Gespräch des Tages

Deutsche Postbank - Die "Potenzial-Bank"

Wie anders hätte man Wulf von Schimmelmann, den Macher der modernen Postbank der heutigen Zeit in den wohlverdienten Ruhestand entsenden sollen als mit dem Abschiedsgeschenk eines Rekordgewinns. Knapp eine Milliarde Euro vor Steuern sind eine Größenordnung, an die auch der Chef, wie er einräumte vor einigen Jahren, noch nicht zu glauben wagte. Dass hierbei natürlich die Übernahme des BHW seinen Teil zu beigetragen hat, wir vergessen es höflich ob der Lobpreisung für den scheidenden Vorstandsvorsitzenden. Dieser wird entgegen bester deutscher Corporate-Governance-Manier nicht in den Postbank-Aufsichtsrat wechseln. Über den Post-Aufsichtsrat, dem ein wenig Bankensachverstand sicherlich auch gut tun würde, wurde vorsichtshalber nicht gesprochen.

Die Ära Wulf von Schimmelmann war zweifelsohne eine äußerst erfolgreiche für die Postbank: Erwerb der DSL Bank, Börsengang, Dax-Aufstieg, Kauf des BHW und der Post-Filialen, um nur einige Gipfel zu nennen. Und auch das damals zwar als störend empfundene Werben der Deutschen Bank und das immer noch anhaltende Interesse einer anderen gelben Bank muss man wohl als Kompliment verstehen. Die Bilanzsumme hat sich von 117,3 Milliarden DM 1999 auf 185 Milliarden Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr verdreifacht. Der Jahresüberschuss hat sich von 149 Millionen DM auf 696 Millionen Euro nahezu verzehnfacht. Das Baufinanzierungsvolumen im Bestand stieg von rund 1,3 Milliarden Euro auf über 59 Milliarden Euro. Die Zahl der Girokonten wuchs von 3,6 auf 4,6 Millionen (bei immerhin 14,6 Millionen Kunden! ). Das Zusagevolumen für Privatkredite lag 1999 bei 590 Millionen Euro und 2006 bei 1,35 Milliarden Euro. Und, und, und.

Das Ergebnis 2006 ist zweifelsohne ein gutes, wenn auch kein herausragendes. Zum Beispiel kommen 86 Millionen aus dem Verkauf von Beteiligungen. Vom kräftigen Wachstum des Provisionsüberschusses um 700 Millionen Euro auf 1,4 Milliarden Euro entfallen allein 542 Millionen Euro auf die erst Anfang 2006 übernommenen Postfilialen. Aber das ist vielleicht auch gut so, denn so lässt es noch ein wenig Luft für den Nachfolger Wolfgang Klein. Seine Aufgabe wird es gemeinsam mit den Vorstandskollegen sein, die vielen, leider nur angedeuteten Potenziale zu heben. Sechs Millionen der 14,6 Millionen Kunden haben lediglich ihre Sparbücher bei Deutschlands bedeutendster Retailbank. Hier das Cross-Selling zu forcieren liegt auf der Hand, ist aber sicherlich nicht leicht. Denn viele dieser Schläfer sind kaum wiederzubeleben. Und bei denjenigen für eine Reanimation Empfänglichen haben natürlich auch die nicht minder munteren Wettbewerber die Fühler ausgestreckt. Hier gegenzuhalten, mit Konditionen wie mit Werbung, kostet Geld - auch wenn 90 Prozent der Abschlüsse nicht in den schön lockenden, sondern in den normalen Konditionen stattfinden.

Da kann natürlich der mobile Vertrieb von Postbank und BHW, der den Kunden "zu Hause abholt", helfen. Sofern nicht der Kollege von der Sparkasse, Schwäbisch Hall oder dem AWD gerade da sitzt. Mit 300 beziehungsweise 400 Kunden sind sowohl der echte Vermögensberater als auch der sogenannte Finanzmanager ausgelastet. Mehr noch, ein Tag pro Kunde auf das Jahr gerechnet sind für ein umfangreiches Financial Planning sicherlich nicht ausreichend. 1 000 neue Berater sollen her, doch woher nehmen in einem klassischen Verkäufer- soll heißen Anbietermarkt?

Auch im Zusammenspiel von Postbank und BHW gibt es sicherlich noch Optimierungspotenziale, sowohl auf der aufbauorganisatorischen Seite - die BHW Bank wird wohl noch dieses Jahr ganz vom Markt verschwinden - als auch in den Abläufen. Ein Vorteil gegenüber anderen Bank-Versicherungs-Konglomeraten ist freilich, dass die BHW-Berater aufgrund der überwiegenden Bausparbeziehungsweise Baufinanzierungserfahrung sicherlich weniger Berührungsängste in Sachen Bankprodukte als der klassische Versicherungsaußendienst. Evolution heißt folglich das Postbank-Programm für die kommenden Monate. Das wird für die Bank mit den vielen Potenzialen natürlich auskömmlich sein. Und für eine Revolution wäre es wahrscheinlich selbst zwölf Jahre nach der Privatisierung für den früheren Staatsbetrieb immer noch zu früh.

PS: Im Interview im Geschäftsbericht 1998 stellte der damalige neue Vorstandsvorsitzende Wulf von Schimmelmann rückblickend fest: "Die Eigentümerfrage hat die Bank über viele Jahre hinweg intensiv beschäftigt. Diese Ressourcen lenken wir jetzt voll und ganz auf den ertragsorientierten Ausbau unseres Geschäfts." Es bleibt zu wünschen, dass dies sich nicht allzu schnell ändert und dauerhaft gilt was Klaus Zumwinkel zu Schimmelmanns 60. versprach: "Wir werden die Postbank niemals verkaufen! "

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