeschneiderte, kundenspezifische Investmentlösungen bilden (Abbildung 1).

Asset Allokation - die Basis des Erfolgs

Wie wissenschaftliche Studien bestätigen konnten, hängt die Portfolio-Performance einer Kapitalanlage entscheidend - gemäß Brinson et al. (1991) sogar zu über 90 Prozent - von der strategischen Asset Allokation ab. Diese wird oftmals mit Markowitz-Optimierungen, basierend auf risikoadjustierten Renditeerwartungen verschiedener Assetklassen und deren Korrelationen, generiert. Im Ergebnis gelangt man dadurch zu einem diversifizierten Multi-Asset-Portfolio, welches den Anforderungen der Kapitalanlage, wie beispielsweise einer gewünschten Zielrendite oder einem definierten Risikobudget, (zumindest portfoliotheoretisch) Rechnung trägt.

Besonders wenn das Ergebnis dieser Optimierung ausschließlich auf der Fortschreibung beziehungsweise Simulation historischer Marktdaten fußt, empfiehlt sich zusätzlich eine taktische Allokationsadjustierung an die jeweils aktuellen Markterwartungen. Dies ist vor dem Hintergrund der signifikant geänderten Rahmenbedingungen seit der globalen Finanzkrise von besonderer Bedeutung.

Portfoliogewichte und Vehikel

Meistens wird bei der Ermittlung der gewünschten Asset Allokation zunächst rein mit Marktdaten (Beta) operiert, ohne den Mehrwert des aktiven Asset Managements (Alpha) zu berücksichtigen. Dies lässt sich damit erklären, dass eine Alpha-Komponente (ohne weitere Annahmen über die Persistenz von relativer Outperformance gegenüber der Benchmark) kaum prognostizierbar ist. Daher erfolgt die sich anschließende Portfolioimplementierung primär in Abhängigkeit des jeweiligen prozentualen Portfoliogewichts. Strategische, langfristige "Core"-Investments bilden dabei die Basis des Portfolios, die um risikoreichere "Satellite"-Investments ergänzt werden.

Zu den signifikanten Schwergewichten (Core-Elemente) der Allokation zählen neben dividendenorientierten Aktienanlagen insbesondere festverzinsliche Strategien, da diese mit ordentlichen Kuponerträgen zum prognostizierten Anlageergebnis maßgeblich beitragen. Sie werden zumeist als "Direktinvestments" in Spezialfondssegmenten beziehungsweise Mandaten (sogenannte Segregated Accounts) abgebildet. Verbleibende Risikobudgets können mit dem Ziel der Vereinnahmung von zusätzlichen Risikoprämien in risikoreichere Assetklassen über "Satellite"-Investments investiert werden. Deren Implementierung erfolgt aufgrund der geringeren Volumina zumeist indirekt über Publikumsfonds oder Exchange Traded Funds (ETFs). Des Weiteren sollen die "Satellite"-Investments das Risiko des Gesamtportfolios signifikant verringern, da diese Anlagen in Finanzmärkten getätigt werden, die zu den "Core"-Investments dekorreliert oder besser negativ korreliert sind. Die Frage, ob dies in den jüngsten Marktturbulenzen tatsächlich funktioniert hat, wird später diskutiert und beantwortet.

Management-Stile - Separation von Alpha und Beta

Für Core-Investments wird aus Gründen der Kosteneffizienz häufig ein passiver Management-Stil (das heißt Beta = 1) präferiert. Sogenannte Passive-Enhanced- Varianten (mit marginal höherem Tracking Error gegenüber der rein passiven Variante) haben sich als empfehlenswerte Alternativen etabliert, da sie mittels quantitativer Faktormodelle eine Outperformance gegenüber der Benchmark versprechen. Passive und Passive-Enhanced-Ansätze ermöglichen zudem ein recht genaues Hedging der Marktrisiken beispielsweise mittels Overlay Management, da die Abweichung zum jeweiligen Index nicht existent beziehungsweise marginal ist. Bei Satellite-Strategien stand bislang nicht der Hedging-Gedanke, sondern - neben der Diversifikation - vielmehr die Vereinnahmung von Risikoprämien im Vordergrund. Hier kann es sich einerseits um zusätzliche Marktrisikoprämien handeln (beispielsweise bei Anlagen in Emerging Markets, die gegenüber entwickelten Finanzmärkten eine geringere Markteffizienz aufweisen), andererseits sind auch die Alphaprämien eines erfolgreichen aktiven Managements von Interesse.

Wenngleich Core-Satellite-Strategien kosteneffizient Diversifikationsvorteile auszunutzen versuchen, so weisen die bisherigen Umsetzungsstrategien - insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise - einige Schwächen auf. Transparenz und Risikomanagement wurden jüngst einer besonderen Prüfung unterzogen, deren Anforderung nicht immer zufriedenstellend erfüllt worden sind. Schwächen zeigten sich hier insbesondere hinsichtlich des Überwachens und der Steuerung von Einzelrisiken: Gerade wenn ein Gesamtportfolio mehrere Satelliten umfasst, so zeigt sich verschiedentlich eine gewisse Unschärfe hinsichtlich der Summe von Einzelrisiken in bestimmten Assets, falls die Abbildung über "Pooled Vehikel" erfolgt. Im Einzelfall kann es schwierig sein, das Ausmaß von insolvenz- oder betrugsbedingten Wertminderungen zu quantifizieren.

Die Fälle "Lehman Brothers" und "Madoff" unterstreichen, dass dies nicht nur von theoretischem Interesse ist, sondern viele Investoren im Jahr 2008 tatsächlich hart getroffen hat. In Anbetracht dessen bestätigt sich, dass der Gesamtstruktur des Anlageportfolios vor dem Hintergrund der Risikoüberwachung und -steuerung zwingend mehr Beachtung geschenkt werden sollte.

Implementierung eines Echtzeit-Risikomanagements

Risikoreduzierende Diversifikationsvorteile durch Satelliten-Investments in Emerging Markets oder alternative Assetklassen, wie beispielsweise Hedgefonds, haben sich in den turbulenten Marktphasen leider nicht als werthaltig erwiesen. Im Gegenteil, viele bislang negativ korrelierte Märkte zeigten in dieser Zeit positive Korrelationen und wiesen ähnlich negative Entwicklungen auf, was unter anderem auf ein weitreichendes Herdenverhalten an den internationalen Finanzmärkten zurückzuführen ist. Somit konnte weder von einer "Entkopplung der Emerging Markets" die Rede sein, noch haben "marktneutrale Hedgefondsstrategien" ihren Anspruch erfüllt. Dies unterstreicht die Bedeutung eines funktionierenden Beta-Risikomanagements auf Basis des Gesamtportfolios.

Im Hinblick auf die extrem hohen Kursausschläge, die an vielen Finanzmärkten zu beobachten waren, empfiehlt sich ein regelbasiertes Echtzeit-Risiko-Overlay für das Risikomanagement des Gesamtportfolios. Diese moderne Overlay-Variante berücksichtigt implizite Volatilitäten sofort, anstatt basierend auf Vortageswerten Anpassungen vorzunehmen - eine solche Verzögerung ist heutzutage nicht mehr adäquat. Natürlich ist das Overlay genauer adjustierbar, je transparenter die einzelnen Risiken sind. Gerade vor dem Hintergrund eines lösungsorientierten, fiduziarischen Asset Managements bieten intelligente Master-Fonds-Strukturen eine geeignete Datenplattform für ein Echtzeit-Risikomanagement, was in den komplexer werdenden Finanzmärkten immer wichtiger wird. Da das Management aller Marktrisiken (Beta) im Idealfall in einem separaten Overlay-Segment erfolgt, wird das Portfoliomanagement der unterliegenden Segmente nicht beeinflusst, sodass in den aktiv gemanagten Assetklassen Outperformance (Alpha) generiert werden kann. Positive Portfolioentwicklungen können zudem genutzt werden, um das Absicherungsniveau (regelgebunden) nach oben anzupassen und damit die erzielte Performance ebenfalls anzusichern.

Eigene Bewertung: Keine Durchschnitt: 5 Punkte (1 Bewertung)


X