Aufsätze

Covenants - Fluch oder Segen?

"Hätte ich bloß das Kleingedruckte gelesen...", rauft sich so mancher Marktakteur in den vergangenen Monaten die Haare. Meint er etwa Covenants in Kreditverträgen? Gut möglich. Auf Covenants, vertragliche Zusicherungen des Kreditnehmers während der Laufzeit des Kreditvertrags, gibt es mindestens zwei Sichtweisen: die des Kreditnehmers und die des Kreditgebers, in der Regel ein Kreditinstitut.

Covenants beziehungsweise Covenant-Brüche sind in Zeiten wie diesen verstärkt im Gespräch. Schließlich hat die Diskussion um Covenants Konjunktur, wenn die Konjunktur in der Krise ist. Aber ist das verwunderlich? Nein, denn in wirtschaftlich guten Zeiten und bei guter Kreditversorgung geraten die Kreditmargen der Banken verstärkt unter Druck.

Risikoorientierte Bepreisung mit anderen Mitteln

Der Kreditnehmer kann sich den Kreditgeber fast aussuchen. Folglich sind Kreditinstitute in dieser Phase eher zu Preiszugeständnissen bereit, da sie Marktanteile halten wollen. Mitunter gehen Kreditinstitute bei der Preisfindung hart an die Grenze der kalkulierten Risikokosten, was allerdings leichtfertig und bestimmt nicht weitsichtig ist.

Aber halt, so denkt mancher Banker, da kann ich ja wenigstens noch bestimmte Bedingungen mitgeben, Covenants. Es werden (quasi für schlechte Zeiten) spezifische Verhaltenspflichten verabredet; dadurch wird die risikoorientierte Bepreisung mit anderen Mitteln und somit im "Kleingedruckten" fortgesetzt. Der Kreditnehmer wird in Aufschwungzeiten diese Nebenbedingungen leichter akzeptieren, weil er davon überzeugt ist, dass diese eher theoretischer Natur sind.

Die Brisanz des Themas bleibt für die Zeit ausgespart, die den Charakter des Undenkbaren hatte. Aber die Realität holt beide ein: Den Kreditnehmer, der nun Covenant-Brüche konstatiert, aber auch die Bank, die dann gut überlegen muss, wie sie damit umzugehen hat. Mithin sind Covenants nicht einfach zu handhaben und tragen vielmehr dazu bei, die Komplexität im Kreditgeschäft zu erhöhen.

Ausprägungsformen

Doch zunächst einmal zu den verschiedenen Ausprägungsformen: Covenants sind nicht standardisierte Zusatzvereinbarungen beziehungsweise Nebenabreden zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber, die den Kreditnehmer während der Laufzeit des Kreditgeschäfts zur Erfüllung bestimmter Bedingungen oder Auflagen verpflichten. Dem Kreditgeber dienen diese Nebenabreden als eine Art Frühwarnsystem und werden daher als zusätzliche Instrumente im Rahmen eines ganzheitlichen Risikomanagements implementiert. Eine zentrale Rolle für die zunehmende Etablierung von Covenants im Kreditgeschäft haben die MaRisk sowie die Eigenkapitalrichtlinien nach Basel II gespielt.

Von den Kreditinstituten werden üblicherweise drei Arten von Covenants in Kreditverträgen eingesetzt. General Covenants beschreiben Vereinbarungen, die den Kreditnehmer zur Einhaltung genereller Standards verpflichten und mit wichtigen unternehmensrelevanten Aspekten verknüpft sind. Die Formulierungen sind meist allgemein gehalten und beziehen sich zum Beispiel auf die maßgeblichen Rechnungslegungsstandards sowie den Abschluss von unternehmensrelevanten Versicherungen.

Raum für kreative Gestaltung

Information Covenants umfassen Verpflichtungen des Kreditnehmers, die kreditgebende Bank über wichtige unternehmensrelevante Ereignisse zu informieren. Bilanzinformationen, Business-Pläne und interne Prognosen stehen hierbei im Mittelpunkt des Informationsbedürfnisses der kreditgewährenden Bank.

Financial Covenants sind hingegen Verpflichtungen des Kreditnehmers, bestimmte Kennzahlen wie etwa zum Eigenkapital, zur Verschuldung, zur Liquidität oder zum Ertrag einzuhalten. Sie stellen folglich Mindestanforderungen an die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens dar und werden angesichts ihrer guten Überprüfbarkeit gerne in Kreditverträgen eingesetzt. Aber der objektiven Überprüfbarkeit sind auch Grenzen gesetzt. Denn auch dieses Kennzahlensystem ist nicht frei von zweckgerichteter Beeinflussung. Wie heißt es bei Statistiken? Traue keiner, die du nicht selbst gefälscht hast. Die bewusste Fälschung soll hier einmal ausgeschlossen werden, aber die statthafte Gestaltung im Sinne des Kreditnehmers ist durchaus denkbar.

Sanktionsmaßnahmen bei Covenant-Brüchen

Die Verletzung beziehungsweise Nichteinhaltung der vereinbarten Kennzahlen zieht üblicherweise Sanktionsmaßnahmen nach sich, die für den Kreditnehmer erhebliche und weitreichende Konsequenzen haben können. Bei einem erstmaligen Verfehlen oder einer erstmaligen Nichteinhaltung wird dem Kreditnehmer in der Regel zunächst ein Recht auf Nachbesicherung eingeräumt.

Daneben stellt die Konditionenanpassung eine oft gebräuchliche Sanktionsmaßnahme dar. Aber warum Sanktion? Der Kreditgeber lässt sich nur das derzeit sichtbare erhöhte Risiko bezahlen. Außerdem kommt die Zahlung einer Vertragsstrafe oder einer Waiver Fee in Betracht.

Für Kreditvolumina, die in Raten ausgezahlt werden, kann zudem eine Auszahlungssperre des Kreditgebers vorgesehen werden. Wiederholen sich Covenant-Brüche und verschlechtern sich die vereinbarten Kennzahlen weiter, behält sich die Bank auch ein Kündigungsrecht als Ultima Ratio vor. Nur: Die Kündigung und Fälligstellung des Kredits ist die eine, das Finden einer ablösenden Bank (man denke nur an die gegenwärtige Wirtschaftskrise) die andere Seite. Theorie und Praxis klaffen mitunter ganz schön auseinander.

Einsatz im Firmenkundengeschäft

Der verstärkte Einsatz von Covenants auch im mittelständischen Firmenkundengeschäft einer gewissen Größe ist mittlerweile hinreichend dokumentiert. Repräsentativen Studien1) zufolge setzen Kreditinstitute inzwischen nicht selten sowohl positive als auch negative Covenants in Kreditverträgen ein. Positive Covenants verpflichten den Kreditnehmer, während der gesamten Kreditlaufzeit bestimmte Bedingungen einzuhalten, während negative Covenants klar definierte Handlungen festlegen, die der Kreditnehmer ohne Zustimmung des Kreditgebers nicht ausführen darf oder aber ausführen muss. Erwartungsgemäß nimmt der Einsatz von Covenants mit zunehmender Größe der Bank, des Kreditvolumens und den Laufzeiten der Kredite zu.

Am bedeutsamsten werden derzeit Financial Covenants angesehen, die sich auf die Eigenkapitalquote, den Verschuldungsgrad, die Rentabilität oder den Unternehmensertrag beziehungsweise den Cash-Flow und damit auf die laufende Schuldendienstfähigkeit des Kreditnehmers beziehen. Obwohl Covenant-Brüche den kreditgewährenden Instituten weitreichende Eingriffsmöglichkeiten eröffnen, führt ein Covenant-Bruch nur in wenigen Fällen tatsächlich zu einer Kreditkündigung. Vielmehr wird im Verhandlungswege und auch durch die Einbindung einer Unternehmensberatung oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nach einer für beide Parteien akzeptablen Lösung gesucht.

Maßvoller Umgang

Die Überwachung der vereinbarten Covenants findet engagementabhängig entweder in einem einjährigen Turnus (oder seltener) auf vierteljährlicher Basis statt. Bedeutsam für die Festlegung des Prüfungsturnus ist, dass Aufwand und Ertrag in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen und durch die Überprüfung ein aktives, rechtzeitiges Eingreifen bei einer Covenant-Verletzung ermöglicht wird. Die zu diesem Thema durchgeführten Studien lassen zudem den Schluss zu, dass Kreditinstitute, die bisher keine Covenants in ihren Kreditverträgen verwendet haben, den Einsatz verstärkt prüfen und dass Banken künftig womöglich noch striktere Financial Covenants verlangen.

Banken müssen für ein ausgewogenes Kreditportfolio sorgen, welches keine Klumpenrisiken aufweist. Die neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung führt dazu, dass die Kreditbepreisung risikoadäquat erfolgt. Insbesondere dort sollten Covenants eingesetzt werden, wo erhöhte Risiken für die Zukunft vermutet werden.

Erfahrungen aus dem angloamerikanischen Raum haben gezeigt, dass Covenants eindeutig, griffig und verständlich, aber auch durchsetzungsstark formuliert werden müssen, sie sollten bei aller Individualität einem gewissen Standard entsprechen. Infolgedessen sollten die vereinbarten Financial Covenants aus der Bilanz oder der Gewinn- und Verlustrechnung ablesbar sein. Dem Schuldnerunternehmen wird hierdurch die Möglichkeit eröffnet, die jeweiligen Kennzahlen selbst berechnen zu können, was zu einer höheren Akzeptanz der Vereinbarungen und Nebenabreden führt.

Die Auswahl und die Festlegung der Covenants sollten sachgerecht und nicht nach dem Zufallsprinzip erfolgen. Es ist darauf zu achten, dass die Definition der Covenants nicht zu eng erfolgt, damit dem betroffenen Unternehmen bei kurzfristigen und vorübergehenden Schwierigkeiten noch ein ausreichender strategischer Handl ungsspielraum verbleibt.

Schlüssige Covenant-Strategie gefragt

Im Eigeninteresse sollte ein Kreditinstitut darauf achten, dass das Vertragswerk nicht zu viele und zu umfangreiche Verpflichtungen enthält. Dann nämlich steigt die Gefahr, dass der Aufwand und Nutzen der vereinbarten Covenants nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen und das Vertragswerk am Ende ein umfangreiches Verpflichtungssystem enthält, was erhebliche juristische Konsequenzen und administrativen Aufwand nach sich ziehen kann (Komplexitätskosten! ). Ein schlanker und einheitlicher Kreditprozess ist nicht nur im Retailgeschäft erstrebenswert, sondern Standardisierung und Begrenzung der Individualisierung gehören schließlich auch zum Zielbild beim Firmenkredit.

Insgesamt ist also eine schlüssige Co-venant-Strategie gefragt: Wo sind Zusatzvereinbarungen sinnvoll, wo bedeuten sie nur Aufwand? Werden selbst Covenants angestrebt, und lassen sich diese auch durchsetzen oder werden sie quasi ins Haus getragen, weil der Kreditnehmer noch andere finanzierende Banken hat, die Covenants verabreden? Setzen die Mitarbeiter im Markt und der Marktfolge dieses Instrument nach Gutdünken ein oder ist es in den Kreditrichtlinien der Bank verankert und auch vorgesehen?

Es macht Sinn, Covenants bereits bei Abschluss des Kreditvertrags zu vereinbaren und nicht erst bei einer Bonitätsverschlechterung des Kunden. Denn nur auf diese Weise sind Covenants geeignet, ihre präventive Schutzfunktion zu entfalten. Zum einen, weil Unternehmen direkt bei Eingehen des Kreditvertrags eine eindeutige Vertragsgrundlage erhalten und dadurch die Auflage haben, ihre Unternehmenstätigkeit mit Beginn der Kreditlaufzeit zu kontrollieren. Zum anderen werden Banken vor den Schwierigkeiten der Durchsetzung von Covenants in einer kritischen Situation des Unternehmens und infolgedessen vor lästigen Nachverhandlungen bewahrt.

Im Hinblick auf die Information Covenants ist ferner auf die Ausgewogenheit zwischen der engen Überwachung des gewährten Kredits durch möglichst umfassende und umfangreiche Informationen einerseits und dem Aufwand für den Kreditnehmer bei der Erstellung entsprechender Unterlagen andererseits zu achten. Sofern es mit dem Kreditrisiko vereinbar ist, sollten Banken daher nur die Vorlage solcher Informationen verlangen, die der Kreditnehmer ohnehin für interne oder externe Zwecke erstellen muss.

Offensiver Umgang als Handlungsoption

Vor dem Hintergrund der internationalen Wirtschafts- und Finanzmarktkrise ist das Risikobewusstsein der Banken geschärft worden. Gefühlt ergeben sich für den Kreditnehmer strengere Anforderungen bei der Verlängerung und der Neuvergabe von Krediten. Für den gehobenen deutschen Mittelstand hat dies mitunter zur Folge, dass er sich momentan und auch zukünftig aktiv mit dem Management von Covenants auseinandersetzen muss.

Eine mögliche und Erfolg versprechende Strategie dürfte ein ständiger Kommunikationsfluss zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer bezüglich der aktuellen und zukünftigen Umsatz-, Ertrags-, Vermögens- und Liquiditätslage des Unternehmens sein. Mittelständische Unternehmen sollten hierbei bedenken, dass der Zwang zu aktiver Kommunikation mit den Kapitalgebern nicht von Nachteil ist, sondern das Vertrauen in den Kreditnehmer und somit die Bereitschaft der Banken zur Kreditvergabe (bei sonst gleichen Bedingungen) grundsätzlich erhöhen kann.

Der Kommunikationsfluss ist im Übrigen nicht nur für Covenants bedeutsam, sondern schon aufgrund der regelmäßigen Ratingüberprüfungen angezeigt. Des Weiteren empfiehlt es sich, bei einem Cov-enant-Bruch der Bank ein Entgegenkommen zu signalisieren, denn auch dies stärkt das Vertrauen in den in Schwierigkeiten geratenen Kunden, dass sich dieser auch weiterhin um die Rückzahlung des vereinbarten Kredits bemüht.

Ein verbindendes Instrument

Für kreditsuchende mittelständische Unternehmen, die hingegen nicht auf die sich abzeichnenden Entwicklungen reagieren, dürfte sich das Thema Covenants als Engpassfaktor im Hinblick auf den Kreditzugang und auch als zunehmender unternehmerischer Risikofaktor erweisen. Denn Financial Covenants räumen den Banken sehr weitreichende Möglichkeiten des Einwirkens auf das Schuldnerunternehmen ein. Auf der anderen Seite ist ein seriöses Kreditinstitut bestrebt, diese Situation durchaus zu vermeiden.

Insgesamt gesehen sind Covenants bei Engagements einer gewissen Größe sicherlich ein Kreditnehmer und -geber verbindendes Instrument, welches allerdings im Krisenfall beiden Seiten Gesprächs- und Handlungsbereitschaft abverlangt. Insofern ist mit der Vereinbarung von Covenants eben doch kein Automatismus in Gang gesetzt, der keine Freiheiten mehr lässt. Andererseits müssen Kreditinstitute, wenn sie sich für den Einsatz entscheiden, darauf achten, dass Covenants nicht zu Schönwetterinstrumenten verkommen, die für Zeiten der Krise theoretisch zwar gut gedacht aber praktisch nicht umsetzbar sind. Dann wäre außer Spesen nichts gewesen.

Bertram Theilacker , Mitglied des Vorstands , Nassauische Sparkasse (Naspa), Wiesbaden
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